Transkript der Sitzung 5: Die Lage der Unternehmer und Selbstständigen
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Transkript
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Überarbeitetes Transkript
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Automatisches Transkript
Viviane Fischer (0:06 - 1:31)
Ich begrüße alle herzlich zur fünften Sitzung vom Corona-Ausschuss. Wir haben uns hier zusammengefunden, um die Auswirkungen des Virusgeschehens und der verhängten Maßnahmen näher zu beleuchten. Ich möchte kurz die Beteiligten einmal vorstellen.
Das ist Dr. Rainer Füllmich. Er ist Verbraucher, Schutzrechtsanwalt in Haftungsfragen sehr erfahren. Antonia Fischer ist Medizinrechtlerin und Dr. Justus Hoffmann ist Haftungsrechtler und Medizinrechtler. Mein Name ist Viviane Fischer. Ich bin Rechtsanwältin und Volkswirtin. Heute beschäftigen wir uns mit der wirtschaftlichen Lage, mit den Auswirkungen, die die verhängten Maßnahmen gerade für die Unternehmer haben, kleinere Unternehmer und Selbstständige, gucken wir uns heute an.
Wir haben heute zu Gast Nils Roth. Er betreibt eine Karaoke-Bar in Berlin, die Green Mango Bar. Es ist die größte oder in ihrer Art einzigartige Karaoke-Bar in Europa.
Er wird uns gleich Näheres erzählen, wie er betroffen ist. Und dann haben wir noch Martin Ruhland. Er ist Künstler und nebenberuflich oder zusätzlich noch im Vertrieb für eine Schuhfirma tätig und da überwiegend auf Messen tätig und da jetzt auch betroffen von den Maßnahmen.
Rainer, du wolltest noch kurz etwas sagen, was organisatorisch ist.
Dr. Reiner Fuellmich (1:31 - 2:32)
Ja, danke. Ich wollte noch darauf hinweisen, wir bekommen ja extrem viele Mails und es ist auch gut so. Sehr gute Sachen sind darunter, denen wir nachgehen.
Es soll bitte niemand das Gefühl haben, dass wir uns nicht dafür interessieren, aber es ist so, dass wir alle teilweise geflutet sind. Wir alle haben nebenher ja noch richtige Jobs, mit denen wir ums Überleben kämpfen oder jedenfalls fürs Überleben sorgen. Das ist manchmal so, dass ich zum Beispiel zwei Tage in der Woche hier fahre und die anderen drei Tage irgendwo im Gericht bin.
Da kann man zwischendrin natürlich auch die Mails bearbeiten, aber wenn man dann noch Fristen nachts fertig machen muss, dann wird es eng. Deswegen also, wenn Sie noch keine vernünftige Antwort bekommen haben, glauben Sie nicht, dass wir das ignorieren. Entweder treten Sie uns auf die Füße und schicken Sie die Frage nochmal rüber oder aber warten Sie ein paar Tage ab.
Aber wir gehen, wir versuchen alles vernünftig zu beantworten und den Hinweisen nachzugehen. Wollen wir mit Herrn Roth anfangen?
Viviane Fischer (2:33 - 2:34)
Genau, ich bin gespannt.
Dr. Reiner Fuellmich (2:35 - 2:42)
Erzählen Sie von uns von Ihrer Lage. Was machen Sie und wie ist es Ihnen in den letzten Monaten seit dem Lockdown ergangen?
Nils Roth (2:42 - 12:13)
Okay, also am 14.03. war der besagte Tag, wo wir schließen mussten. Die Green Mango Karaoke Bar war zehn Jahre bisher existent gewesen, im Jahr 2010 gegründet. Jetzt haben wir 2020.
Am 14.03., wie gesagt, haben wir geschlossen von heute auf morgen und seit dem Zeitpunkt auch fortlaufend geschlossen, bis einschließlich auch heute. Und wir wissen noch nicht, wie lange. Und derzeit ist es wohl so, dass jetzt die letzten Tage gerade wohl eine Lockerungsmaßnahme angedacht wurde, vom Senat schon wohl beschlossen wurde.
Ist aber alles unter Vorsicht zu genießen, da hier auch gewisse Hygieneregeln beachtet werden müssen, die aber derzeit für uns noch nicht 100 Prozent so einsehbar sind, dass wir das einschätzen können, ob überhaupt das Geschäft rentabel wäre, wenn wir öffnen würden oder nicht. Wir haben insgesamt, wenn man das Green Mango betrachtet, jährlichen Umsatz der letzten zwei Jahre gehabt, laut BWA von circa einer Million Euro. Das sagt also auch schon einiges aus, was wir für ein Wirtschaftsunternehmen sind.
Haben an Festangestellten jetzt in der Kurzarbeit befindlich 14 Personen. Einer ist jetzt gerade vor kurzem verstorben, aber nicht an Corona. Hat damit nichts zu tun.
Also jetzt sind es nach wie vor weiterhin 13 Leute, die in der Kurzarbeit sich befinden. Und einschließlich auch meiner Person, ich als Geschäftsführer. Und wir wissen halt nicht, wie lange das Ganze jetzt funktioniert und läuft.
Der Umsatz ist logischerweise bei Null. Also wir haben nicht einen einzigen Euro, den wir an Umsatz machen. Und haben vernünftige Rücklagen mal in der Vergangenheit gehabt, diese gut gebildet.
Und die Rücklagen, die sind natürlich im Laufe der letzten Monate komplett aufgebraucht worden. Das waren Bargeldbestände, die wir hatten. Das ist auch kein Geheimnis.
Das weiß auch das Finanzamt. Gar kein Geheimnis. Alles gut.
Haben noch jetzt vor kurzem eine Steuerprüfung noch gehabt, die wir erfolgreich absolviert haben. Und jetzt wissen wir nicht, wie es weitergeht. Wir haben Corona-Hilfe Teil 1 uns angeschaut.
Der kam für uns nicht in Betracht, weil wir zu viele, eins oder zwei, also wir haben sowieso alles probiert. Von 1 bis 5 durch. Alles, was es bisher gab.
Die 1 kam nicht in Betracht. Corona-Hilfe 2 war, glaube ich, das Soforthilfeprogramm für Unternehmen bis zu zehn Mitarbeiter. Ich weiß nicht, ob das jetzt eins oder zwei war.
Da kommt man ja irgendwann auch nicht mehr klar mit der Materie. Auf jeden Fall sind wir da nicht reingefallen. Dann kam Corona-Hilfe 3.
War für uns sowieso irrelevant. Das betraf andere Unternehmen, aber keine Bars oder gastronomischen Einrichtungen. Und dann kam Corona-Hilfe 4 und das war für uns spannend.
Da haben wir einen Antrag gestellt, weil das betrifft dann kulturelle Unternehmen, unter anderem auch Clubs. Jetzt ist die Frage, was ist ein Club? Sind wir ein Club, ja oder nein?
So richtig eine Definition kann man ja auch nicht selber für sich herstellen, wenn man Laie ist. Ein Club an sich kann man auch, soweit ich weiß, gar nicht so anmelden in der Form. Aber wir sind der Meinung, dass wir einen großen kulturellen Beitrag durchaus leisten hier in Berlin, weil bei uns ist der Gast selber der Darsteller, der Künstler, der auf der Bühne steht und sich präsentiert und die Massen begeistert.
Wir machen das Social Karaoke und da haben wir große Hoffnungen gehegt, haben lediglich 25.000 Euro an Unterstützungsgeldern beantragt, weil es ja heißt, dass es nicht für Lebenserhaltungsmaßnahmen gedacht ist, sondern lediglich für Kosten. Da haben wir durchkalkuliert, dadurch, dass wir viel natürlich reduziert haben an Kosten, dachten wir, okay, das passt dann schon, wenigstens erstmal für drei Monate das Ganze hinzubekommen. Und 14 Tage später kam dann die Ablehnung.
Ablehnungsbescheid auf der Basis dahingehend, dass wir keinen kulturellen Beitrag leisten und nicht in diese Sparte somit mit reinzählen und somit aufgrund der Branchen unspezifisch, also ich weiß nicht genau, wie der Begriff lautete, aber auf jeden Fall sind wir da rausgefallen mit dem Verweis auf Corona-Hilfe 5. Das hieß also Corona-Hilfe 5 war für uns jetzt das spannende Thema. Warten wir mal ab, was da kommt.
Das soll ja dann die Gastronomen betreffen. Also wir machen ja Gastronomie, sonst nichts. Leben davon.
Jetzt kam das Ding raus und da gab es zwei Möglichkeiten, die man beantragen konnte. Erste Möglichkeit war ein Tilgungszuschuss zu einem Darlehen, was man bei der KfW bitte vorher im Vorfeld beantragen soll. Und je nachdem, ob dieses angenommen oder abgelehnt wird, gibt es dann zwei Wege, die man beschreiten kann.
Wenn dieser Tilgungszuschuss möglich ist zu beantragen, heißt das ja, dass das Darlehen genehmigt wurde. Bei uns wurde dieses Darlehen genehmigt, KfW-Darlehen. Da haben wir aber nicht den herkömmlichen Schnellkredit beantragt mit diesem teuren Zinssatz von über 3, sondern haben in Absprache mit unserer Hausbank, der Commerzbank, ein KfW-Darlehen mit einem 1,04% Zinssatz beantragt.
Und das war für uns dann noch das Einzige, was annehmbar war. Den haben wir beantragt, der wurde genehmigt und somit gab es für uns die Tilgungszuschussmöglichkeit, anstatt der ganz normalen Geschichte, wo man vielleicht 25.000 oder unter Umständen auch mehr Geld beantragen könnte, um Kosten zu bestreiten. So, da passierte ewig nichts mit der Corona-Hilfe 5.
Nichts, gar nichts. Da kam auch lediglich nur am Ende so eine E-Mail, wo drin stand, man muss jetzt nichts weiter tun. Es wird ja irgendwann mal bearbeitet und man erfährt etwas.
Tilgungszuschuss heißt ja auch, das ist keine Soforthilfe jetzt in dem Rahmen, wo wir jetzt Geld verwenden können. Das ist ja auch logisch. Sondern erst, wenn es dann zu einer Rückführung kommt des Darlehens, beginnt dann der Tilgungszuschuss zu wirken.
Ja, da passierte ewig nichts. Wir sind in der Zwischenzeit immer in Kontakt gewesen mit einem Rechtsbeistand natürlich und unserem Steuerberater, der uns dazu geraten hat, auch natürlich in Widerspruch zu gehen zu der Corona-Hilfe 4 und parallel eben die 5 zu beantragen, damit wir wenigstens überhaupt eine Möglichkeit haben, irgendwas zu bekommen. Und dieser Widerspruch lief.
Und dadurch, dass wir die nächsten folgenden vier Wochen nichts erfahren haben, weder von dem Widerspruch der Corona-Hilfe 4 noch von dem Antrag der Corona-Hilfe 5, haben wir uns dann mal erlaubt anzurufen bei der IBB. Ja, haben dort angefragt, wie da jetzt der Status ist der Bearbeitung. Und da wurde uns mitgeteilt, dass wir nach derzeitigem Stand auch aus der Corona-Hilfe 5 rausfallen.
Denn das Darlehen, was wir beantragt haben, ist nicht das Darlehen, was in den Richtlinien der Corona-Hilfe 5 so festgesetzt wurde. Denn da hätte man den normalen Schnellkredit nehmen müssen. Das steht dort in den AGBs so drin.
Und somit haben wir jetzt uns natürlich eine riesen Platte gemacht. Was machen wir jetzt? Ja, und da haben wir dann wieder Rücksprache gehalten mit unserem Rechtsanwalt.
Und der hat dann den Tipp gegeben, heute mal hier aufzukreuzen, um da mal ein paar Sachen hier in die Öffentlichkeit zu bringen, wie da sich das Ganze verhält. Zum Widerspruch der Corona-Hilfe 4 haben wir irgendwann mal eine nichts aussagende E-Mail bekommen, die, also da gab es sogar zwei E-Mails. Die eine E-Mail sagt aus, dass sie sich noch mit dem Widerspruch beschäftigen.
Und die andere E-Mail sagt aus, dass für uns einerseits die Corona-Hilfe 5 doch das spannende wäre, was für uns interessant wäre. Zum anderen aber keine Doppelbeantragung erfolgen soll in Bezug auf Corona-Hilfe 5 und der neuen Unterstützungsmaßnahme, die jetzt ins Leben gerufen wurde, was nur über einen Wirtschaftsprüfer oder einen Steuerberater beantragt werden kann. Ja, und da standen wir wieder da und dachten, alter Schwede, was machen wir jetzt?
Ja, das wissen wir nicht weiter. Das ist der Stand heute. Wir wissen jetzt nicht weiter.
Unsere Gelder sind aufgebraucht. Wir waren zwischendurch auch bei Anwälten gewesen, die sich natürlich damit beschäftigen, wie es ist, Insolvenzen anzugehen oder abzuwickeln. Mussten natürlich auch uns über sowas schlau machen.
Und da wurde uns der Hinweis gegeben, dass wir jetzt definitiv gar keine Insolvenz anmelden können, weil wir absolut solvent sind. Die Solvenz wurde hergestellt oder wiederhergestellt aufgrund der Auszahlung des KfW-Darlehens. Und somit stehen wir jetzt da und sagen, okay, jetzt sind wir solvent, haben Geld, haben einen Riesenbacken an Schulden am Hintern und müssen gucken, wie wir die nächsten Jahre irgendwie über die Runden kommen.
Haben zwischendurch, es gibt so viel zu erzählen, mein Gott, haben zwischendurch natürlich dann begonnen im Rahmen der Kostenreduzierungsmaßnahmen mit unserem Vermieter, das ist Möbel Hübner und in Vertretung der Türklitz Hausverwaltungs GmbH, haben dort angefragt, inwieweit die Unterstützung uns geben können, mit der Miete ein Stück entgegen zu kommen oder irgendetwas zu machen.
Dr. Reiner Fuellmich (12:13 - 12:16)
Weil sie wegen fehlender Einnahmen natürlich auch die Mieten nicht zahlen können.
Nils Roth (12:16 - 15:33)
Richtig. Wir können unseren zweckgebundenen Mietvertrag so nicht ausüben. Wir haben den Mietvertrag zum Zweck des Betriebs in der Karaoke Bar und zwar ausschließlich zum Betrieb in der Karaoke Bar geschlossen und diesen Zweck können wir nicht nachkommen.
Genauso kann aber der Vermieter diesem Zweck nicht nachgehen. Und somit ist das natürlich eine Haftungsrisikofrage oder überhaupt so eine Beurteilungsfrage, wer trägt welches Risiko, warum muss das zu 100 Prozent der Mieter tragen und nicht auch der Vermieter daran beteiligt sein. Und der Vermieter ist hingegangen und hat erstmal grundsätzlich gesagt, ja ist in Ordnung, kein Problem, wir können stunden.
Eine Stundung ist aber nur eine aufgestorbene Geschichte und keine effektive Unterstützung in dem Rahmen, wo er sich auch mitbeteiligt an dem Problem, was jetzt gerade da ist oder da sein soll. Okay, dann haben wir im Rahmen der Beantragung von dem KfW-Darlehen nochmal intensive Rücksprache mit ihm gehalten, weil unser Mietvertrag nur noch drei Jahre läuft und das KfW-Darlehen auf sechs Jahre ausgelegt ist. Davon fünf Jahre Rückführung, ein Jahr tilgungsfrei.
Das erste der Vermieter wurde informiert, dass wir eben drei weitere Jahre brauchen, um ordentlich und vernünftig das Darlehen zurückführen zu können und wir haben da ein Gespräch gesucht. Das Gespräch war für mich persönlich mit dem Vermieter nicht mehr möglich, mir als Geschäftsführer nicht mehr möglich, sondern das war nur noch möglich für die weiteren Gesellschafter der Green Mango GmbH. Und die sind dann hingegangen in das Gespräch, haben mit dem Vermieter gesprochen, ob es nicht möglich ist, uns drei weitere Jahre einzuräumen.
Also der Vermieter wollte deswegen mit mir nicht mehr reden, weil er gesehen hat, dass ich zu hartnäckig bin und zu akribisch meine Forderungen formuliere, wobei das ja keine Forderungen sind, sondern Hilfestellungsfragen. Wie kann er uns entgegenkommen? Aber damit wollte er nichts zu tun haben und somit hat er Hoffnung gehegt in den Gesellschaftern, die ja auch ein berechtigtes Interesse daran haben müssen, dass Green Mango weiter existent ist und derzeit verhandelt wird.
Okay, dann kam es zum Gespräch, der sagte dann okay, alles klar, ich mache mir Gedanken darüber und lasse euch ein Angebot von uns zukommen über die Geschichte, wo ihr jetzt vorgetragen habt, dass ihr Reduzierungsmaßnahmen wünscht und eine Verlängerung des Mietvertrags um drei Jahre und dann schauen wir mal weiter, dann reagiert ihr entsprechend drauf. Wir haben gewartet, eine Woche, das hat auch wunderbar funktioniert, dann kam die Antwort und in der Antwort stand drin, er bietet uns an, anstatt drei Jahre Verlängerung nur zwei Jahre Verlängerung und zwar glasklar nur zwei bei einer sofortigen Akzeptanz einer Mieterhöhung von 80 Prozent. Und zwar beginnend ab Januar, also mitten in der Corona-Zeit.
Antonia Fischer (15:35 - 15:35)
Ab 1.
Nils Roth (15:36 - 17:01)
Januar 2021. Jetzt ist es natürlich glasklar, wir wissen ja gar nicht, was los ist. Können wir öffnen?
Können wir nicht öffnen zu der Zeit? War ja überhaupt alles unklar. Und da sind wir wieder in Kontakt mit ihm getreten, stets freundlich, immer freundlich.
Ich habe ab sofort meinen Namen weiter rausgelassen und nur die Gesellschafter haben immer kommuniziert mit dem Vermieter, wobei es extrem ungewöhnlich ist. Normalerweise kommuniziert man immer über den Kopf von so einem Unternehmen, aber okay, wir sind auch das eingegangen, weil wir ein gewisses Ziel verfolgt haben. Unser Ziel war, die Kosten zu reduzieren und eine Verlängerung des Mietvertrags zu erreichen, damit wir das Darlehen zurückführen können.
Und das trägt sich bis zum heutigen Tag hin und der letzte Stand ist, dass weiterhin fortlaufend Mieten auf zu 50 Prozent der Nettokaltmiete, so wie es auch vorab gewesen ist, weiter gestundet werden können von seiner Seite, aber er kommt nicht einen Cent entgegen. Und er versteht, dass wir jetzt derzeit keine Entscheidung treffen können, das ist auch logisch, wir können ja keine Entscheidung über sowas treffen, von so einer krassen Mieterhöhungsgeschichte, dass wir derzeit keine Entscheidung treffen können, dahingehend, was sein Angebot betrifft. Ja, das ist der Stand jetzt.
Er versteht uns.
Dr. Reiner Fuellmich (17:02 - 17:09)
Und das Ganze läuft ohne Einnahmen seit dem Tag des Lockdowns, also seit Mitte März.
Nils Roth (17:09 - 17:10)
Na logisch.
Dr. Reiner Fuellmich (17:11 - 17:18)
Und wir haben jetzt die 13 Leute jetzt in den Kurzarbeit. Wer bezahlt das?
Nils Roth (17:19 - 19:43)
Das bezahlen zunächst wir und dann kommt die Agentur für Arbeit und erstattet auf Antrag dieses Geld. Und da war es auch so gewesen, dass natürlich die erste Zeit, das betrifft wahrscheinlich fast alle Unternehmer, alle natürlich gewaltig gewartet haben auf die ersten Auszahlungen. Das war auch noch in Ordnung aufgrund unserer günstigen Situation, dass wir vernünftige Rücklagen gebildet haben.
Da konnten wir durchaus sechs Wochen, acht Wochen auch ohne Probleme aushalten. Dann kam es zur Nachzahlung, aber die Nachzahlung, die streckte sich nur dahingehend, dass der Geschäftsführer erstmal außer Acht gelassen wurde. Da wurde ganz klar die Vorhaltung gemacht, dass der Geschäftsführer, also meine Person, ja wohl selbstständig sei.
Das ist aber bei uns nicht der Fall, weil wir angestellt sind und somit muss ja auch dem Geschäftsführer dieses Geld erstattet werden. Das kam dann nachträglich nach unserem Widerspruch, diese Nachzahlung. Und wir haben weiter fortlaufend immer die Kurzarbeitergelder oder Kurzarbeitsgelderstattungen beantragt.
Und das hat dann auch einigermaßen so funktioniert, dass es relativ zeitnah innerhalb von drei Wochen überwiesen wurde, die Erstattung. Aber auch da immer wieder unter Abstrichen. Es wurde jedes Mal aufs neue Geld abgezogen und da haben wir eine Begründung verlangt, warum.
Und da wurde uns erklärt, dass wir keine gastronomische Einrichtung seien im herkömmlichen Sinne und wir aus dem Grund ja gemäß der Feiertagsregel an Feiertagen nicht arbeiten. Und genau da, wo man Geld verdient, sollen wir nicht öffnen oder nicht arbeiten. Das ist völlig unlogisch.
Es ist immer wieder ein Widerspruch gegangen. Gott sei Dank war der Widerspruch auch da von Erfolg gekrönt und da haben wir dann die pauschalen abgezogenen 20 Prozent erstattet bekommen und dann war wieder alles in Ordnung. Aber man muss halt eben jeden Monat schauen, wo man bleibt und ganz exakt gucken, passt das mit dem, was wir ausgezahlt haben, was das Lohn- und Gehaltszentrum, also wir haben das Lohnbüro outgesourcet, ausgerechnet hat an Sozialversicherungsbeiträgen, die zu zahlen sind und an dem, was dann an Antrag gestellt wird, beziehungsweise dann auch erstattet wird.
Also es ist ein kompliziertes Unterfangen. Ja, aber das funktioniert noch so einigermaßen.
Dr. Justus Hoffmann (19:44 - 19:58)
Also die Behörde geht davon aus, dass Sie kein gastronomisches Unternehmen im herkömmlichen Sinne, was auch immer das bedeutet, sind? Von unserem Widerspruch haben sie es dann akzeptiert und verstanden. Aber man kann bei Ihnen was essen und was trinken?
Ja, selbstverständlich.
Nils Roth (19:59 - 20:00)
Davon leben wir ja.
Dr. Justus Hoffmann (20:01 - 20:29)
Ja, also nur, weil, damit man sich vorstellen kann, was das für ein Unternehmen ist. Also ein Club sind sie nicht, weil offensichtlich ein gastronomisches Unternehmen sind sie auch nicht. Ja, also nur für das Verständnis auch für die Leute, die zusehen, man kann bei Ihnen was essen, was trinken und Karaoke singen?
Ja, ganz genau. Also man geht da nicht nur hin und singt, sondern trinkt eine Kleinigkeit und isst ein paar Erdnüsse, sondern man wird auch richtig bewirtet dort. Ja, selbstverständlich.
Nils Roth (20:34 - 21:39)
Und insgesamt haben wir an Mitarbeitern, vielleicht noch zu erwähnen, neben den, wo schon erwähnt, in Kurzarbeit befindlichen Mitarbeitern noch zwölf Teilzeitler gehabt, beziehungsweise geringfügig Beschäftigte bis zu 450 Euro und dann aufgrund von Security, DJs, diesen Umständen auch noch über zehn selbstständige Leute, die auf Rechnungsbasis oder Honorarbasis, je nachdem agieren und arbeiten, auch Webmaster und alles sowas gehört ja dazu. Die müssen jetzt alle sehen, wie sie klarkommen.
Ja, uns blieb dann irgendwann nichts anderes übrig, als hinzugehen, um die geringfügig Beschäftigten zunächst zu kündigen. Erst haben wir sie in einen unbezahlten Urlaub geschickt, dann mussten wir sie kündigen, weil man sitzt ja auf den Kosten der Lohnausfertigung und so weiter. Also wir mussten Kosten reduzieren.
Es geht nicht anders. Und die Selbstständigen, die haben natürlich auch deutlich weniger Einnahmen. Bei den Securities muss man halt gucken, ob die andere Aufträge bekommen, neben unserem Auftrag.
Und bei den DJs natürlich, die verdienen kein Geld.
Dr. Reiner Fuellmich (21:44 - 22:34)
Solche Programme gibt es ja auch in den USA. Freunde von mir betreiben da eine Solarfirma, die bestand aus 43 Leuten. Und dann gibt es da so ein Programm, das heißt Payment Protection Plan.
Da kriegt man also, um die Angestellten nicht entlassen zu müssen, staatliche Hilfen. Von manchen Leuten ausgenutzt worden. Die meisten Leute warten da heute noch drauf, aber haben immer gesagt, aber in Deutschland, bei euch, da muss doch alles top sein.
Weil, hatten Sie gehört, hier wird sofort jedem geholfen. Wir haben gesehen, Lufthansa hat irgendwie 9 Milliarden gekriegt. VW hat sofort Geld gekriegt.
Und bei den kleinen und mittleren Unternehmen, da sei das aber genauso. Was ich jetzt von Ihnen höre, sagt aber, nee, ist gar nicht so, sondern Sie haben eigentlich nichts bis auf die Kurzarbeiterunterstützung bekommen.
Nils Roth (22:34 - 22:39)
Das ist ja auch eine Versicherungsleistung. Das möchte ja auch sein, dass das bezahlt wird, selbstverständlich.
Dr. Reiner Fuellmich (22:39 - 22:56)
Und wie sieht das bei Ihren Kollegen aus? Haben Sie da von Leuten gehört, die besser zurechtkommen? Die in dieser Branche staatliche Unterstützung ohne Kampf bekommen haben?
Oder ist das so, dass jeder so kämpfen muss, wie Sie das eben gerade beschrieben haben?
Nils Roth (22:56 - 24:50)
Da kommt offenkundig gesagt Bedenkliches zutage, weil es zwischendurch so war, dass diverse Karaoke-Bars, die noch weiter existent sind, sogar geöffnet haben. Und da war für uns immer die Frage, wieso haben die überhaupt geöffnet? Deswegen muss ich da abweichen von der Frage so ein klein wenig, weil normalerweise dürfte ja da Kurzarbeit nur im beschränkten Rahmen in der Antragstellung möglich sein.
Und weil die eben geöffnet haben, war das für uns eine fragliche Situation. Dürfen wir denn jetzt öffnen? Was ist hier los?
Und haben uns dann kurz geschlossen mit dem Gewerbeamt, haben dann sogar mit dem Gewerbeamtschef, Herrn, lasse ich jetzt weg, gesprochen. Und der teilte uns mit, wir dürfen definitiv nicht öffnen, weil in geschlossenen Räumen eben nicht gesungen werden darf. Wir könnten eine Lücke nutzen.
Und die würde lauten, dass man bei uns nicht singt, sondern zu uns einkehrt, um zu speisen und zu trinken. Aber das ist nicht die Intention eines Gastes, der zu uns kommt, sondern der möchte einfach trellern, der möchte Spaß haben am Abend. Und andere Karaokebars haben sich aber an diese Regularien nicht gehalten.
Und auf unsere Rückfrage eben beim Gewerbeamt war die Aussage dahingehend getätigt worden, dass gemeint wird, dass das bezirksregional durchaus anders gehandelt werden könnte. Und er hält aber mal Rücksprache mit den anderen, was die dazu sagen. Und das hat sich über Wochen Tatsache hingestreckt.
Man kann das auch nachvollziehen, wenn man in diverse Social-Medias reingeht, ob das der Wahrheit entspricht, was ich sage, oder ob nicht. Es betrifft ja eigentlich auch nur, soweit ich weiß, Berlin, wo das so drastisch gehandelt wird. In anderen Bundesländern soll wohl geöffnet sein, weiß ich aber nicht.
Weil hier sieht das sowieso keiner richtig durch.
Dr. Reiner Fuellmich (24:52 - 25:03)
Wie das heißt jetzt, wenn das jeweils von den Bezirksregierungen unterschiedlich gehandelt wird, dann kann das sein, dass es in einem Bezirk lebensgefährlich ist zu singen und in dem anderen Bezirk ist es dann wieder doch ganz okay.
Nils Roth (25:03 - 27:41)
So könnte man das auch sehen, richtig. Aber auf jeden Fall habe ich dann eben gemeint, es gibt ja nur einen Berliner Senat, der nur einen Beschluss fassen kann. Und wenn dieser Beschluss lautet, dass in geschlossenen Räumen nicht gesungen werden darf, kann es nicht sein, dass die einen Hü und die anderen Hot machen.
Da darf gesungen werden und da nicht. Und da habe ich mich selber mal so dahingehend davon überzeugt, ob das der Wahrheit und Tatsache so entspricht, wie das die Social Medias darstellen, dass die geöffnet haben. Und bin mal selber in so eine Karaoke Bar reingegangen mit einem Mitbewerber und habe mir das angeguckt.
Die stehen ganz normal auf der Bühne und trellern. Daraufhin bin ich auf die Polizei, auf den zuständigen Abschnitt gefahren, habe mit dem Kontaktbereichsbeamten, der dafür zuständig ist, Rücksprache gehalten, inwieweit die die Covid-19-Maßnahmen bereit sind umzusetzen. Und da wurde gesagt, selbstverständlich machen die das.
Dann sage ich, okay, Tipp, wir sind kurz vorm Abgrund. Wir haben nach wie vor geschlossen, nicht einen Cent Einnahme, gar nichts, überhaupt nichts. Und in ihrem Bereich, wo sie für zuständig sind, gibt es Karaoke Bars, die ganz normal geöffnet haben.
Ist das so richtig? Dürfen die das oder nicht? Und da wollte er mich, also er musste nachlesen und sagte, ja, ich habe vollkommen recht.
Die dürfen öffnen, aber da darf auf gar keinen Fall jemand singen. Da sage ich, na ja, dann fahrt mal persönlich hin, guckt euch mal die Geschichte an. Da stehen sie auf der Bühne, da können sie sogar mittrellern, gar kein Problem.
Und da sagte er, ja, er kann dieser Sache nur nachkommen, wenn ich eine Anzeige erstattet. Da habe ich gesagt, ich muss da keine Anzeige erstatten. Sie sind außerhalb der Öffnungszeiten und der Tätigkeit des Ordnungsamtes zuständig, die Covid-19-Maßnahmen, die beschlossen wurden, umzusetzen in die Praxis.
Sprich, also für Ordnung zu sorgen. Also müssen sie das machen. Und er sagte, war das ein Streitgespräch geworden?
Und am Ende lief das sogar fast dahingehend hinaus, dass er mich festhalten wollte auf dem Abschnitt, weil ich so aufmerksam war und ihn darauf hingewiesen habe, dass er bitte mal gucken soll in diese Karaoke Bar, ob das getrellert wird oder nicht. Und wenn ja, dann ist das ja auch ein Risiko, wenn das alles so sein sollte, den wir gewaltig dahingehend ausgesetzt wären. Wenn dort ein Covid-Fall auftreten sollte, heißt es dann in der Presse und überall, um Gottes Willen, da wo gesungen wird, da darf überhaupt gar nicht mehr was gemacht werden.
Also es ist unkameradschaftlich. Und von daher jetzt nochmal auf die Frage zurückzukommen, Kurzarbeitergeld, ja oder nein, keine Ahnung, was sie gemacht haben, weiß ich nicht. Also ich habe mich da tunlichst zurückgehalten.
Dr. Reiner Fuellmich (27:42 - 28:55)
Wenn Sie jetzt keine Ersparnisse gehabt hätten, dann wären Sie faktisch insolvent. Oder habe ich das eben... Das wäre der verständliche Plan.
Ich frage das deshalb, weil wir ja wissen, wie das meine Freundin in den USA so dankend gesagt haben, dass eigentlich unsere Unternehmen ja sehr gut geschützt werden durch den Staat, weil ja VW beispielsweise, so wie die Lufthansa auch mit Milliarden gestützt wurde. Da ist es so, dass nach meiner Kenntnis, ich mache ja viel Wirtschaftsrecht im Rahmen meines Haftungsrechts, dass nach meiner Kenntnis das Geld sozusagen auf Zuruf kam und niemand danach gefragt hat, was denn eigentlich mit den Gewinnen der letzten Jahre geworden ist. Ob die an die Aktionäre gegangen sind oder als Boni an die Firmenleitung gegangen ist.
Bei Ihnen sind solche Fragen gar nicht erst gestellt worden, sondern wenn ich Sie richtig verstanden habe, Sie fielen unter keine dieser Leistungen, von denen Sie gehofft hatten, da könnte was gehen, sondern Sie haben absolut gar nichts gekriegt. Haben Sie denen gesagt, dass Sie hier jetzt demnächst K.O. sind?
Nils Roth (28:57 - 31:31)
Selbstverständlich, na klar. Also ich meine, das was wir machen an Bürokratie, das ist ja wirklich ein extremer bürokratischer Aufwand. Das zahlt einem ja auch kein Mensch.
Da habe ich noch manchmal Bedenken sogar davor, dass die eventuell hingehen könnten, um zu sagen, na Mensch, wenn Sie so viel im Büro setzen, dann ziehen wir vielleicht noch Kurzarbeitergeld ab, um das mal sarkastisch zu formulieren. Also keine Ahnung, nein, also wir wurden nie gefragt. Nein, absolut nicht.
Im Gegenteil, es kamen dann sogar noch Dinge, ich könnte noch weiter ausholen mit Finanzamt zum Beispiel, Stundungen, denen muss ja ganz klar sein, dass wenn eine gastronomische Einrichtung da ist, dass eine Stundung möglich sein muss und zwar über einen vernünftig längeren Zeitraum. Man ist ja sogar verpflichtet dazu, eine Stundung zu beantragen, um Kurzarbeitergeld zum Beispiel zu beantragen oder andere Fördermöglichkeiten. Das wird ja gefordert.
Zunächst muss man anderes ausschöpfen, Kosten reduzieren, um dann anderes zu bekommen eventuell. Und das haben wir alles gemacht. Und diese Stundungen, die wurden gesetzt auf einen Monat, einen Monat, einen Monat, einen Monat.
Und jeder Stundungsantrag, der muss selbstverständlich auch vom Steuerberater gestellt werden und muss natürlich auch, weil er dafür arbeitet, bezahlt werden, auch wenn es nur 7,50 Euro sind. Aber ihm steht das zu, das ist auch richtig, dass er dafür für seine Arbeit entlöhnt wird. Aber wer muss das zahlen?
Wir. Und wenn man dann, und das ist uns jetzt gerade passiert, da haben wir eine Mahnung bekommen vom Finanzamt, dass wir bitte die Umsatzsteuer für Februar, das sind 13.000 Euro, bitte sofort bezahlen sollen. Und da hat jetzt der Steuerberater bitte wieder hingewirkt und hat gesagt, Leute, es besteht eine Stundung, die besteht auch fortlaufend, die Leute verdienen kein Geld, die haben keinen Cent in der Tasche, die haben jetzt einen Kredit, wie soll das Ganze funktionieren?
Und er geht davon aus, dass die jetzt wieder eine weitere Stundung machen, aber die wird auch nicht lange halten, das wird wieder bloß ein Monat sein. So, und parallel dazu kam natürlich dann noch, wir haben ja jetzt so viel Zeit, wir arbeiten ja nicht, ein Schreiben vom Finanzamt, wo natürlich die unter dem Deckmantel einer Aussage, dass wir immer zu spät die Steuererklärung abgegeben haben, der Hinweis, dass wir ja jetzt so viel Zeit haben, dass wir jetzt die Steuererklärung für 2019 doch schon vorzeitiger abgeben können. Und zwar zum 23.09. ist der Fristablauf. Und da haben wir jetzt Rücksprache gehalten, da müssen wir gucken, man hat andere Probleme im Kopf, als sich jetzt mit Steuererklärung zu beschäftigen. Ja, zumal man normalerweise auch da ein bisschen länger Zeit hat.
Antonia Fischer (31:36 - 31:48)
Also wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, Sie fallen mit Ihrem Unternehmen durch jedes Raster, was dazu dient herauszufinden, ob Ihnen geholfen werden soll oder nicht.
Nils Roth (31:48 - 32:05)
Ja, also jetzt gibt es den neuesten Hinweis, das ist jetzt wieder das neue Ding, was für uns spannend eben ist. Und das wäre halt die neueste Sache, wo ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer beantragen soll. Da bin ich gespannt, was da rauskommt.
Aber bisher gab es nichts, wo wir drin waren, nichts.
Dr. Reiner Fuellmich (32:05 - 33:08)
Die anderen, die einfach weitermachen, es gibt ja offenbar welche, die einfach weitermachen mit den Karaoke-Bars. Sie haben ja mit dem Polizeibeamten gesprochen. Die überleben dann vielleicht deshalb, weil sie sich nicht an die Regeln halten.
Oder wie ist das zu verstehen? Und sie gehen K.O., weil sie sich an die Regeln halten. Ich habe gerade eine Eilmeldung in FAZ online gesehen.
10% Wirtschaftseinbruch soll in diesem Jahr erwartet werden. Das sei ja eine richtige Katastrophe. Andererseits haben wir von anderen Leuten, Professor Heiner Flassbeck gehört, dass es wohl eher 30% sein werden.
Und nun wird ja immer von der zweiten oder dritten oder vierten oder sonst was Fälle gesprochen. Wenn das kommt, dann kann man sich ja ungefähr ausrechnen, dass Sie im schlimmsten Fall wirklich endgültig K.O. sind. Und viele andere mit Ihnen, oder?
Oder gibt es eine andere? Können Sie ausweichen auf irgendwas?
Nils Roth (33:09 - 33:49)
Es gibt keine Alternative. Nein, es gibt keine Alternative für uns. Wir haben, wie gesagt, diesen Mietvertrag, der zweckgebunden ist.
Und wir haben auch damals mit der Intention, Karaoke, man macht sowas ja nicht zum Spaß oder einfach nur, um nur Geld zu verdienen. Sondern man muss seinen Job ausüben, weil man seinen Job so liebt, wie man ihn tut. Und ich wüsste jetzt nicht, ich kann doch jetzt nicht auf die Baustellen rennen.
Das ist nicht meine Intention. Ich habe zwar mal Koch gelernt, aber ich kann mir jetzt nur sehr schwer vorstellen, als Geschäftsführer an den Herd wieder ranzugehen, um dort zu kochen. Da bin ich auch schon raus.
Ich weiß nicht mehr, wie Nudelsuppe geht. Weiß nicht. Also es ist relativ alternativlos.
Dr. Reiner Fuellmich (33:49 - 34:02)
Und in den Räumen, die Sie da gemietet haben, das haben Sie vorhin schon ein paar Mal gesagt, die sind zweckgebunden. Da dürfen Sie sowieso nur das machen. Also Sie haben überhaupt keine Möglichkeit, das jetzt plötzlich umzuräumen, mal abgesehen davon, dass Sie kein Geld dafür erhält.
Nils Roth (34:02 - 34:49)
Da müsste man Rücksprache mit dem Vermieter halten, inwieweit er mit so etwas einverstanden wäre. Das haben wir jetzt noch nicht gemacht, weil das ja nicht unsere Intention ist, den Laden jetzt umzuräumen, weil wir auch auf unbestimmte Zeit, also unbestimmt heißt, wir könnten vielleicht morgen öffnen, wir müssen vielleicht weiter geschlossen bleiben. Das ergibt keinen Sinn.
Ich wüsste jetzt auch nicht, was man in diesen Räumlichkeiten, in diesen, machen soll. In genau diesen. Ja, also keine Ahnung.
Da war mal früher ein Fitnessstudio drin, dann war mal ein Labor drin gewesen. Keine Ahnung, aber sowas, wie wir da drin gemacht haben, das ist schon ein verrücktes Unterfangen, dass das überhaupt zum Laufen gekommen ist. Und dann haben wir auch knallhart dafür gearbeitet und haben beginnend ab dem zweiten Jahr durchweg nur schwarze Zahlen geschrieben.
Also es gab kein Negativjahr.
Dr. Reiner Fuellmich (34:50 - 34:56)
Und sogar bei dem Erfolg geht Ihnen jetzt trotzdem nach drei, vier Monaten die Luft aus?
Nils Roth (34:57 - 34:58)
Selbstverständlich, na klar.
Dr. Reiner Fuellmich (34:58 - 35:01)
Weil einfach nicht genug übrig bleibt, um für sowas vorzusorgen.
Dr. Justus Hoffmann (35:03 - 35:22)
Einfach wieder aufmachen, morgen oder nicht, ist ein gutes Stichwort. Das habe ich mich nämlich gefragt, wenn wir davon ausgehen würden, okay, Sie können morgen wieder aufmachen. Wie ist denn Ihre Einschätzung, würden Sie Ihr Geschäft so fortsetzen können, wie Sie es vorher betrieben haben?
Oder was wäre Ihre Aussicht darauf?
Nils Roth (35:22 - 36:13)
Also ganz klar nein, man kann das nicht so fortsetzen, geht ja gar nicht. Es gibt auch gewisse Hygienevorschriften, die wir eben noch nicht kennen. Ja, da sind wir am Erohieren, wo wir die ganz konkret so dahingehend herbekommen, dass wir keine Ordnungswidrigkeit begehen, weil bei uns 100 Prozent würden die sofort auf der Matte stehen.
Und kontrollieren, ich weiß es nicht, wie weit das geht. Hinzu kommt ja auch, wenn wir das alles abschätzen würden mit diesen Hygienemaßnahmen, kann ich mir, wenn wir zum Beispiel nur 50 Leute anstatt vorher dieser großen Zahl reinlassen dürften in den Laden, kann ich mir nicht vorstellen, dass das Geschäft noch rentabel wäre. Glaube ich nicht, nein.
Da glaubt auch keiner von uns da an. Jeder möchte gerne, aber mit 50 Leuten, was will man da erwarten? Nein, nein.
Dr. Justus Hoffmann (36:14 - 36:33)
Meine Frage zieht auch in die Richtung, also das habe ich schon befürchtet, dass es so aussieht, aber meine Frage zieht auch in die Richtung, können Sie sich denn vorstellen, dass auch, ich sage mal, selbst wenn Sie unbegrenzt öffnen könnten, Sie die gleiche Anzahl von Kunden bekommen würden oder auch die gleiche Zusammensetzung? Ich weiß ja nicht genau.
Nils Roth (36:34 - 37:35)
Die Menschheit ist natürlich ein klein wenig sensibilisiert und das trägt auch dazu bei, ob man von Erfolg sein Geschäft dann betreibt oder nicht. Andererseits ist es auch so, dass uns ja jetzt in der Vergangenheit aufgrund der Schließung bei uns und teilweise in Öffnung bei anderen Karaoke-Bars sicherlich auch viele Gäste weggelaufen sein werden, die dann in der Zwischenzeit andere Optionen genutzt haben, wo andere eben sich nicht an diese Regeln gehalten haben. Und das kann noch erschwerend hinzukommen, wenn wir dann neu öffnen.
Des Weiteren eben auch die, wie gesagt, Sensibilisierung der Menschen. Überall wird gesprochen von Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht und Gotteswillen und Mundschutz und was weiß ich nicht alles. Es ist schwierig zu sagen.
Wir haben ein tolles Klientel, aber wir haben natürlich auch ein wechselndes Klientel. Es ist schwer zu beurteilen, aber ich glaube, es wird schwieriger. Ich bin sogar sicher, es wird schwieriger.
Viviane Fischer (37:36 - 37:52)
Und unabhängig von den Anträgen, mit denen Sie sich da jetzt herumgeschlagen haben, haben Sie denn sonst irgendeine Hilfestellung vom Senat oder von irgendeiner Entität bekommen, wo Sie mal nachfragen können, wie kann denn so ein Hygienekonzept aussehen für uns oder wann können wir vielleicht damit rechnen, dass sich etwas ändert?
Nils Roth (37:53 - 40:18)
Also das ist jetzt nochmal eins, was ich machen will, heute oder morgen. Da will ich mit dem Gewerbeamt nochmal Rücksprache halten, wie jetzt genau die Hygieneregeln ausschauen für uns. Zum anderen aber war es bisher mir persönlich nicht möglich, in einfacher Form diese Hygieneregeln herauszufiltern aus der Senatsseite oder je nachdem, wo es sein soll.
Wir haben ja viele Bekannte auch bei der Polizei und da habe ich eine Beamtin gebeten, uns zu unterstützen, das macht die auch schon eine ganze Weile, auch in anderer Form mit anderen Dingen, mal diese Regeln abzufragen. Wie machen die denn das überhaupt, wenn die irgendwo kontrollieren gehen? Was kontrollieren die da ganz genau?
Was sollen sie kontrollieren? Und das versucht sie jetzt zu eruieren, zu erfragen. Ist aber bisher gescheitert.
Also selbst ihr Oberster in dem Polizeiabschnitt kann die Antwort so konkret nicht geben, was jetzt nun gehauen und gestochen ist. Es wird auf der einen Seite erzählt, 1,50 Meter Abstand zwischen den Tischen, auf der anderen Seite wird gesagt, es dürfen sechs Leute an einem Tisch sitzen. Keine Ahnung.
Dann auch mit dem Mikrofon, ich weiß es nicht. Es muss ja ständig und permanent immer wieder wohl desinfiziert werden. Keine Ahnung, was da an Kosten noch auf einen zukommt, wenn man das alles versucht umzusetzen.
Das ersetzt einen ja auch keiner. Es wird dann erwartet, dass man das Desinfektionsmittel überall kauft. Kostet ja auch sein Geld.
Dazu vielleicht noch irgendwelche Plexiglasscheiben, die wahnsinnig teuer sind und wo man auch lange drauf warten muss, jetzt heutzutage, weil ja alle dieses Plexiglass jetzt überall hinpacken. Und dann die Mikrofone, keine Ahnung. Also wenn man hier so einen Noppel hier oben drauf machen würde auf so ein Mikrofon, dann würde das ja bedeuten, so ein Noppel, so ein Schutz, der kostet einen Euro.
Und wenn ich bei jedem Sänger so für einen Euro ein neues Ding drauf packe, dann wird man ja arm bei. Das funktioniert somit auch nicht. Also keine Ahnung.
Also bisher gab es für uns null Unterstützung. Und auch in absehbarer Zeit sehe ich zum Beispiel auch diese Mehrwertsteuersenkung, sehe ich auch nicht, dass die für uns so spannend ist, dass wir da gewaltige Fortschritte machen. Zumal ja auch der Staat erwartet, dass man dem Kunden entgegenkommt, somit die Kaufkraft zunimmt.
Und das ist ja Quatsch. Keine Ahnung. Sollen wir jetzt noch die Kosten reduzieren?
Die Kasse muss man umstellen. Wer soll das alles machen? Aber gut, das habt ihr ja sicherlich schon gehört.
Antonia Fischer (40:20 - 40:27)
Und solange da die Politik zu ist, wird das ja auch nur eng gesteckt.
Nils Roth (40:27 - 41:32)
Das ist ja das nächste Ding, was mit einspielt. Wir haben einen Koch beschäftigt. Und der Koch, da waren wir froh, dass wir ihn überhaupt gefunden haben, nachdem unsere alte Köchin bei uns in Rente gegangen ist.
Und da haben wir uns erstmal über Wasser gehalten mit Teilzeitkräften. Dann meine Frau selber stand in der Küche, hat dort gekocht, tagtäglich, tagein, tagaus. Und wir bieten, wenn, dann nicht das à la carte-Geschäft an, sondern Buffet an.
So, jetzt gibt es diese neue Buffet-Regel. Die könnten wir überhaupt nicht einhalten. Plexiglas, jemand muss von hinten rausgeben.
Wie soll das funktionieren? Da ist unser Buffet-Trakt wiederum zu klein. Und somit könnten wir die Weihnachtsfeiern, die jetzt zukünftig kommen, falls wir öffnen dürfen, gar nicht vom Buffet profitieren.
Und somit können wir auch nicht davon profitieren, von dem eventuellen Umsatz, den wir machen könnten durch Speisenverkauf, wo diese 5% eben mit einspielen an Mehrwertsteuer. Also, es ist von A bis Z, naja, könnte ich jetzt einen bestimmten Begriff sagen. Das lasse ich jetzt.
Ja.
Viviane Fischer (41:32 - 41:41)
Wie lange würden Sie das jetzt durchhalten, wenn das noch weitergeht? Also, ab wann ist Ihr Geld aufgebraucht? Es ist ja sowieso nur noch ein Kredit.
Nils Roth (41:41 - 42:37)
Also, wir haben Rücksprache mit unserem Banker gehalten. Da haben wir nochmal gesonderten Termin ausgemacht. Die Bank, die kennt ja unsere Zahlen.
Wir sind ja so viele Jahre schon dort. Und die würden nochmal Geld nachschießen können. Das wäre in Ordnung.
Wollen wir aber nicht. Wir hatten ja noch nie einen Kredit. Das ist ja für uns auch eine neue Situation.
Aber wir haben auch angefragt, das war die Hauptintention des Gesprächs, ob wir die Möglichkeit haben, das Geld nicht zu dem Zweck des Erhalts der Green Mango Karaoke Bar an diesem Standort zu verwenden, sondern eventuell das Geld auch anderweitig zu verwenden, für die Eröffnung eines neuen Standorts, wenn wir mit dem Vermieter nicht klarkommen, wenn einfach gar nichts mehr geht. Und da kam die Zusage von der Bank und die haben dann gesagt, ja, ist in Ordnung, das können wir machen. Gott sei Dank auch, weil bei dem Schnellkredit wäre das wohl überhaupt nicht gegangen.
Und bei dieser Darlehensform ist das nicht ganz so engmaschig.
Viviane Fischer (42:38 - 42:56)
Wobei das okay sehr verfolgen würde. Also letztlich die illegitime Situation, die die anderen da jetzt machen. Aber wenn Sie sich an die Vorgaben halten wollen, hätten Sie ja das gleiche Problem an einem anderen Standort.
Also es ist eigentlich nicht so. Vielleicht haben Sie dann ein bisschen Verbesserung, weil Sie eine andere Buffet-Situation hätten.
Dr. Reiner Fuellmich (42:57 - 44:02)
Das ist eine Perspektivlosigkeit. Was würden Sie denn sagen, wenn jetzt die Maßnahmen sofort beendet würden, gehen Sie dann davon aus, dass das Geschäft sofort wieder boomen würde oder gehen Sie davon aus, dass Ihre Kunden verunsichert sind und wegen der zweiten, dritten Welle sagen, oh nee, das Geld behalten wir mal lieber hier. Ist das so?
Ja, die Kunden werden verunsichert. Also man kann jetzt selbst, wenn jetzt sofort alles wieder aufgemacht werden würde, nicht davon ausgehen, dass dann alles gleich wieder gut wäre. Das glaube ich nicht.
Ich habe hier in einem Business Newsletter gerade gelesen, dass für die USA auf Jahre hinaus nicht damit gerechnet wird, dass sich da die Wirtschaft wieder erholt. Und das dürfte im Kleinen hier, wenn ich Sie richtig verstehe, auch nicht anders sein. Also Sie haben einen super erfolgreichen Laden gehabt.
Trotzdem, die Türen gehen jetzt wieder auf und da gibt es in der Zwischenzeit ein paar Leute, die weniger Geld verdienen oder gar nichts mehr. Die haben Bedenken. Haben Sie Kontakt zu den Kunden?
Haben Sie da Rückmeldung schon bekommen?
Nils Roth (44:02 - 44:17)
Es kann ja keiner im Büro derzeit sitzen. Wir haben eine Anrufanleitung aufs Handy und wir bekommen tagtäglich Anrufe von Leuten, die gerne zu uns einkehren wollen, um zu feiern. Und fragen immer wieder an und erfahren natürlich von uns immer die gleiche Antwort.
Wir haben geschlossen. Und das auf unbestimmte Zeit.
Dr. Reiner Fuellmich (44:22 - 44:28)
Wir schwenken mal um zu Herrn Rulat. Sie kommen aus einer anderen Ecke Deutschlands, irgendwo aus dem Süden. Erzählen Sie, was Sie machen und wo Sie es machen.
Martin Ruhland (44:29 - 45:27)
In der Nähe von München. Bevor ich mich vorstelle, möchte ich ganz kurz auf das Thema von Herrn Roth oder ein wesentliches Thema von Herrn Roth eine Bemerkung noch dazu machen.
Es gibt, nämlich das wissen viele Leute sicher nicht, von der Technischen Universität der Bundeswehr in München eine Studie über die Gefährlichkeit des Singens oder auch des Spiegelns von zum Beispiel Blasinstrumenten, aus der hervorgeht, dass diese große Katastrophe, die von diesem Singen ausgehen sollte, bei weitem nicht vorhanden ist. Und dass sich diese Aerosole sozusagen in einem kleinen Bereich vor dem Mund abspielen, wenn überhaupt. Und eine solche Gefährlichkeit, wie sie hier an die Wand gemalt wird, einfach schlichtweg nicht vorhanden ist.
Das ist ein Dokument. Ich habe es leider nicht dabei. Ich bin jetzt sehr spontan hier auch aufgeschlagen.
Aber das gibt es. Kann man sich auch austauschen. Ob das natürlich Eingang in Rechtsprechung beziehungsweise in Auflagen oder Nicht-Auflagen findet, ist ja nochmal eine ganz andere Geschichte.
Es gibt ja genügend Alternative oder andere.
Dr. Reiner Fuellmich (45:27 - 45:30)
Für eine logistische Auseinandersetzung könnte das sehr hilfreich sein.
Martin Ruhland (45:30 - 57:28)
Ja, ja. Also wenn Sie uns das irgendwie zur Verfügung stellen können. Sobald ich wieder zu Hause bin.
Ich habe das auf meinem Computer. Ja, aber jetzt bin ich weit weg von zu Hause. Also komme aus Bayern.
Da bin ich überhaupt nicht stolz drauf. War ich auch noch nie. Ich habe aber dadurch, dass ich hier in Berlin auch eine solo-selbstständige Freundin habe, die ist auch Musikerin, so wie ich auch, habe ich also aus Bayern und Berlin sozusagen hauptsächlich meine Informationen.
Es gibt ja, wie Herr Roth schon gemeint hat, so viele Informationen. Ich habe es mir einfach mal notiert, weil ich möchte nichts Wichtiges vergessen sozusagen. Ich bin seit 35 Jahren freier Musiker.
Solo-selbstständig sagt man heute dazu. Habe alles gespielt als Perkussionist von Orchestern, klassischen Orchestern bis hin zur eigenen Popband. Habe aber vor fünf Jahren aus bestimmten Gründen einfach einen zweiten Beruf dazugenommen.
Ich bin Merchandiser für eine Barfußschuhfirma aus meiner Region. Das heißt, ich führe sämtliche Messetermine, die wir haben, eigenverantwortlich durch, deutschlandweit, in der Vorbereitung, Programmation, Durchführung. Ich bin vor Ort, verkaufe den Leuten Schuhe, mache Vorträge und so weiter.
Das heißt, ich habe einfach zwei doch relativ verschiedene Berufe. Bin in beiden solo-selbstständig und habe durch diese Maßnahmen faktisch seit März ein Berufsverbot. In jedem von beiden.
Obwohl sie sich so unterscheiden. Weil es auf der einen Seite keine Konzerte gibt, auch keine Events. Es gibt ja auch Bands, die spielen auf Events, mehr als auf Konzerten.
Aber es gibt eben auch keine Messen. Die wurden dann eben sehr, sehr kurzfristig abgesagt. Die wurden teilweise verschoben.
Die auf den Herbst verschobenen sind jetzt schon wieder abgesagt. Also das ist ein Tohowaboho, auch organisatorisch, bürokratisch, was man da zu tun hat. Allein um all diese Absagen und die Neuanmeldungen und Wiederabsagen zu handeln.
Das ist also auch das Allereinzigste, wodurch ich im Moment ein klein wenig Geld verdienen kann. Nämlich durch Homeoffice in dieser Bearbeitung der Vorgänge. Aber sonst, ich bin nicht draußen.
Ich bin ja ein Außendienstler. Ich gehöre auf die Bühne. Und das ist also im Moment einfach nicht möglich.
Meine persönliche Situation ist so, dass ich seit dem Beginn dieser Maßnahmen von eigenen Rücklagen lebe. Also seit zwei Monaten von meinen Reserven, die ich mir für die Rente ein bisschen ansparen konnte. Ich habe auch Glück, dass ich das überhaupt habe.
Andere Leute haben das nicht. Ich bin ja auch schon fortgeschrittenen Alters. Und da ist es auch jetzt nicht vielleicht so tragisch.
Aber wenn jemand jetzt, sagen wir mal, gerade das Studium fertig hat, in den Beruf eintritt, vielleicht sogar eine Familie gründen möchte. Also die Leute haben im Moment richtig ganz, ganz große existenzielle Schwierigkeiten. Ich werde an meiner eigenen Geschichte kurz aufholen, was es eben auch an Möglichkeiten gab, Zuschüsse zu beantragen.
Wie gesagt, bei mir ist kein einziger Cent angekommen. Und warum, das erläutere ich mal ganz kurz. Zunächst gab es, also erst mal ist es sowieso schwierig, diese Infos zu bekommen.
Was gibt es denn eigentlich? Wo muss ich das beantragen? Wann bekomme ich das?
Und mit welcher Begründung? Und so weiter. Das ist also schon die erste Schwierigkeit.
Und die zweite Schwierigkeit war ganz oft, dass diese Hilfen sehr unklar formuliert waren. Also z.B. muss ich das irgendwann zurückzahlen? Ist die Hilfe zu versteuern?
Geht es da auch um Lebenshaltungskosten? Und muss ich z.B. zuerst eventuelle liquide Mittel aufbrauchen? Das war teilweise in den Anträgen auch wechselnd aufgeführt.
Also da haben sich die Anträge auch geändert, offensichtlich über Tage. Ich kann das jetzt nachträglich auch nicht mehr wirklich nachvollziehen. Das war so viel durcheinander.
Da geht es jetzt z.B. zum ersten Mal um das Überbrückungsgeld, die erste Auflage. Ich weiß nicht, Sie hatten glaube ich gesagt, das hatte die Nummer 2. Diese Nummern sind mir jetzt nicht geläufig.
Überbrückungsgeld. Die erste Chance, ich habe das reinbekommen, weil ich sehr gut vernetzt bin in diesen Soloselbstständigen Kreisen. Das konnte man beantragen.
Es ging da um 5.000 Euro, teilweise mithilfe des Bundes. Also das war eine Ländersache. Teilweise mithilfe des Bundes noch bis 9.000 Euro. Wo das mit diesen 9.000 Euro gewesen sein soll, ich habe es nie verstanden, ich habe es nie mitbekommen. Wichtig ist, dass diese 5.000 Euro, wie man dann doch irgendwann auch sogar dem Antrag entnehmen konnte, nur für Betriebsausgaben vorgesehen waren. Also nicht Lebenshaltungskosten.
Ich habe versucht, das zu beantragen. Ich habe also eine Berechnung gemacht meiner ausfallenden Einnahmen. Die sind so auf knapp 5.000 Euro rausgelaufen bereits zu diesem Zeitpunkt. Das war glaube ich der 16. April. Und habe das eingereicht, habe 4 Wochen später eine Ablehnung bekommen.
Und zwar einfach mit der Begründung, dass einfache Einnahmenausfälle nicht berücksichtigt werden. Punkt. Ja.
Das ist jetzt die eine Geschichte. Ich weiß allerdings von Kollegen, die haben das bekommen. Das mag sein, dass es einfach mit Sachbearbeiter, Sachbearbeiterinnen zu tun hat, die das so und so ausgelegt hat, keine Ahnung.
Manche haben vielleicht auch einen Proberaum oder ein Atelier, für die sie dieses Geld einsetzen konnten. Aber das ist ja eine nette Geste, dass man die Betriebsausgaben irgendwie sponsert. Nur der Künstler oder jeder von uns lebt primär mal von Essen und Trinken.
Er braucht irgendwie Geld für seine Gesundheitsversicherung. Und sehr viele Leute wohnen auch zur Miete. Dann braucht man einfach was für die Miete.
Das sind die Punkte, die einfach hier nicht berücksichtigt wurden. Und meine Freundin hier in Berlin hatte dieses Geld zum Beispiel bekommen. Da wurde auch von Anfang an gesagt, dass es nicht zurückzuzahlen ist.
Während jetzt offensichtlich hat der Fokus berichtet, dass Auszahlungen, je nach Ländern ist es offensichtlich auch verschieden gewesen, ungerechtfertigte Auszahlungen jetzt bereits zurückgefordert werden. Also wenn da jemand Lebenshaltungskosten angegeben hatte, der Sachbearbeiter hat dem stattgegeben, weil er es entweder nicht verstanden hat oder weil er es nicht wusste, dann gibt es da bereits jetzt Rückforderungen. Ja, dann hatte man entweder Glück oder man hatte kein Glück.
Mit 5000 Euro, wenn man Alleinverdienerin ist, kommt man ja auch mit einer Familie auch nicht besonders weit. Gab es aber eben jetzt so nach weiteren drei Monaten offensichtlich erneut eine Überbrückungshilfe oder ein Überbrückungsgeld. Wahrscheinlich ist es dieses Nummer 5.
Ich weiß es nicht. Also für uns ist es bei mir als einzige zweite Möglichkeit aufgetaucht. Die dann eben nur über Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder sowas zu beantragen ist.
Aber der Punkt ist, dass es wieder nur um Betriebsausgaben geht. Also wieder keine Lebenshaltungskosten. Die Künstler hatten eine kleine, also zumindest in Bayern weiß ich das, eine kleine Zusatzoption und zwar konnten die, wenn sie eben hauptberuflich oder hauptsächlich ihr Geld im künstlerischen Bereich verdienen, drei Monate à 1000 Euro beantragen.
Das wurde also hauptsächlich dokumentiert über die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse oder wenn man das anderweitig irgendwie nachweisen konnte, dass man sozusagen hauptsächlich auf der künstlerischen Seite seine Einnahmen hat. Ich bin am 01.01.2020 aus der Künstlersozialkasse herausgefallen, weil eben mein anderer Beruf jetzt überwiegt. Also habe ich aus dieser Zuwendung auch nichts erhalten.
Das ist jetzt so meine persönliche Seite. Was aber eben genauso schwierig ist, dass wir haben in der Kulturszene in Deutschland ungefähr vier Millionen Beschäftigte. Also das sind jetzt nicht nur die Kreativen und die auf der Bühne stehen, sondern auch die, die zuarbeiten.
Techniker, Tontechniker, Lichttechniker, Roadies, Caterer zum Beispiel, die arbeiten ja auch. Die sind im Moment auch ganz hart getroffen, weil sofern überhaupt Konzerte stattfinden, gibt es immer kein Catering, damit da ja nichts passiert zum Beispiel. Aber all diese Leute, die ja teilweise auch ganz nah am Künstlerischen arbeiten oder an Lichttechnik, kann auch künstlerisch Licht machen, also das würde ich unbedingt so sagen wollen, die konnten also diese künstlerischen Geschichten auch nicht für sich in Anspruch nehmen.
Jedenfalls macht der Kultursektor in Deutschland nach meinen Informationen 3% des BIP aus, was jetzt auch nicht nichts ist. Und ja, also da haben sehr viele Leute, sehr viele Kollegen von mir diese 3 mal 1.000 Euro bekommen, was aber wie gesagt auch für eine Familie ja nahezu nichts ist. Ich habe eine sehr amüsante Story, wenn Sie nicht so traurig wären.
Ich habe einen Befreund mit einem Sänger, der mir erzählt hat, er hatte diese 5.000 Euro beantragt. Die ersten hat die bekommen, warum auch immer. Vielleicht hat er auch Betriebsausgaben, er hatte Glück gehabt.
Er hat dann erneut, weil er ja Künstler ist, diese 3 mal 1.000 Euro beantragt. Dann wurde das abgelehnt mit der Begründung, er hätte ja schon die 5.000 Euro erhalten. Aber wenn er die 5.000 Euro zurückzahlen würde, würde er die 3.000 Euro bekommen. Das ist so, ja. Das hat seine Frau, die ist seine Managerin, mir so genau erzählt. Und das ist absolut vertrauenswürdig.
Also das ist halt Bürokratie im Wahnsinn. Nun, es gibt einen kleinen positiven Bericht aus einem anderen Bundesland, nämlich aus Baden-Württemberg. Die haben sehr früh angefangen für Soloselbstständige etwas aufzulegen wie ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Da musste man also sozusagen nichts groß nachweisen. Da ging es um 1.180 Euro pro Monat, was wiederum für eine Familie eigentlich nicht reicht. Aber immerhin das relativ bedingungslos und auch relativ leicht zu bekommen.
Da habe ich jetzt keine Rückmeldung, weil ich da keine Bekannten habe in Baden-Württemberg drüber. Und ich weiß auch nicht, ob das jetzt zeitlich begrenzt war, ob das andauert, ob das verlängert wurde und so weiter. Aber auf jeden Fall, so wäre es auch gegangen.
Und das ist doch mal eine positive Geschichte. Ich persönlich beschäftige mich seit zehn Jahren mit einem bedingungslosen Grundeinkommen. Ich habe Vorträge darüber gehalten.
Ich habe mich engagiert in der Initiative in München. Wir haben Infostände gemacht und so weiter. Aus meiner Sicht zum Beispiel, wenn ich das hier mal in so einem Kreis anmerken darf, wäre das einfach etwas, was jedem, bei Ihnen die Angestellten, Ihnen selbst natürlich, jedem Soloselbstständigen einfach unglaublich gut zu Pass käme.
Weil dann ja zum Beispiel auch, wenn es dann eben eine Familie gibt, dann geht es ja auch um die nicht erwerbstätigen Partner, Partnerinnen. Es geht auch um die Kinder und so weiter. Und ich denke, es wäre eigentlich ein unglaublich guter Zeitpunkt, so eine Geschichte nach vorne zu schieben.
Da kann man viel natürlich darüber verlieren an Argumentation. Aber das ist jetzt so meine persönliche Meinung, die ich, glaube ich, hier auch preisgeben darf. Ja, also wenn man jetzt zum Beispiel nichts von dem bekommen hat und nicht in der glücklichen Lage ist, entweder eine Mama zu haben oder einen Papa, der noch ein bisschen was zuschießt oder einfach ein paar Rücklagen zu haben.
Aber für wie lange, ist ja auch noch die Frage. Diese Perspektivlosigkeit ist ja in unserem Veranstaltungsbereich, das sind wir da quasi in einem Boot. Dann ist der nächste Weg einfach das Hartz IV.
Und das ist das, was mit einer hohen Wahrscheinlichkeit sehr, sehr viele Künstlerkollegen in nächster Zeit betreffen wird. Und wo die einfach hin, meines Erachtens, nahezu absichtlich hineinrutschen gelassen werden. War das grammatikalisch korrekt?
Dr. Reiner Fuellmich (57:29 - 57:30)
Verständlich war es.
Martin Ruhland (57:30 - 57:47)
Ja, also weil man halt nichts tut. Also ich meine, man klopft sich auf die Schulter und sagt, ja, wir lassen keinen durchs Raster fallen, durchs Netz fallen. Aber es kommt halt nicht an, wie man sieht.
Also wenn nicht für Lebenshaltungskosten irgendwelche Gelder zur Verfügung gestellt werden, ja, was ist dann? Also ich kann es nicht anders erklären.
Dr. Reiner Fuellmich (57:49 - 58:13)
Das geht ja für Sie genauso. Wenn Sie jetzt den Schaden, der Ihnen entstanden ist, ersetzt bekämen und die Maßnahmen aufgehoben werden würden, wie wäre das dann mit der Perspektivlosigkeit? Würden Sie dann immer noch damit rechnen müssen, das wird nichts mehr oder sähe das dann schon gänzlich anders aus?
Martin Ruhland (58:16 - 59:31)
Da bin ich ganz vorsichtig. Also im musikalischen Bereich, im Event-Bereich, am Stöcknis-Bereich würde ich sagen, könnte man, wenn Konzerte wieder anlaufen, das tun sie ja teilweise mit verschiedenen Maßnahmen, da komme ich auch noch drauf, dann kann man ein Publikum wieder gewinnen. Aber die Leute sind zurückhaltend, die haben Angst, hat man ihnen ja zur Genüge gemacht.
Da gibt es aber Möglichkeiten, das langsam wieder anlaufen zu lassen. Ich meine, das Wichtige aus meiner Sicht wäre ja eben, diese Perspektivlosigkeit wenigstens in ein langsames Wiederanfahren zumindest umzumünzen. Dass es langsam vielleicht geht, ist für jeden von uns verständlich, aber es ist besser als eine Nulllösung, ganz einfach.
Im Messen-Bereich weiß ich es auch nicht. Also wir haben jetzt im Herbst ein paar Messen, die sind angesagt, die haben einfach ihre Hygienemaßnahmen, Vorschriften. Ob da annähernd so viele Leute kommen, wie man das in den vergangenen Jahren hatte, habe ich keine Ahnung.
Ob die Leute nicht eben auch Angst haben. Ich denke, auch die Kaufkraft der Menschen ist eingeschränkt, beziehungsweise jeder hält auch sein Geld zurück. Da gibt man nicht mal so schnell irgendwie Geld aus für ein neues Paar Schuhe, weil auch eine neue Kleidung kann ich mal ein halbes Jahr verzichten oder auch ein Jahr.
Aber nicht auf das, was ich halt essen und trinken muss. Also bin ich wirklich vorsichtig mit der Perspektive.
Dr. Reiner Fuellmich (59:32 - 1:00:25)
Wenn Sie jetzt dauerhaft, weil die Perspektive sieht ja für manche von Ihnen nicht wirklich gut aus, wenn Sie also dauerhaft K.o. gehen würden und mit der Aussicht, vielleicht wird es ja in ein, zwei Jahren, wenn die 32. Welle mal durch ist, besser. Dann würden Sie ja dauerhaft zunächst mal Hartz IV beantragen müssen und auch bekommen, das ist das eine.
Und das andere wäre, ich gehe davon aus, Sie haben auch immer Steuern gezahlt, diese Steuern fallen weg. Was auch immer das für Steuern sind, die würden Sie ja nicht mehr zahlen. Das heißt, der Staat würde doppelt belastet werden.
Erstens durch die Sozialleistungen und zweitens durch die wegfallenden Steuern. Schießt man sich eigentlich ins Knie als Staat? Ja, ich frage mich das gerade, aber das ist doch so.
Sie haben ja Steuern gezahlt. Es ist ja nicht so, dass Sie schwarz gearbeitet haben und bei Ihnen auch nicht.
Martin Ruhland (1:00:25 - 1:08:10)
Wenig Steuern, weil ich war immer ein Geringverdiener, aber ich war auf jeden Fall veranlagt, ganz klar. Es gibt ja Leute, die verdienen auch im Veranstaltungsbereich vielleicht deutlich mehr, wie auch immer. Aber das ist auf jeden Fall so.
Weil wir gerade schon bei diesem Hartz IV sind, in das vielleicht doch viele Leute gerade hineinrutschen. Es gab da einen angeblich vereinfachten Antrag. Ich habe mir den auch kommen lassen, wahrscheinlich hätte ich es sowieso nicht bekommen.
Wobei, ja, es ist so, angeblich vereinfacht, stimmte erst mal nicht, denn der war genauso haarsträubend und aufwendig wie diese Horrorszenarien, die die Hartz-IV-Antragsteller und Empfänger seit Jahren erleben, was sie da alles ausfüllen müssen. Genauso viele Seiten und ich hätte es gar nicht übers Herz gebracht, das auszufüllen, weil wenn man sozusagen auf ein bedingungsloses Grundeinkommen gepolt ist, dann ist es nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, jetzt mal so gefühlt. Was einfacher offensichtlich war, war der Zugang, dass man zum Beispiel eben nicht liquide Mittel oder Rücklagen hätte offenbaren müssen.
Aber später hätte man es dann vielleicht trotzdem zurückzahlen müssen. Also auch eine sehr wirre Geschichte. Ich habe aktuell vor wenigen Tagen die Auskunft eines Freundes hier aus Berlin wiederum.
Der hat sozusagen im dritten Anlauf einen wirklich vereinfachten Antrag auf Hartz IV bekommen. Hier von einer einzigen Sachbearbeiterin, die sich mal wirklich ausgekannt hat. Der scheint also auch jetzt wirklich formal und ausfüllmäßig so deutlich vereinfacht und verkürzt zu sein, dass man das jetzt nun machen kann.
Ansonsten das, was ich damals bekommen habe, das war schon relativ früh, auch im April, da sah der Antrag wohl aus, wie er seit eh und je ausgesehen hat. Also relativ heftig und unangenehm auf jeden Fall. Ja, Hartz IV, ich habe noch ein bisschen was.
Ich habe einfach ein paar Rückmeldungen auch noch von Kollegen, sowohl aus Berlin als auch aus Bayern. Also ein Kollege hat gesagt, er hat innerhalb von einer Theatervorstellung, die da gerade noch irgendwie stattgefunden hat, was weiß ich, im März oder so, Absagen bekommen auf sein Handy einer ganzen Theatertournee. Und es hat sich innerhalb kürzester Zeit auf einen fünfstelligen Betrag beziffert, sozusagen.
Und wie gesagt, eben auch ohne weitere Perspektive, wann und ob das jemals irgendwie wieder anlaufen kann. Manche Freunde haben noch kleine Hilfen bekommen, also Künstlerfreunde von GVL und GEMA, das sind ja diese Verwertungsgesellschaften für aufnehmende Musiker bzw. für komponierende Menschen und auch von kleinen anderen Organisationen, die sich da hilfsbereit erklärt haben.
Aber da geht es meistens um dreistellige Beträge oder wenn es gut geht mal so um einen vierstelligen Betrag. Es sei denn, man ist da vielleicht Filmkomponist und hat da irgendwie noch große Sachen, die vielleicht jetzt auch nachteilig noch reinkommen, die jetzt einfach reinkommen, während man jetzt auch sonst nicht arbeiten kann. Ein Freund aus Berlin sagt mir, er kommt eigentlich, er hat diese dreimal 1.000 Euro bekommen, das andere von dem anderen wusste er gar nichts. Und er lebt halt bescheiden wie immer, wie wir als Musiker das sowieso oft tun und nur weil er keine Familie hat, geht es überhaupt. Ganz klare Aussage so. Ein Freund von mir aus München, der gemeint hat, er hat so viel zu tun mit seinem kleinen Lehrauftrag in der Musikhochschule, wo er teilweise Präsenzunterricht machen muss, teilweise Online-Unterricht und er muss teilweise zweimal am Tag hin und her fahren.
Seine Frau ist freiberufliche Musikerin, ohne Job seit März. Die kleine Tochter kann nicht in den Kindergarten, der kleine Sohn kann nicht in die Schule oder darf nicht in die Schule, man muss das mit Homeschooling machen und so weiter. Die drehen so am Rad, dass er eines Tages einfach in der Notaufnahme eines Krankenhauses gelandet ist mit Herzbeschwerden.
Also es gibt Stress, es gibt einfach Stress, es gibt psychischen Stress bei den Leuten, nicht nur den wirtschaftlichen, beziehungsweise der wirtschaftlichen macht natürlich ganz klar auch einen psychischen. Meine Freundin berichtet mir, ich habe es ja miterlebt, die Veranstalter, die ja auch vollkommen außer Rand und Wand sind, veranstalten teilweise das Konzert, was an einem Abend geplant ist, ab spätnachmittags dreimal, also die Musiker spielen dreimal das gleiche Konzert mit jeweils einem Drittel des Publikums, das dann halt weiter weg auseinandergesetzt ist und am Schluss ist die Gage niedriger, als sie angesetzt war für das eine Konzert, was gewesen wäre. Also ich meine, man ist noch froh über sowas überhaupt, dass die Veranstalter sich noch raustrauen und dass sie Hygienekonzepte erfüllen und bla bla bla, nur es geht auf die Dauer einfach nicht. Und es rechnet sich natürlich nicht, wenn ich ein Konzert mache und kann nur ein Drittel der Leute reintun, das ist ja wie bei Ihnen auch, wenn da ein Drittel des Publikums ist, es ist einfach nicht wirtschaftlich, Rentabilität steht in den Sternen, ganz klar.
Auch Planung, eben jetzt für die nächste Zukunft ist vollkommen unsicher. Festivals, die für nächstes Jahr geplant sind, erteilen keine Anfragen, weil sie schlichtweg nicht wissen, ob sie durchführbar sind. Da habe ich jetzt auch noch eine konkrete Mitteilung eines Festivals in einer kleinen Stadt in Bayern, das wird privat organisiert inzwischen von einem Verein, das ist doch so renommiert inzwischen, beziehungsweise eigentlich schon seit Jahren, dass es vom Staat Bayern immer einen Zuschuss bekommt, das musste heuer abgesagt werden, das war nämlich Mai.
Und obwohl man da schon eine ganze Menge Arbeit in die Organisation, auch in die Werbung, da sind ja auch Kosten an, Druckkosten für Plakate, für Programme, und man muss Leute anstellen, die Fotos machen, die Texte schreiben und so weiter, Dramaturgen. Da hat der Staat Bayern zumindest, ich weiß nicht, wie es in anderen Bundesländern ist und war, seine Unterstützung zurückgezogen, weil er angeblich aus rechtlichen Gründen nur etwas geben darf, wenn die Leistung, und die Leistung ist in diesem Fall sozusagen die Durchführung des Konzertes, erbracht wird. Also da ist der komplette Zuschuss des Staates Bayern weggefallen.
Was dieser Verein gerne gemacht hätte, wäre denn sowieso schon so, geschädigten und gebeutelten Künstlern Ausfallhonorare zu zahlen, also sei es 50 Prozent oder was auch immer. Und das ist dann halt einfach nicht möglich, wenn solche Zuschüsse dann fehlen. Dann gehen die Künstler auch leer aus.
Und die Organisation hat ungefähr die dreifache Arbeit jetzt gehabt aufgrund dieser Absagen natürlich, weil man ja jetzt alles stürmieren muss. Man muss Künstlerverträge rückabwickeln, man muss die Hotels wieder zurückbuchen, man muss die Kartenverkäufe rückbuchen, was teilweise ein Unding war. Ich habe das mitbekommen mit einem namhaften deutschen Reservierungsunternehmen.
Manche Leute haben dann allerdings das Geld gespendet. Das sind großzügige Gesten natürlich von Privatleuten, aber das ist eine private Geschichte. Man muss auch die Veranstaltungsräume wieder absagen und man muss auch die Sponsorenverträge teilweise rückabwickeln.
Also da ist nicht nur das Doppelte, sondern durchaus wirklich, ich habe das live mitbekommen, das dreifache an Arbeit angefallen, dafür, dass man am Schluss vor den Ruinen eines seit mehreren Jahren ganz toll eingebürgerten und angenommenen Festivals in einer bayerischen Kleinstadt steht. Extrem traurig, wirklich. Und eben die Perspektive, ob das nächstes Jahr stattfinden kann und wie, ist nicht gegeben.
Oder ist zumindest vollkommen vage und unsicher. Viel haben Sie gesagt, ich habe jetzt nicht mehr viel besagt, wenn Sie vielleicht noch Fragen haben.
Dr. Reiner Fuellmich (1:08:10 - 1:08:50)
Wie ist das bei, es gibt ja auch noch die Künstler, die zum Beispiel im Fernsehen auftreten. Da frage ich mich gerade, sind die auch betroffen und wenn ja, wie? Wissen Sie darüber?
Also Idee, wir haben früher mal, meine Kanzlei, zum Beispiel Jürgen, das ist kein Geheimnis, das ist in den Medien gewesen, zum Beispiel Jürgen Drews vertreten. Da frage ich mich, Jürgen, wenn du das hörst, melde dich mal bei uns. Da frage ich mich, wissen Sie was darüber, wie geht es diesen Leuten, die eigentlich, wo man denkt, die sind ja sowieso ständig im Fernsehen, müssen ja eigentlich alles bestens laufen.
Martin Ruhland (1:08:50 - 1:11:50)
Ist das so oder? Da habe ich persönlich keine Informationen darüber. Ich gehe mal davon aus, dass wenn die Menschen gut gewirtschaftet haben, erstens auch Rücklagen haben und zweitens, wer heute noch im Fernsehen präsent ist, ist auch einfach etabliert und der bekommt natürlich dann auch seine Fernsehgagen.
Gehe ich jetzt mal davon aus, wie gesagt, ich habe da keinen direkten Einblick. Da gibt es sicher große Unterschiede und es gibt natürlich auch zum Beispiel, wenn Sie jetzt schon sagen, es gibt sicher verschiedene Gruppierungen auch, es gibt natürlich ganz viele Musiker auch, die nicht nur Live-Musiker sind, die sich auf die Bühne stellen, sondern die nebenbei zum Beispiel auch einen Unterrichtsjob haben. Das war natürlich auch eine Zeit lang einfach nicht möglich.
Man konnte dann teilweise über Skype oder über Internet unterrichten. Ab irgendeinem bestimmten Punkt hat sich das dann irgendwie eingespielt. Das ist aber auch nicht jedermanns Sache und jemanden per Skype irgendwie Klavierspielen beizubringen oder eine Reihe oder sowas ist auch aus meiner Sicht nicht wirklich zielführend und vollkommen abstrakt natürlich.
Aber immerhin, also sofern man eben einen Unterrichtsjob hat und der irgendwie noch ausführbar ist oder wieder ausführbar ist, in welcher Form auch immer, hat man natürlich schon ein bisschen Einkunftsmöglichkeiten. Aber es gibt Leute, die einfach wirklich nur Live auftreten und für die gibt es dann eben solche Möglichkeiten einfach nicht. Also es gibt sicher verschiedene Ausprägungen.
Aber wie gesagt, eben auch diese Zuarbeiter in den technischen Berufen, die für die Leute, die auf der Bühne stehen, einfach den ganzen Background schaffen, die haben eben auch kaum Möglichkeiten. Ja, vielleicht um meine Ausführungen kurz zu beschließen. Ich habe heute einen Link reinbekommen, wo sich offensichtlich, weil wir schon beim Fernsehen sind, im NDR Comedy-Spezial der Comedian Florian Schröder, 18.7. scheint wohl das Sendedatum zu sein, jetzt ist es noch in der Mediathek, eben auch über die Situation der Künstler- und Soloselbstständigen äußert, auf seine Art und Weise. Ich hatte noch keine Zeit, das anzupucken, es ist heute Morgen reingekommen. Aber für jemanden, der sich da vielleicht weiter informieren möchte und vielleicht auch mal eine lustige Sicht darauf bekommen möchte oder einfach eine, die jetzt nicht gar so traurig ist, das könnte eine Empfehlung sein. Ich möchte einfach nochmal an die jungen Leute, die jetzt einfach in den Beruf reinkommen, die in den Familiengründen auch erinnern, dass die, sollten sie da wirklich leer ausgegangen sein bei diesen Geschichten oder mal dreimal 1.000 Euro bekommen haben, um die steht es meiner Ansicht nach nicht gut. Und nicht jeder von gerade eben diesen Jungen kann sich das leisten, was ein Helge Schneider nämlich in einem Video gesagt hat, wenn ich auftreten muss vor einem Publikum, das da mit Abstand und mit Mund-Nasen-Stutz sitzt, dann beende ich meine Karriere. Ich weiß nicht, ob er es schon getan hat, ich glaube im Moment ist er wirklich nur per Video aktiv, aber das ist ein Punkt, den ich absolut nachvollziehen kann, dass das einfach keinen Spaß macht und das muss man sich aber eben leisten können.
Dr. Reiner Fuellmich (1:11:51 - 1:12:50)
Nun sind Sie beide sehr eloquent und haben offenbar auch die Fähigkeit, wissenschaftliche Vorgänge zu durchdenken. Trotzdem berichten Sie beide darüber, dass es sehr komplex ist, allein schon diese bürokratischen Hürden zu nehmen, einerseits, aber dass, wenn ich Sie nicht vollkommen falsch verstanden habe, dass es mindestens genauso wirr ist, von den zuständigen Behörden abzufragen, wie verhalte ich mich eigentlich richtig, das Hygienekonzept, was Sie da vorhin angesprochen haben. Also ist das so, dass beides offenbar ein einziges Labyrinth ist, einmal die überhaupt an Geld zu kommen, Sie sind ja beide nicht an Geld gekommen, und zum zweiten überhaupt zu erfahren, wie verhalte ich mich richtig.
Ist das so, dass das ein einziges Chaos ist? Das ist so. Wie macht das denn jemand, der diese Fähigkeit nicht hat, der nicht eloquent ist und der diese wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht erkennen kann?
Legt er sich gleich in die Ecke?
Martin Ruhland (1:12:54 - 1:15:33)
Das kann man sich wirklich fragen. Ich zitiere nur mal ein kurzes Beispiel aus einer kleinen anderen Szene. Ich habe genauso ähnlich wie bei Ihnen hier heute auf diversen Demonstrationen, also Versammlungen, sagt man ja, in Münchner Süden gesprochen und teilweise auch gesungen.
Ich habe da meine Trommel ausgepackt und habe ein Lied gesungen, was ich da sehr passend fand. Und für diese Versammlungen sind ja die Landratsämter zuständig für die Genehmigung. Ich habe selber sogar eine kleine Kulturdemo in meiner Heimatgemeinde dargehalten, um die Leute auf sowas aufmerksam zu machen.
Also ich habe den Vorgang sozusagen selbst durchgemacht, was es da alles braucht. Da ruft dann gleich mal die Kripo bei einem an, um es nachzufragen, ob das alles mit rechten Dingen zugeht. Ja, es ist so.
Bei mir hat die Kripo angerufen. Das war alles sehr amüsant. Und auch mit dem Landratsamt habe ich telefoniert, weil die hat mich angerufen, warum da als Instrumente Haushaltsleitern stünden.
Und ich habe ihnen erklärt. Und er hat dann parallel zu unserem Telefonat auf YouTube sich das Video angucken können, wo sozusagen auf Haushaltsleitern Musik gemacht wird. Also das waren so ein bisschen spaßige Abteilungen.
Es war noch relativ früh, da sind die Sorgen noch nicht so ins Unermessliche gewachsen. Aber was ich eben sagen wollte, es gibt dann Landratsämter, die haben überhaupt kein Problem damit, dass auch die Demonstranten oder die Leute, die der Versammlung sozusagen beiwohnen, wie auch das Publikum, das ist ja heutzutage schön abgegrenzt mit Flatterband, dass die miteinander singen, sei es das Lied »Die Gesangten sind frei« oder was auch immer. Da gibt es überhaupt keine Vorgaben bei dem einen Landratsamt.
Bei dem anderen steht dann plötzlich drin »Singen ist verboten«. Und ich habe auf dieser Demo gesungen, weil der Veranstalter aus seiner vorherigen Demo da stehen hatte, »Gemeinsames Singen ist verboten«. Ich habe aber alleine gesungen.
Der Polizist hat das aber sehr ernst genommen. Und er hat mich dann vom Veranstalter während des Songs von der Bühne drängen lassen. Was ein riesen Pfeifkonzert hinterlassen hat und natürlich auch nicht gut zurückwirkt auf die Polizei, die eigentlich solche Veranstaltungen wohlwollend begleiten soll, um das Demonstrationsrecht zu schützen.
Aber das ist eben geschehen. Man hat sich dann nachher irgendwie verständigt. Das, glaube ich, erlebt man auch selten.
Der Polizist hat sich bei mir persönlich entschuldigt. Das Landratsamt hat sich persönlich entschuldigt beim Veranstalter, weil dieses Wort »gemeinsam« vergessen wurde. Inzwischen hat sich das einigermaßen in Wohlgefallen aufgelöst.
Dr. Reiner Fuellmich (1:15:33 - 1:15:40)
Das ist ein Zeichen von Souveränität. Da ist jemand in der Lage zu sagen, ich habe einen Fehler gemacht, ich entschuldige mich.
Martin Ruhland (1:15:40 - 1:16:16)
Das ist ein extrem positives Beispiel. An dem könnte man sich ein Beispiel nehmen. Auf ganz anderen Ebenen in unserem Staat, würde ich auch mal sagen.
Aber eben dieser Wirrwarr in den Behörden, die einen schreiben das rein, die anderen schreiben nichts rein und man weiß nicht ganz genau, woran man ist. Ein bisschen Kulanz ist grundsätzlich immer gut und tut den Dingen und dem Menschlichen einfach gut. Aber das einfach dazu, da ist Wirrwarr durcheinander, wenig Perspektive.
Und ja, wie geht es weiter?
Dr. Justus Hoffmann (1:16:16 - 1:16:56)
Daran anknüpfend, weil Sie das ja auch vorhin gesagt haben, das ist mir nur aufgefallen, dass das vielleicht noch gar nicht so richtig klar geworden ist, oder mir noch nicht richtig klar geworden ist. Sie sind damit konfrontiert worden, das und das sind die Auflagen, das müssen Sie machen, das müssen Sie machen, vielleicht konkret, vielleicht auch nicht. Aber hat sich dann irgendwann mal jemand damit auseinandergesetzt, was von dem, was vorgegeben ist, bei Ihnen überhaupt erstens möglich ist und zweitens sinnvoll umzusetzen ist?
Also da ist nicht mal irgendjemand vorbeigekommen vom Gesundheitsamt, vom Bauamt, sonst irgendjemand hat gehört, ach hallo, guten Tag, das könnte man ja machen, das könnte man ja machen, sondern das ist, also nein.
Martin Ruhland (1:16:57 - 1:17:12)
Das ist nach meinem Wissen auch in einer Kleinkunstbühne in meiner Region eben nicht erfolgt. Also da hat sich niemand gemeldet, weder ein, was weiß ich, wer da zuständig ist, ein Gewerbeamt, aber auch nicht das Kulturreferat und so weiter. Also von selbst kommt nichts hier.
Nils Roth (1:17:12 - 1:17:35)
Es gab mal einen Anruf, den habe ich bekommen vor, weiß nicht, zwei, drei Monaten irgendwann, da wurde langsam die Gastro-Schiene gelockert, für Kneipen und so. Da kam ein Anruf von einem Mitarbeiter vom Gewerbeamt und der hat mich tatsächlich nach dem Wohlbefinden befragt, wie es mir geht.
Dr. Reiner Fuellmich (1:17:35 - 1:17:40)
Aber nicht bloß diese Wien-Inglis-Floskel, bleiben Sie gesund, sondern da hat jemand gefragt.
Nils Roth (1:17:40 - 1:18:38)
Ja, aber der hatte einen Hintergedanken. Und zwar hat er mir dann, weil das ein freundliches Telefonat war, ich fand das ja putzig, dass er angerufen hat, und wir haben uns nett unterhalten. Da habe ich gesagt, ja, wir haben halt nach wie vor zu, uns geht es nicht gut, was soll da gut sein an der Sache.
Und da sagt er, ja, mein Anruf hat ja auch einen bestimmten Grund. Also einerseits natürlich möchte ich wissen, wie es Ihnen geht, andererseits wollte ich Sie fragen, wir haben nicht so viele Mitarbeiter, die wir losschicken können für Kontrollen, ob Sie öffnen oder nicht. Ich sage, hä, ob wir öffnen oder nicht?
Nein, wir öffnen nicht. Aus welchem Grund sollten wir denn öffnen? Ja, weil Sie könnten ja Gesetzeslücken nutzen, um Speisen und Getränke zu verkaufen.
Dann habe ich gesagt, warum sollte ich das tun? Das ist unwirtschaftlich, das ist nicht unsere Intention, machen wir nicht. Ja, nee, das ist dann gut, das ist dann nett.
Nee, Sie müssen bloß verstehen, wir können uns nicht um alles kümmern und überall hingehen und Kontrollen durchführen.
Dr. Reiner Fuellmich (1:18:38 - 1:19:25)
Aber das wäre doch optimal, wenn die Kontrollen nur noch per Telefon erfolgen würden. Das wären die besten Kontrollen für Ihren Job und vermutlich für alle anderen auch. Also ich kann es ja kaum nachvollziehen.
Ich weiß aber, dass es auch bei uns in unserem Berufsstand Kollegen gibt, die mit dem Rücken zur Wand stehen, besonders bei den Kleineren. Bei den Großen weiß ich nicht, ob die ganz lange ohne Einnahmen auskommen können. Aber das, was Sie gerade beschrieben haben, scheint ja bei Ihnen beiden in dem Schaustellerbereich und auch bei Ihnen im gastronomischen Bereich im weitesten Sinne typisch zu sein.
Oder sagen Sie, nee, wir sind hier echte Ausreißer. Die anderen, die wir kennen, bei denen läuft alles top. Typisch, das ist total, na klar.
Nils Roth (1:19:25 - 1:19:34)
Ich kann mir nicht vorstellen, dass da welche glücklich über das derzeitige Geschehen ist. Nein, kann ich mir nicht.
Dr. Reiner Fuellmich (1:19:34 - 1:19:37)
Ist das so, dass man da irgendwann aggressiv wird?
Nils Roth (1:19:38 - 1:19:58)
Also ich habe, wenn ich für mich ganz deutlich sprechen darf, also ich persönlich habe das Vertrauen in diesen Staat abgelegt, also verloren. Also ich habe hier null Vertrauen mehr, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht. Null, null.
Null heißt bei mir wirklich, der Grenzwert ist erreicht. Der liegt bei null. Ich habe kein Vertrauen mehr.
Das sage ich auch ganz deutlich.
Dr. Reiner Fuellmich (1:19:59 - 1:20:07)
Heißt also, zusätzlich zu den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schaden haben wir auch noch einen politischen, demokratischen Schaden? Massiv, ja.
Nils Roth (1:20:08 - 1:21:39)
Ich habe null Vertrauen. Es wurde zum Beispiel, die Bevölkerung, die weiß das ja gar nicht, wie das mit den KfW-Darlehen zum Beispiel von Staaten geht. Da wurde damals ganz groß Reklame gemacht.
Der Staat steht zu 100 Prozent dahinter. Wenn das ein Orthonormalverbraucher, der sich mit so einer Materie nicht auskennt, ging mir ja auch so. So was hört, der Staat haftet zu 100 Prozent hinter so eine Sache.
Da sagt man, das ist eine tolle Geschichte. Okay, nicht verkehrt. Jetzt beschäftigt man sich mit der Materie.
Das erste Mal war es auch für mich so. Ich habe noch nie ein Darlehen gebraucht für irgendwas. Und auf einmal heißt es dann, ja Moment, nein, wenn Sie ein Darlehen beantragen, dann läuft das so.
Zuerst muss die Haftung geklärt werden für dieses Darlehen. Und die Haftung geht ins Private hinein. Wir haften also privat für das Darlehen als erstes.
Ich sage, was ist mit der Staatshaftung? Die kommt dann. Und zwar gibt es jetzt die Möglichkeit im Schnellkreditzins 100 Prozent.
Deswegen kostet der ja drei Prozent Zinssatz oder wird mit drei Prozent belegt. Und dann gibt es die andere Option. Das wäre dann die bessere.
Das war das, was wir mit dem Banker ausgemacht haben. So oder so haben wir die Haftung für das Ding. Und zwar zu den jeweiligen Anteilen des Gesellschafters auf das Gesamtvolumen, was ausgeschüttet wird.
Und erst, wenn also wir pleite sind und das Darlehen nicht zurückführen können, erst dann kommt der Staat zum Tragen. Und zwar entweder bei dem Schnellkredit zu 100 Prozent oder wie bei unserem Kredit zu 90 Prozent.
Antonia Fischer (1:21:40 - 1:21:42)
Also dann wird die Bank geschützt.
Nils Roth (1:21:42 - 1:21:43)
Die Bank wird geschützt.
Dr. Reiner Fuellmich (1:21:43 - 1:22:08)
Richtig. Das wollen wir jetzt zwar nicht machen, aber ich kann Ihnen eins sagen. Das ist definitiv falsch.
Wenn der Staat dafür sorgt, dass sie kaputt sind, dann muss der Staat diesen Schaden ersetzen. Und zwar, wenn er das schuldhaft fehlerhaft macht. Ich will keine Vorlesung halten, aber es kann nicht sein, dass Sie da auf irgendwelche Ausweichmöglichkeiten verwiesen werden und sich so verschulden müssen, dass Sie mit dem Kopf nie mehr rauskommen.
Das ist alles ganz anders. Aber das ist nicht das Thema hier.
Viviane Fischer (1:22:10 - 1:23:32)
Aber es ist ja auch ein wirtschaftliches Problem, sozusagen, weil wir haben ja, wenn Sie jetzt, Sie sind ja jetzt sehr besonnen, wie viel Sie da aufnehmen wollen und so, aber natürlich ist es so, es gibt ja jetzt ganz viele Unternehmen, die eben mit dem Rücken an der Wand stehen und wo auch Leute um ihre auch über viele, viele Jahre, vielleicht Generationen aufgebaute Existenz kämpfen und natürlich auch in die Versuchung geraten können, jetzt einen übermäßigen Kredit aufzunehmen, zum Beispiel über so eine KfW-Finanzierung, die sie nach realistischer Einschätzung überhaupt nie mehr zurückzahlen können. Also dann hat man ja unter Umständen sogar so wie in dieser Überfinanzierung bei den Häuslebauern da in Amerika eben auch so eine Problematik, die dann letztlich der über KfW als Haftenden, also wir alle, zahlen. Also es geht ja weiter, sozusagen, Sie sind jetzt eben Betroffene, aber dahinter verbirgt sich ja dann noch eine ganz weitere Problematik, die dann letztlich alle wiederum betrifft durch diese Pleiten, die dann, also im Moment ist ja auch die Insolvenzantragspflicht ist ausgesetzt bis 1.
Oktober, also deshalb sieht man da noch nicht besonders viel, was sich da tatsächlich tut, aber ab 1. Oktober sind die Leute, die da in der Klemme sind, wirklich verpflichtet, auch wieder einen Insolvenzantrag zu stellen und da wird die ganze Sache wahrscheinlich nochmal sehr anders aussehen. Also wir hören ja nachher, jetzt sprechen wir nachher mit Professor Christian Kreis, der uns dann auch zu diesen volkswirtschaftlichen Dimensionen von der ganzen Sache auch noch mehr erzählen kann.
Dr. Reiner Fuellmich (1:23:33 - 1:24:11)
Das wird, davon müssen wir ja jetzt schon ausgehen, das sind ja nicht nur die 3%, von denen Sie vorhin gesprochen haben, sondern die Solo-, das ist der Künstlerbereich, da gibt es ja noch viel mehr Solo-Selbstständige, da gibt es noch viel mehr kleine Unternehmer wie Sie und wenn die Situation da überall so aussieht, ich glaube, wir reden hier gerade über das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, nämlich diejenigen, die 65% aller Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, das sind ja nun mal nicht die Konzerne, die uns hier, die jetzt gerade richtig gut geschützt werden und bedient werden, die das Gros der Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Also, wenn Sie...
Nils Roth (1:24:11 - 1:24:12)
Warum muss ich denn Ihre Leute in Kurzarbeit schicken?
Dr. Justus Hoffmann (1:24:14 - 1:25:02)
Ja. Das ist ein Punkt, den ich auch nochmal, den ich für mich selber nochmal für wichtig erachte. Ihr Unternehmen ist ja vor allen Dingen ein gesundes Unternehmen gewesen.
Ich meine, das ist zumindest anhand meiner Erfahrung, ich weiß nicht, da würde ich Sie bitten, wenn Sie da über das andere Kollegen, über andere Unternehmen, die Sie kennen, das mir erklären können, ob Sie da Einblicke haben. Ich meine, ist es in der Gastronomie, auch in der Erlebnisgastronomie, ja nicht unbedingt üblich, dass man startet und zwei Jahre später schwarze Zahlen schreibt. Also, das ist ja...
Und dann vor allen Dingen kontinuierlich im schwarzen Bereich bleibt mit den Zahlen. Und selbst bei Ihnen hat das ja so einen massiven Impact, sage ich mal.
Nils Roth (1:25:02 - 1:25:48)
Also, wie ist da... Also, dieses Jahr haben wir zum Beispiel mit Abschluss Februar 217.000 schon Umsatz gehabt. Das heißt also, die Entwicklung war wieder nach oben.
Also, wir haben stetig eine Steigerung hingelegt, von Jahr zu Jahr zu Jahr. Und haben auch stetig immer wieder den Expansionsgedanken in uns getragen. Was wird denn aus der Sache?
Wir treten auf der Stelle. Wenn man Unternehmer ist, will man das nicht. Da will man sich entwickeln.
Deswegen haben wir vor drei Jahren ein weiteres Unternehmen gegründet, die dann in den Eventbereich hineingeht. Ich weiß nicht, ob das jetzt zu weit führt. Die beschäftigen sich halt dann mit Eventveranstaltungen, wo wir Karaoke eben machen.
Und da sind wir, genauso wie mein Kollege hier, völlig betroffen. Ja, also sprich, da ist auch alles auf Null.
Dr. Reiner Fuellmich (1:25:49 - 1:27:02)
Und der eben angesprochene Vertrauensverlust in das Funktionieren... Ich will es mal so übersetzen. In das Funktionieren der staatlichen Institutionen.
Wie heißt das? Sie haben eben darauf hingewiesen, das Ganze... Und der Kollege Dr. Hoffmann hat es ja eben auch noch mal von Ihnen bestätigt. Das Ganze läuft super erfolgreich. Außergewöhnlich erfolgreich. Nach zwei Jahren schon in der Gewinnzone.
Sie haben, so verstehe ich Sie, bis dahin geglaubt, ich bin typischer erfolgreicher Vertreter der Leistungsgesellschaft dann ja auch. Der Laden läuft. Sie haben für viele Leute Arbeitsplätze geschaffen.
Worüber daher Ihre Frustration und Ihre Enttäuschung, dass Sie sagen, hey, die machen meinen Laden kaputt mit Maßnahmen, die ich nicht nachvollziehen kann, weil sie nie einer erklärt hat. Und gleichzeitig stehe ich hier im Regen. Ich werde hier sozusagen durch ein Labyrinth geschickt.
Das ist ja bei Herrn Ruhland auch nicht anders. Aber ich kriege nichts. Ich werde erledigt.
Meine Leute sind kaputt. Meine Zukunftsaussichten sind kaputt. Und in dem Moment, wo das der Staat mit mir gemacht hat, hört er auf zu feiern und sagt nicht mehr, ich bin der Tolle, sondern sieht zu, wie du klarkommst.
Nils Roth (1:27:02 - 1:27:39)
Es gibt für uns nichts Positives. Nichts. Gar nichts.
Überhaupt nichts. Also ich finde nichts. Und wir sind nicht unbedingt doof.
Wir kennen uns schon aus mit der ganzen bürokratischen Bewältigung von diversen Dingen. Und das zeigt ja auch unseren Erfolg. Unser Erfolg beweist das.
Wir gehen akribisch allen Dingen hinterher und machen das alles. Aber es gibt seit dem 14. März für uns nichts, aber gar nichts, was ich als Positives erachte.
Nichts. Null. Null.
Antonia Fischer (1:27:40 - 1:27:59)
Wirklich null. Haben Sie seit dem 14. März das Gefühl, dass Sie bei der ganzen Beantragung, bei der gesamten Bürokratie usw., die ja sehr zeitintensiv ist, jemals jemanden gegenüber hatten, staatlicherseits, der sich mit dem, was er da macht, auskennt und eigentlich konkret auf die Bedürfnisse eingeht?
Nils Roth (1:28:00 - 1:29:39)
Ja, heute. Es gibt das Amt für Statistik. Also was völlig Beknacktes.
Amt für Statistik. Die haben bei uns natürlich Zahlen angefordert. Also wir wurden rausgepickt und sollen jährlich angeben.
Und dadurch, dass die Zahlen vom letzten Jahr so besonders waren, keine Ahnung, haben sie irgendwie begründet in dem Schreiben, haben sie das jetzt ab sofort monatlich gefordert, haben uns jetzt gerade angeschrieben, wir möchten bitte monatlich unsere Zahlen abgeben und die dann in deren Auswertung einspielen. Da habe ich mit dem Steuerberater Rücksprache gehalten, habe gesagt, Moment, da kümmere ich mich persönlich drum, die Leute will ich reden, sprechen. Und da habe ich heute Vormittag dann angerufen, mit einer Sachbearbeiterin am Telefon gesprochen, die hat alles abgewiegelt, hat gesagt, da kommen Sie nicht raus aus der Nummer, Sie müssen auf jeden Fall abgeben.
Da habe ich gesagt, okay, dann hätte ich gerne Ihren Vorgesetzten gesprochen, ich möchte das konkret von dem hören. Hat sie mir die Tatsache gegeben und sagte, der würde Ihnen nichts anderes sagen, dann sage ich, ist in Ordnung, ich spreche mit ihm. Habe ich ihn kontaktiert, der Herr, okay, was man nahm weg und der war ganz freundlich am Telefon und hat gesagt, volles Verständnis, alles gut, er legt das Ad acta, ich soll nur noch mal ganz kurz das schriftlich per E-Mail bestätigen, dass der Sachverhalt so ist und dann geht das in Ordnung und die ganze Verfahrensgeschichte wird komplett ausgesetzt.
Also es wird jetzt keine Erhebung gefordert. Das ist ein echter Mensch und kein Bürokrat. Da hatte ich mal das erste Mal nach dem 14.
März eine vernünftige Aussage am Telefon ausgerechnet heute. Und das vom Amt für Statistik.
Dr. Reiner Fuellmich (1:29:40 - 1:29:45)
Dann wird ja immerhin die Existenzvernichtung statistisch ordentlich erfasst.
Antonia Fischer (1:29:47 - 1:29:52)
Und mit echter Hilfe, wie sieht es da aus? Hat sich da jemand ausgekannt auf der anderen Seite?
Nils Roth (1:29:54 - 1:31:03)
Ausgekannt? Also bei der IBB, da wartet man ja regelmäßig eine Stunde in der Warteschleife. Zweimal habe ich das Ganze dann mitgemacht, weil ich wollte ja wissen, dass nun mit Corona 4 dem Widerspruch und Corona 5 der Unterstützung, Zillgungszuschuss nun los ist.
Und da wurde mir am Telefon ganz klar gesagt, dass derjenige, der gerade am Telefon ist, die waren auch immer nett, aber sich mit Corona 4 nicht beschäftigen können. Da sind andere zuständig, Kultusministerium oder keine Ahnung. Und derjenige, der wiederum das bearbeitet hat, also Corona 4, kannte sich nicht aus mit der Corona 5-Geschichte.
Das war das Ergebnis von den zwei Telefonaten. Das heißt also, hundertprozentiges Wissen wird da nicht vermittelt. Man bekommt nicht die Informationen, die man braucht und kann das auch nicht in einem Telefonat bewältigen.
Man kommt nicht auf das Ergebnis, was man gerne hören möchte. Also das muss dann wiederum schriftlich laufen und auf eine Antwort im schriftlichen Rahmen wartet man. Da muss man Geduld bringen, aufbringen.
Martin Ruhland (1:31:03 - 1:31:45)
Das ist so, weil viele schreiben natürlich nicht dorthin. Diese Anträge sind ja heutzutage alle online. Also da hat man ja auch erstmal gar keinen Ansprechpartner, es sei denn, dann kommt es irgendwie auf Probleme oder an Rückfragen, weiß ich nicht.
Also das hat bei mir nicht stattgefunden. Bei mir ist es so, die Sachbearbeiterin für den möglichen Hartz-IV-Antrag war sehr freundlich, aber hat mir zu dem Zeitpunkt damals, das war eben auch noch sehr früh, eben auch nichts Vereinfachtes übermitteln können, wie das jetzt offensichtlich hier in Berlin mit einer Sachbearbeiterin stattgefunden hat. Aber ansonsten, so persönliche Kontakte waren da auch gar nicht vorhanden.
Also bei mir persönlich nicht. Wie es bei den anderen Leuten war, weiß ich nicht. Aber das meiste geht erstmal zunächst online.
Und das ist ja auch dann schon sehr abstrakt und dann wartet man halt und wartet.
Nils Roth (1:31:46 - 1:31:53)
Das wäre in der digitalen Welt grundsätzlich okay, wenn es denn dann auch zeitnah bearbeitet wird und es zum Ergebnis wird. Aber das passiert ja nicht.
Viviane Fischer (1:31:55 - 1:32:48)
Das ist ja schon auch mit Hartz IV, das ist ja häufig auch nicht einfach nur jetzt eine, man geht mal gerade so in Hartz IV. Es sind ja nicht Aussichten, dass man, sagen wir mal nach sechs Monaten Hartz IV, wieder in einen normalen Job eintreten kann. Und was ja gleichzeitig damit verbunden ist, dass man sich ja von sehr viel möglicherweise Rücklagen oder kleineren Rücklagen, die man hat, vielleicht auch irgendein kleines Haus, da gibt es ja auch Vorgaben, ab wann man dann die Sachen auch zu Geld machen muss oder eben auch in eine ganz kleine Räumlichkeit ziehen muss, jetzt auch vielleicht mit einer Familie oder man hat noch einen günstigen Mietvertrag, aber die Wohnung ist zu groß.
Also da passieren ja ganz viele Dinge, die dann auch über das rein wirtschaftliche hinausgehen. Das ist ja auch eine plötzlich sozial ganz veränderte Situation, aus der dann nicht wieder so leicht herauszukommen ist, weshalb man dann auch vielleicht zögert, erstmal da hineinzugehen und eben hofft, dass es auch anderweitig geht. Oder wie sehen Sie das?
Martin Ruhland (1:32:49 - 1:33:47)
Ja, auf jeden Fall. Solange es sich vermeiden lässt, aus meiner persönlichen Perspektive, eben in der Beschäftigung mit dem Grundeinkommen, sowieso wird man das versuchen zu vermeiden, bis hoffentlich vielleicht das Grundeinkommen vorherkommt. Aber das steht, glaube ich, auch noch in den Sternen.
Wobei es ja durchaus demokratische Bewegungen gibt, die das ganz stark im Moment auch nochmal pushen. Aber das ist eben die Frage. Wie werden Bewegungen wie unser Treffen hier oder Ihre ganze Aktion, vor der ich den Hut ziehe, wie werden die wahrgenommen?
Was bekommen die für Resonanz? Natürlich, das ist die große Frage. Wenn ich von unserer rechten Seite hier mal an die Gegenseite eine Frage stellen darf.
Was ich eben gehört habe, ist ja dieser Paragraf 56 IFSG, also Infektionsschutzgesetz, für die Zuseher und Zuhörer, die es noch nie gehört haben. Da gibt es ja einen Paragrafen, der sozusagen besagt, dass jemand Entschädigung hat auf entgangene Einnahmeleistung. Habe ich das richtig so verstanden?
Dr. Reiner Fuellmich (1:33:47 - 1:35:28)
Ja, das ist richtig. Aber ich kann Ihnen dazu sagen, dass ich an der wohl ersten mündlichen Verhandlung, die ein Gastronom in Hannover veranstaltet hat, also anwaltlich vertreten natürlich, der wollte Schadensersatz haben, kam aus der Nähe von Hannover. Nach meiner festen Überzeugung, übrigens nach unserer aller Überzeugung, haben Sie vollen Anspruch auf Schadensersatz.
Ich würde es aber nicht über 56 Infektionsschutzgesetz machen, sondern ich würde gleich über schulterfehlerhaftes Verhalten rangehen. Aber das ist eine andere Geschichte. Das ist nicht das Thema.
Ich will aber trotzdem Ihre Frage beantworten. Das Gericht dort hat übrigens auch mit 10.000 Metern Abstand zwischen den einzelnen Leuten, die in diesem riesengroßen Saal waren, sodass ich da an der Tür stehen musste. Das Gericht hat erst den Eindruck vermittelt, als würde es ordentlich sich beide Seiten anhören, auch in Richtung des Klägers, der allerdings nicht über schulterfehlerhaftes Verhalten gelaufen ist, sondern über 56 Infektionsschutzgesetz analog und über die allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze.
Keine Vorlesung. Aber am Ende kam er zu dem Schluss, ja, es lässt sich hören, was Sie da sagen zu dem Klägervertreter, aber zur beklagten Vertreterin, also Land Niedersachsen, ja, es lässt sich auch hören. Und dann, weil das ganze Analogien waren, wo man dann sowieso ein bisschen rumzwirbeln muss, sagt er, ja, aber überlegen Sie doch mal, wenn ich Ihnen recht gebe, was hat das für eine Auswirkung hier im Land Niedersachsen, was hat das für eine Auswirkung in ganz Deutschland?
Das sei ja wohl eine politische Entscheidung.
Martin Ruhland (1:35:28 - 1:35:32)
Jetzt erinnere ich mich, dass Sie das schon mal in einer Sitzung gesagt haben, die schon beschrieben wurde.
Dr. Reiner Fuellmich (1:35:32 - 1:35:34)
Ja, bei der Pressekonferenz gesagt.
Martin Ruhland (1:35:34 - 1:35:35)
Damals, genau.
Dr. Reiner Fuellmich (1:35:35 - 1:35:56)
Das sind Dinge, da kann ich leider jetzt nicht wirklich ruhig und gelassen drüber reden, aber das ist etwas, womit man rechnen muss. Das sind aus meiner Sicht juristische Taschenspielertricks, aber es geht auch anders. Nur, das ist jetzt nicht das Thema hier.
Ich wollte nur Ihre Frage beantworten.
Martin Ruhland (1:35:56 - 1:36:10)
Erlaubt es zu fragen, weil ich denke, dass viele der Zuseher da draußen eben auch sich solche Fragen stellen und dass man zumindest mal irgendwie eine Vorabinformation zumindest hat, bevor man zu einem Rechtsanwalt geht oder wie auch immer. Also das war mein Anliegen. Danke.
Dr. Reiner Fuellmich (1:36:10 - 1:37:05)
Ich meinte, Sie müssen gleichzeitig sehen, der Mann müsste, wenn er Schadensersatz zuspricht, gegen seinen eigenen Dienstherrn entscheiden. Es ist ähnlich wie in Niedersachsen bei den VW-Prozessen. 20 Prozent der Aktien gehören Niedersachsen.
Schwierige Sache, sollte so nicht sein. Und die Unabhängigkeit der Gerichte sollte gerade in diesen Fällen, wir nennen das strukturelles Ungleichgewicht, der Kleine gegen den Großen, sollte erst recht gewährleistet sein. Daran fehlt es im Moment noch.
Aber wie gesagt, ich habe das jetzt nur erzählt, weil Sie die Frage gestellt haben. Wir wollen uns da zurückhalten und erstmal die Fakten feststellen. Aber ich sehe schon, dass man hier keine allzu große Zeit mehr hat, abzuwarten, bis man auch anwaltlich aktiv wird.
Denn Ihre Schilderung ist ja doch so, dass ich davon ausgehen muss, lange halten Sie nicht mehr durch und Ihre ganzen Kollegen auch nicht.
Dr. Justus Hoffmann (1:37:06 - 1:37:32)
Ja, und vor allem, dass das unabhängig vom Erfolg des Unternehmens ist, ob man ein Großer ist, ob man ein Kleiner ist, ob man eine GmbH hat mit Geschäftsführer und Gesellschaftern und vielen Angestellten und eine große Wirtschaftsleistung und auch wirklich viel zum Wirtschaftsstandort Deutschland beiträgt oder ob man eher ein Einzelselbstständiger ist, ein Künstler ist, der in kleineren Bereichen tätig ist. Es ist vollkommen unabhängig davon.
Antonia Fischer (1:37:33 - 1:37:51)
Man zeigt sich einfach den Großen Nehmen und Gehen. In der Regel hat man vielleicht noch einen Gewerberaum-Mietvertrag, der über fünf Jahre läuft, über zehn Jahre. Man hat einfach mal eine Standortbindung und wie in Ihrem Fall eben auch eine Bindung zu dem, was man in diesem Laden zu tun hat.
Und die Kosten laufen weiter.
Viviane Fischer (1:37:53 - 1:38:15)
Ja, und eben das einfach jetzt sein zu lassen, ist ja auch nicht ganz leicht. Sie könnten ja, theoretisch kann man ja dann in die Insolvenz gehen, vielleicht auch in eine Privatinsolvenz. Aber was heißt das schon wieder?
Dann ist man sieben Jahre, kann man nur ein Zubot verdienen, um jetzt irgendwas, was man ja gar nicht, es ist ja nicht Ihre Misswirtschaft, sondern es ist jetzt sozusagen ein, wie will man sagen, ein Schicksal oder eine Struktur, die Sie da ereilt hat.
Dr. Reiner Fuellmich (1:38:15 - 1:38:37)
Und die Situation, führt sie denn innerhalb der Familie? Sie haben eben gesagt, Sie haben eine Frau, Sie haben eine Lebensgefährtin. Lebensgefährtin.
Lebensgefährtin, ist das, führt das da auch zu Schwierigkeiten? Wirkt sich das dahin auch aus oder sitzen die da entspannt und sagen, es wird schon wieder?
Nils Roth (1:38:38 - 1:38:49)
Ja, also wir machen es ja zusammen. Das Cremango betreiben wir gemeinsam, eine Lebensgefährtin oder Frau. Und dann haben wir noch eine Tochter.
Dr. Reiner Fuellmich (1:38:52 - 1:38:53)
Und bei Ihnen?
Martin Ruhland (1:38:55 - 1:40:10)
Wir sprechen viel miteinander, also wir versuchen uns mit Informationen zu versorgen, was ich einfach sehr wichtig finde. Wir sind uns meistens sehr einig in der Einschätzung der Lage. Jeder freut sich, wenn der andere irgendwie die Aussicht hat, ein paar Euro zu verdienen.
Und im Moment geht es uns halt noch okay. Aber eben diese Perspektivlosigkeit ist schon wirklich ein Thema. Also wann laufen Konzerte wieder so an, dass man irgendwie nicht mit einem Drittel des Publikums da aufkreuzen muss, dass man eine vernünftige Gage bekommt, dass man auch damit rechnen kann, dass es irgendwie so weitergeht und dann nicht wieder irgendwas Neues, neue Maßnahmen reinbrechen.
Das steht ja immer noch drohend im Raum. Und ja, wir ermutigen uns gegenseitig. Und was ich auf den Demos immer gerne sage, dass wir dieser Angst, die einfach so sehr gemacht wird, einfach unserer Liebe entgegenstellen.
Und das ist eine große Kraft und das ist sehr schön. Und ja, wenn man das von einem seelischen Standpunkt aus sieht, dann glaube ich, ist es nochmal eine ganz andere Geschichte. Aber darüber reden wir heute nicht, denke ich, oder?
Dr. Reiner Fuellmich (1:40:10 - 1:40:44)
Haben Sie denn den, naja, das wird die psychologische Seite sein, die fangen wir an, morgen zu beleuchten, glaube ich. Aber haben Sie denn den Eindruck, dass die Situation, in der Sie sich beide befinden, von der Öffentlichkeit verstanden wird? Oder haben Sie den Eindruck, da draußen den meisten Leuten geht es sehr gut und die haben überhaupt keinen Bezug dazu?
Ich meine, es ist ja nun nicht jeder im öffentlichen Dienst, wobei man auch nicht genau weiß, wie lange der öffentliche Dienst sowas durchhält ohne Steuereinnahmen. Aber haben Sie das Gefühl, dass Ihre Situation verstanden wird?
Nils Roth (1:40:45 - 1:42:31)
Also durch die Social Medias, wo wir auch Auftritte haben, Facebook zum Beispiel, da erlangen wir natürlich Zuspruch zu unserer Meinung und zu unserer Situation. Also uns wird Verständnis gegenübergebracht. Und auch mit jedem, wo wir uns unterhalten, wird das verbal so geäußert, dieses Verständnis.
Und immer wieder wird nach uns gefragt, wie es uns geht, wie lange wir durchhalten. Das ist eigentlich die häufigste Frage, wie lange halten wir noch durch. Also der Zuspruch, ja, ist da, was das Mitleid angeht, wenn man es mal so ausdrücken darf.
Aber ansonsten glaube ich nicht, dass die Bevölkerung 100 Prozent dahingehend so informiert ist, zu wissen, wie es uns in echt geht und was wir erleiden. Da habe ich meine Zweifel, weil da einfach zu viel schön geredet wird in der Presse, im Fernsehen. Wenn ich die Nachrichten anmache, es macht schon gar keinen Spaß mehr.
Das, was da rübergebracht wird, das ist einfach nur, man fragt sich bei so wahnsinnig vielen Dingen, was da erzählt wird, was da wirklich dahintersteckt, wieso die so ein Zeug erzählen. Ich erfahre davon überhaupt nichts, gar nichts. Mehrwertsteuer, dieser Mehrwert, der da so da sein soll und so weiter.
Die Unterstützung der Unternehmer, die so gewährleistet wird und so wenig Prozente, die bisher pleitegegangen sind und so viele wahnsinnig verrückte, verdrehte Sachen. Da wird der Bürger ja selber völlig in Mitleidenschaft gezogen oder dahingehend bewegt, an den Mist auch noch zu glauben, was darüber gebracht wird. Also sorry, wenn ich manchmal so eine Worte verbringe, aber es bleibt einem oft nichts übrig.
Wir haben aber nicht viel mehr zu verlieren. Das stimmt, ja, ganz genau.
Dr. Reiner Fuellmich (1:42:32 - 1:42:36)
Sie glauben jedenfalls nicht an das, was in den Medien, in den Mainstream-Medien berichtet wird?
Martin Ruhland (1:42:36 - 1:42:44)
Ich gucke inzwischen auch schon nicht mehr, höchstens, um mich mal kurz zu informieren, welcher Mist gerade aktuell ist. Aber ich nehme das nicht für wollen.
Viviane Fischer (1:42:44 - 1:43:52)
Nein, ich auch nicht. Die Wahrnehmung jetzt auch von Ihrer Situation, also die erscheint mir gar nicht so einzigartig, Ihre Situation. Sie haben das ja auch schon gesagt, das betrifft ja auch viele und letztlich auch Gastronome, die jetzt wieder aufmachen, aber mit diesen ganz großen Abständen.
Die können ja wahrscheinlich gerade nur so ihr Grundrauschen da irgendwie hinkriegen oder sich gerade so über Wasser halten in der Hoffnung, dass es wann anders besser läuft. Aber allein bei Ihnen beiden, also bei Ihnen hängen ja jetzt konkret diese ganzen Mitarbeiter dran, die ja auch bedroht sind, die ja auch wissen, weiß ich nicht, wenn Sie pleite gehen, dann sind die auch da weg vom Fenster und haben nicht so leicht was anderes. Und bei Ihnen hängen ja auch ganz viele Leute dran, die die Druckerei, die irgendwie vielleicht nicht mehr drucken kann für die Veranstaltung, die Leute, die das Catching machen, was Sie da alles gesagt haben.
Also eigentlich sind das ja schon sehr, sehr viele Menschen, die auf ganz vielen Ebenen jetzt betroffen sind. Und der Anwalt, der dann vielleicht Sie nicht mehr als Mandant hat für die Beratung in Bezug auf den KfW-Antrag und sonstige Sachen. Also das ist ja nicht nur Sie, sondern Sie sind die Spitze der Pyramide quasi und unten haben wir so eine Basis von Leuten, auf die das irgendwann in kurzer Zeit auch runtertröpfeln wird, das Problem.
Dr. Justus Hoffmann (1:43:53 - 1:44:27)
Weil Sie es mehrfach angesprochen haben bei dieser Senkung der Mehrwertsteuer oder der Umsatzsteuer. Ich habe auch schon von mehreren Leuten aus dem Gastro-Bereich gehört, dass sie sagen, also an den Kunden weitergeben können wir das sowieso nicht, weil wir brauchen das Geld eh. Und die meinten auch, alleine das Umstellen der Kassensysteme und diese ganzen Sachen verursacht im Prinzip mehr Arbeitsaufwand und mehr Arbeitsstunden an Arbeitsaufwand, als die drei Prozent, die Sie dann mehr vereinnahmen können, Ihnen im Endeffekt bringen.
Also würden Sie das auch so sehen?
Nils Roth (1:44:28 - 1:44:47)
Definitiv. Na klar. Na logisch.
Die gesamte Kasse. Also es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man stellt die Kasse selbst um, da muss man sich ein paar Stunden ransetzen.
Und die andere Variante wäre, man ruft seinen Kassenvertreter an und sagt, komm bitte vorbei, mach das für mich. Und der braucht dann seine Zeit und berechnet diese. Selbstverständlich macht er das.
Das ist ja auch sein Arbeitsaufwand.
Dr. Justus Hoffmann (1:44:47 - 1:44:49)
Und im halben Jahr haben Sie es dann wieder nochmal umgestellt.
Nils Roth (1:44:50 - 1:44:51)
Genau. Dann wird wieder zurückgestellt.
Dr. Reiner Fuellmich (1:44:51 - 1:46:12)
Ich habe, Herr Roth und Herr Roland, ich habe auch andere Meldungen bekommen in der Gegend, wo ich in Göttingen wohne. Ich komme nicht aus Göttingen, ich komme aus Bremen, aber in der Gegend, wo ich wohne, da sind eine Menge Leute jetzt unterwegs und verschönern ihre Gärten, bauen Pools. Also das sind natürlich Leute, die Geld haben.
Und die, die damit beschäftigt werden, die Gartenbauer zum Beispiel, die machen im Moment richtig gutes Geschäft. Aber das scheint ja nur eine Seite der Medaille zu sein. Und auch da wird irgendwann das Geld zu Ende sein, wenn es so weitergeht.
Ich habe den Eindruck, nachdem ich jetzt mit Ihnen gesprochen habe, dass Sie repräsentativ sind, jedenfalls für Ihre Branche. Und deswegen bin ich gerade mal eingestiegen. Wir haben jetzt gleich mal einen Wirtschaftsprofessor, der sieht das sozusagen aus der Vogelperspektive.
Also wenn Sie Lust haben, bleiben Sie einfach dabei. Wir wollen gleich jemanden fragen dazu, wie das gesamtwirtschaftlich, volkswirtschaftlich eigentlich aussieht. Und ob die Lage, die Sie hier beschrieben haben, sich in etwa in dem widerspiegelt, was in diesen kleinen und mittleren Unternehmen auch außerhalb der Unterhaltungs- und Gastrobranche los ist.
Viviane Fischer (1:46:14 - 1:46:54)
So, jetzt sind wir wieder da. Wir hatten größere Schwierigkeiten, gerade den Herrn Prof. Christian Kreis zu erreichen und haben das auch bis jetzt noch nicht richtig lösen können, weil er ist in den Bergen und dort eben nicht über Internet erreichbar. Und mit dem Telefon hat es nicht funktioniert.
Wir haben jetzt aber unseren zweiten Gast heute in der Leitung. Das ist der ehemalige Wirtschaftsdezernent Heinz Kruse aus Hannover. Und mit ihm werden wir jetzt über die Gesamteinordnung quasi des Geschehens in wirtschaftlicher Hinsicht sprechen.
Herr Kruse, ich begrüße Sie. Es wäre schön, wenn Sie uns vielleicht ein bisschen was zu Ihrer Person sagen könnten vorab.
Heinz Kruse (1:46:56 - 1:47:24)
Ja, kurz und knapp. Ich bin 73 Jahre alt. Von daher ist klar, ich bin ausgedehnt.
Bin nicht mehr im Job. Ich habe Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung, in NRW, wie in Hannover als Wirtschaftsdezernent. Und habe im Anschluss daran als Manager in verschiedenen Unternehmen gearbeitet.
Soweit zu mir. Ich komme aus dem Bankbereich. Das habe ich noch vergessen.
Viviane Fischer (1:47:25 - 1:47:43)
Okay, prima. Ja, dann könnten Sie mal vielleicht ein bisschen Ihre Meinung sagen, was Sie denken, wie sich die Lockdown, Corona und insbesondere die Lockdown-Krise auf das wirtschaftliche Gesamtgeschehen in Deutschland ausgewirkt haben und was da uns noch ins Haus steht.
Heinz Kruse (1:47:44 - 1:50:32)
Ja, die Schwierigkeit ist die, dass wir von einer Corona-Krise sprechen, obwohl wir im Grunde genommen eine Mixtur aus Konjunktur, sicher auch Corona-bedingt, vor allen Dingen aber auch aus Strukturproblemen stehen. Diese Strukturprobleme haben sich lange vor der Corona-Krise angesammelt und angekündigt und betreffen vor allen Dingen die kleine und mittelständische Wirtschaftsstruktur unseres Landes. Nicht nur unseres Landes, sondern des ganzen EU-Raumes, muss man eigentlich sagen.
Die Probleme, die wir haben, sind, kurz und knapp darauf zurückzuführen, dass wir uns einseitig auf den Finanzsektor und die Großkonzerne, also auf Globalisierungsstrategien konzentriert haben, mit wir meine ich die EU und unser Land oder unser Land als Treiber der EU und dass wir im Grunde vernachlässigt haben, die endogenen Potenziale, also gerade kleine und mittlere Unternehmen zu entwickeln, die Hilfestellung zu geben und die strukturellen Herausforderungen für gerade diese mittelständische Wirtschaft zu verbessern. Das zeigt sich jetzt in der Corona-Krise exemplarisch in folgenden Bereichen.
Erstens, diejenigen, die noch Beschäftigung aufbauen, stehen vor dem Phänomen, dass es einerseits eine wachsende Arbeitslosigkeit gibt, andererseits fehlt es aber an Qualifikationen. Das ist darauf zurückzuführen, dass wir in den vergangenen 30 Jahren den Bildungssektor armsträfig vernachlässigen. Deutschland ist auf dem Weg zur Verdoppelung, kurz und knapp gesprochen.
Zweitens haben die Markteintrittsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen wesentlich verschwächtert. Gute Ideen sind aufgekauft worden, weil sie im heimischen Markt kaum noch Kreditmöglichkeiten und Finanzierungsmöglichkeiten gefunden haben. Diese strukturellen Probleme wirken sich jetzt verschärft auf, weil der konjunkturelle Druck verschärft durch Corona hinzukommt.
Also Corona ist nicht die Ursache unserer Probleme, die wir haben, sondern ist im Grunde genommen das Blitzlicht auf den vorhandenen Strukturproblemen, verschärft allerdings die rezessive Entwicklung enorm. Kurz und knapp, ich hoffe, das war verständlich.
Dr. Reiner Fuellmich (1:50:33 - 1:51:52)
Das war sehr gut verständlich. Merkwürdigerweise deckt sich das völlig mit meiner eigenen Einschätzung. Ich komme auch aus dem Bankbereich und ich habe die ganze Zeit gedacht, die Corona-Geschichte hat eigentlich nur als Katalysator für das gewirkt, was sich hier lange zusammengebraut hat.
Wir haben jetzt gerade heute echte Panikmeldungen bekommen, nämlich dazu, dass hier ein wirtschaftlicher Einbruch in Deutschland von etwa 10 %, vielleicht auch 11 % zu verzeichnen ist bislang. Wir hätten noch Glück gehabt, wird gesagt, weil in Italien und Spanien geht es da um 14 oder 16 % sogar. Wir haben hier eben von zwei unmittelbar Betroffenen aus dem Bereich, den ich als Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichne, also kleine, mittlere, mittelständische Unternehmen gehört, denen geht die Luft aus.
Wenn die Corona-Maßnahmen so weitergehen wie bisher, können Sie da, ich weiß, das ist fast Kaffeesatzleserei, aber können Sie da ungefähr erzählen, was uns dann droht oder ist das gar nicht möglich?
Heinz Kruse (1:51:55 - 1:54:36)
Also ich bin nicht mehr im Tagesgeschäft. Deshalb fällt mir eine Prognose über einen mittelfristigen Zeitraum sehr schwer. Ich will einige Dinge nennen, die vielleicht umschreiben, worum es geht und was auf uns zukommt.
Wenn wir das beurteilen, wenn wir die wirtschaftliche Lage beurteilen wollen, dürfen wir nicht nur auf Deutschland gucken, sondern müssen schon auf Europa gucken. Und da stehen wir vor dem Phänomen, dass uns der Süden der EU wegbricht. Italien kann man getroffen fast als einstmaliges oder ehemaliges Industrieland kennzeichnen, was den Anschluss verpasst hat und keinen Anschluss finden wird.
Sodass ein Teil der gesamten industriellen Infrastruktur in Europa bedroht ist. Das Dilemma, vor dem wir stehen, ist weiter, dass wir uns darauf kapriziert haben, wenige Branchen zu internationalen Aktien zu machen. Die sogenannte Globalisierungsstrategie, in der Konzerne wie VW offensichtlich so in einem Virus gepackt waren, nämlich dem Größenwahnsinn, und wollte unbedingt global erster sein.
Man hat aber nicht gesehen, dass zur Leistungsfähigkeit einer Industrieregion oder eines Industrielandes vor allen Dingen die mittelständische Struktur gehört. Deutschland war immer stark, solange es einen starken und innovativen Mittelstand hatte. Und was ich befürchte ist, dass uns ein großer Teil des Mittelstandes in den nächsten Monaten wegbrechen wird.
Weil verschiedene Dinge zusammenkommen. Unsere Infrastruktur ist äußerst mangelhaft. Das gilt für die traditionelle Infrastruktur im Verkehrsbereich, gilt vor allen Dingen aber für die moderne Kommunikations- und Wissensinfrastruktur.
Unser Bildungswesen ist äußerst mangelhaft. Und zwar auf allen Ebenen. Auf Ebenen der Facharbeiterqualifikation, auf Ebenen der Hochschulqualifikation.
Wir produzieren einfach nicht genug akademischen Wissensüberschuss, den wir brauchen, um in wichtigen Zukunftsfeldern wettbewerbsfähig zu sein. Insofern fürchte ich, dass wir und mittelständisches Europa auf dem Weg in eine säkulare Stagnation sind. Habe ich Ihre Frage beantwortet?
Dr. Reiner Fuellmich (1:54:36 - 1:55:08)
Ja, leider ja. Sie haben eben auch noch einmal darauf hingewiesen, dass wir ja nicht alleine sind. Wir sind keine Insel, sondern wir sind innerhalb der EU unterwegs.
Die EU besteht inzwischen aus 27 Staaten. Sie haben darauf hingewiesen, die Südstaaten stellen ein Problem dar. Wie sehen Sie das betreffend die ehemaligen Ostblockstaaten, sagen wir mal Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Polen?
Heinz Kruse (1:55:12 - 1:56:16)
Das ist eine schwierige Frage. Ich fürchte, dieses Programm, das die EU aufgelegt hat, ist ein reines Programm, was sich an die finanzkapitalistische Ebene und an die Großkonzerne, die global ausgestellt sind, völlig vernachlässigt. Es wird die Richtung, die endogenen Potenziale zu entwickeln und zu stärken.
Also wäre ich Berater der Wirtschaftsministerien, würde ich Ihnen empfehlen, konsequent auf eine Strategie zur Entwicklung endogener Potenziale zu setzen. Und das bedeutet im Grunde mit langen Atem eine Umstrukturierung und Neustrukturierung des kleinen und mittleren Mittelstandes in die Zielebene der Wirtschaftspolitik aufzunehmen. Das würde ich empfehlen.
Mit einer regionalisierten Strukturpolitik, die auf die Bereiche Infrastruktur, Wissen und Kapital gerichtet ist.
Dr. Reiner Fuellmich (1:56:18 - 1:56:51)
Die Maßnahmen, die die EU beschlossen hat, sind ja noch gar nicht alle durch. Wenn es dann irgendwann zur Zahlung kommt, dann soll das, wenn ich das richtig gesehen habe, erst Anfang des nächsten Jahres kommen. Hätte man diese Maßnahmen an Bedingungen knüpfen müssen?
Hätte man sagen müssen, die Zukunftstechnologien müssen damit auch gefördert werden? Hätte man auch zum Beispiel, deswegen habe ich eben nach den Ostblockländern gefragt, sagen müssen, Rechtsstaatlichkeit ist wichtig? Oder wie sehen Sie das?
Heinz Kruse (1:56:53 - 1:58:48)
Ja, mit der Rechtsstaatlichkeit ist das so eine Sache. Wenn ich Italien oder Frankreich sehe, dann sehe ich das Problem der Rechtsstaatlichkeit nicht einseitig für Polen und Ungarn, sondern das sehe ich für ganz Europa. Europa ist eine Kopfgeburt, sage ich mal, die nicht auf die demokratische Grundlage einer Konstitution gestellt ist.
Insofern finde ich die Rechtsstaatdebatte relativ abgehoben, um ganz offen und ehrlich zu sein. Die zweite Ebene ist die, dass man in dem Programm weder den Zeithorizont noch die Qualifikation der einzelnen Investitionsmaßnahmen hinreichend definiert hat. Das bedeutet, es ist zu befürchten, dass es eine reine Umverteilungsorgie geben wird, vor allen Dingen in den Ländern, die industriell dabei sind abzuschmieden, wie Griechenland, Italien, Spanien, Frankreich.
Ich sehe die Gefahr künftiger Quersubventionen, ohne dass strukturell etwas passiert. Also die Stützung von Haltstrukturen, die nicht mehr lebensfähig sind. Und mir fehlt der Input in die Bereiche moderne Technologien mit langem Atem.
Also die Umweginvestitionen in Infrastruktur, Wissen, Forschung usw. Europa ist im Grunde genommen, zählt der neuen Technologien, völlig zum Abscheißgrad. Wir blicken auf den USA und sehen nicht, mit welch rasanter Geschwindigkeit Asien uns in den modernen Technologien, 3D-Druck, KI usw.
davon bringt.
Dr. Reiner Fuellmich (1:58:49 - 1:59:45)
Heißt also, wir haben hier nicht nur in Deutschland im Moment jedenfalls massivste Probleme, deren Ende wir noch gar nicht absehen können, sondern das Ganze wird verschlimmert dadurch, dass der Rest von Europa, mit dem wir über die EU verbunden sind, in keinem besseren Zustand ist, sondern in einem schlechteren Zustand. So würden Sie es, glaube ich, beschreiben. Gibt es, wenn man aus dieser Makroebene runterguckt, jetzt mal abgesehen von Deutschland, gibt es da aus Ihrer Sicht eine Möglichkeit, das EU-Problem, das ja schon dazu geführt hat, dass die Engländer gesagt haben, wir machen hier nicht mehr mit, zu lösen.
Gibt es die Möglichkeit aus der Kopfgeburt wieder das zu machen, was es mal gewesen ist, nämlich eine europäische Wirtschaftszone, so wie die EWG, wäre das eine Maßnahme, mit der man vielleicht korrigieren könnte oder reformieren könnte oder haben Sie eine andere Idee?
Heinz Kruse (1:59:48 - 2:01:34)
Ich arbeite zugegebenermaßen schon, um nicht völlig zu veralten, an Ideen, was man machen könnte. Mir fällt dazu nur ein, dass man im Grunde genommen in allen Regionen Europas starten müsste mit einer regionalisierten Strukturpolitik, die an den Grundlag unseres Wirtschaftssystems ansetzt und im Grunde genommen den Mittelstand neu aufzubauen versucht. Also nicht setzen auf die Altindustrien, Automobil ist so ein Fall.
Die Automobilindustrie ist gelaufen strukturell. Von der Automobilindustrie wird es künftig keine positiven Impulse mehr geben. Vor allen Dingen die deutsche Automobilindustrie jagt den Fortschritt hinterher.
Der Elektroautomobil, diese Pleite, die VW gerade produziert, aber nicht offen kommuniziert, nämlich dass sie seit Monaten nicht in der Lage sind, ein Elektromobil auf den Markt zu bringen, spricht für einen haltenden Modernisierungsrückstand. Aber es wäre falsch, die Automobilindustrie zu subventionieren, sondern müssen im Grunde neu anfangen bei einem neuen Mittelstand, aber nicht nur in Deutschland, sondern in allen Regionen der EU. Da kann ich mir vorstellen, dass man mit einer regionalisierten Strukturpolitik, bei der die Kompetenzen nicht bei der zentralen Stelle in Brüssel liegen, sondern bei der die fachlichen Kompetenzen in den Regionen gesucht werden, dass man da einen Neuanfang macht.
Das kann ich mir vorstellen.
Dr. Reiner Fuellmich (2:01:34 - 2:02:39)
Wir haben eben mit den beiden hier anwesenden Betroffenen besprochen. Das ist die Szene der Gastronomie und der Künstler. Das sind so ungefähr drei Prozent unseres Bruttosozialprodukts.
Aber daneben gibt es ja noch sehr viele andere kleine, mittlere und mittelständische Unternehmen, die ebenfalls keine Konzerne sind, die aber insgesamt für 65 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland jedenfalls sorgen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sagen Sie, das ist im Übrigen immer schon meine Meinung gewesen, dass diese Konzentration auf Konzerne falsch gewesen ist. Wir müssen zurück zu einer regionalen Förderung, auch zu mehr Bildung natürlich.
Gilt dieses falsche Konzentrieren auf Konzerne, gilt das auch für die Finanzindustrie? Es ist ja zeitweise so gewesen, dass 70 Prozent des gesamten Bruttosozialprodukts der Welt angeblich über die Finanzindustrie läuft, obwohl die gar nichts herstellt.
Heinz Kruse (2:02:40 - 2:04:18)
Ja, ganz sicher gilt das. Die Finanzindustrie lebt von ihrer Macht, nicht von ihren positiven Beiträgen zur Struktur unserer Wirtschaftssysteme. Das ist relativ einfach gesagt.
Ich denke, die EU hat genau zwei Möglichkeiten. Entweder sie modernisiert sich von unten und nimmt das auf, was an positiven Elementen und Kräften heute noch da ist. Das reicht von Münstern bis hin zu mittelständischen Unternehmern, wo viele junge Ingenieure gute Ideen haben, aber nicht in die Lage versetzt werden, ihre Ideen umzusetzen.
Und das liegt daran, dass wir einseitig Strukturen fördern, die überholt sind. Die Automobilindustrie ist eine Struktur, die in der Moderne groß geworden ist. Sie wird die Nachmoderne, die neue Gesellschaft, wie das mal jemand genannt hat, nicht mehr nominieren und nicht mehr bestimmen.
Ganz im Gegenteil. Sie wird genauso schrumpfen, sie wird es in 20, 30 Jahren geben. Überhaupt keine Frage.
Aber sie wird genauso schrumpfen, wie die Stadtindustrie geschrumpft hat. Im Übrigen sage ich das als jemand, der in NRW Strukturpolitik mitverantwortet hat. Die Anzeichen in der Automobilindustrie erinnern mich in fataler Weise an den montanindustriellen Verflechtungskomplex NRW 70er und 80er Jahre.
Das sind die gleichen Krisenanzeichen, die eigentlich jedem erlernen müssen, der das will.
Dr. Reiner Fuellmich (2:04:19 - 2:05:21)
Die Konzerne und die Finanzindustrie dominieren auch in dieser Corona-Krise wieder alles. Die Fragen, die sich als allererstes in der Öffentlichkeit, jedenfalls in den Mainstream-Medien gestellt haben, sind, wie können wir VW retten, wie können wir die Kurzarbeit bezahlen, wie können wir die Lufthansa retten, wie können wir denen auf die Beine helfen. Von der Finanzindustrie habe ich gerade gelesen, die haben massive Kreditausfälle.
Die Commerzbank ist in der Finanzkrise schon mit einem staatlichen Einstieg von damals 25 %, der ist, glaube ich, jetzt zurückgefahren worden, auf 17 % gerettet worden. Die Deutsche Bank ist die ganze Zeit gerettet worden. Die Deutsche Bank ist von einem Skandal zum nächsten getaumelt.
Der letzte waren jetzt die 150 Mio. wegen Beihilfe zur Pädophilie von Jeffrey Epstein. Würden Sie der Auffassung sein, dass das völlig falsche Akzente waren, die da gesetzt wurden?
Ganz sicher.
Heinz Kruse (2:05:22 - 2:06:05)
Ganz sicher. Ich habe gerade gestern ein Gespräch mit einem jungen Unternehmer geführt, der Geschäftsführer eines 100-Mann-Betriebes ist, also typischer Mittelstand. Der sagte mir, dass sie im Moment dabei sind, einzusteppen, weil viele ihrer noch kleineren Konkurrenten in Konkurs gegangen sind.
Er erwartet in seinem Markt allerdings, dass es im Herbst mit dem großen Schlachten beginnt, weil es dann den typischen Mittelständlern an den Kragen geht, weil die verdeckten Probleme, die wir heute schon sehen, als Strukturprobleme im Herbst ausbrechen werden.
Dr. Reiner Fuellmich (2:06:06 - 2:07:11)
Und im Herbst? Ich weiß nicht, Sie haben mitbekommen, dass es, was diese besondere, spezielle Elite-Truppe der Bundeswehr, die KSK, angeht, dass da im Zusammenhang mit angeblicher Unterwanderung durch Neonazis, dass es da zu Aufruhr gekommen ist. Es gibt in der New York Times ein Interview mit Klarnamen sogar eines der Betroffenen, der ziemlich deutlich gesagt hat, dass man sich genau auf diesen Zeitpunkt im Herbst vorbereitet, unterstützt von einem Netzwerk, auch aus der Industrie, auch von den Banken, die darauf hingewiesen haben, spätestens im Herbst fliegt uns ja alles um die Ohren.
Und darauf sei diese Gruppe vorbereitet. Für mich heißt das, das wurde in dem Artikel nicht weiter ausgeführt, aber für mich heißt das, dass es möglicherweise so schlimm kommt, dass die Auseinandersetzungen hier sich nicht mehr nur auf wirtschaftlicher Ebene, sondern in Form von Verteilungskämpfen auch auf der Straße abspielen könnten. Würden Sie das für übertrieben halten oder halten Sie das für möglich?
Heinz Kruse (2:07:13 - 2:08:53)
Also ganz offen, ich kann es nicht beurteilen, weil ich nicht beurteilen kann, wie weit so eine säkulare Stagnation umschlägt in den freien Fall, wie wir das in der Weltwirtschaftskrise hatten. Dazu bin ich zu sehr von Primärdaten abgeschnitten als Funktionär. Es wäre unlauter, würde ich dazu was sagen.
Was ich allerdings befürchte, ist, wir haben ja eine EU, die vom Kopf her völlig handlungsunfähig ist. Das ist eine bürokratische Versammlung, die außerhalb ihrer eingefahrenen Gleise nicht handlungsfähig ist. Und das, was ihr als Handlungsfähigkeit verkauft wird, steht auf den Schmierzetteln, die eher von der Finanzindustrie gereicht werden.
Es gibt sowas wie eine Korrumpierung der Köpfe, die nicht nur über Geld läuft, sondern auch über Wissensvermittlung läuft. Die schlimmste Bedrohung sehe ich neben der wirtschaftlichen Strukturkrise daran, dass unsere politischen Strukturen, unsere Parteien und die dominanten Personen unserer Parteien in den Kategorien vergangener Jahrhunderte denken und handeln. Wir haben keine Modernität in den öffentlichen Bürokratien.
Das sehe ich als eine der gravierendsten Mengen. Das birgt natürlich Risiken, die auftreten können. Ob es so schlimm kommt, wie Sie geschildert haben, ich weiß es nicht und ich hoffe es nicht.
Vielleicht will ich es einfach nicht hoffen.
Dr. Reiner Fuellmich (2:08:53 - 2:10:04)
Ich hoffe genauso wenig, dass es dazu kommt. Ich weiß nur, dass in den USA, wo ich sehr viel Zeit verbringe, in diesem Jahr seit dem Beginn der Corona-Krise so viele Waffen verkauft wurden wie nie zuvor. Dort hat aber ja schon vielleicht ein Prozess begonnen, der unserem voraus ist.
Denn die Wahl von Donald Trump, das weiß ich von Leuten, von Republikanern, mit denen ich zu tun habe. Die Demokraten haben ihn ja immer abgelehnt. Die Wahl von Donald Trump war ja keine Wahl, weil man gesagt hat, das ist der tolle Typ, der uns retten will, sondern eine Protestwahl.
Und das wird er jetzt nicht nochmal schaffen, weil er sich einfach als unfähig für alles erwiesen hat. Das war ein völliger Verlust des Kontakts der Politik zu den Menschen. Sehen Sie eine ähnliche Problematik hier in Deutschland oder nur auf europäischer Ebene?
Weil ich weiß, dass viele Deutsche, auch Juristen übrigens, überhaupt nicht verstehen, wie die EU funktioniert. Wer hat da das Sagen? Wer ist für was zuständig?
Sehen Sie eine ähnliche Kontaktlosigkeit zwischen der Politik und der Bevölkerung auch hier in Deutschland und gegebenenfalls auch auf der EU-Ebene?
Heinz Kruse (2:10:05 - 2:10:42)
Gut, das habe ich in einem meiner Bücher auch beschrieben, schon vor Jahren, dass diese Gefahr droht und sie ist eingetreten. Wir haben einen abgehobenen politisch-administrativen Sektor, der denkt in eigenen Kategorien, die geschlossen sind. Die Kommunikation oder das völlige Ausschalten des Zufällens von politischen Grundentscheidungen wirkt sich dazu aus, dass sich ein neues Kastenwesen bildet.
Ja, das meine ich.
Dr. Reiner Fuellmich (2:10:43 - 2:11:02)
Ja, das entspricht dem, was in den USA zur Katastrophe nämlich zu Donald Trump geführt hat und man kann nur hoffen, dass Joe Biden mit einer hoffentlich möglichst intelligenten Vizepräsidentin dann noch rechtzeitig übernehmen kann. Aber das ist ja eine Entwicklung, die, wenn ich Ihre Schilderung höre, im Grunde genommen hier auch droht.
Heinz Kruse (2:11:03 - 2:11:06)
Ja, wir hingen zeitlich etwas hinterher.
Dr. Reiner Fuellmich (2:11:06 - 2:11:18)
Ja, denn auch jetzt gerade in der Corona-Krise hat man ja gar nicht mehr sehen können, wer da Opposition ist. Es gibt formal eine Opposition, aber es war nichts zu hören.
Heinz Kruse (2:11:19 - 2:11:33)
Jaja, ich sage mal, der ganze Vorgang der neuen Kommissionspräsidentin um die neue Kommissionspräsidentin ist für jeden, der noch ein demokratisches Rest- oder Grundverständnis hat, eigentlich ein Tritt ins Gesicht.
Dr. Reiner Fuellmich (2:11:36 - 2:12:09)
Ja, es haben sich eine Menge Leute gewundert, warum da plötzlich jemand zum Kommissionspräsidenten oder zur Kommissionspräsidentin wird, die niemand auf dem Zettel hatte. Man hatte den Eindruck, dass es sich hier um eine reine politische Schacherei gehandelt hat, insbesondere zwischen Frau Merkel und Herrn Macron. Was gibt es denn da für einen Ausweg?
Nur den Ausweg zu sagen, wir müssen die EU komplett reformieren und diese Kopfgeburt auf die Beine stellen, an die Bürger ranbringen und Regionalpolitik machen?
Heinz Kruse (2:12:11 - 2:12:22)
Also ich denke schon, dass wir um eine grundlegende Demokratiereform der EU nicht herumkommen. Aber das gilt natürlich gleichermaßen für Deutschland auch.
Dr. Reiner Fuellmich (2:12:23 - 2:12:45)
Was kann hier in Deutschland politisch geschehen? Oder was ist hier schiefgelaufen? Also mich persönlich wundert einfach maßlos, dass wir in den Massenmedien nur noch eine einzige Meinung haben.
In der Politik sieht es ja, was die Corona-Situation angeht, auch nicht anders aus. Wie konnte das passieren? Was ist hier schiefgelaufen?
Heinz Kruse (2:12:47 - 2:13:31)
Ich denke, Macht muss geteilt werden. Das wissen wir seit einigen Jahrhunderten. Und wir haben genau gegen diese Grundbedingungen der Demokratie verstoßen.
Wir haben einen Einheitsbrei, in dem alle wichtigen Funktionen der Politik im Wege einer Personalcharade verteilt werden. Wer Bundespräsident wird oder Verwaltungsrichter wird, wer Chef von Behörden wird, wer Minister wird, wird ausgekungen. Es gibt keine demokratische Selektion nach Fähigkeiten.
Dr. Reiner Fuellmich (2:13:32 - 2:13:38)
Für uns als Juristen besonders schlimm, weil wir ja auch sehen, dass dasselbe Spiel auf der Ebene der Bundesgerichte läuft.
Heinz Kruse (2:13:39 - 2:14:06)
Ja, das hat alle Bereiche unseres Landes ergriffen. Und man darf die formierende Wirkung des finanzkapitalistischen Durchgriffs auf Medien und Politik nicht unterschätzen. Aber es gibt keine Gegenkraft.
Der Souverän hat in unserem Land keine Position.
Dr. Reiner Fuellmich (2:14:09 - 2:14:48)
Der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick hat versucht, eine Gegenkraft zu entwickeln. Das nennt sich Bürgerbewegung Finanzwende. Ich glaube, ich bin sogar eines der Gründungsmitglieder.
Wie schätzen Sie das ein? Ist das eine Möglichkeit, zurückzukommen zur Machtteilung und dazu, dass die Bevölkerung an diesen finanzpolitischen Entscheidungen wieder beteiligt werden kann? Oder ist es aus Ihrer Sicht schon zu spät?
Haben die Finanzpolitiker oder die Finanzkonzerne soweit hier die Kontrolle übernommen, dass es nur noch schwer einen Ausweg gibt?
Heinz Kruse (2:14:49 - 2:15:43)
Also schwer ist es auf jeden Fall. Ich denke aber, dass es wichtig ist, solche Dinge zu versuchen. Deshalb waren wir ja auch tätig im Verein Verfasst vom Volk, weil wir über die Souveränitätsfrage im Grunde genau die Auflösung dieser Machtkomplexe zum Gegenstand hatten.
Ob es rechtzeitig kommt, weiß ich nicht. Sinnlos ist es mit Sicherheit nicht, weil dieses System ganz offensichtlich auch irgendwann die rote Fahne gezeigt bekommt. Von wem?
Von den Verhältnissen. Wenn Europa zum Wurfraumfortsatz wird zwischen den USA und Asien, dann ist der Zeitpunkt da, in dem unser Brotstand davon verboten ist. Das wird mit Sicherheit Kavallons lösen.
Dr. Reiner Fuellmich (2:15:43 - 2:16:44)
Dann sind wir wieder beim Thema, bei der Wirtschaftssituation. Unterm Strich jedenfalls, so habe ich das jetzt vernommen von Ihnen, Herr Kruse. Ich finde es sehr schade, dass Sie gar nicht in der Politik sind.
Unterm Strich ist es so, dass Sie die Lage so einschätzen. Wir haben in Europa, aber auch und insbesondere in Deutschland zu lange auf die Konzerne gesetzt, insbesondere auf die Finanzkonzerne. Das, was wir jetzt gerade erleben, ist letzten Endes nur die ohnehin fällige Korrektur, kann man nur hoffen.
Aber jedenfalls die ohnehin fällige Krise. Gibt es da eine positive Aussicht? Kann man sagen, es besteht jetzt die Chance, diese Gelegenheit wahrzunehmen und eine Reform sowohl auf deutscher als auch auf europäischer, es geht ja nicht anders, politischer Ebene durchzusetzen?
Oder sagen Sie, die Hoffnung ist sinnlos?
Heinz Kruse (2:16:47 - 2:16:55)
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Aber es lohnt sich dafür einzusetzen. Ja, das ist gut.
Sehe ich auch so.
Viviane Fischer (2:16:55 - 2:18:33)
Ich habe noch eine Frage. Es sind ja jetzt auch eine Reihe warnender oder mahnender Stimmen in letzter Zeit aufgekommen. Es gibt zum Beispiel diese Risikoanalyse von dem Oberregierungsrat Stefan Kohn aus dem Bundesinnenministerium, wo er sich ja sehr mit der problematischen Wirtschaftslage, auf die wir da hinauslaufen, auseinandergesetzt hat.
Er spricht auch an, zum Beispiel die Gefahr für unsere strukturellen Infrastrukturen, für die Wasserversorgung, die vielleicht auch gefährdet sein kann, wenn Versorgungswege für Materialien usw. auch aus dem Ausland unterbrochen werden und auch die Gefahren, die sich da für das Gesundheitssystem abbilden. Also auch wenn jetzt keine Steuereinnahmen mehr oder in geringerem Umfang, ist ja auch die Situation der Alten und der Kranken, um die wir uns ja hier so bemühen wollen, langfristig auch nicht gesichert.
Alle diese Sachen, die sind ja so angesprochen worden. Es gibt auf vielen Ebenen mahnende Stimmen und die werden aber gar nicht gehört. Wie erklären Sie sich das so?
Ist das jetzt wirklich nur Teil der Verknöcherung oder ist da auch so ein Stück weit was geschehen, dass da vielleicht eine, ich weiß nicht, Herr Kohn spricht ja von Fehlalarm, dass man da in was hineingelaufen ist und jetzt keinen Weg mehr hinausfindet? Also ist das auch so eine, also da scheint sich ja sowas zu zementieren. Wir haben im Moment die Situation, dass ja die epidemische Lage nationaler Tragweite gar nicht mehr besteht, aber die Maßnahmen wirken fort.
Und wie kommt das? Also warum gibt es da keinen Weg zurück aktuell?
Heinz Kruse (2:18:37 - 2:19:43)
Schwierige Frage. Ich schätze, unsere Bürokratie, unsere Machtzentren sind wie Bürokratien aus der Feudalzeit aufgebaut, nach dem Postkutschenmuster. Wir haben immer eine Verwaltung, die preußisch denkt und handelt, aber nicht mehr im positiven Sinne, sondern nur noch im negativen Sinne.
Diese Verwaltung ist, also die politische Administration ist strukturell überfordert. Es gibt mehr Möglichkeiten für Auswahl, als Politik verarbeiten kann. Dabei ist es völlig natürlich, dass man sich abschottet und unvertraut im Glauben.
Man macht eigentlich genau das Falsche. Man öffnet sich nicht, lernt nicht, sondern schottet sich ab und setzt Einseitigkeit und im Grunde genommen fehlerhaftes Handeln verstärkt vor. Man blendet die Wirklichkeit aus und lässt sich ethisch gesehen, politisch, medial Potemkinschenwürfe errichten, an die man dann auch glaubt, fatalerweise.
Dr. Reiner Fuellmich (2:19:44 - 2:20:34)
Das ist eine Erklärung. So funktioniert die Dynamik, weil wir haben uns hier alle gefragt und jeder, mit dem wir im Bekannten- und Freundeskreis gesprochen haben, hat sich das auch gefragt. Wie kann das sein, dass ein möglicherweise jetzt doch als fehlererkennbares Verhalten einfach fortgesetzt wird?
Meine Meinung war immer, ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, sondern ich glaube daran, dass wir regelmäßig, wenn wir solche Katastrophen oder auch kleinere Katastrophen erleben, es nur mit Dummheit, Geldgier und am Ende Feigheit oder fehlender Souveränität zu tun haben. Ist das so, dass einfach deshalb, weil man diesen Weg eingeschlagen hat, es jetzt leichter zu sein scheint, nach der Devise Kopf runter und durch weiter zu machen, als den Fehler, den man ja jetzt feststellen könnte, wenn man nur die andere Seite hört, einzugestehen und zu korrigieren?
Heinz Kruse (2:20:35 - 2:21:39)
Ja, es ist auch deshalb so schwierig. Einmal ist es schwierig, Fehler einzugestehen. Aber es ist auch deshalb schwierig, weil Fehler in der politischen Administration ja zu stellen führen.
Zur Ministerbesetzung denken Sie an den Verkehrsminister, rollt ein Kopf von rechts, muss eben ein Kopf von links auch rollen. Wir haben eine Machtstruktur ja, die da nicht nur verknöchert ist, sondern wie klebriger Pudding ist. Sie ist verknöchert und von klebrigem Pudding geht.
Den kann man nicht an die Wand nageln. Das ist jetzt ein bisschen bösartig. Aber ich glaube auch nicht an weltweite Verschwörungstheorien, sondern ich glaube an die Macht der Apparate, die nicht zu brechen sind.
Diejenigen, die im Apparat groß geworden sind, vertrauen auf die Apparate und die Struktur, die ihnen die Macht verschafft hat.
Dr. Reiner Fuellmich (2:21:41 - 2:22:06)
So einfach ist das. Das ist eigentlich simpel. Das scheint mir teilweise auch psychologische Erklärung zu sein.
Wenn man sich einmal in so einem Apparat wohlfühlt, dann macht man, was dem Apparat gefällt. Dann versucht man, das Ding am Laufen zu halten. Und abgesehen davon, dass Fehler ohnehin schwer einzugestehen sind, will man den Apparat sowieso nicht ins Erschüttern bringen.
Heinz Kruse (2:22:07 - 2:23:04)
Ja, es ist schon schwer genug. Ich hatte ja ein Apparat von 1.000, 2.000 Menschen mit vielen Teilungen etc. Es ist schon schwer genug, so ein Apparat auf Laufen im Grunde in eine Richtung zu bringen.
Den zu ändern, bedeutet ja auch, dass man konkret in Karrieren, in Karrierepläne, in Machtgefüge eingreift. Das sind nicht nur gewerkschaftliche Machtgefüge, das sind auch andere Machtgefüge, parteipolitische Art usw. Also es ist ungeheuer schwierig, eine Bürokratie, so sie denn mal entstanden und sich eingerichtet hat, zu verändern.
Und im Moment ist es ja so, dass unsere politische Bürokratie über ungeheure Machtmittel in Form von Geld verfügt. Und das macht natürlich hörig. Geld macht sinnlich.
Dr. Reiner Fuellmich (2:23:05 - 2:23:09)
Also Geld ist immer noch das wichtigste Argument.
Heinz Kruse (2:23:09 - 2:23:10)
Ja.
Dr. Reiner Fuellmich (2:23:10 - 2:23:22)
Das ist gut zu wissen. Das ist gut zu wissen, denn man kann das ja auch umdrehen, indem man dem Staat sagt, so, was du angerichtet hast, das musst du jetzt bezahlen. Man muss das nur glaubhaft machen.
Heinz Kruse (2:23:23 - 2:23:36)
Ich glaube aber, dass es trotzdem sinnvoll ist, an Alternativen zu arbeiten. Ich bin Frau Fischer insofern auch sehr dankbar, weil es wird eine Zeit kommen, in der wir nach Alternativen suchen.
Dr. Reiner Fuellmich (2:23:36 - 2:23:59)
Ja. Vielleicht ist das ja jetzt die Zeit. Vielleicht ist das jetzt die Gelegenheit, den Blick mal zu erheben und aus diesem verknöcherten Apparat auszusteigen und mal zu gucken, was sonst noch für Möglichkeiten bestehen.
Ich entnehme Ihren Worten, dass Sie durchaus die Hoffnung haben, dass das gehen könnte. Deswegen haben Sie auch gesagt, es ist sinnvoll.
Heinz Kruse (2:24:00 - 2:24:20)
Ja, ich habe Enkel, sechs und acht Jahre, nein, sechs und neun Jahre, heute Geburtstag. Von daher will ich nicht glauben, dass alles zu Ende ist. Außerdem bin ich im Grundsatz ein positiver Mensch.
Ja, das merkt man. Ein Glück. Ja, danke schön.
Ich glaube, das war es von meiner Seite aus.
Viviane Fischer (2:24:20 - 2:24:48)
Ja, ganz herzlichen Dank. Das ist wirklich sehr erhellend gewesen, auch nochmal diese Strukturlage in den Behörden auch nochmal besser zu verstehen oder in diesem politischen Entscheidungsapparat. Ich glaube, das war für uns alle auch ein bisschen neu und spannend.
Und ich denke, wir sollten tatsächlich auch über Alternativen, die sich ja auch in vielen Aktionen von Menschen abzeichnen, auch durchaus nachdenken und können das auf jeden Fall mal als Anregung hier mitnehmen. Ganz herzlichen Dank Ihnen, Herr Kruse.
Heinz Kruse (2:24:48 - 2:24:50)
Viel Spaß und viel Erfolg.
Dr. Reiner Fuellmich (2:24:50 - 2:24:56)
Danke schön. Das können wir gut gebrauchen. Jetzt musst du da mal auf die Taste drücken.
Heinz Kruse (2:24:59 - 2:25:02)
Ich gehe jetzt aus. Ja, danke schön.
Dr. Reiner Fuellmich (2:25:03 - 2:25:10)
Tschüss. Was für ein außergewöhnlich anständiger und kluger Mann.
Viviane Fischer (2:25:15 - 2:25:36)
Das war ja faszinierend und auch ein bisschen erschütternd. Überraschend auch in vielerlei Hinsicht. Aber ich finde es toll, dass wir nochmal so wirklich einen weiteren Blick vielleicht auch richten aus der aktuellen Problemlage, die natürlich wichtig ist und ich denke auch ein Zentrum, um vielleicht weitergehende Probleme erkennen zu können.
Dr. Reiner Fuellmich (2:25:36 - 2:25:53)
Im Grunde war das ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir nicht zurückgehen können zu dem, wo wir gewesen sind, weil das wird uns als Weiter so wieder genau dahin bringen, wo wir jetzt sind. Also es müssen ein paar Dinge sich massiv ändern. Insbesondere die Konzentration auf Konzerne und die Finanzindustrie.
Dr. Justus Hoffmann (2:25:54 - 2:26:20)
Aber ich denke, dass wir auch gut haben raushören können, dass man diese Situation auch als Gelegenheit so dramatisch sie ja für die einzelnen Betroffenen auch ist und das sind ja nicht nur einzelne Betroffene, das sind ja alle betroffen, dass wir das aber als Gelegenheit nicht nur begreifen können, sondern auch nutzen müssen, nicht nur einen neuen Impuls zu setzen, eine Alternative zu suchen, sondern wirklich zu sagen, wir können nicht nur nicht mehr zurück, wir wollen es auch nicht mehr.
Dr. Reiner Fuellmich (2:26:20 - 2:26:42)
Ja, wir wollen es auch nicht und dafür brauchen wir aber Leute, wie diesen Mann eben. Das ist, und ich sehe, ich habe das Problem, ich sehe keinen. Ich sehe, er ist da, er ist aber nicht mehr in der Politik.
Helmut Schmidt ist tot und ich sehe niemanden. Ich weiß nicht, sieht irgendjemand von Ihnen da was, wo man sagen könnte, das ist aber das große Vorbild?
Martin Ruhland (2:26:43 - 2:26:46)
Wir müssen das einfach selber in die Hand nehmen von unten.
Dr. Reiner Fuellmich (2:26:47 - 2:27:04)
Deswegen machen wir das ja auch. Wir müssen selber handeln, richtig, und hoffen, dass so viel wie möglich Leute sich für die Möglichkeit jedenfalls begeistern, was ganz anderes, was ganz Neues tun zu können. Aber so geht es garantiert nicht mehr weiter, weil wir sehen ja, wo es hingeführt hat.
Dr. Justus Hoffmann (2:27:04 - 2:28:47)
Gerade, was angesprochen wurde in Bezug auf die Regionalität, ist es ja auch so, wir haben ja heute sehr schönen Einblick bekommen, dass es egal, ob wir über einzelne Menschen reden, die für sich selber wirtschaften oder für ein mittelständisches Unternehmen, dass anderen Leuten eben auch einen Arbeitsplatz bietet. Das Ergebnis ist das gleiche wie die Betroffenen. Das macht überhaupt keinen Unterschied, wie wirtschaftlich mächtig man vorher gewesen ist oder nicht.
Man wird in den Ruin getrieben. Wir haben kürzlich Kontakt gehabt, ist auch durch die Regionalpresse gegangen, zu einem großen Landwirten. Mir wurde gesagt, der größte Gurkenproduzent Europas, der mit seiner Belegschaft jetzt auf seinem Hof sitzt, unter Quarantäne, dort, wie mir gesagt wurde, von einem privaten Sicherheitsdienst bewacht wird, dass diesen Hof keiner verlässt.
Die Leute dort alle zunehmend verzweifelter werden. Der Vorhalt gemacht wird, sie würden die Leute dort nicht korrekt versorgen, sie seien ja selber verantwortlich dafür, weil sie die Hygienemaßnahmen nicht eingehalten haben. Aber wir haben ja heute gehört, was genau denn eingehalten?
Niemand weiß ganz genau, was von den Leuten gefordert wird und jetzt wird dann auch noch die Karte gespielt, aber ihr seid am Ende des Tages in jedem Fall selber schuld. Wenn man sich dann mit so einem Schicksal mal beschäftigt hat, wenn dann eben auch das menschliche Elend dahinter, das von niemandem gesehen wird, da wird nur schaulustig aus der Presse aufgebaut und wie Tiere im Zoo kann man sich die Leute anschauen. Aber es interessiert niemanden, dass da Menschen von betroffen sind, die dort eingesperrt werden für eine unbegrenzte Zeit und im Endeffekt selbst so ein riesiges Unternehmen wie dieses in den Ruin getrieben wird.
Dr. Reiner Fuellmich (2:28:47 - 2:28:49)
Sind die in Quarantäne?
Dr. Justus Hoffmann (2:28:50 - 2:29:54)
Meine Information ist, dass die dort unter Quarantäne gestellt werden, dass niemand diesen Hof von diesen 500 Leuten oder was da sind, den Hof verlassen dürfen, dass von einem privaten Sicherheitsdienst bewacht wird. Da schaltet sich nicht mal die Ordnungsmacht ein. Selbst diese Form des Staates wird weiter delegiert an die Privatwirtschaft, aber selbst ein Unternehmen von dieser Größe wird in den Ruin getrieben und dann wird auch noch in den Medien bereitgetreten, wie die Leute heißen und weil man befürchtet, dass sie dann das Coronavirus, das da angeblich ausgebrochen ist, vielleicht auch nicht an alle möglichen Leute weiterreichen und wenn man dann wirklich mal mit den Leuten gesprochen hat, die sich dort aufhalten oder aufgehalten, wo sich Verwandte von denen dort aufhalten, dann gewinnt man einen ganz anderen Eindruck und das deckt sich komplett mit dem, was wir hier heute gehört haben, vollkommen egal, wie groß man ist, ein großes regionales Unternehmen, da fällt jetzt die Ernte aus, keiner weiß, wer die Ernte einholen soll und wenn die Ernte weg ist, dann ist Feierabend.
Dr. Reiner Fuellmich (2:29:54 - 2:31:12)
Ganz egal ist es ja nicht, denn die Konzerne werden ja bedient. Das ist ja die eine Fehlleitung, die Herr Kruse eben angesprochen hat. Ich habe gerade übrigens auf Tagesschau.de gesehen, dass die Quarantänemaßnahmen bei Tönnies offenbar alle illegal waren, rechtswidrig waren, mal abgesehen davon, dass den meisten Menschen nicht mal einfällt, dass hier 104 Grundgesetze eine Rolle spielt. Sie können nicht jemanden ohne richterlichen Beschluss für mehr als 48 Stunden irgendwo einkerkern, das geht nicht. Freiheitsentziehende Maßnahmen bedürfen eines richterlichen Beschlusses. Das ist vielleicht auch mal eine Anregung.
Die Leute, die betroffen sind, sollten einen solchen verlangen, damit die Justiz sich positioniert. Aber in der Tat, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft wird hier offenbar gerade systematisch zerstört und das aus Dummheit und Unverstand, weil man meint, man muss in diesem monsterhaften Käfig, der da errichtet worden ist, wie hat er das genannt? Verknöcherte und klebrige Masse.
Man muss sich da irgendwie durchfummeln. Also ich glaube, wir sollten das heute als wirkliche, echte Aufforderung verstehen, weil es ist ja ein beeindruckender Mann gewesen eben, als wirkliche, echte Aufforderung von einem kompetenten, integren Mann verstehen, uns selber mal anzugucken, was wir wirklich ändern können hier. Darauf wird es hinauslaufen.
Es wird nicht anders gehen. Wir müssen was tun.
Viviane Fischer (2:31:13 - 2:33:15)
Und es ist ja letztlich auch die Frage, also diese Unsummen, die jetzt im Moment in der Form verwandt werden, um irgendwie Lücken zu stopfen, also es geht ja gar nicht darum, dass jetzt irgendeine sinnhafte Tätigkeit sich da im Moment entfaltet, also das, was jetzt möglich gewesen wäre, ganz normal, dass man weiter wirtschaften kann, also von mir aus irgendwelchen Auflagen oder was wir da vielleicht noch untersuchen müssen, aber es ist ja schon sehr seltsam, dass eben die Sachen sich da so wenig auseinanderdividieren, ja, und wenn man sich anguckt, wie unglaublich viel Geld, also ich weiß das jetzt aus von Freunden auch in Berlin, ja, da gab es ja die Möglichkeit, auch Anträge zu stellen, da konnte man sich online reinbegeben und musste auch fast gar keine Angaben machen. Ich glaube, da ist es ja dann auch teilweise zu Missbrauchsaktionen gegeben, dass Leute das dann illegal, das Geld irgendwie da woanders hingeleitet haben.
Aber jedenfalls, da haben die Leute, also die Bekannten von mir, sich da eingeloggt und dann waren sie irgendwie bei, die waren die Nummer 120.000 Antragsteller und dann ein paar Tage später waren das 345.000 oder was auch immer, ja, als dann noch mal jemand anderes da rein wollte. Und da ist bei einigen das Geld sogar auch blitzartig aufs Konto gekommen, also diesmal ein anderer Fall als bei Ihnen. Aber wenn man sich das vorstellt, ja, wenn man jetzt nur mal von 5.000 Euro ausgeht, bei diesen 350.000 Antragstellern, da gucken wir ja auf, also das ist ja unglaublich, wie viele Millionen sind das, 600 Millionen oder ich weiß nicht was, das wird einfach nur für die Einzelhändler und so weiter in Berlin rausgeknallt. Also das ist unglaublich, ja. Und das führt natürlich auch zu einer Fehlallokation, ja, also in dem die Struktur nicht mehr stimmt und das Geld gelangt dann dahin nur zum Weiterstottern quasi in der Angelegenheit, statt dass wir uns jetzt vielleicht auch wirklich um eine Aufklärung bemühen würden, was wir ja versuchen zu sehen, haben wir denn überhaupt diese Gefahrensituation, liegt die noch vor, lag die vor, dass ein Weiter-So oder ein immer in Hab 8 auf die nächste Welle, dass das überhaupt angemessen ist oder ist das überhaupt erforderlich in irgendeiner Form?
Dr. Reiner Fuellmich (2:33:16 - 2:34:16)
Ich kann, ich komme immer noch nicht drüber weg, dass wir hier von Professor Kemmerer gehört haben, dass diese Tests Idiotentests sind, ich sage es mal so, dass diese Tests nicht zeigen, dass jemand infiziert ist, aber darauf basiert alles, auf den Tests basiert alles und auf den Tests basiert das, was da als Panik in den USA verkauft wird, dass jetzt wieder 100.000 und das hätte es noch nie gegeben, positiv getestet also infiziert sein und das stimmt einfach nicht, wie wir erfahren haben, also ich glaube, es ist wirklich Zeit, es ist wirklich Zeit, dass die Bundesregierung mit Maßnahmen, über die wir nachdenken müssen, gezwungen wird, hier mal eine Neujustierung vorzunehmen. Wir gucken ja uns morgen ja mal die psychologische Seite an, das ist ja hier auch schon angeklungen, man fühlt sich wohl in seinem Hamsterrad und denkt sich, so muss es weiterlaufen, das bezieht sich in erster Linie auf die psychologischen Auswirkungen auf Kinder.
Viviane Fischer (2:34:16 - 2:35:50)
Genau, also wir gucken uns morgen die Lage der Kinder an, sprechen mit einer Kinder- und Jugend Psychotherapeutin und haben auch noch einen, den Professor Schubert wird zu uns kommen oder beziehungsweise uns per Call unterstützen, das ist ein Psychoimmunologe, der sich da auch näher zu den Folgen äußern wird, wobei es ja nicht nur die reine psychologische Seite ist, es gibt ja auch wirkliche Beeinträchtigungen, die die Kinder und auch natürlich alle anderen Menschen erleben, aber Kinder in einem ganz besonderen Maße oder unter speziellen Aspekten. In der nächsten Woche werden wir dann auch uns noch beschäftigen, nochmal mit einer psychologischen Seite und zwar auch dieser ganzen Angstthematik.
Es gibt ja dieses Panikpapier oder Strategiepapier der Bundesregierung, was wir uns in dem Zusammenhang auch nochmal anschauen werden, das ist glaube ich bereits verlinkt oder wird verlinkt auch zur Vorbereitung des Termins nächste Woche, wo es ja auch darum geht, diese ganze Angst, die in der Gesellschaft entstanden ist, was die eigentlich mit uns gemacht hat, was da für Traumata auch entstanden sind, die man vielleicht auch erstmal überwinden muss. Und nächste Woche sprechen wir auch mit Amerika, da werden wir auch ein bisschen was erfahren dazu, wie diese Zahlen nun wirklich zu bewerten sind, da scheint es ja wohl auch teilweise Fehlmeldungen zu geben, dass die Zahlen so gemeldet werden, dass man sagt, irgendwie 70.000 waren positiv, dabei waren die einfach nur getestet worden. Also da gibt es wohl einige Phänomene, die uns eben Leute aus Amerika mitteilen werden, sodass wir da auch ein genaueres Bild gewinnen können.
Dr. Reiner Fuellmich (2:35:50 - 2:35:51)
Das wird alles spannend.
Viviane Fischer (2:35:52 - 2:35:52)
Das wird sehr spannend.
Dr. Reiner Fuellmich (2:35:52 - 2:35:59)
Und das am Freitag in der kommenden Woche beschäftigen wir uns mit den US-Verhältnissen, die USA sind für...
Viviane Fischer (2:35:59 - 2:36:02)
Am Mittwoch Amerika und am Freitag dann.
Dr. Reiner Fuellmich (2:36:02 - 2:36:42)
Nee, ich glaube Freitag. Ich glaube, wir haben uns mit Pam Popper am Freitag geeinigt. Am Freitag mit den Verhältnissen in den USA, die sind für uns auch aus wirtschaftlicher Sicht wichtig, weil vieles, was wir hier produzieren, wird dahin verkauft.
Und wenn es so ist, dass wir auch da mit unserer Leitindustrie, der Automobilindustrie, den Anschluss verloren haben, weil VW in der Tat nicht in der Lage ist, ein vernünftig funktionierendes Elektroauto auf die Beine zu stellen, Elon Musk hat gezeigt, wie es geht, aber irgendwie können die ja wohl nicht lernen, dann bedeutet das, dass wir das, was wir hier produzieren, da nicht mehr verkaufen können.
Jedenfalls, wenn die Situation da in den USA ähnlich ist wie hier und das werden wir erfahren.
Viviane Fischer (2:36:43 - 2:36:43)
Genau.
Dr. Reiner Fuellmich (2:36:43 - 2:36:44)
Okay.
Viviane Fischer (2:36:44 - 2:36:51)
Ja, vielen Dank für die Aufmerksamkeit und dann freuen wir uns auf zunächst morgen, genau, wo wir uns dann wiedersehen.
Dr. Reiner Fuellmich (2:36:52 - 2:36:53)
Ja, dankeschön. Dankeschön.