Transkript der Sitzung 9: Die Rolle der Medien

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Verweis

Hier finden Sie Transkripte der Sitzung 9: Die Rolle der Medien.

Allgemeines

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Transkript

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Solche Programme wandeln das gesprochene Wort meist auch nicht korrekt in Text um, wenn während der Sitzung zwischen zwei Sprachen gewechselt wird (was in beinahe jeder Sitzung vom Corona-Ausschuss mehrmals geschieht) und können das gesprochene Wort nicht immer den richtigen Personen zuordnen. Auch im unvollkommenen Rohzustand dienen automatische Transkripte aber bereits als Quelltext einer Archiv-Suche zur Ermittlung von Ausschuss-Inhalten über bestimmte Stichworte, wie wir sie mit diesem Ausschuss-Archiv ermöglichen - zumindest für alle Begriffe, die das Programm korrekt identifiziert hat. Außerdem bieten wir sie hiermit als Grundlage einer manuellen Überarbeitung an:

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Überarbeitetes Transkript

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Automatisches Transkript

Viviane Fischer (0:05 - 2:35)
Ja, herzlich willkommen zu einer weiteren Sitzung des Corona-Ausschusses. Wir sind heute mit einer ganz besonders spannenden Thematik unterwegs, möchte uns aber kurz noch vorstellen. Wir haben den Ausschuss mit vier Juristen gegründet, also die Stiftung Corona-Ausschuss aufgesetzt und die Tätigkeit im Corona-Ausschuss aufgenommen.

Und wir untersuchen die Geschehnisse um das Virus und die Auswirkungen der Maßnahmen. Und heute beschäftigen wir uns, ich sage es gleich, aber vorher sage ich noch, wer wir sind. Dr. Rainer Föhmig ist Haftungsrechtler, Antonia Fischer ist auch Haftungsrechtlerin und Medizinrechtlerin. Mein Name ist Viviane Fischer und ich bin Rechtsanwältin und Volkswirtin. Ja, und heute haben wir jetzt bei uns Patrick Plager. Er ist Journalist und befindet sich im Moment in Schweden.

Und das ist, Anlass ist, dass wir uns heute mit der Rolle der Medien intensiv auseinandersetzen. Da ist ja allerlei zu bemerken. Da gab es ja viele Informationen, wo man den Eindruck hatte, dass die sich in den Medien ein bisschen anders darstellen, als man das dann erlebt, wenn man sich tiefer in die Statistiken, die Zahlen, die offiziellen Bekanntmachungen reinbohrt.

Und es sind viele Informationen aufgetaucht und Stellungnahmen, die irgendwie sich beißen mit dem, was man in den offiziellen Medien sozusagen gelesen hat. Und ich habe da auch gleich ein kleines Beispiel, wo ich selbst in die Falle getappt bin. Beim letzten Mal habe ich ja oder bei einem der letzten Male hatte ich gesagt, dass in Australien jetzt wohl ein sehr, sehr großer Lockdown ist im Moment.

Tatsächlich bezieht es sich wohl nur auf einzelne Bestandteile. Also Viktoria beispielsweise ist konkret betroffen von einem sehr harten Lockdown. In anderen Teilen von Australien ist das wohl nicht so.

Und da bedanke ich mich auch bei einem Zusender, der uns diese Information geschickt hat, der das aus eigener Anschauung eben wusste, weil er selbst sich in Australien befindet. Also man muss alles ganz genau überprüfen. Und insofern würde ich jetzt auch Herrn Plager bitten, weil er in Schweden ist und da einen ganz anderen Eindruck jetzt gewinnen konnte von den Geschehnissen, als sie sich uns in der Presse dargestellt haben.

Und wir wollen aber mit Herrn Plager auch eben über das Grundsätzliche sprechen. Wie kommt es denn dazu, dass zum Beispiel aus Schweden die Berichterstattung so gelaufen ist? Bei uns, wie sie gelaufen ist?

Herr Plager, ich bitte Sie, uns dazu etwas zu sagen.

Patrick Plaga (2:36 - 4:24)
Gut, dann stelle ich mich noch mal kurz vor. Ich bin von Beruf Psychologe, habe psychotherapeutisch gearbeitet, vor allen Dingen mit jungen Menschen nach dem personenzentrierten Verfahren. Und ich bin schon im Mai nach Schweden gegangen, um dem sehr aufgeheizten Klima in Deutschland zu entgehen.

Das hat sich als sehr richtige Entscheidung herausgestellt. Hier lebe ich wesentlich besser und ruhiger. Dazu gehört dann auch, dass ich erst hier begriffen habe, warum die Medien in Deutschland so berichten, wie sie berichten.

Was ich in Deutschland selbst nicht verstanden habe, als ich nämlich hier realisiert habe, dass es quasi keine ausländischen Korrespondenten mehr gibt. Das ist mir sehr schmerzhaft und druckhaft ins Bewusstsein gerufen worden, als ich bei der Pressekonferenz des Gesundheitsamtes war, wo der mittlerweile weltberühmte Anders Tegnell regelmäßig referiert und dort von einheimischen Journalisten quasi belagert wurde, die in Erfahrung bringen wollten, warum ich denn hergekommen sei, wie mir das gelungen sei, aus dem Land auszureisen und so weiter und so fort. Mir dann klar wurde, dass es dort schon lange Zeit keine ausländischen Korrespondenten mehr gegeben hat. Und dann fängt natürlich irgendwann quasi der Groschen an zu fallen, warum die Berichterstattung so fehl geht.

Wenn man eben seine Informationen, die man über ein fremdes Land hat, aus dem Internet suchen muss, wie jeder andere User auch, dann ist ein angeblicher Korrespondent, der für irgendein deutsches Medium berichtet und vielleicht Korrespondent in Schweden genannt wird, letztendlich auch nur jemand, der Menschen in Berlin, aus Berlin informiert, weil er sich seine Informationen irgendwo aus dem Internet gezogen hat.

Das war so die erste Beobachtung, die ich gemacht habe.

Dr. Reiner Fuellmich (4:24 - 4:29)
Also gab es auf den Pressekonferenzen überhaupt gar keine ausländischen Journalisten mehr? Nur noch Schweden?

Patrick Plaga (4:29 - 4:49)
So ich das wahrgenommen habe, gab es nur noch Schweden. Ich habe nur schwedische Fragen gehört.

Ich habe nur schwedische Gespräche gehört. Und wie gesagt, als klar wurde, dass ich kein Schwede bin, weil ich einmal etwas auf Englisch gefragt habe, war ich sofort allgemein am Mittelpunkt des Interesses. Alle Augen richteten sich auf mich und ich wurde danach intensiv befragt.

Dr. Reiner Fuellmich (4:51 - 5:04)
Und die Informationen, die dann hier in Deutschland über Schweden verbreitet wurden, die können dann nur indirekt aus Schweden kommen, weil direkt ja offenbar nach Ihrer Wahrnehmung keiner da war von uns?

Patrick Plaga (5:04 - 6:02)
Ja, also ich würde das natürlich irgendwo letztlich haben Schweden diese Nachrichten produziert, haben die ins Netz gesetzt, je nach ihrer eigenen Stimmung, ihren eigenen Gefühlen, ihren eigenen Informationen. Und Deutsche oder Briten oder wer auch immer haben diese Informationen dann sich aus dem Internet genommen und weiterverbreitet, aufgeladen mit ihren eigenen Interpretationen. Und das ist natürlich fatal.

Die können dann Basisfakten, sage ich mal wie Zahlen, natürlich wiedergeben, weil sie die gefunden haben. Sie können die aber nicht einordnen und insbesondere nicht beurteilen, wie vor allem die Stimmung vor Ort ist. Sowas muss man ja im direkten Kontakt mit Menschen aufnehmen und auch gewichten.

Das ist das Fatale, weil man dann versteht, warum insbesondere die ausländischen Medien nie verstanden haben, wie die schwedische Bevölkerung mit dem Kurs umgeht und warum sie mit dem Kurs der Behörden und der Regierung so umgeht, wie sie umgeht.

Dr. Reiner Fuellmich (6:03 - 6:39)
Also ich hatte die ganze Zeit den Eindruck, da stimmt was nicht bei dem, was wir hier zu lesen bekamen, weil das nämlich teilweise widersprüchlich war. In den Mainstream-Medien wurde teilweise geradezu herbeigehofft, NTV ist da ganz vorne gewesen, dass da alles zusammenbricht und dass das noch böse enden wird und plötzlich werden sich die Toten auftürmen usw. Zum Teil stellte man dann sogar auch wieder bei NTV die Frage, ob das nicht vielleicht doch der bessere Weg gewesen ist.

Was ist denn tatsächlich die echte Wahrnehmung, wenn Sie da in Schweden unterwegs sind, die echte Wahrnehmung von jemandem, der in Schweden sieht, was geschieht?

Patrick Plaga (6:41 - 7:48)
Am Anfang habe ich eine gewisse Grundanspannung wahrgenommen, als ich im Mai gekommen bin. Gut, das wird im März und April noch anders gewesen sein. Die Menschen hatten eine gewisse Spannung, aber es gab nicht das Level von Aggressionen, das ich in Deutschland wahrgenommen habe.

Also ich habe nirgendwo lautstarke Streitereien gesehen oder gar Menschen, die aufeinander zugerannt sind und sich angegriffen haben, wie das zum Beispiel natürlich ganz krass im Kampf um die Maske hervorgetreten ist. Die Schweden sind sehr diszipliniert umgegangen. Sie hatten und haben sie ja immer noch den Rat, wie sie sich verhalten sollen, mit Mindestabstand waschen und dergleichen.

Und das haben sie sehr konsequent umgesetzt. Und an dem Grad, wie konsequent sie das umsetzen, wie man das im Alltag eingehalten findet, kann man schon relativ gut und objektiv ablesen, wie der Umgang ist. Und da kann man dann sehen, dass jetzt zum Sommer die Angstkurve auch steil abgefallen ist.

Also Corona ist hier nur noch eines von vielen politischen Themen und nicht wie in Deutschland das bestimmende alleinige Thema.

Viviane Fischer (7:49 - 7:57)
Wie wird denn die Presseberichterstattung aus Ihrer Sicht jetzt gerade im Ausland, in Schweden wahrgenommen, über Schweden?

Patrick Plaga (7:59 - 8:25)
Verzerrend, diskriminierend, demütigend. Also ich habe schon die Erfahrung gemacht, wenn ich mich mit Leuten unterhalten habe und sie gebeten habe, mir etwas zu erzählen, dann waren sie sehr aufgeschlossen. Wenn ich sie gefragt habe, ob ich das aufschreiben darf oder ob sie das ins Audiogerät sprechen wollen, dann wurden sie teilweise sehr ungehalten und haben befürchtet, dass ihnen schon wieder irgendwas in den Mund gelegt wird.

Das habe ich mehrfach so erfahren. Das war sogar die überwiegende Reaktion.

Viviane Fischer (8:26 - 8:35)
Sie hatten ja so eine Statistik. Da hatten Sie einen Link geschickt. Haben Sie das bei sich und könnten Sie das einmal aufrufen, sodass wir das auch sehen können?

Patrick Plaga (8:36 - 8:40)
Ach so, wenn ich das aufrufe, kann man das sehen. Moment, es ist jetzt gerade Bildschirm übertragen.

Viviane Fischer (8:42 - 8:45)
Sonst können wir es auch für die Zuschauer einblenden.

Patrick Plaga (8:45 - 8:58)
Ich weiß nicht, ob mein Rechner das jetzt schnell genug lädt, weil die Verbindung manchmal problematisch ist und jetzt die Videoübertragung wahrscheinlich schon 100% auslastet. Es wäre wahrscheinlich besser, wenn Sie das gerade machen würden.

Viviane Fischer (8:59 - 9:03)
Dann blenden wir das vielleicht einfach ein. Und ich rufe das hier mal für uns auf.

Patrick Plaga (9:11 - 9:13)
Das geht wahrscheinlich um das Dashboard des Gesundheitsamts.

Viviane Fischer (9:15 - 9:27)
Sie hatten jetzt auch eine Befragung mit Schulkindern durchgeführt.

Patrick Plaga (9:28 - 11:47)
Ich habe ein Interview mit einigen Jugendlichen, die in der 9. Klasse Schüler sind und auf das Gymnasium wechseln geführt. Das habe ich niedergeschrieben.

Die haben relativ gut das Klima zusammengefasst, indem sie erzählt haben, wie es schon einige Unruhe gab vor den Ferien, vor der Schulschließung im März, in den Schulen als die Verhaltensregeln bekannt gegeben. Ach ja, dann wechseln wir gerade darauf. Das ist die Statistik, die das Gesundheitsamt Volk-Helsen-Mündigkeiten verwendet.

Ich denke, man sieht schon auf den ersten Blick, dass sie sich stark unterscheidet von Statistik, wie sie zum Beispiel in Deutschland angeboten wird oder natürlich noch schlimmer von der Johns Hopkins University. Kann man sie gerade wieder zurückholen? Ja, man sieht hier in der Spalte Avelitna, die relativ in der Mitte ist.

Das sind die Toten, also Ablebenden. Da kann man natürlich ganz klar sehen, dass Covid ein Problem alter Menschen ist. Das ist das, was sich bei den Menschen hier relativ schnell festgesetzt hat, dass Menschen an Covid-19 sterben in einem Alter, wenn sie ohnehin sterben würden.

Und dass es junge Menschen weitgehend gar nicht betrifft. Das wird hier durch die Statistik relativ übersichtlich aufgearbeitet. Auch daran, dass die Statistik hier horizontal arbeitet und man keine ansteigenden Tendenzen sieht.

So dass ein in Statistik wenig erfahrener Mensch das nicht missinterpretieren muss. Und man sieht auch den Rückgang der Todeszahlen. In Schweden sind die Zahlen sterbender Menschen immer wichtiger gewesen als die der sogenannten Infektionen.

Und man sieht auch links, dass das Wort Infektionen nirgendwo verwendet wird. Weil das natürlich bei Laien fürchterliche Assoziationen ausruft. Da denken Laien an Horrorfilme mit Zombies, die man erschießen muss, bevor sie die Menschheit ausrotten und derlei Dinge.

Deswegen wurden hier neutralere Begriffe wie Erkrankungsfälle oder bestätigte Fälle verwendet.

Dr. Reiner Fuellmich (11:47 - 12:16)
Diese Kurve mit den Mortalitäten kann man ja sagen. Sie hatten eben gesagt, das ist in Schweden so interpretiert worden, dass es eigentlich ganz überwiegend von einzelnen schweren Verläufen, sicher auch da abgesehen, aber ganz überwiegend ältere Menschen, ich vermute mal nicht einfach nur ältere Menschen, sondern dann auch entsprechend vorerkrankte Menschen trifft.

Patrick Plaga (12:16 - 12:31)
Ja, das wurde so kommuniziert, seitens des Gesundheitsamts wird immer mal wieder darauf hingewiesen, dass an Covid Menschen sterben, die schon sehr krank sind. Und auch ohne Covid mehr oder weniger in dem Alter gestorben wären, in dem sie letztlich auch gestorben sind.

Dr. Reiner Fuellmich (12:32 - 13:09)
Ja, das hatte hier in Deutschland, das haben Sie möglicherweise mitbekommen, der Hamburger Rechtsmediziner Prof. Püschel auch bei seinen Obduktionen festgestellt, hat aber auch mehrfach darauf hingewiesen, dass das Alter allein natürlich nicht ausschlaggebend ist, sondern das Alter bringt eben offenbar bei vielen Menschen, insbesondere bei denen, die sich vielleicht ihr Leben lang nicht um die richtige Ernährung und Bewegung usw. gekümmert haben, deren Immunsystem also ohnehin angeschlagen ist, bringt bei vielen Menschen eben Vorerkrankungen mit. Und das ist dann der Punkt, an dem diese Krankheit, wenn man nicht geschützt wird, zuschlägt.

Patrick Plaga (13:09 - 13:34)
Und ist das so die Wahrnehmung auch in Schweden? Das ist hier gar nicht so wichtig gewesen. Also ich habe eine Befassung mit den Hintergründen der Krankheit in dieser Tiefe, das kommt in Schweden nicht vor.

Man hat sich relativ früh darauf verlassen, dass es Leute an der Spitze gibt, an der Führung, die was davon verstehen. Die wissen, was sie machen und warum sie das machen und denen kann man vertrauen.

Dr. Reiner Fuellmich (13:37 - 14:01)
Also gab es gar nicht die Unsicherheit, die es hier von Anfang an gegeben hat. Bei einigen nicht, die einfach gesagt haben, okay, wenn das so befohlen wird, dann machen wir es eben. Aber nach relativ kurzer Zeit gab es auch hier in der Bevölkerung eine Menge Fragezeichen, die jetzt wohl immer größer geworden sind.

So eine Verunsicherung hat es dann nie gegeben, oder?

Patrick Plaga (14:01 - 14:56)
In dem Ausmaße nicht. Es gibt natürlich verunsicherte Menschen. Die Zustimmung mit dem Kurs ist ja auch nie auf 100 % gestiegen.

Die hat sich im Bereich 50 bis 65 % wohl bewegt. Das heißt, die übrigbleibenden Menschen sind nicht 100 % zufrieden mit dem Kurs. Aber die teilen sich dann natürlich wiederum auf in Menschen, die sagen, ich hätte härtere Maßnahmen oder ich hätte lieber gar keine Maßnahmen oder mir ist das relativ egal.

So dass die Gruppe der über 60 %, die einverstanden sind, einfach eine überwältigende Mehrheit sind. Es hat hier nicht diese Flut an Informationen gegeben, die bei den Menschen zu so einer Reizüberflutung geführt hat. Weil sie am Ende dann sagen, der eine Experte sagt so, der andere Experte sagt so.

Da weiß man ja gar nicht mehr, wem man glauben soll. Das ist das, was ich von Leuten aus Deutschland, die selber keine Virologen oder Epidemiologen sind, zunehmend gehört habe. Das gibt es hier in dem Umfang so nicht.

Viviane Fischer (14:56 - 15:33)
Aber die Kommunikation, die jetzt von dem Tegnell oder anderen gelaufen ist, die war ja dann auch nicht so panikorientiert. Wir hatten ja hier dieses Panikpapier uns mal näher angeschaut, wo ja diese ganze Horrorstrategie, mit dem das da die Großeltern ersticken fürchterlich usw. Dieses Szenario, das ist in Schweden dann gar nie aufgetaucht real.

Und auch in den Medien, wie ist das dann auch so übernommen worden? Oder gab es da auch Medien, die dann trotz vielleicht einer beschwichtigenden Kommunikation von Regierungsseite dann abgegangen sind und gesagt haben, oh Gott, oh Gott.

Patrick Plaga (15:33 - 16:24)
Ja, hat es gegeben. Es sind quasi alle Positionen zur Geltung gekommen. Es wurden auch Virologen, denen der Kurs viel zu lasch war, wurden auch angehört, hatten ihren Anteil an der Berichterstattung.

Da gibt es unter anderem die Gruppe um Lena Einhorn und Friedrich Elch. Das sind zwei Virologen, die haben eine Unterschriftenliste von 20 Virologen zusammengebracht. Die wurde dann durchaus auch diskutiert.

Die bekommen im staatlichen Fernsehen und in den großen Zeitungen ihren Raum, können ihre Position zum Besten geben und werden angehört. Das ändert aber letztlich nichts daran, dass die Bevölkerung meint, dass ihre staatlichen unabhängigen Beamten letztlich doch maßgeblich sind und vertrauenswürdiger sind als, ich weiß nicht, irgendwelche freiberuflichen Wissenschaftler oder Lobbygruppen.

Viviane Fischer (16:25 - 16:37)
Sind die dann auch so diffamiert worden, die Personen? Wahrscheinlich eher nicht, wenn die da auch in Gesprächsrunden saßen, dass man dann gesagt hat, das ist jetzt hier der Spinner, der da irgendwas sagt oder so. Oder ist das schon ernst genommen worden und gehört?

Patrick Plaga (16:42 - 17:27)
Solche Verbalinjurien, wie sie in Deutschland üblich geworden sind, habe ich nie wahrgenommen, nicht in den Medien und auch nicht in Gesprächen mit den meisten Menschen. Es ist sehr üblich, dass man sich gegenseitig zuhört, anhört, Meinung äußern kann. Und gerade von Seiten von Anders Stegnell ist man sehr bei der Sache gewesen.

Anders Stegnell hat eine Art, da ist es eigentlich gar nicht üblich, über andere Menschen zu sprechen, sondern er spricht immer über die Sache selbst, über die Krankheit, über die Zahlen, über die Umstände, wie sie sind. Er stellt eine andere Position dar und hat niemals in irgendeiner Äußerung eine Gegenposition angegriffen. Und das ist aufgenommen worden und allgemeiner Umgangsstil geworden.

Dr. Reiner Fuellmich (17:30 - 17:52)
Das ist ja noch was, was man vielleicht von den Schweden lernen könnte. Hat sich also niemand in Schweden von der in Teilen des übrigen Europas verbreiteten Hysterie oder Massenpanik oder wie man es nennen soll, anstecken lassen? Es gab wohl andere Meinungen, aber diese Hysterie, wenn ich das richtig verstehe, hat es nicht gegeben, oder?

Patrick Plaga (17:53 - 18:12)
Nein. Es gibt natürlich Menschen, die unzufrieden sind, aber die auffälligste Äußerung, die ich gesehen habe, waren fünf Demonstranten, die vor dem Gesundheitsamt für härtere Maßnahmen wie einen Lockdown demonstriert haben. Und fünf Demonstranten, ich meine, die Größenordnung sagt ja viel, oder?

Ja.

Dr. Reiner Fuellmich (18:17 - 18:45)
Die Eigenwahrnehmung der Schweden, wenn sie sozusagen sich gespiegelt sehen in der Darstellung der Weltpresse, die ja überwiegend, glaube ich, jedenfalls auch die amerikanische Presse, die war ein bisschen zurückhaltender, aber hier in Deutschland jedenfalls überwiegend extrem skeptisch war. Ist das tatsächlich so, dass die sich da verunglimpft gesehen haben in der überwiegenden Zahl?

Patrick Plaga (18:45 - 18:46)
Ja, natürlich.

Patrick Plaga (18:47 - 19:49)
Das habe ich ja schon gesagt. Das habe ich ja an der Reaktion, auf meine Wünsche etwas ins Gerät zu sprechen, definitiv wahrgenommen. Das ist allgemein verbreitet.

Selbst der ehemalige Staatsepidemiologe, Berater des Gesundheitsamtes Johann Giesecke, der wirklich ein sehr kühler und rationeller Mensch ist, dem ist einmal der Kragen geplatzt. Und da sind ihm Worte herausgerutscht wie Crazy Swedes und verrückte Schweden, dass ihn das schon sehr getroffen hat. Also als verrückt oder gestört abgetan zu werden, das hat sehr geschmerzt.

Und vor allen Dingen, weil es gerade im Widerspruch zur eigenen Wahrnehmung steht, zu der von Tegnell ausgegebenen Losung und auch von Giesecke vertretenen Losung gerade evidenzbasiert wissenschaftlich vorzugehen und nicht in einem verrückten Aktionismus alles Mögliche zu tun, was man möglicherweise tun könnte.

Dr. Reiner Fuellmich (19:50 - 20:19)
Haben Sie den Eindruck, dass Schweden möglicherweise noch anders reagiert hätte? Ich meine damit, dass Schweden möglicherweise noch zurückhaltender reagiert hätte, wenn nicht die ganzen Panikmeldungen aus dem Ausland gekommen wären. Hätte man dann einfach das Ganze quasi, wenn keiner von außen gesagt hätte, Todesgefahr und so, hätte man das Ganze dann quasi als Grippewelle durchlaufen lassen?

Oder kann man das nicht sagen?

Patrick Plaga (20:19 - 21:47)
Nein, das kann man schon deswegen nicht sagen, weil Schweden mit seinen Maßnahmen früher angefangen hat als zum Beispiel Deutschland. Das ist auch etwas, was im Ausland nicht aufgefallen ist oder nicht wahrgenommen wurde. Am 28.

Februar als Herr Schade, also stellvertretender Leiter des 27. Februar, noch öffentlich gesagt hat, Covid-19 sei keine Gefahr für Europa, da hatte das schwedische Gesundheitsamt schon seine ersten Pressekonferenzen und hat die Strategien der Bereitschaft zum Reagieren auf Covid-19 dargestellt. Das hat insgesamt eine Mittellinie gefahren, eine Mittelposition zwischen gar nichts tun, totale Normalität, was vielen Menschen Angst gemacht hätte, die sich ja gefragt hätten, wie kann das sein, wenn die ganze Welt Angst hat und wir nicht.

Es können ja nicht alle anderen dumm sein. Das war ihnen sicherlich bewusst. Und auf der anderen Seite eben einem sehr aktionistischen Überreagieren und diesen Schlingern hinein in eine Maßnahme hinaus, aus einer Maßnahme hinein in eine Maßnahme.

Da haben sie eben sehr schnell eine klare Linie entwickelt, die man dann weder nach oben noch nach unten verlässt und an der man langfristig festhält. Wird das jetzt als erfolgreich angesehen in Schweden? Ja, also Anders Tegnell kommuniziert durchaus, dass die Strategie insgesamt erfolgreich war, aber natürlich sehr zurückhaltend und sehr selten, weil insgesamt das in Schweden so nicht üblich ist.

Viviane Fischer (21:49 - 22:09)
Das sind ja 5.774 Verstorbene. Ist denn das in Schweden mit der Erfassung der Toten anders als hier? Sind die jetzt wirklich direkt an Corona gestorben oder ist das in Zusammenhang auch damit?

Gibt es da deutlichere Untersuchungen, also zum Beispiel jetzt wie von Herrn Professor Fischl?

Patrick Plaga (22:10 - 22:42)
Eine solche Untersuchung, eine pathologische Untersuchung, wäre mir nicht bekannt geworden. Vielleicht gibt es eine, aber dann ist sie nicht bekannt und öffentlich nicht relevant. Es hat ausgereicht, den Menschen zu kommunizieren, dass die Menschen in einem Alter sterben, wo man ohnehin stirbt.

Da haben viele Leute zu genickt und gesagt, ja okay, dann verstehe ich das. Also ganz banal hat mein Vermieter beim ersten Gespräch beispielsweise gesagt, dass er zwei alte Leute kannte, die gestorben sind mit der Covid-Diagnose und die waren froh gestorben zu sein, weil sie endlich erlöst wurden.

Dr. Reiner Fuellmich (22:43 - 22:44)
So hat er das gesagt?

Patrick Plaga (22:44 - 23:03)
So hat er das gesagt und vergleichbare Äußerungen habe ich drei, viermal von anderen Menschen gehört und eine Äußerung der Art, es wäre eine Katastrophe oder schlimm, dass die Menschen sterben und sie müssten unbedingt, so etwas habe ich noch nie gehört, so etwas extrem emotionalisiertes, ängstliches.

Dr. Reiner Fuellmich (23:05 - 23:33)
Also es ist so wahrgenommen worden, dass die Opfer in Anführungsstrichen Personen waren, die am Ende ihres Lebens standen und aufgrund von Vorerkrankungen, wenn man sie nicht wirklich sehr stark schützt, einer solchen Windböe in Anführungsstrichen, wie sie dieses Virus offenbar darstellt, zum Opfer fallen. So ist das gesehen worden.

Patrick Plaga (23:34 - 23:59)
Das war die überwiegende Wahrnehmung, ja. Und was Menschen angeht, die den Eindruck hatten, dass alte Menschen besonders gefährdet sind, ist denen ja entgegengekommen worden, indem dann im April durchaus beschlossen wurde, dass für alte Menschen, für Senioren höhere Schutzvorkehrungen getroffen werden als für jüngere Menschen. Da wurden ja dann zusätzliche Kontaktbeschränkungen ausgegeben, die von den meisten alten Pflegeeinrichtungen auch umgesetzt worden sind.

Viviane Fischer (24:00 - 24:16)
Und war die Lage dann auch so extrem, wie wir das jetzt von der Adelheit von Stößer gehört haben, dass es in den Altenheimen dann doch zu sehr schwierigen Situationen gekommen ist? Oder war das dann auch so ein Zwischending, dass man da noch hingehen konnte und irgendwie gut Kontakt haben, aber eben vielleicht ein bisschen vorsichtiger?

Patrick Plaga (24:16 - 24:36)
Man kann das sehr wohl machen. Schweden hat eine Kultur, wo man nicht der Meinung ist, dass alles angeordnet und befohlen werden muss, sondern da werden Empfehlungen herausgegeben. Und wie ich das vorhin schon angedeutet habe, die Menschen sind der Meinung, dass Experten diese Empfehlungen ausgeben.

Und wenn die das so empfehlen, dann wird das schon Sinn und Zweck haben. Und dann hält man sich auch daran zum eigenen Schutz.

Dr. Reiner Fuellmich (24:37 - 24:55)
Dann gibt es da also gar nicht den Verdacht, der in den anderen europäischen Ländern, hier in Deutschland ohnehin, besteht, dass möglicherweise derjenige, der was politisch anordnet, ganz eigene Interessen und ganz andere Interessen verfolgt, sondern man vertraut diesen Leuten.

Patrick Plaga (24:56 - 26:03)
Das ist wahrscheinlich der Punkt und der Hintergrund, dass die Schweden ein großes Vertrauen in die Unabhängigkeit ihrer Behörden haben, dass die weder von Politikern benutzt werden, die nach Meinungsumfragen Karrieren machen wollen, noch nach wirtschaftlichen Lobbygruppen, die ihre Profite durchsetzen wollen. Das ist ganz bedeutsam. Das war am Anfang.

Es gibt eine Tendenz beim Gesundheitsamt, nach Verbindungen zu suchen. Heute wird auf der Pressekonferenz mit Sicherheit ein großes Thema sein, eine Enthüllung, um den ehemaligen Staatsepidemiologen Johann Giesecke, der Berater des Gesundheitsamtes ist, mit seiner langjährigen Fachkompetenz, und dem unterstellt wird, er hätte das Gesundheitsamt von Anfang an in eine falsche Richtung gelenkt und dem schon Ratschläge erteilt, bevor er als offizieller Berater auf Honorarbasis dort angestellt war. Da sind Einflüsse von außen auf das Amt. Das gilt als großer Skandal, ist gestern von der Tageszeitung Expressen enthüllt worden und wird sicherlich heute das Thema Nummer 1 auf der Pressekonferenz sein.

Dr. Reiner Fuellmich (26:03 - 26:09)
Das Vertrauen in die Sauberkeit der staatlichen Institutionen, das ist da?

Patrick Plaga (26:09 - 27:09)
Das ist auf jeden Fall da. Es gibt beispielsweise, das ist ja auch kodifiziert, es gibt im schwedischen Verfassungsrecht die Bestimmung, dass die Regierung die Behörden auf ihrem Fachgebiet nicht anweisen darf. Sie kann nicht, wie Boris Johnson das gemacht hat, Großbritannien, um da noch mal diesen Exkurs zu machen, Großbritannien hatte ja am Anfang eine ähnliche Strategie eingeschlagen wie Schweden und ist dann nach einiger Zeit davon abgekommen und hat dann den Lockdown Weg gewählt.

Und dazu ist festzuhalten, dass die Behörde von der Regierung angewiesen wurde, der Regierung die Empfehlung zu geben, in den Lockdown zu gehen. Sodass die Regierung das machen konnte, was sie wollte und sich die rechtfertigende Empfehlung bei der Fachbehörde beim National Health Service einholen konnte. Und das ist in Schweden nicht möglich, weil solche Anweisungen durch die Regierung an die Behörden nicht zulässig sind.

Viviane Fischer (27:13 - 27:17)
Das Parlament hat jetzt in Schweden eigentlich überhaupt nichts zu sagen gehabt?

Patrick Plaga (27:18 - 28:04)
Doch, natürlich. Die Regierung und das Parlament haben die Entscheidungsbefugnis, die Regierung hat auch erweiterte Befugnisse vom Parlament bekommen, aber sie kann die Behörden nicht anweisen, ihr die Empfehlung zu geben, die sie möchte, damit sie die scheinbar fachlich unabhängige Rechtfertigung für ihr Handeln hat. Die Schulbehörde muss ja die Schulschließung anordnen, das Schulministerium oder die Regierung.

Und das Gesundheitsamt gibt ja nur die fachliche Empfehlung dazu heraus. Das hat ja zum Beispiel, um jetzt beim Beispiel der Schulen zu bleiben, nicht die Befugnis, die Schulen zu öffnen oder zu schließen. Aber es gibt diesen Rat aus, das zu tun und kann eben nicht angewiesen werden, einen anderen Rat zu erteilen, der opportuner wäre, wenn man beispielsweise einen Lockdown wollte.

Dr. Reiner Fuellmich (28:06 - 29:03)
Ich habe das eben deshalb gefragt, weil das könnte ja eine Kernerklärung für die erstens unterschiedliche Herangehensweise sein und zweitens auch die unterschiedliche, also in der Krise selbst meine ich jetzt, und auch die unterschiedliche Berichterstattung. Denn hier in Deutschland ist es so, das ist schon vor drei Jahren von dem Kieler Rechtsprofessor Schließlich in der Süddeutschen Zeitung geschrieben worden, unter dem Titel Legitimität durch Lügen, das Vertrauen in den Staat verfällt, das zerstört die Demokratie. Da hat er geschrieben, die Ursachen für diesen Verfall sind komplex.

Sie reichen von spezifischen Befindlichkeiten nach der Wiedervereinigung über erlebte wie gefühlte Hartz-IV-Ungerechtigkeiten, die Bankenrettung und die Sparpolitik der vergangenen Jahre. Also er beklagt hier, dass das Vertrauen in die staatlichen Institutionen hier in Deutschland sozusagen zerbricht oder schon zerbrochen ist. Und genau das gibt es nicht in Schweden.

Patrick Plaga (29:04 - 30:18)
Nein, definitiv nicht. Natürlich, ich habe das ja vor meiner Abreise selber so wahrgenommen, dass es ein Hin und Her, ein Gezerre zwischen mächtigen Lobbys gibt, die die Regierung und Politiker fast, könnte man sagen, im Würgegriff haben, ob das nun die Pharma-Lobby ist oder andere Industriegruppen. Da wurde dann einmal angeordnet, wir müssten in einen Lockdown gehen als einziges Mittel zur Sicherheit der Bevölkerung.

Dann hat sich die Wirtschaftslobby gemeldet und plötzlich gesagt, ein Lockdown ist aber schädlich. Und ganz plötzlich wurde der Lockdown wieder beendet. Und dann hieß es bis dahin, Masken sind nicht ratsam.

Und ganz plötzlich, von einem Tag auf den anderen, ändert sich passend für politische Erfordernisse wieder die Wissenschaft. Und ganz plötzlich sind Masken nützlich, weil sie der Wirtschaft nützen. Das ist ja das, was ich erkenne, was die Menschen verunsichert, was ihnen Angst macht und sie letztlich dahin bringt, dass sie dann sagen, ich will die maximale Absicherung, um auf Nummer sicher zu gehen, will ich den Lockdown und den Mindestabstand und die Maske und bitte noch viel mehr.

Weil man keinem vertrauen kann, dass das, was er sagt, unabhängige Wissenschaft ist und nicht etwa irgendwelcher Lobby-Einfluss. Und diese Unruhe aufgrund dieser Ängste und Unsicherheiten, die ist hier nicht.

Dr. Reiner Fuellmich (30:19 - 30:26)
Das Vertrauen der Bevölkerung in das Funktionieren der staatlichen Institutionen, in die Politik, das ist da?

Patrick Plaga (30:27 - 31:05)
Das ist definitiv da. Das sieht man ja daran, dass es diese Angriffe auf die Behörden, die es in Deutschland gibt, in Schweden so nicht gibt. Der Skandal, den ich eben genannt habe, der ist jetzt im August veröffentlicht worden.

Der erste vorsichtige Angriff auf Johann Giesecke kam im Juni. Aber im März, April und Mai, als in Deutschland die großen Enthüllungen kamen, da war in Schweden nichts dergleichen. Also ich kenne niemanden, kein Medium, aber auch keinen YouTube-Kanal oder sonst was, der mir begegnet wäre, der gesagt hätte, dass es da gefährlichste Einflüsse auf die Behörden gibt, die sie dann abhängig machen würden.

Viviane Fischer (31:06 - 31:10)
Aber was wird da jetzt vorgeworfen? Also die gefährlich, dass man nicht in den Lockdown gegangen sei?

Patrick Plaga (31:12 - 31:37)
Nein, es wird eigentlich nur eine Formalie vorgeworfen, dass das Gesundheitsamt sich von jemand hat beraten lassen, der nicht Beamter des Gesundheitsamts ist, sondern jemand von außen ist. Johann Giesecke ist ja ehemaliger Staatsepidemiologe und seit über zehn Jahren in Pension. Und da ist der Angriff ja eigentlich genau in die Richtung, dass das, was man sich wünschen würde, das gefragt wurde, ist die Behörde noch unabhängig?

Dr. Reiner Fuellmich (31:38 - 32:11)
Das ist doch eigentlich eher ein positives Zeichen, weil man dann aus der Bevölkerung, wenn das aus der Bevölkerung kommt, es wird ja dann in den Medien berichtet, weil es offenbar die Bevölkerung interessiert, weil aus der Bevölkerung eher das Gefühl kommt, lass die Finger von der Unabhängigkeit unserer Institutionen. Und dann kann sogar so eine kleine, aus meiner Sicht jedenfalls, kleine Formalie wie hier schon zu Aufsehen führen. Und das wiederum dürfte dann ja wohl am Ende auch abschreckend wirken und dazu führen, dass diese Unabhängigkeit erhalten bleibt.

Patrick Plaga (32:12 - 33:25)
Ja, also das war für mich auch erleichternd zu sehen. Ich denke einerseits, dass Johann Giesecke sehr guten Rat gegeben hat und das sehr gut war, dass er dabei war bei diesen Entscheidungen. Aber andererseits wurde der Fehler gemacht und dass das jetzt aufgedeckt wird und problematisiert wird, ist für mich ein sehr gutes Zeichen.

Und das zeigt, wie exzellent die Medien hier wieder funktionieren, weil sie sich selber aus dem Würgegriff extremer Angst befreien konnten. Sonst hätten sie sich nicht getraut, diejenigen anzugreifen, von denen sie die Führung und das Sicherheitsgefühl brauchen. Dann hätten sie wie in Deutschland sich zurückgehalten, das alles unterdrückt und gesagt, ich will aber glauben können, dass die unabhängig sind, also unterdrücke ich all das, was nicht zu diesem Bild passt.

Solange es geht. Solange es irgendwie geht, ja. Und solange wie das klappt und jedes Anzeichen, dass diese Unabhängigkeit nicht da ist, unterdrückt wird und als Verschwörungstheorie oder Aluhutträgerei oder dergleichen diffamiert wird, solange sieht man, dass die Journalisten selber im Würgegriff einer extremen Angst sind, dass sie nicht in der Lage sind, die Menschen anzugreifen, von denen sie sich Führungen versprechen.

Dr. Reiner Fuellmich (33:27 - 33:46)
Das ist ja die sogenannte vierte Gewalt, die Medien, die Presse. Gilt auch da dieser Grundsatz? Es ist ja keine staatliche Institution.

Es ist ja, glaube ich, keine staatlich gelenkte Presse. Gilt auch da der Grundsatz, dass man das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Berichterstattung hat?

Patrick Plaga (33:48 - 33:53)
Das ist eine gute Frage. Darauf habe ich gar nicht geachtet bisher. Das schien mir so, ja.

Dr. Reiner Fuellmich (33:54 - 34:19)
Sie haben jedenfalls gesagt, dass da unterschiedliche Sichtweisen in den unterschiedlichen Zeitungen, Zeitschriften kommuniziert werden konnten. Und das war nicht eine einheitliche Linie, sondern die, die kritisch waren, also aus der schwedischen Sicht kritisch waren, die konnten auch in den Medien und über die Medien problemlos kommunizieren.

Patrick Plaga (34:20 - 34:54)
Ja, natürlich. Wenn man gerade nur als Beispiel Friedrich Elwig nimmt, diesen Virologen. Virologen sind ja bekannt dafür, dass sie zu einem gewissen Alarmismus neigen.

Das ist ja überall so. Und die haben ja mit ihrer Petition ihren 20 Unterschriften durchaus einiges bewegt und sind sichtbar geworden. Die beklagen sich dann nicht darüber, dass sie gar nicht angehört worden wären, sondern zum Beispiel darüber, dass das staatliche Gesundheitsamt mehr Raum bekomme als sie.

Was ja schon eine Klage auf sehr hohem Niveau eigentlich ist.

Dr. Reiner Fuellmich (34:54 - 35:20)
Aber beide Sichtweisen, also die kritischen, die offenbar in einer geringeren Zahl vorhanden waren, wie auch die Übereinstimmenden mit der Linie, konnten problemlos in den Medien geäußert werden. Ja, auf jeden Fall. Ohne dass da der eine über den anderen hergezogen hätte und dann gleich, Sie haben es ja eben, glaube ich, auch schon gesagt und gesagt hätte, also das kannst du gar nicht vertreten, der ist ja jetzt Neonazi oder sowas.

Patrick Plaga (35:21 - 35:54)
Nein, solche Totschläger sind überhaupt nicht, habe ich überhaupt nicht gehört. Also da müsste man sicherlich auf private YouTube-Kanäle ausweichen, wo dann Privatpersonen sicherlich sowas auch getan haben könnten. Also ich habe gehört, dass die Virologen haben sich wohl darüber beklagt, dass sie teilweise als Landesverräter beschimpft worden seien.

Aber das ist auf keinen Fall in den seriösen Qualitätsmedien gewesen, sondern das ist dann im Bereich privater Kanäle.

Viviane Fischer (35:56 - 36:09)
Was man ja schon sieht jetzt an dieser Grafik, wenn man die sich so noch mal anschaut, einmal, dass das so grün ist und dass das auch so, es hat ja nicht diese akkumulierende Form wie bei uns, wo die Genesenen dann auch wieder nicht abgezogen werden.

Patrick Plaga (36:09 - 36:26)
Das kann man machen, wenn man auf der rechten Hälfte, steht ja kumulativ, da kann man klicken und dann bekommt man nicht die Neufälle pro Tag, sondern die hochgerechneten, also kumulierten, kann man hin und her schalten. Die steigen dann natürlich an.

Viviane Fischer (36:26 - 36:42)
Ja, aber trotzdem hat man zumindest beide Optionen. Und da sieht man ja jetzt, dass das Bild ein ganz anderes ist. Also wenn ich dieses da unten jetzt noch in Rot sehe, ist natürlich meine Wahrnehmung der Lage eine andere, als wenn ich diesen Peak sehe, der dann so langsam sich nach unten wieder bewegt.

Patrick Plaga (36:42 - 37:07)
Ja, es ist auf jeden Fall nicht so gemacht wie bei Johns Hopkins, wo die unwichtigste Zahl den größten Raum bekommt, nur weil sie die größte ist und dann noch in Rot hervorgehoben wird. Auch das, obwohl sie unbedeutend ist und die wichtigsten Zahlen dann als weiß oder grün unauffällig gemacht werden. Diese manipulative Technik ist da nicht drin, sondern das spricht eben mehr Sachlichkeit an.

Das hat mich von Anfang an beeindruckt.

Dr. Reiner Fuellmich (37:08 - 37:21)
Also das sind ja, das sind zwei vollkommen unterschiedliche Wahrnehmungen, ob man das so oder so darstellt. Hier sieht man, dass es im Grunde harmlos ist und eben sah es dann schon alarmierend aus, je nachdem, wie man es aufbaut.

Patrick Plaga (37:22 - 38:06)
Wie man es aufbaut und man gibt den Leuten die Option und zieht nicht die alarmierende Darstellung in den Vordergrund, dass die die erste ist, die man ins Auge bekommt und die andere, die beruhigendere ersuchen muss. Das fand ich auch beeindruckend und durchdacht in dem ganzen Konzept. Das ist das, was auf den Einfluss des erwähnten Johann Giesecke zurückgeht, der gesagt hat, er hat in seinem Leben viele Epidemien gesehen, angefangen von Aids in den 80er Jahren und die große Angst, die sie hervorrufen.

Er ist da im Laufe der Zeit zu der Einschätzung gekommen, dass die Angst vor ansteckenden Krankheiten bei Menschen vermutlich genetisch verankert ist und es deshalb sehr wichtig ist, dass man mit diesen Ängsten verantwortungsvoll umgeht.

Viviane Fischer (38:08 - 38:29)
Ja, bemerkenswert. Gerade, weil wir uns ja auch mit diesen ganzen Panik, die jetzt insbesondere durch das Maskentragen und sonst was da auch ständig verbreitet wird als Bild und die Sachen da im Fernsehen, dass da immer gesagt wird, wie schlimm alles und so weiter. Das macht ja wirklich was mit den Menschen und ist ja auch, wirkt sich ja auch wiederum immunsupprimierend aus.

Also ein Teufelskreis, der dann da letztlich entsteht.

Patrick Plaga (38:30 - 40:19)
Ja, und mit den Journalisten natürlich auch, weil die ja auch nur Menschen sind und auch Angst um sich haben. Das ist eben der Punkt und Journalisten sind in einer Welt, die beängstigender ist als die des Durchschnittsmenschen, weil sie ja ein schlimmes, gefährdendes, alarmierendes immer in einer Ballung mitgeteilt kriegen. Sie befassen sich ja nicht wie die meisten anderen Menschen nach der Arbeit eine Stunde mit Nachrichten und dem, was in der Welt passiert, sondern zehn Stunden.

Und dann fehlt ihnen diese Möglichkeit des korrigierenden Ausgleichs. Sie können sich auch vor dem, was ihnen Angst macht, zu einer Reizüberflutung nirgendwo hin zurückziehen, weil sie aufgrund ihrer Arbeit fünf Tage die Woche wieder damit konfrontiert werden. Und die müssen sich dann so etwas wie eine innere Abwehr aufbauen, um innerhalb dieser Welt dieser schlimmen Nachrichten, diese Nachrichten begrenzen zu können.

Und das können dann solche Strategien sein, sich jemanden zu suchen, der ihnen Sicherheit und Schutz und Geborgenheit gibt. Das ist bei uns allen, bei uns Menschen verankert. Aber es gibt auch Menschen, die sich in dieser jungen Welt mit jemanden befinden, der sie führt, durch diese beängstigende Welt.

Also zum Beispiel einen Virologen, der der Experte auf dem Gebiet ist. Und damit sie darin nicht verunsichert werden und sich nicht wieder selbst orientierungslos im Dschungel befinden, wollen sie dann ausblenden, was nicht zu dem passt, was ihr Führer durch den Dschungel der Verunsicherung ihnen eben an die Hand gibt. Dieses Muster findet sich überall.

Das hat sich in Deutschland gefunden, das hat sich auch in Schweden gefunden. Und hier ist eben der Führer durch den Dschungel dann jemand gewesen, der damit verantwortungsbewusst umgegangen ist. Vor allen Dingen besagt er Anders Tegnell.

Man kann als Journalist in Schweden, wenn man in die Pressekonferenz des Gesundheitsamts geht, im Prinzip mit den Informationen, die man damit bekommt, die komplette Berichterstattung machen. Über Schweden, über Europa, über Amerika, über die Welt. Da werden alle Zahlen und Entwicklungen aus der ganzen Welt vorgestellt, nicht nur aus Schweden.

Dr. Reiner Fuellmich (40:19 - 40:38)
Wenn dann die Journalisten, nicht die allgemeine Bevölkerung, sondern die Journalisten auf die Presseberichterstattung über ihr eigenes Land reagiert, wenn sie doch gesehen haben, dass die die Realität des eigenen Landes vollkommen auf den Kopf stellt?

Patrick Plaga (40:39 - 40:58)
Ja, da würde ich sagen, professionell haben sie gewusst, dass das eben so ist, dass man in der Welt des Journalismus eben Schlagzeilen machen muss und dass es um Gefühle geht, die man ansprechen muss. Und auf der emotionalen Ebene haben sie sicherlich die gleichen Empfindungen darüber, wie alle anderen Schweden auch.

Dr. Reiner Fuellmich (41:02 - 41:49)
Wenn derjenige, der hier sicher durch diese Untiefen führt, die Nerven behält und der Bevölkerung das Gefühl gibt, dass sie alle Informationen, die sie braucht, bekommt, dann kann das funktionieren. Ich habe hier ein Video gesehen eines früheren obersten Supreme Court Richters, nicht aus den USA, sondern aus England. Lord Sumption heißt er.

Der hat sich in einem knapp siebenminütigen Video sowas von perfekt, auch aus juristischer Sicht, aus meiner juristischen Sicht, perfekt geäußert. Das kann doch nur funktionieren, wenn man seinen Kopf einsetzt und wenn man die unterschiedlichen Informationen, die man allerdings auch sehen können muss, selber verarbeitet, oder?

Patrick Plaga (41:50 - 41:52)
Dazu muss man das aber können.

Patrick Plaga (41:57 - 42:48)
Wir bestehen ja nicht aus dieser Rationalität, über die wir immer ganz viel reden als Menschen. Die macht ja an unserem Bewusstsein und an unserer Informationsverarbeitung nur einen ganz, ganz kleinen Anteil aus. Wir haben entwicklungsgeschichtlich verschiedene Ebenen, wie wir mit Informationen umgehen können.

Und wenn wir in diesem Modus sind, wo wir einer großen Gefahr gegenüberstehen, dann schalten wir auf einen entwicklungsgeschichtlich sehr alten Mechanismus um, wo wir Informationen reduzieren müssen, damit wir ganz schnell zum Handeln kommen. Wenn man einem wilden Tier gegenübersteht, dann kann man schlecht ein Buch aufschlagen und dort nach Strategien suchen, wie man mit der Bedrohung des wilden Tieres umgeht. Das leuchtet ein, oder?

Dann muss man schnell entscheiden und schnell handeln und die Informationen, die da sind, reduzieren, um sie ganz schnell auszuwerten und zu bewerten.

Dr. Reiner Fuellmich (42:49 - 43:07)
Da ist in Schweden offenbar in der Bevölkerung der Eindruck gewesen, wenn ich es richtig verstehe, erstens, ich kann alles, was ich an Informationen haben will, kriegen. Und zweitens brauche ich aber gar nicht so richtig, weil ich habe ja Leute, die das regeln für mich und denen ich vertrauen kann, ohne Panik.

Patrick Plaga (43:08 - 44:19)
Das ist ja, denke ich, das, was die meisten von uns am liebsten gemacht hätten, die keine Experten sind, die sich mit Medizin nicht auskennen, mit Statistik nicht auskennen, diese Dinge nicht selber einordnen können. Bei uns in Deutschland ist es so, wie ich es wahrgenommen habe, ganz schnell dazu gekommen, dass Menschen gedacht haben, ich muss Virologe werden, ich muss Statistiker werden, ich muss Epidemiologe werden, um all diese Dinge selbst zu bewerten. Eine Moderatorin, Frau Maischberger, hat in einer Talkshow gesagt, wir sind ja jetzt alle Virologen.

Und dann hat sie Herrn Streeck angesprochen. Das ist natürlich relativer Unsinn, weil man mit Sicherheit nicht ein Studium der Medizin und eine Facharztausbildung gerade innerhalb von 4 Wochen absolviert haben kann. Und dann auch nicht noch ein Psychologiestudium hinterher, um die Statistik einzuordnen.

Das ist unmöglich. Und deshalb ist es eigentlich normal, dass der Mensch sagt, ich verlasse mich da auf andere Menschen, die sich damit auskennen und das für mich bewerten. Und mir dann sagen, was ich tun soll.

Man geht zum Arzt, zum Handwerker, zum Rechtsanwalt. Und man will nicht Arzt, Handwerker und Rechtsanwalt. So ist unsere arbeitsteilige Gesellschaft aufgebaut.

Dr. Reiner Fuellmich (44:19 - 45:05)
Das scheint aber mit dem Vertrauen zusammenzuhängen. Was wir eingangs schon besprochen haben, das Vertrauen in das Funktionieren der staatlichen Institutionen hat offenbar in Schweden dafür gesorgt, auch in den Medien natürlich, dass gar nicht erst Panik eingetreten ist. Sondern man hat sich gesagt, die wissen das schon.

Die verstehen, wie es geht. Ich habe jetzt Kontakt zu diesem Leuten aufgenommen. Ich hoffe, dass er vielleicht in der nächsten Woche uns zur Verfügung stehen wird.

Der sagt, wenn wir in Panik geraten, dann werden wir gar nichts mehr verstehen können. Wir müssen in der Lage sein, als normale, denkende Individuen die unterschiedlichen Informationen aufzunehmen und unser eigenes Bild sich zu machen.

Patrick Plaga (45:06 - 45:35)
Geht aber nur außerhalb von Panik, oder? Nein, das ist eine Illusion. Das funktioniert nicht.

Dazu müsste der Mensch dann eine IQ von über 200 haben, um dazu in der Lage zu sein, eine solche Intelligenz, um alle Informationen, die es in der Welt gibt, aufzunehmen und selber einzuordnen und zu bewerten. Wenn das möglich wäre, dann könnte ich ja mein Psychologiestudium in 4 Wochen absolviert haben und das Medizinstudium auch noch mal in 4 Wochen. Das funktioniert nicht.

Dr. Reiner Fuellmich (45:36 - 46:44)
So umfassend hat er es auch nicht gemeint. Er hat das rein auf den Corona-Zusammenhang bezogen. Er hat gesagt, er wurde nämlich, weil er gesagt hat, das ist ein Hoax, er hat nicht das Wort Hoax benutzt, wie es Trump tun würde, aber er hat gesagt, das stimmt was nicht.

Und er wurde dann von dem Interviewer BBC 4, war das glaube ich, gefragt, ja, aber was sagen Sie denn demjenigen, der Sie fragt, wie Sie als zwar oberster, hoch anerkannter Richter, der sich fragt, wie Sie, der aber ja eben nicht Virologe oder Epidemiologe ist, zu einer solchen Einschätzung kommen. Er hat auch vorher gesagt, was die Polizei in einem Gebiet, ich glaube in Staffordshire oder wo das war, getan hat, das geht weit über das hinaus, was zulässig ist. Und da war die Frage an ihn, was sagen Sie denn so jemandem?

Und da sagte er, wir alle, auch ich, haben bestimmte Fakultäten und die müssen wir eben auch einsetzen. Wir müssen, wenn wir widersprüchliche Informationen haben, auch in der Lage sein, selbst natürlich nicht in die Tiefe gehen, kein Studium dafür absolvieren, aber so rational, commonsense-mäßig zu erfassen, was das alles zu bedeuten hat.

Patrick Plaga (46:45 - 47:50)
Naja, das ist natürlich, wenn ein Richter das sagt, hat das den Hintergrund, den ich durchaus nachvollziehen kann, dass Richter ja ständig Entscheidungen treffen und Dinge bewerten und widerstreitende Positionen vor sich haben und zwischen denen dann entscheiden und letztlich die Entscheidung treffen müssen, sonst könnten sie ja nicht Richter sein. Das ist aber für die meisten anderen Menschen relativ ungewohnt, so etwas zu machen. Und dabei bleibe ich auf jeden Fall auch eine Überforderung.

Damit eine Gesellschaft funktioniert, brauchen Menschen Institutionen, auf die sie sich verlassen können, weil sie nicht in der Lage sein werden, das alles selber zu machen. Das ist diese neoliberale Illusion, dass man selber alles in der Hand hätte, dass man alles regeln könnte, dass man alles bewältigen kann. Und die funktioniert nicht.

Schweden ist auf Gemeinsinn aufgebaut, im Unterschied zu diesem, ich sage mal typisch angelsächsischen Liberalismus. Schweden wäre nicht den schwedischen Weg gegangen, wenn hier die Überzeugung wäre, dass jeder seine Probleme für sich alleine löst.

Viviane Fischer (47:51 - 49:04)
Wobei man ja sagen muss, ich glaube, wenn wir jetzt nochmal zum Beispiel an die Demo in Berlin denken, da ist es ja schon so, dass das auch teilweise ja doch sehr ins Auge fallend ist, dass die Berichterstattung oder so jetzt in den Qualitätsmedien nicht ganz richtig sein kann. Weil man schaut sich diese Bilder an und irgendwie, man hat ja auch schon andere Demos gesehen, oder es gibt Vergleiche dazu, ob es jetzt 800.000 sind oder ob es 500.000 sind oder 200.000, das kann man vielleicht da nicht ganz ermessen, aber dass es 17.000 eigentlich nicht sein können auf den Bildern, das springt ja jetzt schon relativ stark ins Auge. Und ich glaube, es ist halt auch genau wie mit diesen Kurven, wo sich dann plötzlich alle angefangen haben, auseinanderzusetzen damit, die waren halt in Deutschland ja doch eben relativ irritierend, also im Verhältnis zu dem, was dann an Alarm gemacht wurde, jetzt im Vergleich zu dem, was man dann tatsächlich sah.

Und ich glaube, das hat ganz viele Leute aktiviert und dass eben dann auch gar keine Nachfragen kommen. Was ist denn das so? Und da haben halt viele sich wahrscheinlich dann auch einfach berufen gefühlt, eben zu sagen, das sehe ich doch selber, dass da irgendwas so nicht ganz richtig sein kann.

Woran das dann liegt und warum das so kommuniziert worden ist, ist ja wiederum die andere Frage.

Patrick Plaga (49:05 - 50:17)
Da hat sehr sicher jeder seine eigenen Herangehensweisen, wie er das herausfindet. Ich habe das Bild noch gar nicht gesehen. Da habe ich schon angefangen, nach Zahlen zu suchen.

Da ist man ja als Psychologe mehr oder weniger dressiert drauf und habe dann bei der TAZ 2013 eine Berechnung gefunden. Da hatte sie herausgefunden, dass das Gelände, um das es geht, das ist ja dieser typische ungefähr zwei Kilometer Bereich auf der Straße des 17. Juni, dass der etwa 80.000 Quadratmeter groß ist. Und dann habe ich gerechnet und 80.000 durch 17.000, dann kommen über vier Quadratmeter pro Person heraus. Wenn sich die Leute aber so verteilen, dass sie vier Quadratmeter pro Person haben, dann wäre die Begründung zur Auflösung, dass sie die Mindestabstände nicht eingehalten haben, aber auch überhaupt nicht möglich gewesen, sondern dann hätten sie in einem Maße, das eigentlich gar nicht möglich ist bei so einer Menschenmenge, die Mindestabstände perfekt eingehalten. Das Problem, glaube ich, ist nicht daran, ob es nun wirklich mehr oder weniger waren, sondern dass egal, welche Argumentation jetzt die staatliche Behördenseite in Berlin wählt, sie irgendwo in der Bredouille ist.

Entweder sind es viel, viel mehr Menschen gewesen oder es sind ganz, ganz wenige gewesen. Dann war die Auflösung aber überhaupt nicht rechtmäßig und an den Haaren herbeigezogen. Das sehe ich als eigentliches Problem dabei.

Dr. Reiner Fuellmich (50:17 - 52:04)
Das ist auch aus meiner Sicht einer der Kernmomente, wo im Nachhinein es relativ leicht möglich sein wird und jetzt ja auch schon gemacht wird, aufzuklären, was wirklich passiert. Was war denn hier wirklich Fake News? Ich persönlich habe da inzwischen eine ziemlich dichte Meinung, anders als die Kollegen hier.

Das, was da über die 17.000 berichtet wurde, hat sich vollkommen abgedreht. Das kann nicht sein. Aber noch mal zurück zu den Medien.

Und das Zweite wird sein, was auch so ein bisschen das Vertrauen weiter erschüttert in die herrschende Linie, dass da zwei Polizeibeamte, die sich geäußert haben und zwar zurückhaltend geäußert haben, von ihren Dienstherren in die Ecke gestellt werden. Auch da fragt sich natürlich dann jeder, wie geht das denn? Ist das mit dem Demokratieverständnis überhaupt vereinbar?

Das werden die Knackpunkte sein, glaube ich. Aber zurück zu den Medien als Kommunikator in dieser Krise. Ich habe den Eindruck, dass die deutschen Medien überwiegend die Paniklinie verfolgt haben.

Und zwar diejenige, die auch aus dem Panikpapier des Innenministeriums zu erkennen ist. Also es gab da offenbar die Anregung oder vielleicht sogar Anweisung, ich weiß nicht, wie man den Inhalt des Panikpapiers, wir wissen ja inzwischen auch, wer die Autoren sind, wie man den Inhalt des Panikpapiers lesen soll, jedenfalls Panik auslösen. Das ist überdeutlich.

Die Kinder sollen sich verantwortlich fühlen, wenn ihre Großeltern qualvoll sterben und sie haben sie nicht die Hände gewaschen oder irgendeinen Zirkus. Auf der anderen Seite Vertrauen in Schweden, da wäre doch, wenn man Panik versucht hätte, wäre da die Medienlandschaft mitgegangen oder wie schätzen Sie das ein?

Patrick Plaga (52:05 - 54:04)
Die Menschen sind ja überall dieselben. Wir haben ja diesen schwedischen Weg, der ein angeblicher Sonderweg ist, nur in Schweden gehabt. Wir haben den auch nicht in Norwegen gehabt, auch nicht in Dänemark und auch nicht in Finnland und auch nicht in Island, wo die Menschen ja durchaus eine ähnliche Kultur und Mentalität und Erziehung hinter sich haben.

Deswegen liegt das sicherlich nicht an einer irgendwie gearteten dubiosen Mentalität, sondern an der Psyche des Menschen, die überall relativ gleich beschaffen ist. Ich denke, wenn der Behörden- und Regierungskurs in Schweden so gewesen wäre wie in Deutschland, dann wäre das in Schweden auch so gekommen. Ja, natürlich, man muss sich nur Pressekonferenzen mit Herrn Wieler und Pressekonferenzen mit Anders Tegnell vergleichend ansehen.

Und wenn man dann das nicht nur im Video sieht mit der Distanz aus dem sicheren Wohnzimmer, sondern live dabei ist und diese Menschen live mit ihrer menschlichen Wirkung auch vor sich hat, während man gerade selber verunsichert ist und einen Rettungsanker sucht, jemanden, der einen wie einen Vater durch den dunklen Wald führt. Das ist vielleicht ein Bild, das man dafür verwenden kann. Wenn man als Kind Angst hat und weiß keine Hilfe, dann braucht man einen starken Erwachsenen, der an die Hand nimmt und leitet durch das Ganze.

Und das kann ja nur eine begrenzte Zahl sein. Das kann ein Vater oder eine Mutter sein. Und da kann man nicht im dunklen Wald stehen als Kind und zwischen 100 Erwachsenen Meinungen abwägen, um eine Entscheidung zu treffen.

Und in gewissen Situationen sind wir Menschen eben so gemacht, dann kehren wir auf Ebenen in unserer Psyche zurück, die entwicklungsgeschichtlich älter sind. Und dann sind wir so ähnlich wie Kinder und nicht mehr, wie wir uns als Erwachsene gerne sehen. Und das tritt in einer solchen Situation mit so einer großen Angst ein, womit die Menschen überfordert sind.

Und dann ist für die deutschen Journalisten Herr Wieler und Herr Drosten eben der Führer durch den Wald geworden. Und für die schwedischen Medien sind es Herr Tegnell und Herr Giesecke geworden, die das ganz anders gemacht haben. Und hätte Herr Wieler das anders gemacht, dann wäre es in Deutschland sicher auch anders gegangen.

Dr. Reiner Fuellmich (54:06 - 54:38)
Wie schätzen Sie denn die Unabhängigkeit der schwedischen Medien ein? Wir haben ja hier dieses sogenannte Panikpapier. Das ist zwar inoffiziell, aber es ist ja geleakt worden, sodass eigentlich jeder, der es sehen möchte, es auch sehen kann.

Der Mainstream hat so gut wie gar nicht drüber berichtet. Wie schätzen Sie die schwedischen Medien ein, wenn das die Staatslinie gewesen wäre? Wären die schwedischen Medien, nicht die Bevölkerung, wären die darauf eingestiegen und hätten sozusagen den Führerbefehl übernommen?

Patrick Plaga (54:41 - 55:57)
Nicht als Befehl, sondern als Gefühl und als Stimmung, das sie wahrnehmen. Herr Wieler und Herr Drosten sind doch den Menschen immer selbst als besorgt und ängstlich erschienen. Und dann erzeugt es bei den Menschen, die um sie herum sind und mit ihrer emotionalen Antenne darauf achten, was von dort kommt und sehen, oh, wenn jetzt schon diese Experten so beunruhigt sind, solche Angst haben, dann kann ich doch als Unwissender nicht erst recht meinen, dass es keinen Grund zur Besorgnis gäbe.

Das verbreitet sich doch, das springt doch über, vom einen auf den anderen. Denken Sie, wie Herr Wieler am Anfang, Anfang März sagte, da hat er 2-Minuten-Zahlen vorgestellt, was Herr Tegnell in 30 Minuten macht, hat Herr Tegnell in 2 Minuten abgehandelt und dann ist er zu Zukunftsprognosen übergegangen. Dann hieß es, bis zum Sommer werden sich voraussichtlich 30 bis 70 % der Bevölkerung infiziert haben.

Und dann kamen Begriffe wie Katastrophe und unabsehbar und noch nie dagewesen und dergleichen mehr Superlative. Ich habe die gar nicht mehr alle im Kopf, aber ich habe das als furchtbar empfunden und mich gefragt, ob er das alles erfunden hat oder ob er tatsächlich selber auch diese Ängste hat. Dann war mir klar, dass so ein Mensch niemanden sachlich und angstfrei irgendwo hinführen könnte.

Dr. Reiner Fuellmich (55:58 - 56:02)
Das ist der zentrale Unterschied, der Vertrauen erzeugt oder eben nicht.

Patrick Plaga (56:03 - 57:39)
Ja, natürlich. Journalisten sind davon mehr betroffen als Sie, weil Sie eben nicht die Zusammenfassung in der Tagesschau 3 Minuten des Ganzen sehen aus Ihrem sicheren Wohnzimmer, aus Entfernung, nur elektronisch. Sondern Sie hätten diesen Herrn Wieler in Persona in der Pressekonferenz vor sich gehabt.

Sie hätten sein Schwitzen, sage ich mal, gerochen. Und das wäre Ihnen dann genauso aus den Poren getroffen, wie es ihm aus den Poren getroffen ist, dann hätten Sie auch Angst bekommen. Das ist bei Herrn Tegnell anders.

Der ist immer ruhig, der steht da manchmal mit den Händen in den Hosentaschen. Manchmal steht er mit seinem Spritpulli da, manchmal im T-Shirt und dann erzählt er und stellt die Zahlen vor. In den USA sieht es nicht so gut aus, da gibt es durchaus erhebliche Anstiege.

Das werden wir kritisch im Auge behalten müssen, sagt er dann. Und dann kommen manchmal Wendungen und dann sagt er, das gibt anders zur Sorge. Das muss man weiter im Auge behalten.

Oder dann heißt es, diese Entwicklung werden wir weiter verfolgen. Das ist eigentlich typisch schwedische Rhetorik, könnte man fast sagen, die in der Kultur tief verankert ist. Dann weiß man, warum die Menschen ihn so lieben, gerade die, die große Angst vor Corona hatten.

Das ist das, was die Menschen in Deutschland völlig falsch einordnen. Die fühlen sich nicht verraten, sondern gut behütet. Da gibt es einen Tätowierer in Stockholm, der macht Anders Stegnell-Tattoos.

Der hat gesagt, Anders erinnert uns an unsere Mütter und Väter.

Dr. Reiner Fuellmich (57:42 - 58:08)
Weil seine ruhige, gelassene Herangehensweise im völligen Gegensatz zu dem steht, was die beiden Personen, die Sie eben erwähnt haben, an den Tag gelegt haben. Diese ruhige, gelassene Herangehensweise schon für sich genommen. Offenbar Vertrauen genug erweckt und seine fachliche Kompetenz obendrauf.

Das reicht dann aus, um der Bevölkerung den Weg zu weisen.

Patrick Plaga (58:09 - 1:00:31)
Ja, natürlich. Was Schweden auch relativ gut können, ist Gefühle zeigen, auch verbal. Das hat mich sehr beeindruckt.

Stellenweise sogar gerührt. Das findet man ja in Deutschland nicht, wo die Menschen sehr hart und aggressiv miteinander umgehen. Nur auf Rationalität gestützt.

Und in der Regel ihre Emotionen in Form von Angriffen auf andere packen. Da würde niemand sagen, ich bin ängstlich. Sondern der und der da macht Panik.

Das ist eine andere Umgangsweise miteinander. Dieser Mensch, dieser Tätowierer, hat mir immer wieder gesagt, wie sicher und geborgen sie sich bei ihm fühlen. Und das macht man nicht damit, indem man den Leuten ständig neue Maßnahmen um die Ohren haut, wie sie Sicherheit bekommen könnten und Versprechungen über die Zukunft gibt.

Sondern indem man sie ernst nimmt. Wenn so jemand sagt, der erinnert uns an unsere Väter und Mütter, dann sehe ich da, ich gucke gerade gegenüber auf viele Väter und Mütter, die im Hof der Grundschule spielen, dass die sehr offen, sehr ehrlich mit ihren Kindern umgehen. Sehr freundlich.

Ich habe noch nie Eltern gesehen, die mit ihren Kindern schimpfen. In all den Monaten, die ich hier bin. Dass man den Kindern aber auch durchaus etwas erklärt und sagt, was nicht angenehm ist.

Wenn man an der Kasse steht und etwas nicht kaufen kann, dann sagt man, wir haben kein Geld dafür, das können wir uns nicht leisten. Man sagt ihnen aber nicht, halt die Klappe. Oder schimpft sie dafür aus.

Das hat Tegnell auch gemacht, indem er den Menschen vieles gesagt hat, was man vielleicht nicht unbedingt hören möchte. Zum Beispiel, dass der Impfstoff eine trügerische Illusion ist. Weil niemand vorhersagen kann, wann ein Impfstoff zur Verfügung steht.

Oder wenn Johann Giesecke sagt, es gibt keine Möglichkeit, diesen Virus aufzuhalten. Viruserkrankungen verbreiten sich immer. Man muss mit ihnen leben und sie hinnehmen.

Sie werden sich verbreiten und man kann versuchen, irgendwas zu machen, um sie aufzuhalten, wie ein Lockdown. Dann geht die Zahl vielleicht etwas runter. Danach wird sie aber garantiert wieder hochgehen.

Es wird auf lange Frist überhaupt nichts bewirken. Solche Dinge haben Sie immer gesagt. Aber zurückhaltend, verständnisvoll und ohne Angriffe auf die andere Seite.

Dr. Wolfgang Wodarg (1:00:37 - 1:00:57)
Herr Michael Mayen ist bei uns. Er wartet schon die ganze Zeit. Ich denke, er kann viel dazu sagen.

Es sind viele Themen gewesen, die für Medienwissenschaftler unheimlich spannend sind. Deshalb glaube ich, es wäre gut, wenn wir das Thema um Herrn Mayen erweitern würden.

Prof. Dr. Michael Meyen (1:00:59 - 1:01:08)
Bei dem Warten war ein falscher Eindruck. Ich war unsicher, wann das Thema von Schweden weggeht. Deshalb habe ich gefragt.

Patrick Plaga (1:01:08 - 1:01:15)
Das passt eigentlich ganz gut von meiner Seite. Ich muss mich jetzt ein bisschen verabschieden, weil der Mittagstermin näher rückt.

Dr. Wolfgang Wodarg (1:01:16 - 1:04:14)
Darf ich eine kleine Überleitung versuchen? Es geht darum, dass die Menschen sich verlassen können auf die staatlichen Institutionen. Das ist ja nicht etwas, was einfach von sich aus passiert.

Da gehört Transparenz dazu, des Handelns. Wenn die Bevölkerung jederzeit gucken kann und weiß, was da gemacht wird und Zugriff hat und fragen kann, dann kann sie zu Recht beruhigt sein. Aber wenn das Ganze so läuft wie im Robert-Koch-Institut, dass da die Basis forscht und prima Arbeit macht, aber der Chef immer nur zum Minister guckt und sagt, was soll ich sagen, dann passt das nicht zusammen.

Dann verspielt man natürlich das Vertrauen einer solchen Institution. Eine Institution ist dann korrupt, wenn sie entweder von der Politik oder von der Wirtschaft gesagt bekommt, was sie tun soll und wie sie entscheiden soll. Wenn der Einfluss der Politik und der Wirtschaft zu groß wird, dann kann man der Institution selber, die wir uns ja eigentlich geschaffen haben, damit sie uns berät, nicht mehr vertrauen, dann ist sie überflüssig.

Dann schadet sie mehr als sie nützt. Das haben wir in Deutschland in ganz vielen Bereichen. Ich erinnere mich daran, wie wir auf die Länder geguckt haben im Entwicklungsausschuss, die so korrupt sind, wo man niemandem vertrauen kann, wo die Politik bestochen ist, wo die Behörden bestochen sind, wo die Polizisten bestochen sind, wo alle bestochen sind.

Da fährt man hin mit Geld in der Tasche und muss die Leute bestechen, damit man zu seinem Recht kommt. Da kann man sich auf niemanden verlassen. Jede Bundesregierung hat gesagt, wir müssen die Korruption bekämpfen, sowas darf nicht sein.

Ein Staat muss funktionieren, wir brauchen funktionierende Organe. Deutschland ist jetzt wahnsinnig abgesackt. Wir sind in einen Zustand gekommen wie ein Entwicklungsland, wo die Medien korrupt sind.

Das heißt, politische und wirtschaftliche Einflüsse der Medien können den Medien die Luft zum Atmen nehmen. Wo andere Behörden, die staatlichen Gesundheitsbehörden, auch nur gucken, was muss ich sagen, was muss ich sagen. Wo die staatlichen Untersuchungen, wie z.B. die ganze Testszene, wo die privaten Firmen gegeben werden, wo man sich nicht mal darum kümmert, welche Qualität abgeliefert wird. Da ist unheimlich viel aus dem Ruder gelaufen. Da kann man alles kaufen in Deutschland. Wenn man genug Geld hat, kann man den Spiegel dazu bringen, dass er berichtet.

Dann kann man andere Zeitungen dazu berichten. Ich denke an den Ebay-Chef, der dort seine Finanzen finanziert hat. Es gibt so viele direkte Einflussnahmen in wichtige Institutionen, auf die wir uns bisher glaubten verlassen zu können, die jetzt ihr richtiges Gesicht zeigen.

Die zeigen, dass wir es nicht können. Da ist die institutionelle Korruption, die wir sehen in Deutschland, die müssen wir bekämpfen, wenn wir das Vertrauen wieder gewinnen wollen.

Dr. Reiner Fuellmich (1:04:16 - 1:04:28)
Aber dahinter sieht es nicht viel besser aus, als in den Ländern, die Sie nicht namentlich genannt haben, aber die immer bei uns aufkommen, wenn über Korruption gesprochen wird. Hinter unserer Fassade sieht es nicht...

Dr. Wolfgang Wodarg (1:04:28 - 1:04:55)
Wir leben über Putin, über Erdogan, über solche Leute. Bei uns ist das nicht anders. Inzwischen ist es bei uns nicht anders.

Wenn wir nach Amerika gehen, wo nur 5 große Medienkonzerne sind, die großen Geldgebern gehören, dann schreiben die auch das, was diese Konzerne wollen. Die Anleger würden es gerne sehen. Bei uns mischt sich das, Wirtschaft und Politik.

Manchmal mischt sich das schon auf der politischen Ebene.

Viviane Fischer (1:05:11 - 1:05:36)
Sind Sie noch da? Perfekt. Wir haben ein anschauliches Beispiel gesehen in Schweden.

Man hat den Eindruck, das hängt stark davon ab, wie die Personen da agiert haben. Aber es gibt auch globalere Zusammenhänge und Verstrickungen, die es vielleicht auch Journalisten manchmal schwer machen, nach der Wahrheit zu forschen. Sie haben sich damit intensiv auseinandergesetzt.

Prof. Dr. Michael Meyen (1:05:39 - 1:05:40)
War das schon eine Frage?

Viviane Fischer (1:05:41 - 1:06:41)
Doch, das war eine Frage. Ich wollte fragen, ob Sie Ihre Einschätzung mit uns teilen können. Jetzt haben wir das Sonderphänomen, dass da ein paar Personen gewirkt haben, die einigermaßen realistisch oder auch für die Bevölkerung verträglich mit der Situation umgegangen sind.

Wo die Bevölkerung das Gefühl hatte, das, was getan wird, ist im Einklang mit dem, was sie selber sehen. Wie viele Tote sehen Sie? Das scheint eine Konkurrenz passiert zu sein.

Viele haben das Gefühl, es läuft eine Spaltung. Einige haben das Gefühl, das stimmt absolut, was sie in den Nachrichten sehen. Andere sagen, das stimmt gar nicht.

Die Spreizung, die da entstanden ist, die Schiene, dass es nur gleichlautend in den Qualitätsmedien sich normalerweise abspielt, ist schon bemerkenswert, wie wenig Stimmen in eine andere Richtung gehen.

Prof. Dr. Michael Meyen (1:06:42 - 1:12:09)
Herr Plager ist eher Psychologe von der Ausbildung her. Er ist in die Urgeschichte der Menschheit zurückgegangen, um unsere Ängste zu beschreiben. Ich bin soziologisch und historisch unterwegs.

Ich würde eher nach Strukturen fragen, die dazu führen, dass bestimmte Dinge so sind, wie sie sind, und weniger auf die Psyche des einzelnen Handelns eingehen. Wir müssten einfach nur die Person eines Amtsleiters austauschen, den Chefredakteur, den Menschen austauschen, der zu einer Pressekonferenz geht. Das würde anders werden.

Vertrauen in die Medien, das wäre eine spannende Frage. Es gibt dazu rudimentäre Forschung, die eher den Trend bestätigt, den Herr Wodag angedeutet hat. Vertrauensverlust von Institutionen, auch Vertrauensverlust von Medien, wobei die Forschung nicht gut ist.

Was will man antworten, wenn der Forscher einen fragt, ob man den Medien vertraut? Wenn man gefragt wird, ob man der Tagesschau vertraut, vertraut man dem Fußballergebnis, vertraut man dem Wetterbericht, vertraut man den Zahlen, die das RKI nennt. Es ist relativ schwer, über Umfragen solche Daten zu erheben.

Es ist nicht der Punkt, ob die Menschen den Medien vertrauen. Die Leitmedien, die in dem Teil, den ich gehört habe, Qualitätsmedien genannt wurden, ich würde sie eher Leitmedien nennen, die Leitmedien definieren eine Realität, die man nicht ignorieren kann. Die Leitmedien sagen uns, was wir für Realität halten müssen.

Wenn wir Tagesschau anschalten oder Süddeutsche Zeitung lesen oder auch die BILD-Zeitung kaufen, beobachten wir Definitionsmachtverhältnisse. Wir beobachten, wer schafft es, seine Version der Realität in die Öffentlichkeit zu bringen. Wir können diese Version nicht ignorieren.

Wir können sie bei Strafe des Untergangs nicht ignorieren, weil wir annehmen müssen, dass die anderen die gleiche Version der Realität wahrgenommen haben und ihr Verhalten entsprechend ausrichten werden. Deswegen ist die Frage, ob ich der Tagesschau vertraue oder der Süddeutschen Zeitung, irrelevant. Ich muss das, was da als Realität gemeldet wird, in mein eigenes Verhalten einbauen.

Das ist das, was man Definitionsmachtverhältnisse nennen kann. Das ist der wichtigste Unterschied zu den sozialen Medien, zu YouTube-Kanälen. Ich kann bei irgendeinem YouTube-Kanal nicht unterstellen, dass alle diesen Kanal angeschaltet haben.

Ich kann den deshalb gepflegt ignorieren. Das kann ich bei der Tagesschau nicht machen. Wenn die Tagesschau jeden Tag die Zahl der registrierten Neuinfektionen meldet, muss ich das für Realität halten.

Das ist auch mit dem Signal verbunden. Das ist der Teil der Realität, der für mich wichtig ist. Wenn in der Münchner Lokalzeitung steht, dass Polizisten auf einem Bahnhof einen Menschen mitgenommen haben, der keine Maske auf hatte und sich geweigert hat, auf Aufforderung einer aufzusetzen, dann ist das ein doppeltes Signal.

Zum einen ist Maske aufzusetzen wichtig. Sonst würde die Zeitung das nicht melden. Zum anderen, wenn ich mich weigere, diese Maske aufzusetzen, dann werde ich bestraft.

Dann werde ich von der Polizei mitgenommen und muss ein paar Stunden in Gewahrsam verbringen. Das ist die Definitionsmacht, die die Leitmedien immer noch haben. Das haben wir in der Corona-Krise gesehen.

Manche haben schon das Ende der Leitmedien herbeigesungen und gesagt, dass wir jetzt über soziale Medien oder digitale Plattformen eine Konkurrenz bekommen. Wir haben in der Corona-Zeit erlebt, wie stark die Definitionsmacht der traditionellen Medien nach wie vor ist. Wir haben auch erlebt, das ist die Diagnose für Deutschland, dass die Leitmedien ihren Auftrag Öffentlichkeit nicht erfüllen.

Man kann das demokratietheoretisch begründen. Man kann in die Gesetze reingehen wie die Rundfunkstaatsverträge. Man kann mit dem Pluralismusmodell argumentieren und sagen, dass es in einer Gesellschaft sehr viele unterschiedliche Interessen gibt, sehr viele unterschiedliche Meinungen gibt.

Dass Verständigung zwischen diesen Interessen und Meinungen nur möglich ist, wenn alle die Möglichkeit haben, in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Wenn sie die Möglichkeit haben, ohne dass die Wertung gleich mitgeliefert wird, die Abwertung gleich mitgeliefert wird, präsent zu sein. Wenn man sich anschaut, was die Leitmedien in den letzten Monaten gemacht haben, dann sieht man, dass nur ein Teil dieser Interessen und Meinungen so präsent war, dass wir uns da als Bürger ein Urteil bilden konnten.

Viele Dinge waren nicht präsent, was dann vielleicht wieder zu einem Vertrauensverlust führt. Eigentlich wäre die Aufgabe von Journalismus nicht, einen Leitartikel zu schreiben oder einen Kommentar zu liefern, auch nicht das zu machen, was zum Beispiel Klaus Kleber im Heute-Journal jeden Abend abliefert, eine Meinung zu liefern, eine Geschichte zu liefern, wie er die Welt sieht, sondern die Aufgabe von Journalismus wäre, uns über unterschiedliche Interessen und Meinungen in der Gesellschaft zu informieren und uns als Bürger dann zu erlauben, uns selbst eine Meinung zu bilden. Und dieser Auftrag wird nicht erfüllt und nicht aus psychologischen Gründen, sondern aus strukturellen Gründen.

Und die können wir benennen. Herr Wodak hat auf den Einfluss von Wirtschaft und Politik hingewiesen. Ein Teil des Journalismus in Deutschland ist nach wirtschaftlichen Interessen organisiert.

Alles, was wir in privaten Verlagen haben, alles, was wir bei den Internetgiganten finden und ein Teil ist halt dem Diktat der Politik unterworfen. Das ist das, was wir im öffentlich-rechtlichen Rundfunk beobachten, wo wir zwar Rundfunkräte haben, aber da sind wir als Bürgerinnen und Bürger ja nicht präsent. Da kontrolliert die Politik die Journalisten.

Das ist also eigentlich genau umgekehrt. Eigentlich sollte der Journalismus die Politik kontrollieren. Was wir im öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, ist eine Kontrolle des Journalismus durch die Politik.

Die Chefposten, die wichtigsten Posten in den Rundfunkanstalten werden von politisch dominierten Gremien, von den Rundfunkräten besetzt.

Dr. Reiner Fuellmich (1:12:11 - 1:13:03)
Es gab mal einen Journalisten, das war auch ein Tagesschausprecher. Sie haben jetzt eben über das Heute-Journal gesprochen mit Klaus Kleber. Es gab mal Hans-Joachim Friedrich.

Und der hat immer wieder sehr deutlich gemacht, dass man sich nie mit einer Geschichte gemein machen darf, auch wenn man persönlich betroffen ist, sondern dass man immer den Blick von oben behalten muss. Man kann durchaus mal betroffen sein, aber man sollte möglichst nicht kommentieren. Was Sie eben gesagt haben, ist ja unterm Strich, auch wenn Sie es vorsichtig formuliert haben, das Signal dafür, dass die Leitmedien ihrem eigentlichen Auftrag, den ich so sehen würde, wie ihn Hans-Joachim Friedrich definiert hat, und ich glaube, Sie haben es eben auch versucht zu definieren, jedenfalls habe ich das so wahrgenommen, dass das nicht mehr stattfindet.

Prof. Dr. Michael Meyen (1:13:05 - 1:18:56)
Hans-Joachim Friedrichs Zitat stammt aus einem Interview, was Hans-Joachim Friedrichs kurz vor seinem Tod gegeben hat, ein Spiegelgespräch. Damals war der Journalismus anders. Er war anders organisiert.

Heute würde ich von einem Imperativ der Aufmerksamkeit sprechen, der stark mit der symbiotischen Beziehung zu tun hat, die der Journalismus mit den digitalen Plattformen eingegangen ist. Zum einen sind die digitalen Plattformen eine Konkurrenz, die es zu der Zeit von Hans-Joachim Friedrichs einfach nicht gab. Da war RTL in den Kinderschuhen.

Hans-Joachim Friedrichs kann in diesem Interview über RTL Bubis lästern. Das ist für ihn keine ernstzunehmende journalistische Konkurrenz. Heute konkurrieren digitale Plattformen, professionell gemachte Angebote um unsere Zeit, um die Zeit der Nutzer.

Der Journalismus kann nicht mehr so sein, wie er zu der Zeit von Friedrichs war. Sonst würde er kein Publikum erreichen. Zum anderen sind die digitalen Plattformen, also YouTube, Twitter, Instagram, Facebook mittlerweile die wichtigsten Ausspielwege für journalistische Produkte.

Das heißt, dass der Journalismus, so wie wir ihn heute haben, sich an die Logik der digitalen Plattformen anpassen muss, wenn er überhaupt noch wahrgenommen werden will. Und wenn wir dann mal eine alte Tagesschau-Ausgabe von 1985 oder eine Tagesthemausgabe mit Hans-Joachim Friedrichs aus der Zeit uns anschauen, dann sehen wir, dass das eine völlig andere Art von Realität ist, die dort konstruiert wird. Heute gibt es viel, viel weniger Politik in den entsprechenden Nachrichtensendungen und es gibt eine ganz andere Art von Politik.

Es gibt eine Politik, die auf Konflikte ausgerichtet ist, zwischen Personen, Drosten gegen Streeck, Söder gegen Laschet, alle gegen Bodo Ramelow, als der mal vorsichtig darüber nachdenkt, vielleicht in Thüringen, wo es so gut wie keine Fälle gibt, diese Masken abzulehnen. Wir sehen Rekorde, permanent Superlative und Rekorde. Es macht überhaupt keinen Sinn, jeden Tag die Zahl von festgestellten Neuinfektionen zu melden.

In einem 80-Millionen-Einwohner-Land 400 oder 500 solche Fälle. Das wäre ungefähr so, als wenn wir jeden Sportunfall melden würden. Der Hausmeister der Schule ist gestern beim Joggen umgeknickt.

Das wird keine Tagesschau-Meldung. Der eine Schüler, der zu Hause hustet, das wird eine Tagesschau-Meldung. Die eine Lehrerin, die auf einer Weiterbildung war, das wird eine Tagesschau-Meldung.

Das ist also eine völlig andere Art von Realitätskonstruktion, als wir sie noch vor 30 oder 40 Jahren gehabt haben. Das ist also ein Problem, was wir bei den Leitmedien beobachten können. Wir finden dort keine neutrale Berichterstattung, falls es das je gab.

Ich habe so Ereignisse, die sich nicht ändern, theoretisch zumindest nicht ändern, einfach mal in ihrer Medienkonstruktion miteinander verglichen. Besonders gut geeignet sind so Stürme. Große Stürme mit einer messbaren Zahl von Toten, mit einem messbaren Schaden in Euro.

Wenn man sich das in den 50er- und 60er-Jahren anschaut, dann ist das relativ neutral, auch relativ weit hinten. Dann wird so ein Sturm halt normal nachrichtlich berichtet. Heute ist so ein Sturm, schon bevor er kommt, ein Untergangsszenario.

Heute erfahren wir auch nicht mehr, was auf Parteitagen inhaltlich diskutiert wird. Heute erfahren wir, welche Personen da und welche Posten miteinander konkurrieren. Wer wird da Kanzlerkandidat und solche Dinge.

Und das haben wir jetzt in dieser Corona-Zeit sehr bitter lernen müssen, dass diese Art von Journalismus die Politik vor sich her treiben kann. Das ist, glaube ich, der zweite Punkt, den man bedenken muss. Das ist das, was ich Medialisierung nenne.

Wir beobachten, dass alle Menschen, die irgendwo Verantwortung tragen, alle Entscheidungsträger mit dieser Medienlogik, diesem Imperativ der Aufmerksamkeit, internalisiert haben und alles tun, um entweder negative Berichterstattung zu unterbinden. Ich denke, die bayerische Regierung hat alles getan, um diese Nachrichten von heute zu verhindern. Dass da irgendwie 900 Menschen nicht informiert wurden über das Testergebnis in ein paar Tagen.

Die werden also alles getan haben, um solche negative Berichte zu verhindern. Man kann das jetzt schon sehen, aktuell. Da haben Sie ja gerade nicht angeschaut.

Ich bin ja ein bisschen später dazugekommen. Söder ist schuld, wird da schon in der Süddeutschen Zeitung geschrieben. Der hat sicherlich alles getan, um zu verhindern, dass solche Berichte kommen.

Auf der anderen Seite wird alles getan, um Entscheidungsträger in ein möglichst positives Licht zu rücken. Und dafür hat man aufgerüstet. Nicht nur in den Unternehmen aufgerüstet, sondern auch in den Regierungen, in den Ministerien aufgerüstet.

Das Bundespresseamt beschäftigt ungefähr 500 Mitarbeiter. Teuer bezahlt, wahrscheinlich besser bezahlt, als ich bezahlt werde hier an der Universität. Diese 500 Menschen haben nichts anderes zu tun, als die Politik der Bundesregierung in ein günstiges Licht zu rücken.

Wenn man das dann vergleicht mit den Ressourcen, die in den großen politischen Redaktionen des Landes zur Verfügung stehen, dann ist das ein Kampf David gegen Goliath. Die Politiker schaffen es auf diese Weise, bestimmte Begriffe durchzudrücken. Der Journalist hat keine andere Möglichkeit, schon aus Ressourcengründen, nicht nur, weil er psychologisch ein Mensch ist, der Angst hat und so, sondern aus Ressourcengründen schaffen es Journalisten nicht gegen Begriffe wie, zumindest nicht im ersten Moment, gegen Begriffe wie Dauerwelle, nicht zweite Welle, sondern Dauerwelle oder Corona-Leugner oder Hygiene-Demos vorzugehen.

Man könnte von Journalisten erwarten, die den Auftrag der Öffentlichkeit ernst nehmen, dass sie diese Art von Framing durchschauen, dass sie versuchen, eigene Begriffe zu setzen. Da muss man sich wieder den Alltag in Redaktionen angucken, die nach kommerziellen Gesichtspunkten organisiert werden. Wenn Geldverdienen der wichtigste Zweck ist und der Auftrag der Öffentlichkeit nur so eine Art Abfallprodukt, dann wird gekürzt, soweit es geht.

Man muss jetzt kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass diese Krise, in der wir gerade sind, die Redaktion weiter ausdünnen wird. Die Einnahmen sind gesunken, Anzeigenausfälle gibt es dort. Wir haben viele Redaktionen, die im Homeoffice sind oder von ihrem Schreibtisch aus Realität konstruieren.

Da ist es dann nicht so einfach, wenn man jede Stunde eine neue Realität schaffen muss, weil die Logik der digitalen Plattform das verlangt, dann ist es nicht so einfach, gegen die Definitionsmacht, die von Ministerien, von Regierungen, auch von Unternehmen ausgeht, irgendwas entgegenzusetzen. Ich denke, wir kommen nicht umhin, und Corona zeigt uns das, über die Organisation von Journalismus nachzudenken. Wollen wir, dass das, was wir in der Öffentlichkeit als Realität wahrnehmen, wollen wir, dass das weiter nach kommerziellen Gesichtspunkten bestimmt wird, im Verlagswesen oder im Netz, oder von politischen Gesichtspunkten, wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Dr. Wolfgang Wodarg (1:18:57 - 1:19:34)
Wie kommt das? Wissen Sie, ob Ortswegen, was Leute, Firmen beschäftigt worden sind, um das, was wir von den Medien hören, zu vereinheitlichen? Es fällt ja auf, dass die alle dasselbe sagen, manchmal mit denselben Sätzen.

Gibt es eine Agentur, die beschäftigt wurde von der Regierung, oder wissen Sie da was drüber? Oder macht das alles das Bundespresseamt ganz alleine? Ich denke, dass ja auch Aufträge vergeben werden, die man eigentlich wissen müsste.

Welche Agentur sorgt dafür, dass in Frankreich, in Amerika, in Deutschland dieses Phänomen überall gleich dargestellt wird? Das kann doch keine Regierung machen.

Prof. Dr. Michael Meyen (1:19:34 - 1:20:53)
Wir haben ja ein paar punktuelle Informationen bekommen, wer diese Hashtag-Kampagnen entwickelt hat, welche PR-Agenturen das waren. Aber ich glaube, der Punkt sind nicht so sehr die Agenturen, die dann Auftragsarbeit übernehmen, sondern das sind die Ressourcen, die allein schon bei den regierenden Stellen selbst sind. Wenn ich 500 Menschen im Bundespresseamt habe, wenn jede Partei einen Pressestab hat, wenn jeder Spitzenpolitiker eigene Medienberater hat, die dafür sorgen, dass er auf diese Interviews vorbereitet wird.

Man kann sich ja nicht vorstellen, dass ein Ministerpräsident, egal ob in Bayern oder NRW, zur Pressekonferenz geht und nicht alles trainiert hat vorher. Jede potenzielle Frage, die ein Journalist da stellen könnte, ist vorher durchgeprobt worden. Die Begriffe, mit denen man dort in diese Pressekonferenz geht, sind vorher abgesprochen und ausprobiert worden.

Und man weiß, dass Markus Söder den Begriff, den er in den Medien sehen will, so oft wiederholt, bis der Journalist ihn aufgeschrieben hat. Ausweichen bzw. Politikersprech, sagt man ja dazu.

Ja, man kann das Politikersprech nennen, aber das ist natürlich immer der Versuch, uns in eine bestimmte Richtung zu denken. Jede Art von Framing lenkt uns in eine bestimmte Richtung. Das hat ja in Ihrem Ausschuss sicherlich auch schon eine Rolle gespielt, was ein Begriff wie Corona-Leugner oder ein Begriff wie Covidiot mit der Wahrnehmung der Menschen macht.

Wenn ich an die semantische Nähe zu anderen Begriffen denke, die auf bestimmte Weise belegt sind. Aber auch hier der Begriff Hygienedemo macht natürlich was, wenn es eigentlich um ganz andere Dinge auf solchen Demonstrationen geht.

Viviane Fischer (1:20:54 - 1:21:02)
Wie kommt das? Die Begriffe sind gesteuert. Die kommen ja von irgendwoher oder hat da jemand mal eine Eingebung.

Oder wo kommt das her? Denkt sich das eine Agentur aus?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:21:03 - 1:24:07)
Dazu brauchen Sie keine Eingebung. Dazu brauchen Sie möglichst viele schlaue Leute, die wissen, wie Journalismus funktioniert. Nämlich nach diesem Imperativ der Aufmerksamkeit.

Journalismus funktioniert nach solchen Begriffen. Man kann das natürlich an Beispiel Corona jetzt im Detail durchgehen, aber wir haben es in jedem anderen Bereich der Gesellschaft auch. Wir müssen uns Fußballtrainer, nur Fußballtrainer angucken, Kulturschaffende angucken, Hochschulpräsidenten angucken, die das auf die gleiche Weise machen.

Die auf die gleiche Weise versuchen, öffentliche Legitimation für ihre Anliegen zu bekommen. In der Gesellschaft, in der wir heute leben, in dieser Mediengesellschaft, in der wir heute leben, ist öffentliche Legitimation das zentrale Gut. Sie können nichts mehr durchsetzen, keine Art von Politik, kein Bauvorhaben, nichts anderes, wenn Sie nicht öffentliche Legitimation organisieren.

Das heißt entweder positive Berichte oder gar keine Berichte. Deswegen wird in den Redaktionen angerufen, deswegen werden Redakteure eingeladen in Ministerien und eingeweiht in bestimmte Dinge, die da passieren. Wir haben eine sehr große Nähe zwischen Entscheidern und Journalisten.

Das ist einmal eine Habitusnähe, wie ich das nennen würde, von meinem theoretischen Hintergrund. Man kommt aus den gleichen Milieus, man war an den gleichen Universitäten, man sieht die Welt ganz ähnlich. Man muss also vielleicht gar nicht groß beeinflusst werden, schon gar nicht muss man irgendwie Druck ausüben, weil Mittelschicht Menschen mit bestimmten Ausbildungen einfach die Welt ähnlich sehen.

Und dann haben wir eine Nähe, die aus Arbeitsumgang resultiert. Wenn ich auf der Pressekonferenz jeden Tag die gleichen Leute sehe, wenn ich mit denen unterwegs bin, wenn sie im Land umherfahren, dann entwickle ich Verständnis. Mein Kollege Uwe Krüger, das ist ein Medienforscher aus Leipzig, der spricht von Verantwortungsverschwörung.

Eine Verantwortungsverschwörung. Der Journalist weiß, was gut ist und was schlecht ist. Er glaubt, dass er Einfluss auf die Menschen hat, schon dadurch, dass er Realität definieren kann und fängt dann an, in die Richtung Realität zu konstruieren, die er für gut hält.

Also nichts gegen die Maskenpflicht, nichts Positives über Demonstrationen gegen Regierungsmaßnahmen und so weiter. Es ist also gar nicht nötig, Journalisten einzuladen in Hintergrundgespräche und das passiert natürlich trotzdem, dass Politiker für Verständnis werben und auf Verständnis hoffen können, weil wir sehr homogene Redaktionen haben, gerade in den Leitmedien. Das sind weiße Akademiker, Männer mit gutem Einkommen.

Das ist vielleicht auch ein Unterschied zu Ländern wie der Türkei oder wenn man noch weiter im Korruptionsindex, auf den Herr Wodak hingewiesen hat, runterschaut. Es gibt Länder, in denen Journalisten deutlich schlechter bezahlt werden und Länder, in denen Journalismus und Unternehmen aus anderen Branchen noch viel enger gekoppelt sind. Wenn man die Türkei anschaut, da gibt es halt Unternehmen, die haben eine Zeitung und einen Fernsehsender, aber nebenbei auch ein Straßenbauunternehmen oder ein Bergwerk und da ist es dann für die Regierung relativ leicht, Einfluss auszunehmen, wenn man einfach Bergbaulizenzen oder Bauaufträge nicht vergibt, dann bin ich als Medienunternehmen auch weg.

So weit sind wir in Deutschland noch nicht, dass es diese direkten Verbindungen gibt. Wir sind auch noch nicht so weit, dass Journalisten überhaupt kein Einkommen generieren. Das haben wir in Afrika, dass Auftraggeber von Pressekonferenzen den Journalisten dafür bezahlen, dass er kommt und dann schreibt.

Die meisten Leitmedienredakteure in Deutschland werden gut bezahlt, könnten also in der Lage sein, unabhängig von solchen Einflüssen Realität zu konstruieren.

Dr. Reiner Fuellmich (1:24:07 - 1:25:14)
Das ist doch die zentrale Frage. Wenn das also theoretisch möglich ist, von der Ausstattung her möglich ist, dann frage ich mich, ich habe eine Freundin bei der ARD, die ist inzwischen auch immer kritischer geworden, aber sie wehrt sich dagegen, dass hier falsch berichtet wird. Ein Punkt, an dem man ganz sicher, sehr klar erkennen kann, dass falsch berichtet wird, ist die Zahl der Demonstranten am 1.8. Da sieht sie auch inzwischen, oh, oh, wenn ich mir die anderen Bilder angucke, dann kommt mein Bild ins Wanken. Aber sie möchte nicht, sie möchte nicht, dass das Bild ins Wanken kommt. Wie kann das sein, dass jemand, der bis dahin in vielen anderen Fragen doch durch kritische Berichterstattung aufgefallen ist, plötzlich vollkommen auf Linie ist, ja nicht nur das, sondern teilweise wird er ja mit Schaum vorm Mund die offizielle Linie sogar noch verschärft, indem man über Covid-Idioten spricht, indem man sich geradezu wütend über Leute äußert, die in der Bahn keine Maske aufhaben, ohne überhaupt nur daran zu denken, dass es vielleicht ja auch Atteste gibt.

Wie kommt das, dass das so weit geht?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:25:16 - 1:28:44)
Wir haben mehrere Gründe. Grund 1 ist, glaube ich, die Berufsideologie im Journalismus. Der Vorwurf, falsch zu berichten, trifft Journalisten ins Mark.

Journalismus erzählt sich selber, dass er unabhängig ist, dass er objektiv ist, dass er neutral ist. Das ist immer eine Illusion gewesen. Man kann als Mensch nicht objektiv sein.

Man kann nicht neutral sein. Ich würde sagen, das ist der erste Punkt, über den der Journalismus diskutieren muss. Ich würde sagen, die Berufsideologie braucht eine Reform.

Wir sollten eher über Transparenz reden, über Reflexionen reden. Wir sollten offenlegen, wie wir selbst die Welt sehen, welche Interessen möglicherweise Informationsgeber haben könnten. Wer hat für einen Artikel bereitwillig ein Interview gegeben?

Wer hat ein Interview eher verweigert? Solche Informationen würden uns als Nutzerinnen und Nutzern helfen, die Informationen besser einzuordnen. Das ist, glaube ich, der erste Punkt, Berufsideologie.

Der zweite Punkt ist, dass der Vorwurf, falsch berichtet zu haben, tatsächlich vermutlich nur in den allerwenigsten Fällen zutrifft. Was wir eher beobachten können, ist, dass die Teile der Wirklichkeit, die eine bestimmte Haltung unterstützen, größer gemacht werden und die Teile der Wirklichkeit, die nicht zu einer Haltung passen, die eben einem weißen, akademischen Mittelschichtmilieu dominiert, kleiner gemacht werden, weggelassen werden oder sogar delegitimiert werden. Wenn ich nochmal auf den Auftrag Öffentlichkeit zurückgehe, eigentlich wäre es der Auftrag des Journalismus, alle Positionen abzubilden und uns als Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit zu geben, uns selbst ein Bild zu machen.

Was wir stattdessen erleben, ist, dass bestimmte Positionen delegitimiert werden von Menschen, die eigentlich gar nicht das Wissen haben können, um solche Positionen zu falsifizieren. Das haben wir am Beispiel von Herrn Bodag erlebt, wo Menschen, die sehr viel weniger Sachverstand mitbringen, in sehr schnell gemachten Faktenchecks behauptet haben, die Wahrheit zu kennen, anstatt einen wissenschaftlichen Streit adäquat abzubilden und möglicherweise sogar die Streitparteien an einen Tisch zu bringen. Das wäre das, was der Auftrag Öffentlichkeit verlangen würde.

Streitgespräche bei Markus Lanz, bei Maischberger, wo Wolfgang Bodag sitzt und wo Christian Drosten sitzt und wo sie beide vor unserer aller Augen sich streiten können, ohne dass der eine sofort zum Boomern gemacht wird und der andere zum Helden verklärt wird. Und dann, was Sie gesagt haben, die Ressourcen sind eigentlich da. Klar, die Ressourcen sind da.

Wir bezahlen acht Milliarden Euro Gebühren im Jahr für öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wenn wir dann aber schauen, wie Redaktionen organisiert sind, dann sehen wir, dass es relativ wenige Menschen nur noch gibt, die feste Lebenszeitverträge haben. Wir erleben stattdessen, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkangebote von outgesourcten Produktionsfirmen geliefert werden, von Menschen, die als Freiberufler arbeiten oder von sogenannten Festfreien, also Menschen, die schon damit rechnen können, auch im nächsten Monat wieder im Dienstplan zu stehen, wieder einen Auftrag zu bekommen, aber das nicht sicher wissen können.

Und da fängt dann Konformität an. Wenn ich also nicht sicher sein kann, dass mein Vertrag im nächsten Monat weiterläuft, dann orientiere ich mich an den Chefs, die ich habe. Die haben feste Verträge, aber wie ich vorhin schon gesagt habe, Leitungsposten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk werden von Gremien besetzt, die von der Politik dominiert sind.

Da wird also auch politisches Wohlverhalten belohnt. Insofern, denke ich, müsste man auch über die Organisation von öffentlich-rechtlichem Journalismus nachdenken und wieder dahin zurückkommen, wo man in den 80ern war, in der Zeit von Hans-Joachim Friedrichs, dass das von festen Redakteuren gemacht wird, von Menschen, die wissen, dass sie dort ihre Rente erreichen, egal ob sie jetzt eine Linie, die die Redaktionszeitung vorgibt, vorbehaltlos vertreten oder ob sie sich streiten und sagen, nein, das mache ich so nicht.

Dr. Wolfgang Wodarg (1:28:46 - 1:28:50)
Wie viel Pflicht tun die Dignären in Schweden?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:28:51 - 1:30:26)
Ja, das ist ein Beamter, der dort seine Pflicht tut. Man kennt auch die Berichte über Nachteile solcher Lebenszeitverträge in öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Das haben wir in der Universität ja auch.

Ich bin Lebenszeitbeamter und es gibt schon eine kleine Anzahl von Kolleginnen und Kollegen, ich würde es schätzen, zehn Prozent vielleicht, die sich auf diesen Beamtenposten ausruhen, die einfach nichts mehr publizieren, die aufhören zu forschen, die ihre Lehre sozusagen als Pflichtjob betrachten, aber die allermeisten anderen bringen einen Ethos mit, der weiter zur Forschung führt, der zu guter Lehre führt und ich würde behaupten, dass das im Journalismus auch der Fall wäre, wenn ich also Journalisten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf Dauer stelle, sie sicherstelle, dann würden sie schon, weil sie einen Ethos in den Beruf mitgebracht haben, die wollen ja uns aufklären, dass damit treten die jungen Journalisten an, wenn sie in die Redaktionen kommen, die würden das dann auch tun, wenn ich ihnen die Möglichkeiten, strukturell die Möglichkeiten gebe, wenn ich sie auch aus diesem Diktat dieser Aufmerksamkeitsspirale befreie, wenn ich also nicht verlange, dass sie bestimmte Klickzahlen produzieren, sondern sie auch dafür belohne, wenn sie Stücke machen, die einfach den gesellschaftlichen Diskurs vorantreiben, aber vielleicht nicht die größte Einschaltquote, die größte Klickzahl bekommen. Wenn Sie heute in so eine Printredaktion reingucken, da werden ja nicht mehr nur Klickzahlen gemessen, es wird auch gemessen, welcher Artikel dazu führt, dass Abonnements abgeschlossen werden, welcher Artikel dazu führt, dass man wieder zurückkommt zu der Seite, welcher Artikel auf sozialen oder digitalen Plattformen geteilt wird, wer da also eine große Reichweite erreicht. Ich bin also als Journalist darauf angewiesen, um in den Augen meiner Chefs dort gut dazustehen, dass ich den Imperativ der Aufmerksamkeit bediene, was was völlig anderes ist, als den Auftrag Öffentlichkeit zu erfüllen.

Dr. Reiner Fuellmich (1:30:26 - 1:31:04)
Ich habe bei einem Kollegen hier in Berlin, der eine große Kenntnis der Medienszene hat, erfahren, dass im Spiegel, beim Spiegel offenbar darüber diskutiert wurde, ob nun von vielen oder wenigen, das konnte ich nicht erfahren, ob man sich zum Haltungsjournalismus verwandelt. Kann das sein, das schien mir völlig absurd, kann das sein, dass hier anstatt Information nur noch eine Haltung transportiert werden soll, oder man sich das vorstellt und dass das dann auch dazu führt, dass da Leute mit Schaum vom Mund unterwegs sind?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:31:05 - 1:33:18)
Das ist eine Debatte, die nicht nur im Spiegel im Moment läuft, sondern ganz generell im Berufsstand zu beobachten ist. Wir haben gerade heute eine Diskussion, ein Pro und Contra, wenn man so will, im Berufsstand über das Interview, das der Deutschlandfunk mit Anselm Lenz geführt hat. Das Portal über Medien, das ist so das einzige medienjournalistische Portal, was wir haben, also medienkritische Portal, das einzige Portal, was Journalismus betreibt, wo man also beobachtet, was die Kolleginnen und Kollegen da so machen.

Das lehnt es ab, sagt auf keinen Fall, mit solchen Leuten reden, das kann nur weiter, wie das da heißt, in den Kaninchenbau führen, in den Kaninchenbau des Verschwörungsideologen. Ich zitiere das jetzt einfach Anselm Lenz. Wir finden aber auch im Journalismus andere Positionen, die sagen, nein, völlig falsch, dieses eine Interview kann überhaupt nichts Schädliches anrichten.

Das wäre überhaupt das erste Interview, wo jemand relativ lange, 13 Minuten lang, seine Ansicht, ohne schon gleich abgewertet zu werden, vertreten kann von der anderen Seite. Das kann bei der Masse an öffentlich-rechtlichen anderen Beiträgen eigentlich überhaupt nichts ausmachen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hätte bei der Gebührenmenge, die ihm zur Verfügung steht, auch die Möglichkeit, jederzeit das in Dokumentation und so wie auch immer aufzuklären, wenn er der Meinung ist, dass da Unsinn erzählt worden wäre.

Also die Debatte läuft im Berufsstand. Ich führe das auch zurück auf den Imperativ der Aufmerksamkeit und auf die Ressourcenzwänge, die ein kommerziell betriebener Journalismus hat. Wir können Exklusivität, also Dinge, die kein anderer hat, Dinge, die noch nie da gewesen sind, die deshalb Aufmerksamkeit generieren, auch über Meinung generieren.

Ich kann an meinem Schreibtisch sitzen in der Redaktion und muss gar nicht rausgehen, muss nicht recherchieren, muss nicht an die Wirklichkeit ran, kann aber eine steile These vertreten und bekomme auch da die entsprechende Aufmerksamkeit. Das ist, glaube ich, der Hintergrund dieser Debatte um Haltungsjournalismus und ich bin erschrocken, dass ernstzunehmende Redaktionsleiter, führende Journalisten diese These ernster vertreten, dass wir in Richtung Haltungsjournalismus gehen könnten, weil ich glaube schon, dass Journalisten auch eine Haltung haben können und sollen, dass sie die auch in Leitartikeln vertreten können und sollen, aber das ist für mich als Bürger, der sich eine Meinung bilden will, viel weniger wichtig als das, was in Interessengruppen vorhanden ist, was in der Gesellschaft insgesamt diskutiert wird, was Experten zu einem bestimmten Thema zu sagen haben.

Der Journalist kann kein Experte in Epidemiologie sein, der kann kein Experte in irgendeinem anderen Thema sein, der muss Experte in Vermittlung dieses Gesprächs der Gesellschaft sein, das ist das, was er zu leisten hat.

Viviane Fischer (1:33:18 - 1:33:48)
Darf ich fragen, also in Ihrer Einschätzung, wie viele Leute denn das kommunizieren? Das ist schon richtig, dass die Leitmedien da eine ziemlich große Rolle spielen, aber man hat ja schon auch immer den Eindruck so, dass sehr viele Menschen sich jetzt auch aus diesem Fernsehkonsum zunehmend ausklinken, also dass vielleicht auch jüngere Leute das gar nicht mehr machen, sondern eben überwiegend im Internet unterwegs sind bei irgendwelchen Bloggern und so weiter. Wie sehen Sie denn da die Entwicklung?

Sind das nur noch die alten Menschen, die da vor der Fernseher sitzen überwiegend oder alle möglichen?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:33:48 - 1:35:51)
Ja, wir haben also verschiedene Entwicklungen. Wir haben einmal diese Umfragen zu Glaubwürdigkeit oder Vertrauen der Medien, die seit 2014 etwa geführt werden, seit Pegida, seit Erfolgen der AfD, seit Ukraine. Wir sehen dort, dass ungefähr ein Drittel der Menschen antworten bei solchen Befragungen, obwohl ich sie methodisch für fragwürdig halte, aber ein Drittel antworten, dass sie kein Vertrauen mehr in Medienberichterstattung haben.

Wir sehen zum Zweiten, dass die traditionellen Medien, die Leitmedien in der Corona-Zeit an Bedeutung gewonnen haben, wenn man nur Einschaltquoten und Nutzerzahlen sieht. Das ist ganz klar. In Krisenzeiten gewinnen Medien an Bedeutung.

Ich bin ja aus der DDR. Im Herbst 1989 und im Frühjahr 1990 waren die Medienreichweiten so groß wie nie wieder danach und wie nie davor, weil jede Nachricht konnte Einfluss auf das eigene Leben haben. Kaufe ich meine Waschmaschine jetzt noch vom DDR-Mark oder warte ich auf diese Währungsunion? Wie wird mein Geld umgetauscht werden?

Gehe ich jetzt schon in den Westen, um Arbeit zu suchen oder bleibe ich hier und hoffe, dass Investoren kommen und mir Arbeitsplätze sichern? Genauso ist das in der Corona-Zeit. Kann ich nach Kroatien in Urlaub fahren?

Muss ich da an der Grenze eine Kontrolle über mich ergehen lassen? Kann ich die verweigern? Was passiert dann, wenn ich sie verweigere?

Also all diese Dinge sind ja lebensverändernd. Was passiert, wenn ich keine Maske im Supermarkt aufsetze und solche Dinge? Also das erklärt, warum Menschen sich den Leitmedien und überhaupt, das kann ja im Regionalen auch eine Lokalzeitung sein, warum Menschen sich diesen Medien zuwenden, weil sie einfach wissen müssen, was da an Realität definiert wird.

Ich kann diese Realität nicht ignorieren, weil ja auch die Supermarktkassiererin die gleiche Realität wahrgenommen hat, das unterstelle ich zumindest und mich dann möglicherweise nicht bedient, wenn ich ohne Maske vor ihr stehe. Und das passiert in München so, dass man im Biermarkt, im Biergarten kein Bier bekommt, wenn man ohne Maske eins bestellen wollte. Also insofern sehen wir, dass die Nutzerzahlen im Moment eher hochgehen.

Insofern könnte man die traditionellen Medien auch als Profiteure dieser Corona-Krise bezeichnen, weil sie wieder an Bedeutung in der Gesellschaft gewonnen haben. Es diskutiert heute keiner mehr, ob traditionelle Medien möglicherweise durch digitale Plattformen abgelöst werden könnten.

Dr. Wolfgang Wodarg (1:35:52 - 1:36:36)
Das ist ein korrigierender Einfluss gibt anderer Systeme auf die Medien. Das Rechtssystem zum Beispiel, gibt es Beispiele dafür, dass durch Rechtsprechungen die Medien praktisch wieder irgendwie zur Ordnung gerufen werden oder dass dort eine Möglichkeit, es werden ja viele Menschen geschädigt durch die Medienberichterstattung jetzt. Und das ist ja auch der Gegenstand dieses Gremiums des Ausschusses.

Gibt es da irgendwelche Möglichkeiten, dass vom Rechtssystem her ein Rückgriff genommen wird oder Einfluss genommen wird auf die Medien, sodass es dazu einer Korrektur kommen muss oder dass eine Korrektur erleichtert wird?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:36:37 - 1:38:59)
Wenn man in die Geschichte der Bundesrepublik zurückschaut, dann sieht man, dass das, was ich vorhin als Auftrag Öffentlichkeit bezeichnet habe, ganz wesentlich von der Rechtsprechung mitgeprägt worden ist, vor allem durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Also insofern mag es eine Möglichkeit geben, den Journalismus an diesen Auftrag wieder zu erinnern und ihn dahin zurückzuführen. Im Einzelfall bin ich eher skeptisch.

Sie können als Bürger, der ja betroffen ist von einem Artikel natürlich gegen Darstellung einklagen. Das hat wenig Effekt. Sie können auf Unterlassung klagen oder Sie können einen neuen Bericht einklagen.

Sie müssen aber immer Ihre Betroffenheit nachweisen. Sie müssten immer nachweisen, dass der Journalist vorsätzlich falsch berichtet hat. Das ist relativ schwer, so im Einzelfall vor Gerichten durchzusetzen.

Ich glaube, was effektiver wäre, was erfolgversprechender wäre, ist eine generelle gesellschaftliche Debatte. Das, was ja auch dieser Ausschuss hier anstrebt, eine generelle gesellschaftliche Debatte über die Rolle, die Medien in der Gesellschaft haben, über die Art, wie wir Journalismus organisieren wollen. Wir müssen uns einfach glaube ich fragen als Gesellschaft, welche Art von Journalismus wollen wir haben?

Wollen wir diesen Journalismus haben, der die Politik vor sich her treibt, der ja oft, das haben wir im März und April erlebt, der oft viel radikaler als Politiker Forderungen stellt und dann Staatskanzleien automatisch dazu zwingt, fast automatisch dazu zwingt, da mitzuziehen, indem gemeldet wird, dass dieses Bundesland jetzt schon das gemacht hat und gefragt wird, warum machen die anderen nicht das? Österreich hat schon Masken, warum haben wir in Bayern noch keine? Mecklenburg-Vorpommern macht jetzt das so und so, warum macht ihr das auf andere Weise, vielleicht weniger radikale Weise?

Also wir müssen uns fragen, wollen wir diesen Journalismus haben? Wenn wir ihn nicht haben wollen, müssen wir ihn fragen, was wir uns einen anderen Journalismus kosten lassen wollen. Die Gebühren sind, die Rundfunkbeiträge, wie das jetzt korrekt heißt, sind ja ohnehin in der Diskussion.

In der Schweiz hatten wir eine Volksabstimmung zu dieser Frage, die sehr eindeutig positiv ausgegangen ist und diese Debatte, die ja in jeder Volksabstimmung vorausgeht, hat glaube ich dazu geführt, dass sich die Menschen über die Rolle, die öffentlich finanzierte Medien in der Gesellschaft haben, klarer geworden sind. Bei so einer Volksabstimmung müssen die Argumente auf den Tisch. Es ist ja nicht einfach so, dass man am Sonntag hingeht und da Ja oder Nein ankreuzt, sondern man beschäftigt sich damit.

Es wird in der Öffentlichkeit diskutiert und glaube ich, das ist das, was wir bräuchten. Ich würde es nicht so sehr auf Gerichte hoffen. Ich selber habe das ja versucht, es gab über mich einen kleinen Beitrag in der Süddeutschen Zeitung, ich habe versucht, den über ein Gericht, über Berliner Gerichte aus der Zeitung vorzuklagen.

Das ist gescheitert, obwohl dort Falschzitate in diesem Text drin waren.

Dr. Reiner Fuellmich (1:39:00 - 1:39:05)
Also da braucht man natürlich einen Medienrechtler, der dann gegebenenfalls auch hart zur Sache geht, aber falsche...

Prof. Dr. Michael Meyen (1:39:05 - 1:39:11)
Ich hatte Johannes Eisenberg, der Taz-Gründer ist und einer der führenden Presserechtler, aber gut, Herr Ludwig winkt ab.

Dr. Reiner Fuellmich (1:39:12 - 1:40:22)
Okay, also ich glaube auch, dass Sie im Ergebnis Recht haben, dass natürlich im Einzelfall, wenn echte Falschberichterstattung vorliegt, die rufschädigend ist beispielsweise und dann auch in der Folge gegebenenfalls berufliche Konsequenzen hat, Einkommenseinbußen hat, dann kann man schon mit Aussicht auf Erfolg klagen, aber ich glaube tatsächlich, dass das grundsätzliche Problem, und das ist ja das, was wir auch tatsächlich mit diesem Ausschuss anstreben, nämlich eine öffentliche Diskussion über diesen Gesamt-Corona- Zusammenhang, eine wissenschaftliche Diskussion über auch vor allem die medizinische Seite, aber auch jetzt all das, was dadurch aufgebrochen ist, zum Beispiel das Verhalten der Medien, über das wir gerade reden.

Ich glaube, dass das viel wichtiger ist. Was meinen Sie denn, Herr Professor Main, wenn sich nun tatsächlich rausstellt, wofür aus meiner persönlichen Sicht alles spricht, dass die Tests Schrott sind und nichts, aber auch gar nichts über Infektionen aussagen, dass die Zahlen, die da über die Demo vom 1.8. angegeben wurden, komplett falsch sind, was macht das mit den Medienkonsumenten, die ja nach Orientierung gesucht haben und sich das angeguckt haben?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:40:24 - 1:42:13)
Das Corona spitzt es nur zu, was wir ja seit 20 Jahren beobachten können. Ich glaube, die ersten Zweifler gab es an den offiziellen Geschichten, die nach dem 11. September erzählt worden sind.

Das ist dann weitergegangen mit der Bankenrettung über Griechenland, über die Ukraine, über die Berichterstattung zu Ostdeutschland. Ich meine, ich bin, wie ich schon gesagt habe, DDR-Bürger gewesen, kenne viele Menschen im Osten, die sind überhaupt nicht zufrieden mit dem, was über ihre Motive AfD zu wählen berichtet wird, was über Demonstrationen dort berichtet worden ist. Also insofern ist dieses Vertrauen in die Institutionen, Massenmedien, wie wir sie haben, ohnehin schon erschüttert.

Ihre Frage zielt, glaube ich, noch ein bisschen weiter. Wird es Selbstkritik der Medien geben, möglicherweise? Wir haben, wir kennen ja die Vergleiche, wie wurde über dieses Virus im Januar, Februar berichtet, noch bis Anfang März berichtet und wie ist das dann umgeschlagen?

Auch mit der Maske haben wir Berichte bis Mitte April noch, die ganz anders aussahen, als sie danach aussahen. Selbstkritik habe ich da nicht beobachtet. Wir haben es untersucht mit Studenten am Beispiel NSU-Berichterstattung.

Diese Mordserie wurde lange als Dönermorde bezeichnet. Auch Medien waren daran beteiligt, die gesellschaftliche Sensibilität für dieses Thema kleinzureden oder niedrig zu halten. Als dann offensichtlich wurde, welche Dimensionen dieser Skandal hat, gab es in einzelnen Medien schon Selbstkritik.

Die taz hat damals was gemacht, auch ihre eigene Rolle hinterfragt, aber die allermeisten sind einfach auf den neuen Zug aufgesprungen und haben dann halt anders berichtet. Ich würde vermuten, das würde bei entsprechenden Befunden zur Testqualität, zur Gefährlichkeit dieses Virus, zu möglichen Mutationen des Virus, zu geringerer Letalität im Moment, das würde dann ganz ähnlich laufen. Die Journalisten würden sich, wie jetzt auch, wieder an offiziellen Quellen orientieren, würden das übernehmen, was ihnen von Bundesbehörden, von Ministerien mitgeteilt wird, das in eine möglichst elegante Form überführen, damit wir es als Nutzerinnen und Nutzer auch verdauern können.

Dr. Reiner Fuellmich (1:42:13 - 1:42:29)
Aber da sind doch einige Leute, sowohl auf der politischen Seite als vielleicht Taktgeber, als auch aber innerhalb der Medienlandschaft, die sich sehr weit aus dem Fenster gelehnt haben. Die kommen da doch nicht unbeschädigt wieder zurück?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:42:31 - 1:43:36)
Ja, wahrscheinlich kann man dann, wenn das so kommen sollte, auf die Einzelbeispiele verweisen, die es ja gibt. Ich habe hier die Süddeutsche Zeitung, wo es immer jeden Sonntag eine schöne Kolumne von Heribert Brandl gibt, die an Abonnenten versandt wird. Wir hatten in der Süddeutschen Zeitung tolle Interviews mit Daniel Kehlmann, mit Juli C., mit Papier, dem Ex-Verfassungsrichter. Es gibt dann schon Beispiele, wo dann der Journalismus mal seinen Auftrag Öffentlichkeit erfüllt hat. Wir haben Leitartikel von Julian Reichelt in der Bild-Zeitung. Interessanterweise immer in dem Moment, wo Wolfgang Schäuble und bestimmte Teile der CDU-Fraktion einen anderen Kurs plötzlich vertreten haben, die anders sind als das, was die anderen Medien gemacht haben.

Wir haben Talk-Gäste bei Markus Lanz, die andere Thesen vertreten haben. Insofern wird der Journalismus in der Lage sein, positive Beispiele zu finden und sich auf diese Weise möglicherweise zumindest teilweise reinzuwaschen. Ja, das ist eine spannende Frage, ob diese Art von – wir sind ja alle keine Propheten – Journalismus, ob die Journalisten, die entsprechende Leitartikel geschrieben haben, dann einfach umstandslos zur Tagesordnung übergehen.

Viviane Fischer (1:43:37 - 1:44:25)
Wie sehen Sie denn die Situation mit den alternativen Medien? Da ist ja ungeheuer viel entstanden. Da sind ja auch plötzlich irgendwelche Bürgerjournalisten quasi rausgekommen, haben eben ihre ganzen Erkenntnisse da zusammengestellt, Interviews gemacht und so weiter.

Also ich meine, auch wir sind ja letztlich nicht als – also wir sind ja jetzt nicht Journalisten, aber wir sind ja jetzt auch in dieser investigativen Form, wie das jetzt ist, ist ja auch nicht unbedingt das, was uns jetzt an der Wiege gesungen wurde. Also plötzlich aktiviert man sich in so einer Form, wo man eben selber nachgraben möchte. Und ich habe schon den Eindruck, dass sich da auch eine gewisse Szene etabliert hat und etablieren wird und wahrscheinlich auch weiter existieren wird, es sei denn, es entwickelt sich zensurhafter noch oder wie auch immer.

Aber wie sehen Sie da eine mögliche Intensivierung oder Bestandskraft dieser ganzen Entwicklung?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:44:26 - 1:46:11)
Es ist von beiden Seiten eine Unzufriedenheit dahinter. Sie fangen nicht an, eine digitale Plattform zu gründen und zu betreiben, da viel Zeit zu investieren, auch auf Einkommen zu verzichten, wenn Sie nicht unzufrieden mit dem wären, was Sie in den Leitmedien beobachten können. Genauso gilt das für Nutzerinnen und Nutzer.

Man geht nicht zu alternativen Plattformen, wenn man nicht unzufrieden mit dem wäre, was man in den Leitmedien findet. Wenn Herr Wodarg im Talkshows gesessen hätte, in den zentralen Talkshows, dann hätte man als Bürger, als Bürgerin kein Motiv gehabt, auf seine Webseite zu gehen oder sich seine Interviews auf anderen Kanälen anzuschauen. Die Frage ist immer wieder eine Realitätsdefinition.

Sie können als Untersuchungsausschuss diese Interviews führen, Sie können das im Netz alles wunderbar dokumentieren. Das erlangt so lange keine symbolische Gewalt, solange nicht die Leitmedien darüber berichten. Sie dokumentieren ja auf Ihrer Seite auch das Presseecho.

Wir haben einen Bericht im MDR, drei Minuten lang, der auch schon wieder aus der Mediathek fort zu sein scheint. Dann haben wir RT Deutsch und Sputnik News und andere Kanäle wie Rubicon und so weiter. Insofern können Sie das machen.

Es kann ignoriert werden, weil niemand unterstellen muss, dass andere das auch wahrgenommen haben. Sobald Sie in der Tagesschau damit sind, müsste man sich mit Ihrer Arbeit beschäftigen. Sobald einer von den Menschen, die Sie hier interviewen, angegriffen wird, weil er bei Ihnen war, dann müsste man ja über Sie berichten.

Dann würde die Existenz dieses Ausschusses auch für alle offensichtlich sein. So existiert der Ausschuss nicht. Die Leitmedien definieren, was Realität ist.

Solange sie da nicht vorkommen, gibt es sie nicht. Klar, wir haben einen Kampf um Definitionsmacht und Deutungshoheit. Da sind die digitalen Plattformen, von denen Sie gesprochen haben, daran beteiligt.

Man sieht es an den gestiegenen Abonnentenzahlen, man sieht es am Anstieg des Spendenaufkommens für solche Plattformen, dass da ein großer Bedarf da ist. Wie dieser Kampf um Deutungshoheit, um Definitionsmacht ausgeht, ist im Moment ungewiss.

Dr. Reiner Fuellmich (1:46:13 - 1:46:59)
Darauf zählte eben meine Frage ab. Wenn also in Kernbereichen dieser Berichterstattung, wo man nicht vor und nicht mehr zurück kann, weil man sich festgelegt hat, wenn es um Zahlen geht beispielsweise oder um die Zuverlässigkeit des Tests oder die Gefährlichkeit des Virus, wenn sich da plötzlich am Ende herausstellt, was sich aus meiner Sicht jetzt seit längerem anbahnt, dass da wirklich falsch berichtet wurde, was passiert mit den Leuten, die sich weit aus dem Fenster gelehnt haben? Also es gibt ja da zurückhaltendere Berichterstattung, aber es gibt eben Leute, die mit Schaum vom Mund unterwegs waren.

Auf beiden Seiten, sowohl in der Politik als auch in der Medienlandschaft. Können die sich wirklich einfach wieder in ihr Gehäuse zurückziehen und versuchen, dass keiner den Eindruck zu erwecken, als hätten sie immer schon das richtig gesehen?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:47:00 - 1:48:37)
Ich kann mir nicht vorstellen, wie man da unbeschädigt wieder rauskommt. Wie vorhin schon gesagt, ich glaube nicht, dass das Problem ist, dass sehr viel falsch berichtet worden ist. Wir haben diese Kurven aus Schweden vorhin gehabt, auf dem Bildschirm, wo man mit einem Klick ein völlig anderes Bild erzeugen kann.

Und das ist das Problem. Das ist das, was ich vorhin mit Wirklichkeit die Haltung unterstützt beschrieben habe. Es wird also der Teil der Wirklichkeit, der eine bestimmte Position unterstützt, besonders hervorgehoben und andere Teile der Wirklichkeit werden weggelassen.

Wir bekommen jetzt Zahlen über registrierte Neuinfektionen. Wir bekommen in der gleichen Nachricht aber nicht den Anstieg der Tests. Wir bekommen nichts zu der Zusammensetzung der Getesteten.

Das weiß ich als empirischer Sozialforscher, man kann ins Feld gehen und nicht jede gewünschte Zahl bekommen, aber fast jede, wenn man einfach die Stichprobe verändert, wenn man die Kriterien verändert mit denen, was positiv oder negativ ist. Das ist nicht so schwer. Ich glaube, Journalisten können immer sagen, wir haben doch gesagt, 1200 registrierte Neuinfektionen heute.

Klar, wir haben andere Teile nicht gemeldet, aber wir haben nicht falsch berichtet. Wir haben Kontext weggelassen. Wir haben dem Bürger nicht erlaubt, diese Zahlen einzuordnen.

Wir haben Alarmismus betrieben, indem wir zum Beispiel nicht berichtet haben, wie viele Menschen im Moment noch auf Intensivstationen liegen mit nachgewiesenen Corona-Infektionen. Da könnte man ja einfach auch eine andere Art von Realität erzeugen, die sehr viel weniger für Panik sorgt, die nicht dazu führen würde, dass Menschen heute überlegen, ob sie erzählen können, dass sie nach Italien fahren mit ihren Kindern, wenn die Schule doch bald losgeht in Bayern und die Nachbarn Angst haben, dass sie ihre Kinder wieder zu Hause haben müssen, weil diese Nachbarin da in Italien war und möglicherweise gefährliche Dinge im Kofferraum mitgebracht hat.

Dr. Reiner Fuellmich (1:48:40 - 1:49:50)
Ich meine, es gibt da ein paar Bereiche, wo keine Grauzone ist, innerhalb derer man sich von links nach rechts bewegen kann. Wenn also die offizielle Linie war, da waren 17.000 Leute, vielleicht 22.000 Leute und hinterher stellt sich raus, es waren 800.000. Da gibt es keinen Entkommen, meiner Ansicht nach. Und wenn sich hinterher herausstellen sollte, dass das, was wir hier von zwei Immunologen gehört haben, korrekt ist, nämlich, dass diese Tests nicht geeignet sind, Infektionen festzustellen, sondern dass der Positiv-Test nur bedeutet, dass man da irgendeinen Bruchteil eines Moleküls gefunden hat, wobei man noch nicht mal weiß, was das für ein Virus ist.

Wenn sich das herausstellt, das sind für mich jedenfalls zwei Eckdaten, wo es keine Möglichkeit mehr gibt, zu erklären, wie man so schief daneben liegen kann. Außer man sagt, ja, ich habe der Polizei vertraut, was billig ist für einen Journalisten, oder man sagt, ja, ich habe Herrn Drosten vertraut, was ebenfalls billig ist, weil jeder wissen konnte, dass da draußen auch noch ein Herr Bodak, dass eine Frau Mölling, dass ein Herr sonst wie unterwegs ist, die etwas andere Meinung vertreten. Wie kommt man aus dieser Klemme wieder raus?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:49:51 - 1:51:09)
Ja, Sie sagen das so leicht, dass es billig für einen Journalisten ist, dass er das wissen könnte. Wir haben im Journalismus eine große Gläubigkeit gegenüber offiziellen Quellen. Das ist ein generelles Problem.

Und es war auch lange Zeit auch kein Problem, dass ich offiziellen Quellen glaube. Ich weiß nicht, wahrscheinlich in der Zeit von Hans-Joachim Friedrichs war das nicht so ein Problem. Und es gab schon damals Journalismuskritiker, die gesagt haben, du kannst allen Quellen vertrauen, aber bloß nicht denen, die von der Regierung kommen.

Da wäre es erste Journalistenpflicht, solche Quellen anzuzweifeln. Aber es ist nicht so einfach, wenn ich auch so auf die Sozialisation von Journalisten schaue. Das sind ja Menschen, die oft Aufsteiger sind, die plötzlich ganz nah dran sind an diesen offiziellen Institutionen, die an der Macht ganz nah dran sind.

Warum sollen die sofort anfangen, daran zu zweifeln, was Ihnen der Polizeipräsident sagt, was im Polizeibericht steht, was Ihnen das Innenministerium sagt, was Ihnen das RKI sagt. Das ist schon ein weiter Schritt, offiziellen Quellen zu zweifeln. Klar, ich habe das einmal erlebt.

Ich habe ja auch lange geglaubt an das, was mir mein erster Staat so erzählt hat. Habe dann erlebt, wie das in relativ kurzer Zeit zusammenbrechen konnte. Und was da alles letztlich nicht erzählt worden ist, vielleicht fällt es einem dann leichter, auch offiziellen Quellen zu misstrauen.

Aber wenn ich erst mal in dieser Welt sozialisiert worden bin und in meinem eigenen Leben, weil das eigene Leben funktioniert, keinen Anlass habe, der Polizei zu misstrauen oder Ministerien zu misstrauen, dann ist es schon nicht so leicht.

Dr. Reiner Fuellmich (1:51:10 - 1:51:31)
Das könnte ja dann eine Konsequenz sein, wenn der Nebel sich verzogen hat, das Kampfgetümmel sich gelegt hat und man dann tatsächlich, was ja das Ziel hier ist, diese öffentliche Diskussion in allen Bereichen, die jetzt eben aufgebrochen sind, führt. Das könnte ja dann das Ergebnis sein, dass auch der Journalismus sagt, oh Mist, wir haben hier groben Unfug gemacht.

Prof. Dr. Michael Meyen (1:51:33 - 1:52:22)
Ja, ich habe im Moment ein Forschungsprojekt zur Zukunft der Journalismus, wo wir ein Bürgergutachten erstellen, wo wir also Menschen wie uns, ich vielleicht nicht, weil ich schon irgendwie Experte bin zur Medienfrage, aber Menschen wie Sie, die unzufrieden sind mit dem, was Medien liefern, solche Menschen zusammenbringen und die eine Skizze entwerfen lassen, wie wir Medien organisieren können. Ich vermute, dass da was ganz anderes rauskommt, als wenn Politiker oder Medienexperten dieses Mediensystem konstruieren würden. Das geht mit einem Leitbild für Journalismus los, führt zur Verwendung von Beitragsgeldern, führt zur Aufsicht und Kontrolle von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und führt auch zu Bürgerbeteiligung in kommerziellen Unternehmen.

Warum sollen wir nicht auch da Lizenzen vergeben, die auf Zeit sind und erneuert werden können, wenn, oder eben nicht erneuert werden können, wenn der Journalismus solche Fehlleistungen liefert, wie Sie das gerade angedeutet haben.

Viviane Fischer (1:52:23 - 1:53:14)
Könnte es dann auch passieren, dass wir, sagen wir mal, wenn es jetzt tatsächlich sich irgendwie so weiterentwickelt, dass da auch eine alternative Berichterstattung möglich ist, könnte es dann sein, dass wir wirklich quasi Parallelwelten haben, also wir haben die Leute, die sich in der öffentlich-rechtlichen Blase befinden, also da gab es ja früher keine Alternative zu, dann waren alle, hat eben der eine mehr oder weniger da reingeguckt, aber es gab im Prinzip überwiegend das und privat, also diese Leitmedien, und dann gibt es in der Zukunft vielleicht so, dass, sagen wir mal, 40 Millionen im Extremfall gucken sich dann die ganze Zeit irgendwelche alternativen Medien an und die anderen sind in dieser ganz anderen Blase, also dann hätte man ja ein völliges Auseinandertriften, also gar nicht jetzt dieses Mausfälsche zusammenbringen vielleicht oder Erweiterung eines generellen öffentlichen Debattenraums, sondern es sind quasi zwei Debattenräume, die sich dann ergeben würden, die nichts miteinander zu tun haben.

Prof. Dr. Michael Meyen (1:53:14 - 1:54:19)
Ich glaube, das erleben wir ja schon jetzt, wir erleben schon jetzt diesen Kampf um Deutungshoheit, wenn es so kommen würde und 40 Millionen Menschen sich auf anderen Plattformen informieren, dann wäre das hegemonial, dann würden die anderen gezwungen sein, das auch wahrzunehmen und könnten das nicht mehr ignorieren. Was wir, glaube ich, generell nicht vergessen dürfen, ist, dass das Aufwand bedeutet, wenn ich mich im Internet jenseits der traditionellen Leitmedien informieren möchte. Ich brauche also dann schon ein relativ großes Bedürfnis, ich brauche Zeit und vielleicht auch eine bestimmte Kompetenz, um dort Informationen zu finden.

Für die allermeisten Menschen ist das nicht so wichtig, dass sie Zeit und andere Dinge investieren wollen, um sich eine zweite Meinung einzuholen. Wir kennen das so aus Umfragen zu Meinungs- und Pressefreiheit direkt nach dem Krieg. Es geht immer zuerst um das eigene Leben, es geht um die eigene Gesundheit, um wirtschaftliche Dinge, es funktioniert meine Wohnung, habe ich einen Job, mit dem ich meine Familie ernähren kann und wenn das alles erfüllt ist, dann fange ich vielleicht an, auch mich um Pressefreiheit zu kümmern und um die Qualität von Journalismus.

Also wir dürfen dieses Thema wahrscheinlich nicht überschätzen, weil ich bin Medienforscher, für mich ist das immer das wichtigste auf der Welt, aber für die allermeisten anderen Menschen ist es das sicherlich nicht.

Dr. Wolfgang Wodarg (1:54:21 - 1:55:02)
Meine Frage, ich habe hier diese Karte jetzt freigeschaltet, da ist zu sehen, dass wir auf der linken Seite sieht man die großen Medien und ihre Anteile und auf der rechten Seite sieht man die Tageszeitung, die Regionalmedien. Wir haben ja noch in Deutschland eine Vielfalt bei einigen Regionen, wo auch noch mehrere Zeitungen vorhanden sind. Kennen Sie ein Beispiel, dass regional jemand da wieder den Stachel gelöckt hat oder dass jemand anders berichtet hat oder dass jemand gesagt hat, das stimmt nicht oder sich rausgewagt hat, aus dem Fenster gehängt hat oder sind die auch alle gleichgeschaltet?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:55:03 - 1:55:07)
Gleichgeschaltet klingt so, als ob es eine Stelle gibt, die das irgendwie...

Dr. Wolfgang Wodarg (1:55:08 - 1:55:12)
Reden die auch gleich die gleichen Sprüche wie die anderen?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:55:12 - 1:56:41)
Ich glaube, es sind eher die Mechanismen, die ich beschrieben habe, die dazu führen, dass wir den Eindruck haben, dass sie gleichgeschaltet sind. Wenn ich halt von offiziellen Quellen lebe, wenn ich keine Ressourcen habe, um gegen zu recherchieren, wenn ich möglicherweise auch gar kein Bedürfnis habe, weil meine Weltsicht dem schon entspricht, was von offiziellen Quellen kommt, dann übernehme ich einfach bestimmte Formeln und dann sieht das für uns so aus, als ob die Medien gleichgeschaltet werden, weil diese Grafik ist von 2010, wenn ich das richtig erkenne. Der Trend zur Konzentration ist inzwischen erheblich weitergegangen.

Wir erleben, dass wir Mantelteile, also die Teile, die überregionale Politik berichten, in vielen lokalen und regionalen Redaktionen mittlerweile zugeliefert bekommen. Wir erleben, dass zentrale Redaktionen verkleinert werden, dass also diese Karte, glaube ich, so buntschäckig längst nicht mehr ist. Herr Ludwig würde das besser wissen.

Das ist Ihr Forschungsgegenstand. Vielleicht können Sie dann nachher darüber mehr sagen. Aber das ist ein Problem.

Klar, Konzentration im Medienbereich ist ein Problem. Weniger Vielfalt ist ein Problem, weil wir wissen, dass Journalisten sehr stark kollegenorientiert sind. Man schaut also, was andere machen.

Wenn es mehr Beispiele geben würde von Kolleginnen und Kollegen im Journalismus, die anders berichten, dann hätte das automatisch auch Folgen für alle anderen. Die Untersuchungen gibt es im Moment noch nicht. Es ist alles noch zu frisch.

Wissenschaft ist immer ein bisschen langsamer. Zumindest bei uns in einer eher ressourcenschwachen Wissenschaft ist das alles ein bisschen langsamer. Es gibt noch nicht die Studien, die die Lokalredaktion, die Regionalredaktion gefunden haben, die vielleicht einen anderen Kurs in dieser Krise gefahren.

Wir hätten es dann wahrscheinlich über alternative Plattformen erfahren, wenn es sowas geben würde.

Dr. Wolfgang Wodarg (1:56:42 - 1:57:15)
Da ist ja die Chance, dass man vor Ort wirklich in die Altenheime geht oder in die Krankenhäuser geht und als Journalist immer nachfragt, wie sieht es denn aus? Und dass man da plötzlich merkt, oh, das stimmt ja gar nicht, was wir da von den großen Agenturen berichtet kriegen. Bei uns stimmt es gar nicht.

Wo sind die Leute denn? Also, dass man solche Dinge mal erlebt hätte, das wäre interessant zu sehen. Denn die Qualität der lokalen Berichterstattung liegt ja darin, dass die Nähe zu den Menschen und zu dem, was die Menschen machen, größer ist als bei einer zentralen Presseagentur.

Prof. Dr. Michael Meyen (1:57:15 - 1:58:02)
Ja, Sie müssen auch dann als Journalist wieder Menschen finden, die mit Ihnen reden wollen und Ihnen eine Realität zeigen, die anders ist als das, was von den offiziellen Quellen aus Berlin berichtet wird. Ich habe vorhin noch mitgehört, dass über die Polizisten gesprochen wurde, die auf der Demo in Berlin waren und Probleme bekommen haben. Wir haben den Basketballer erlebt bei Telekom Baskets Bonn, der gekündigt worden ist, weil er auf dieser Demo war.

Da muss man erst mal den Klinikdirektor finden, der der Linie des Bundesgesundheitsministeriums widerspricht. Das sind auch alles Menschen, die in den meisten Fällen sind. Das sind Menschen, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind oder in Privatkliniken wieder von bestimmten Geldflüssen abhängen.

Es scheint auch da nicht so einfach zu sein, Menschen in Verantwortung zu finden, die dann in der Öffentlichkeit gegen den Strom schwimmen wollen.

Dr. Reiner Fuellmich (1:58:04 - 1:59:41)
Ich habe inzwischen erhebliche Zweifel an der öffentlichen Berichterstattung über die Zustimmung innerhalb der Bevölkerung zu den Maßnahmen. Meine persönliche Einschätzung ist die, dass etwa 30 Prozent Hardliner sind, die vielleicht am liebsten drei Masken übereinander tragen würden, 20 Prozent am liebsten sofort die Maßnahmen beenden würden, aber nach meiner Einschätzung jedenfalls aus den Gesprächen im Verwandten-Freundeskreis mit Leuten, die ich im Zug treffe, dass da etwa 50 Prozent sind, die misstrauisch sind, aber sich noch nicht so richtig entscheiden können. Wenn man diese Leute oder wenn man überhaupt mal eine echte Befragung durchführen würde, dann wüsste man auch, stimmen die offiziellen Zahlen von wegen immer noch irgendwie über 90 Prozent Zustimmung.

Die Frage, die sich daraus ergibt, ist folgende. Die New York Times war wie vom Donner gerührt, wie alle anderen großen Medien in den USA auch, als 2016 Trump die Wahl gewonnen hat. Und die haben sich gefragt, wie konnte uns das entgehen?

Und dann haben sie, das hat ein Redakteur dann geschrieben, dann haben sie gemerkt, oh verdammt, wir waren nur noch mit unseren zwei großen Büros an der Westküste und an der Ostküste und da, wo wir früher Lokalredaktionen hatten, ist niemand mehr gewesen. Das Ganze war Flyover Country, so nennen die das, und keiner hat sich mehr interessiert. Und das sind genau die Leute in Flyover Country, also zwischen den beiden Küsten, die haben Trump gewählt.

Das hätten wir mitkriegen können, wenn wir uns da drum gekümmert hätten. Ist das hier auch denkbar, Herr Professor Main, dass hier vielleicht ein anderes Bild aufgetreten wäre, wenn man wirklich rausgegangen wäre zur Bevölkerung und da mal gefragt hätte?

Prof. Dr. Michael Meyen (1:59:42 - 2:01:48)
Das führt zu der Krise der Institutionen, auf die Herr Wodak ganz am Anfang hingewiesen hat. Auch die empirische Sozialforschung, die Meinungsforschung ist in einer Krise. Das hat man 2016 gesehen.

Viele Menschen, die ja nicht Medien an sich kritisieren, sondern Medien kritisieren, weil sie das System kritisieren, in dem sie leben, der Politik nicht mehr glauben, die machen bei solchen Umfragen einfach nicht mehr mit. Das ist der eine Punkt. Die reden auch nicht mit Journalisten.

Da kann ich als Journalist rausgehen. Das ist nicht so einfach, dann Interviews zu bekommen mit Menschen, die sagen, das ist Lückenpresse oder Lügenpresse. Mit ihr rede ich einfach nicht.

Also insofern führt die Krise der Institutionen dann hier direkt zu Abbildern von Realität, die ihrem Gefühl, ihrem Bauchgefühl nicht mehr entsprechen. Es ist immer so schwer jetzt zu schätzen aus dem, was man im Alltag selber erlebt, diese Zahlen, die eigentlich professionelle Stichprobenziehung und gut gemachte Fragebögen uns produzieren müssten, diese Zahlen aus dem Bauch heraus zu machen. Das ist schwer zu sagen.

Wir wissen, wer jemals so einen Fragebogen selber gemacht hat, der weiß, dass ich über Formulierungen in der Frage Werte verändern kann. Mit einzelnen Begriffen schaffe ich das. Insofern müsste man bei Umfragedaten auch immer ganz genau in die Formulierung der Frage hineinschauen.

Ich müsste in Ausschöpfungen von Stichproben hineinschauen. Ich müsste in das Befragungsverfahren hineinschauen. Das wird in der verkürzten Form, wie wir es dann in den Medien geliefert bekommen, oft nicht gemacht.

Aber auch da wieder, es ist für einen Menschen, der einen relativ gleichlautenden Medientenor wahrnimmt, der sagt, Abstand halten, Maske aufsetzen, große Gefahr, ist es schwer, in der Öffentlichkeit ein anderes Verhalten zu zeigen, weil er findet in den Leitmedien keine Argumente, die eine Gegenposition unterstützen. Das kennen wir aus der Theorie der Schweigesspirale. Wenn ich keine Argumente habe, die meine Position unterstützen, dann falle ich in Schweigen zurück, dann äußere ich mich nicht mehr.

Das wurzelt in der Isolationsangst der Menschen, wo wir dann doch wieder bei der Psychologie werden. Ich möchte mich nicht isolieren. Ich sehe einen relativ einheitlichen Medientenor, also tue ich das, was dieser Medientenor von mir verlangt, weil ich sonst Sorge haben muss, dass meine Mitmenschen mich beschimpfen, auch wenn ich da eine Maskenbefreiung zum Beispiel hätte.

Das kann man im Zug ja leicht erleben, dass auch kleine Kinder, die durch den Zug laufen, beschimpft werden, obwohl kleine Kinder halt nicht auf einem Zugsitz gefesselt werden können.

Dr. Wolfgang Wodarg (2:01:49 - 2:02:02)
Wenn man jetzt durch die Freibäder geht und hier am Strand an der Ostsee solche Bilder sieht, da scheint das Problem mit den 30 und den 20 und den 50 Prozent irgendwie nicht wahrgenommen zu werden. Hier hat kein Mensch eine Maske an und im Freibädern auch nicht.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:02:05 - 2:02:47)
Fotos aus dem letzten Jahr, die sind doch nicht echt. Ich war ja gerade an der Ostsee am Strand, ich komme von dort, war eine Woche in Mecklenburg-Vorpommern, der Strand sieht dort fast so aus wie auf diesem Foto. Interessanterweise sind dann offizielle Veranstaltungen am Strand mit Registrierungspflicht und mit Masken, wenn man sich ein Bier holen will und solche Dinge.

Am Strand kümmert sich dann darum niemand und die Leute sitzen wie in allen Jahren einem eigentlich auf der Pelle. Der Ostseestrand ist ein bisschen schmaler als, also mein Ostseestrand ist ein bisschen schmaler als der hier. Auf dem Bild ist es in jeder Zeit, auch in diesem Jahr, wieder unangenehm gewesen ab Nachmittags, weil die Menschen einem da auf dem Handtuch liegen und sich dort dann halt nicht mehr an diese anderthalb Meter, die propagiert werden, halten.

Viviane Fischer (2:02:50 - 2:04:25)
Aber es scheint ja auch eine große Distanz zu geben, nochmal so zwischen den Medien hier oder den Leitmedien und dem einzelnen, der einzelnen Personen, also ich komme auf den Gedanken, weil wir ja auch mit Leuten aus Holland zu tun haben und da ist das eine viel größere Näheverbindung, also da kennen die Leute sich natürlich vielleicht auch teilweise privater untereinander und dann erzählen uns die holländischen Anwälte und so weiter und Wissenschaftler, die wir da kennen, dann gibt es halt irgendwie einen Artikel und dann sind sie nicht damit einverstanden und dann sagen die, ach Mensch, was hast denn du da jetzt gemacht und dann trifft man sich nochmal wieder und dann schreibt man vielleicht einen Artikel, der ein bisschen mehr in die Richtung geht und da ist zum Beispiel so, dass die Aktivitäten von den Wissenschaftlern und Juristen, die jetzt mit alternativen Narrativen oder Berichterstattung rauskommen, dass die tatsächlich mehr in den dort reflektiert werden. Also da gibt es auch das Phänomen zum Beispiel, dass die Gerichtstermine auch wiederum übertragen werden oder man zumindest so Konserven dann auch abrufen kann und da ist dann eben auch aufgefallen, dass die also die Leute, die zum Beispiel geschädigte Unternehmer vertreten haben oder so, die konnten halt viel mehr von ihren Argumenten anbringen und die Regierung ist dann relativ dünnbrennbohrerartig da aufgetreten und das ist dann zumindest wahrgenommen worden, dass es da eine Diskrepanz gab in der Ausarbeitung und das ist auch wirklich medial thematisiert worden und da fehlt halt hier, wirkt es auch sehr rigide, also das ist so eine sehr große Abschirmung, das kommt irgendwie noch dazu.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:04:26 - 2:07:23)
Der mit dem Maskenzwang zu tun hat, der in der Öffentlichkeit noch nicht erörtert worden ist, wenn man Öffentlichkeit als den Raum sieht, der zwischen Politik und Bürgern vermittelt und die Leitmedien als die Plattform wahrnimmt, auf der die Politik den Bürgern signalisiert, was sie in der nächsten Zeit vorhat, welche Prioritäten sie setzt, dann ist das, was wir am Strand erleben, was wir in der Straße erleben, was wir im Supermarkt erleben, sozusagen das Testfeld für diese Art von Botschaften, die wir über die Leitmedien übermittelt bekommen. In der Öffentlichkeitstheorie heißt das kleine Öffentlichkeiten oder Encounter, die Begegnung, zufällige Begegnung, wo wir in den Gesichtern der anderen Menschen an nonverbalen Signalen, vielleicht auch an Äußerungen, die man aufschnappt, registrieren können, wie andere darüber denken.

Also wenn man so will, sind diese Encounter, diese Begegnung im Alltag das Prüffeld für die Ideen, die die Politik über die Leitmedien, auch über Versammlungen zum Beispiel, an die Bürger weiterreichen will. Und der Maskenzwang führt dazu, dass dieser Testraum, dieser Resonanzboden fortgefallen ist. Ich schnappe nichts mehr auf.

Ich höre niemanden mehr reden, weil wie will man mit der Maske in der Kinoschlange über irgendwas reden? Im Bus redet man möglicherweise nicht mehr, weil man hat ja eine Maske auf. Ich sehe auch nicht mehr, wie Leute, wenn sie dann doch mal was hören, darauf reagieren, weil die Mimik ja vollkommen weg ist.

Insofern ist die Öffentlichkeit dieser Raum, der zwischen Politik und Bürgern vermitteln sollte, durch den Maskenzwang gestört, wenn nicht sogar zerstört. Also ganz unabhängig von dem, was ich in den Leitmedien finde, verhindert dieses Maskentragen, dass sich Bürger untereinander austauschen können. Wir können das natürlich, wie Sie das für Holland beschrieben haben, mit unseren Freunden und Bekannten machen, aber die haben wir ja deshalb als Freunde und Bekannte, weil sie so ähnlich ticken wie wir.

Da werden wir also wahrscheinlich eher Bestätigung finden. Diese anderen, bei denen ich beobachten könnte, wie sie auf solche Maßnahmen reagieren, die sehe ich nicht mehr in der Öffentlichkeit. Öffentlichkeit ist der Ort, zu dem jeder Zutritt hat.

Man könnte sagen, klar, das passiert vielleicht in den Diskussionsforen auf digitalen Plattformen, aber da hat nicht jeder Zugang, weil nicht jeder die Zeit und die Energie investiert, dort hinzugehen. In den Supermarkt muss jeder und ich kann da heute nicht mehr sehen, wie auf bestimmte Nachrichten aus der Politik reagiert wird von Menschen, die nicht zu meinem Milieu gehören. Das ist, glaube ich, nicht eine ganz perfekte Antwort auf Ihre Frage.

Was doch eine Antwort auf Ihre Frage wäre, ich freue mich schon auf die Studie, die international vergleichend die Medienrealität dieses Corona-Falls anschaut. Wie es also in Schweden, wie es in Holland, wie es in den USA, wie es in Indien, wie es in Deutschland Corona konstruiert worden. Herr Plager ist nicht mehr da, aber es klang vorhin so durch, als ob auch in Schweden Journalisten offiziellen Quellen trauen.

Dort ist die offizielle Linie halt eine andere, deshalb ist auch der Medientenor ein anderer. Müsste man mal anschauen, ob das nicht dann doch Parallelen jenseits, also Parallelen gibt, die eher mit der Organisation von Journalismus zu tun haben, als mit der Regierungslinie. Also ob es nicht auch in Schweden schwierig gewesen wäre, wenn ich die Drosten-Linie hätte vertreten wollen, da in die Leitmedien zu kommen, als legitimer Sprecher.

Aber die Studie wird es natürlich erst in zwei, drei Jahren geben können.

Dr. Reiner Fuellmich (2:07:25 - 2:09:04)
Sie haben vorhin ja nochmal auf das Erfordernis der Transparenz hingewiesen. Viviane hat eben danach gefragt, dass in Holland ja Gerichtsverfahren übertragen werden. Das ist in China auch der Fall.

Da kann jeder Bürger, wenn er will, jedes Gerichtsverfahren anklicken und sich das angucken, also von zu Hause aus, und das hinterher auch abrufen. Holland und China sind nun völlig unterschiedliche Systeme. Das eine ist eine Demokratie und das andere eben nicht.

Aber in meiner Tätigkeit, in dieser anderen Gruppierung Adua, Aktion Demokratie und Rechtsstaat, da haben wir lange drüber nachgedacht, irgendwann wird das öffentlich diskutiert werden, wie wir hier die Position des strukturell unterlegenen Anlegers, Verbrauchers in Rechtsstreiten gegen übermächtige Konzerne verbessern können, also Class Action einführen, ein richtiges Beweisrecht, Discovery. Aber eine der Überlegungen war auch, Gerichtsverfahren öffentlich zu machen, sodass jeder Bürger sieht, was los ist. Hat das nicht gleichzeitig vielleicht auch eine, wenn wir Transparenz sehen und über Transparenz hinausgehende Wirkung, so dahingehend, dass man sich selber besser unter Kontrolle behält, als Richter, als Prozessbeteiligter, dass man mehr darauf achtet, sich entsprechend den eigentlichen Vorgaben zu verhalten.

Ich meine jetzt zum Beispiel als ein protokollführender Richter, dass man dann wirklich die Zeugenaussagen so wiedergibt, wie sie gerade abgegeben wurden und nicht so, wie man es gerne im Urteil hat.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:09:05 - 2:09:43)
Ich verstehe schon, dass das eine Frage ist, die Sie als Juristen besonders beschäftigt. Das führt ein bisschen weg von meiner Expertise, Öffentlichkeit im Gerichtssaal. Wir haben ja da diese Zuschauermöglichkeit, das ist ja der Ersatz für diese Art von Medienöffentlichkeit.

Ich glaube, das ist aber jetzt ein anderer Fall als die Transparenz, die ich vorhin für Journalismus mir gewünscht habe. Transparenz in dem Sinne, welche Interessen stecken dahinter? Wie sehe ich selbst möglicherweise die Welt?

Wem könnten die Informationen helfen, die ich da verbreite? Ja, also das wäre, glaube ich, was anderes als diese Kamera, die ich im Gerichtssaal einbaue, für die, glaube ich, ein ganz eigenes Feld wäre und nur bedingt mit dem Corona-Fall zu tun hat. Das kann ja auch gewaltig schief gehen.

Dr. Wolfgang Wodarg (2:09:46 - 2:10:14)
In den Parlamenten haben wir ja diese Kameras schon. Das heißt, wir können zugucken, wenn die diskutieren dort unsere Volksvertreter. Aber in den Ausschüssen, wo dann letztlich entschieden wird und formuliert wird, da gibt es solche Kameras nicht.

Das heißt, dadurch entsteht auch eine Bühne und die wird dann auch als Bühne inszeniert. Und ich kann mir vorstellen, dass sowas eine große Gefahr ist, wenn man sagt, dass es ein Alibi ist. Das ist ja öffentlich, aber viele anderen Dinge werden dann eben hinter die Bühne verlagert.

Dr. Reiner Fuellmich (2:10:15 - 2:10:38)
Ich meine das jetzt auch bezogen, durchaus konkret auf die Corona-Situation. Es hat ja da Gerichtsverfahren gegeben, überwiegend verwaltungsgerichtliche, teilweise, glaube ich, strafrechtliche, aber ganz überwiegend verwaltungsgerichtliche. Würde das nicht helfen, auch hier in Deutschland, wenn der Bürger genau sehen kann, wie der Abwägungsprozess beim Gericht läuft?

Prof. Dr. Michael Meyen (2:10:41 - 2:11:44)
Ja, sicherlich. Wie gesagt, ich bin zu diesem Fall kein Experte. Ich erinnere mich an dieses Interview mit Hans-Jürgen Papier in der Süddeutschen Zeitung, der zu Beginn des Corona-Falls auch auf die Zwänge hingewiesen hat, in denen sich Richter bewegen, vor allen Dingen, wenn man sich einem eindeutig lautenden Medientenor gegenüber sieht und dann plötzlich als Richter die Verantwortung auf sich nehmen muss, möglicherweise für Erkrankungen oder noch Schlimmeres verantwortlich zu sein.

Und er hat, wenn ich mich richtig erinnere, an dieses Interview dort auch gesagt, dass er sich schon vorstellen kann, dass Richter diese Verantwortung scheuen und dann im Zweifel eher pro Legislative entscheiden. Also ich glaube, in diesem Interview ist dieses Dilemma, in dem sich auch Richter im Moment gerade befinden, ganz gut deutlich geworden, weshalb ich auch nicht zu viel Hoffnung auf diese Art der Aufarbeitung, Aufklärung und so weiter oder Änderung setzen würde. Hat dann wahrscheinlich auch was mit der Organisation von Gerichtswesen, von Staatsanwaltschaften in Deutschland zu tun.

Auch da bin ich jetzt glaube ich viel weniger Experte als Sie es sind.

Dr. Reiner Fuellmich (2:11:45 - 2:12:02)
Mir ging es nur um die Frage, ob das nicht aus Mediensicht, ob das nicht aus Mediensicht eine, im Rahmen der Transparenz dann doch wieder, eine positive zu begrüßende Entwicklung wäre, wenn jeder Bürger jederzeit sehen könnte, was in den Gerichten abläuft.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:12:03 - 2:12:22)
Gut, als Journalist kann ich ja in den Gerichtssaal gehen, machen Journalisten auch, ist immer die Frage, welche Art von Realität dieser Gerichtsverhandlung Sie dann konstruieren. Und das haben Sie ja auch in den Corona-Urteilen zu Masken, zu was auch immer, Beschließungen von Gaststätten und so weiter, hat man das ja gesehen, welche Realität da von Journalisten konstruiert wurde, die im Gerichtssaal gesessen haben oder per Video zugeschaltet waren.

Dr. Reiner Fuellmich (2:12:26 - 2:13:01)
Gut, also es kann auch ganz gewaltig schief gehen, wollte ich vorhin sagen. Sie erinnern sich vielleicht an den O.J. Simpson-Prozess in den USA, wo rund um die Uhr die Medien berichtet haben über die, nicht nur über das, was außerhalb des Gerichts passiert ist, was dazu geführt hat, dass der Gerichtsprozess stattfand, sondern eben in dem Strafrechtsverfahren selbst waren die Medien rund um die Uhr da. Jeder konnte jederzeit sehen, was los ist.

Das war ein Riesenspektakel. Das soll nach Ansicht mancher, dieser Mediendruck soll nach Ansicht mancher dazu geführt haben, dass der Richter seinen Job nicht mehr richtig gemacht hat.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:13:01 - 2:13:53)
Insofern ist das ein ganz gutes Beispiel und führt dann doch wieder zu unserem Thema zurück. Diesen Mediendruck erleben auch Politiker. Man sollte nicht davon ausgehen, dass in der Bayerischen Staatskanzlei irgendwie ein Masterplan vorliegt, wie man weitermachen will.

Man beobachtet die Medien, man beobachtet den öffentlichen Druck, geht da auch wieder davon aus, dass die Wählerinnen und Wähler diese Medienberichte wahrgenommen haben und reagiert entsprechend. Man richtet also sein Handeln auch an positiver Berichterstattung aus. Das ist das, was ich ganz am Anfang versucht habe deutlich zu machen, dass sie öffentliche Legitimation brauchen als Politiker und deshalb permanent darauf bedacht sind, bloß nicht negativ in den Medien wegzukommen und möglichst viele positive Berichte zu generieren.

Markus Söder hat gelernt beim Bayerischen Fernsehen, der war dort Volontär, der weiß sehr genau, wie die Kollegen funktionieren. Das ist glaube ich auch kein Zufall, dass gerade er es geschafft hat, in dieser Zeit zu so einer dominanten Figur zu werden, weil er die Klaviatur dieses Mediensystems deutlich besser beherrscht als seine Konkurrenten.

Viviane Fischer (2:13:53 - 2:14:37)
Es gab ja auch diese Studie von der Universität Erfurt, die jede Woche so relativ umfangreiche Meinungsforschungsmaßnahmen ergriffen hat und das ging wirklich ganz schön in die Tiefe. Wie die Maßnahmen, wie die Leute jetzt gerade zu den Maßnahmen stehen und da kamen wirklich auch Empfehlungen raus. Also hier bröckelt so ein bisschen die Zustimmung, hier könnte man mit einer Story, stand auch wortwörtlich da drin, hier könnten Storys entwickelt werden, die dann eben entsprechend gegenwirken und dann kommt wahrscheinlich auch wieder, es gibt ja auch hier eine Agentur, also Scholz & Friends, die ja da beauftragt worden sind, also wurde ja dann bei Fragen herausgestellt und die vielleicht da mitschreiben oder was auch immer, aber jedenfalls, dass man das doch so ein bisschen...

Prof. Dr. Michael Meyen (2:14:37 - 2:15:01)
Ja, ich kenne die Studie aus Erfurt nicht, aber das Problem ist natürlich, wenn Journalisten genau wie Wissenschaftler sich in so einer Art Verantwortung sehen und wie, ich habe diesen Begriff Verantwortungsverschwörung vorhin reingeworfen, glauben, dass sie Zustimmung organisieren müssen für Maßnahmen der Politik, weil das irgendwie wichtig ist und dann haben wir ein Problem, wenn Wissenschaftler nicht mehr analysieren oder auch Journalisten nicht mehr einfach das Gespräch der Gesellschaft vermitteln, sondern anfangen, selber Partei zu werden.

Dr. Reiner Fuellmich (2:15:01 - 2:15:25)
Ja, aber es scheint doch auch aus dem, was Sie vorhin gesagt haben, so zu sein, dass hier in diesem politischen Umfeld, in dem wir uns bewegen, Corona ist ja eine überwiegend politische Problematik, dass hier eine zu große Nähe zwischen den Berichtenden und der Politik auf der anderen Seite entstanden ist. Markus Söder war eben ein gutes Beispiel, denke ich.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:15:26 - 2:16:12)
Ist das oder sehen Sie das nicht als Problem? Das ist ein großes Problem. Die Nähe ist ein Problem, weil Nähe schafft, also kennen wir aus der Psychologie, Kontakt schafft Sympathie und wenn ich diese Leute permanent sehe, wenn ich Einblicke erhalte, die wir als normal Bürgerinnen und Bürger nicht bekommen, dann entwickle ich Verständnis und wenn ich Verständnis entwickle, dann lasse ich vielleicht Dinge der Wirklichkeit weg, die diesen Menschen, für die ich Verständnis habe, schaden können.

Also Nähe ist ein Problem. Distanz wäre ein wichtiges Qualitätskriterium für Journalismus. Klar, wenn wir ein Mediensystem haben, was nach Aufmerksamkeit aufgebaut ist, was Exklusivnachrichten braucht, dann kauft sich Politik einfach auch Nähe über Exklusivnachrichten.

Ich füttere dann halt bestimmte Journalisten mit Nachrichten, die die anderen nicht haben und kann mir auf diese Weise wohlwollen bei dem nächsten Fall, wo ich vielleicht nicht so gut aussehe, organisieren.

Dr. Reiner Fuellmich (2:16:13 - 2:16:35)
Ich hätte normalerweise jetzt auch noch gefragt, ob es einen Unterschied macht und vielleicht sogar einen negativen Unterschied macht, wenn ich als Staatsmedium unterwegs bin, als ARD, ZDF, die ganzen dritten Programme, weil ich ja finanziert werde vom Staat und ob es eine andere Berichterstattung gibt, wenn ich das nicht bin.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:16:35 - 2:17:18)
Aber diese Frage stellt sich nicht mehr, weil alle trotzdem gleichberichtet haben, sowohl die öffentlich-rechtlichen ARD und ZDF sind ja keine Staatsmedien, das ist in Deutschland ein bisschen anders organisiert, das wissen Sie als in Russland zum Beispiel. Ich habe mit den russischen Staatsmedien nie ein Problem, weil ich da immer weiß, woher das Geld kommt und welche Interessen dahinter stecken. Es ist dann relativ leicht, sich bei RT oder Sputnik News einen Reim darauf zu machen, warum Nachrichten so sind, wie sie sind.

Das ist bei Medien, die für sich selber den Anspruch haben, unabhängig, distanziert, neutral, objektiv zu sein, weil sie anders organisiert sind, öffentlich-rechtlich organisiert sind, da habe ich eher ein Problem, wenn ich diese Nähe dort halt nicht so leicht sehen kann. Ich sehe, wir haben unser Thema erschöpft vermutlich.

Viviane Fischer (2:17:18 - 2:17:24)
Er ist erst mal ein bisschen sprachlos. Wir können jetzt noch mal, Herr Prof. Ludwig, sind Sie da?

Dr. Reiner Fuellmich (2:17:26 - 2:17:27)
Jetzt muss er sich erst einschalten.

Viviane Fischer (2:17:27 - 2:17:28)
Jetzt muss er sich wahrscheinlich erst einschalten.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:17:29 - 2:17:29)
Ich bin da.

Viviane Fischer (2:17:33 - 2:17:42)
Ich wollte nur fragen, ob Sie mich noch brauchen? Tatsächlich sind wir alle unsere Fragen losgeworden. Ich glaube, ja.

Dr. Reiner Fuellmich (2:17:43 - 2:17:58)
Wenn wir jetzt mit Prof. Ludwig weitersprechen, also seien Sie gerne dabei, wenn Sie natürlich was anderes zu tun haben, dann haben wir, glaube ich, das, was wir von Ihnen hören können, es sei denn, Sie haben noch was zu ergänzen, das haben wir erfahren.

Prof. Dr. Michael Meyen (2:17:59 - 2:18:09)
Von mir habe ich, glaube ich, alles erzählt. Ich würde dann auch zu meinem nächsten Termin müssen, den könnte ich jetzt zwar auch absagen, aber wenn Sie sagen, ist es alles, was Sie wissen wollten, auf den Tisch gekommen?

Dr. Reiner Fuellmich (2:18:10 - 2:18:19)
Es wird uns sicherlich noch was einfallen, aber dann würden wir uns einfach nochmal an Sie wenden. Danke Ihnen für die Arbeit, die Sie hier machen.

Viviane Fischer (2:18:20 - 2:18:21)
Danke Ihnen.

Dr. Reiner Fuellmich (2:18:22 - 2:18:30)
Schönen Tag noch. So, Prof. Ludwig, noch da? Ja, wunderbar.

Du wolltest was fragen?

Viviane Fischer (2:18:31 - 2:18:56)
Ja, ich würde ganz gerne wissen. Es gibt ja, Prof. Mayen hat ja angesprochen, dass Sie da so auch ein bisschen spezialisiert sind auf so diese Verquickungen der Medien untereinander, wenn ich das richtig verstanden hatte, oder die Einflussnahmen von Entitäten auf diese also Thinktanks oder so, wo die vielleicht mit verbunden sind, so ein Stück weit. Hatte ich das richtig verstanden, dass das auch ein Forschungsgebiet von Ihnen ist?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:18:57 - 2:32:12)
Ja, ich will mal ein paar Ergänzungen machen. Der Kollege Mayen hat ja schon fast alles Wichtige gesagt, was es dazu zu sagen gibt, und ich stimme mit ihm weit überein. Ich will mal ganz kurz was zu der grundsätzlichen Problematik von Medien sagen, über die wir hier reden.

Mediensysteme stehen vor allem auf zwei Füßen. Das eine ist sozusagen die Frage, wie groß sind die Freiheitsrechte, wobei ich eigentlich jetzt weniger meine, was dürfen sie alle sagen? Also wie weit darf die Meinungsfreiheit gehen?

Ich meine vor allem da die Recherchefreiheit. Wie weit können Medien gehen, um Informationen irgendwo hervorzuholen, die an sich dann sozusagen verschlossen sind in irgendeiner Form? Wenn ich das betrachte im internationalen Vergleich, stehen wir hier in Deutschland ganz hervorragend da.

Dass das ohne Grenzstatistik führt, will ich jetzt mal weglassen, hängt mit methodischen Fragen zusammen. Das zweite Fundament, und da bin ich jetzt gleich bei dem, was dann auch der Kollege gesagt hat, ist sozusagen das wirtschaftliche Fundament, zu recherchieren und jetzt nicht nur irgendwie Meinungen zu äußern, also Haltungsjournalismus zu machen, sondern wirklich Fakten beizuschaffen, die man nicht kriegt ohne weiteres, ist Arbeit, ist anstrengend, man muss Barrieren überwinden und das kostet. Und das ist die Frage, wie finanzieren sich die Medien?

Und da sind wir schnell bei der Frage, dass es tatsächlich einige Medien gibt, die aus geschichtlichen Gründen, aus historischen Gründen, da hat sich das so ergeben, sozusagen führende Positionen haben, also beispielsweise der Spiegel, der sozusagen was seine finanzielle Grundlage anbelangt, ja von der Möglichkeit, was draus zu machen, eigentlich sozusagen an erster Stelle steht. Und wenn ich jetzt mal gucke, wie kann man die anderen Medien beschreiben, so muss man immer zwei Ebenen auseinanderhalten. Das eine ist die Ebene der Systeme, also der Medien sind Systeme, wie definieren die sich, was haben die für ein Selbstverständnis, was haben die für ein Ziel und auf der anderen Seite, die Systeme funktionieren ja nur, wenn Akteure da sind, also sprich Journalisten zum Beispiel.

Ich fange mal bei den Systemen an, wenn man ins Fernsehen geht, da gibt's den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den privat finanzierten Rundfunk. Der private Rundfunk finanziert sich sozusagen ausschließlich aus Werbung und muss eine enorme Rücksicht nehmen auf die Kundschaft, die ihm sozusagen wirtschaftlich das Leben ermöglicht. Beim öffentlich-rechtlichen ist es sehr viel komplizierter, weil eben, wie auch Kollege Meilen da erzählt hat, nicht wirklich transparent.

Da hat man so ein grobes Bild, das man in der Schule gelernt hat, dass wir hier ja unabhängige Rundfunkräder haben und so weiter und so weiter. Und wenn man genauer hinguckt, ist das ja gar nicht so, weil die Rundfunkräder, die ja eigentlich von der Idee her so ein bisschen die Bevölkerung widerspiegeln sollen, das ist gar nicht der Fall. Da sind die Kirchen drin, da sind die Parteivertreter drin, da sind wichtige Institutionen wie Gewerkschaften drin.

Aber so NGOs zum Beispiel, die heute ja ganz entscheidend für das zivilgesellschaftliche Leben sind, wie Greenpeace zum Beispiel oder Reporter ohne Grenzen oder Gruppen aus der MeToo-Bewegung fehlen da völlig und so weiter. Deswegen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk sehr weniger, zwar auf den ersten Blick mehr transparent, aber nicht wirklich transparent, weil man sich die Mühe machen müsste, dahinter zu schauen. So, jetzt gehe ich mal in den Printbereich, ich gehe mal auf die Tageszeitungen.

Da haben wir vor allem lokale Zeitungen. Von der Anzahl her macht es einen Eindruck, als hätten wir eine bunte Pressevielfalt. Wir haben sozusagen ungefähr 300 Titel, die noch einen eigenen Titel tragen.

Aber wenn man eben auch wieder genauer hinschaut, sind die in großen Verbünden, entweder ökonomischen Gruppen zusammengefasst und vor allem inzwischen immer mehr aus Modegründen oder aus ökonomischen Gründen sozusagen mit Zentralredaktionen versehen. Also es gibt immer weniger Zeitungen, Lokalzeitungen, Regionalzeitungen, die wirklich eigenständige Redaktionen haben zum Beispiel. Dann gibt es die überregionalen Medien wie Süddeutsche Zeitung, Die Well, die Frankfurter Allgemeine, das Handelsblatt und so weiter.

So, die haben doch einen anderen Anspruch als zum Beispiel die lokalen Medien, weil die lokalen Medien müssen berichten, was hat der Bürgermeister gemacht und hat eine neue Freundin, das steht vielleicht nicht in der Zeitung, aber das müsste eigentlich da drin stehen, weil sowas kann man natürlich nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, auch nicht im privaten Fernsehen sehen, weil das ist sozusagen eine sehr spezifische Information, die eigentlich nur eine geringe Reichweite hat und deswegen konzentrieren sich lokale Medien eben vor allem auf das, was um sich, vor der Nase sich abspielt. So, jetzt muss man bei diesen lokalen Medien, also bei den kleinen Tageszeitungen, die eben auch sehr abhängig sind, geht es weniger vielleicht von den Geldgebern, also von den Werbetreibenden, sondern vor allem auch sozusagen mit den Menschen, die sie täglich zu tun haben, nämlich mit den Bürgermeistern. Wenn der Spiegel irgendwie über einen korrupten Amtsleiter in Franken schreibt, hat der Spiegel kein Problem, weil der wird diesen Amtsleiter nie treffen.

Wenn ein Lokalredakteur Vorwurf macht, dass der Chef der Industrie- und Handelskammer irgendwie schräg ist und irgendwie Dinge macht, die er nicht machen darf zum Beispiel, wird er sich wohl überlegen, kann er das schreiben, weil die Zeitung, möglicherweise der Chef, ist ebenfalls auch Mitglied in der Industrie- und Handelskammer, also da sind sozusagen die Befindlichkeiten, die Nähe sehr viel bedeutender und übt sehr viel mehr Einfluss auf das, was so ein Lokalredakteur schreiben darf.

Aber obwohl das so ist, dass eigentlich sozusagen die Möglichkeiten eines Lokalredakteurs in der deutschen Landschaft sehr viel beschränkter sind, gibt es jedes Jahr ungefähr 60 Geschichten, wenn man das jetzt festmacht an den Einsendungen, die sich um den Wächterpreis der Tagespresse bewerben. Und ich arbeite mit meinen Studenten, inzwischen macht das eine Kollegin in Köln, ich habe mit meinen Studenten 16 Jahre, 15 Jahre lang diese Geschichten aufgearbeitet und wir haben immer gesehen, was für Geschichten kommen da und da muss ich wirklich sagen, es gibt so eine Blatte Tüte, dass hier in Deutschland nicht mehr recherchiert wird, jedenfalls nicht in der lokalen Presse, weil aus den bekannten Gründen wirtschaftlicher Abhängigkeit und vor allem auch so institutionelle Abhängigkeit da gar nicht mehr recherchiert wird. Das stimmt so gar nicht, denn die Geschichten, die da teilweise entstehen, sind zwar Nischengeschichten und jetzt kommt das Interessante, zu gucken, wie ist es trotzdem möglich, dass solche Leute solche Geschichten machen, die dann wirklich unter Umständen auch große Reaktionen auslösen, also sozusagen die Republik zum Wackeln bringen zum Beispiel. Um mal ein konkretes Beispiel zu nennen, vor ziemlich genau zehn Jahren oder bis vor zehn Jahren, nämlich bis zum Jahr 2010, war das Thema sexueller Missbrauch von Kindern ein absolutes Tabuthema, wobei allenfalls mal die ein oder andere Zeitung oder das ein oder andere Medienmal ganz kurz darüber berichtet hat, es war ein Tabuthema, weil niemand das für wahrhaben wollte.

Es ist im Jahr 2010 zu einem öffentlichen Thema geworden, weil eine Lokalzeitung, nämlich die Berliner Morgenpost, zum ersten Mal Vorgänger aufgegriffen hatte, hier in dem sogenannten Carnissus-Kolleg, weil zeitgleich eine Aufarbeitungsgeschichte lief bei dieser Odenwaldschule in Darmstadt, da hat es sich ein Redakteur von der Frankfurter Rundschau, die es damals noch gab, also jedenfalls in der damaligen Form, auch an diese Geschichte gesessen und als diese Geschichten mehr oder weniger zeitgleich hoch kamen, also das waren sozusagen die Lokalzeitungen und eine kleine überregionale Zeitung, da traf etwas ein, was man nicht kannte, nämlich, dass sozusagen hier plötzlich eine öffentliche Diskussion angesetzt wurde, die es sonst nie gegeben hätte.

Also was ich sagen will, man muss einfach schauen, wie die Medien im Einzelnen gestrickt sind, also wie sind die Systeme gestrickt? Gibt es in diesen Systemen Freiheitsräume? Bei der lokalen Presse ist es oft so, dass Journalisten in ihrer Freizeit recherchieren erst einmal, weil sie wissen, solange sie nichts Konkretes haben, können sie ihren Chefredakteur oder ihren Redaktionsleiter nicht überzeugen, dass man daraus eine Geschichte machen muss usw.

Also wir haben das ja analysiert, wir haben diese Geschichten ja nicht nur dokumentiert, sondern eben auch analysiert, wie sind sie zustande gekommen? Und das ist das, was ich jetzt hier, was für mich selber bisher ein Riesenrätsel ist, wieso wir hier in der augenblicklichen Situation mit Corona eine Situation haben, wo eigentlich, egal ob ich jetzt die überregionalen Printmedien betrachte, ob ich das öffentlich-rechtliche Fernsehen betrachte usw., eine Situation haben, wo keiner entscheidende Fragen stellt. Also das, worüber wir ja hier diskutieren.

Um das mal einem Beispiel deutlich zu machen, es sterben in Deutschland jeden Tag ungefähr 2600 Menschen im Jahresdurchschnitt, das ist was ganz Normales. Das betrifft ungefähr 600 Menschen, die an Krebs sterben jeden Tag. Wenn man die Corona-Toten nimmt, seit März bis heute sind es ungefähr 70, also etwas mehr, als sonst bei der Grippe im Jahr sterben, das wären etwa 60.

Ich will mich auf die 600 Krebstoten konzentrieren, die jeden Tag sterben. Das geschieht schon seit Jahrzehnten und kein Medium berichtet über diesen Aspekt. Kein Mensch berichtet darüber, dass jeden Tag 600 Menschen sterben.

Wenn hingegen zwei Airbusse vom Himmel fallen würden und in jedem Airbus sitzen 300 Leute im Schnitt, also dann wären auch 600 Menschen tot, das wäre natürlich das Medienereignis ganz generell. Da würden sich alle drüber stürzen und da berichten. Warum ist es so, dass wir viele Dinge als normal betrachten?

Wir haben ja auch jahrelang Grippe als normal betrachtet. Da steht sozusagen nichts in den Medien drin. Da hört man nichts und sieht nichts.

Und hier haben wir die Situation, dass jetzt plötzlich alle über die Corona-Geschichte reden. Und da haben wir genau das Problem, was der Kollege ja auch angesprochen hat. Es sind die Leitmedien, die einen gigantischen Einfluss haben.

Und was wir sozusagen hier nicht haben, ist, dass irgendjemand, das kann die Politik sein, das kann die Zivilgesellschaft sein, sich die Frage stellt, wie kriegen wir es hin, dass die wenigen Freiräume, die es gibt, und es gibt eine ganze Reihe von Freiräumen, wie kriegen wir es hin, dass diese Freiräume einfach mehr wahrgenommen werden, weil in dem Augenblick, wo so ein Medium eine Geschichte macht, gehen die Eichen unter.

Also wenn irgendwie nicht jetzt wie diese Geschichte mit dem sexuellen Missbrauch, das war ein Ausnahmefall, wenn irgendwie eine andere Lokalzeitung einen Skandal sich in ihrem Umfeld da aufdeckt, das ist dann praktisch eine eng begrenzte Geschichte von der Reichweite und von der Interessensweite her, dann geht es unter, es sei denn, der Spiegel greift aus irgendwelchen Gründen das mal auf, weil er irgendwie Platz im Heft hat oder meint, jetzt hat er nicht genug interessante Sachen, jetzt guckt er mal, was hat die Lokalpresse geschrieben und macht daraus eine große Geschichte. Also wir müssen eigentlich die Frage stellen, und das ist das, wo ich halt einfach sehe, es gibt auch hier in dem Bereich der Medien und auch vor allem der Ökonomie, wie diese Medien funktionieren können, strukturelle Ungleichgewichte, die dazu führen, dass bestimmte Themen eben untergehen und dass bestimmte Themen sozusagen unser Leben bestimmen, unsere Wahrnehmung bestimmen, so wie eben Corona, und da haben wir dann so den Effekt, dass die Leitmedien letzten Endes den Ton angeben aus unterschiedlichen Gründen und alle rennen hinterher und das, was sozusagen dann der Standard wird, ist, dass jeder merkt, das ist ein Thema, das jetzt inzwischen fast alle machen, also muss ich als Journalist da auch mitmachen, statt sich zu überlegen, wo gibt es denn noch andere Probleme, die wir haben und die jetzt halt weniger im Fokus sind, aber die mindestens genauso dringend zu beantworten wären, wie beispielsweise das große Corona-Feld.

Also Frage, wie schaffen wir es, dass Medien oder dass Journalisten, also die in bestimmten Systemen arbeiten, und sofern diese Systeme da solche Freiräume haben oder ganz bewusst solche Freiräume auch eingerichtet haben, es gibt ja in einigen überregionalen Medien investigative Abteilungen, die sind nicht so riesig groß, aber immerhin ausreichend groß, da arbeiten fünf bis sieben, manchmal etwas mehr Leute, wie kriegen wir es hin, dass diese Geschichten, das, was da geschieht, breiter gemacht werden kann, häufiger gemacht werden kann, in größeren Abständen gemacht werden kann und wie kriegen wir das dann hin, dass das dann auch medial wahrgenommen wird.

Das, denke ich mal, ist so die große Frage, wenn wir die Überlegung haben, wie gehen wir eigentlich mit dieser Corona-Geschichte um und warum ist es so, dass alle von Corona reden und die Wahrnehmung ist einseitig und verzerrt, was ja eigentlich so die Standardthese ist im Medienbereich, auch die Medien haben eine verzerrte Wahrnehmung, eine einseitige Wahrnehmung, es gibt eine ganze Reihe von Wahrnehmungsfehlern und die werden weitergegeben an die Bevölkerung und deswegen wissen die halt eben nur, deswegen haben die eben ein eingeschränktes Weltbild.

Dr. Reiner Fuellmich (2:32:13 - 2:32:20)
Wie kommt das, dass in dieser Corona-Krise praktisch die gesamte übrige Berichterstattung verschwunden ist?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:32:22 - 2:36:09)
Das kann ich jetzt auch noch nicht so richtig beantworten, das kann wahrscheinlich noch niemand beantworten, man müsste sozusagen ins Detail gehen, es ist ja jedenfalls nichts Neues, dass manchmal so bestimmte Hypes entstehen, also so Berichterstattungsspiralen, auf die sich dann jeder setzt, der meint, er müsse da irgendwie mitmachen, aus welchen Gründen auch immer, also wenn sie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen arbeiten, müssen sie da irgendwie mitmachen, weil sie ja irgendwie in der Redaktion sind, die jeden Montag, wenn sie da zum Büro kommen, erst einmal den Spiegel aufschlagen, um zu gucken, was steht da drin, ah, da ist was, müssen wir aufmachen zum Beispiel.

So, also es gibt sozusagen so eine Art Druck, dass man sich da irgendwie anhängen muss, weil man aus welchen Gründen auch immer nicht bereit ist, andere Themen zu setzen, auf andere Themen auszuweichen oder bewusst auf andere Probleme zu leuchten, zu fokussieren, zu sagen, das ist ein Problem hier, entweder ich hänge mich da rein und versuche mal bestimmte Fragen zu stellen, die hier andere nicht beantworten, oder ich gehe auf ein ganz anderes Thema, was mindestens genauso ist. Also das, was wir im Omnik haben, lässt sich ja auch so im Rückblick gut beobachten, das ist ja nicht das erste Mal. Die New York Times ist ja eine der, sag ich mal, publizistischen Leuchttürme dieser Welt, mit 1500 Journalisten, das ist ein Riesenladen, der Spiegel hat 250 Journalisten, die New York Times also ein Vielfaches.

Als 9-11 stattgefunden hatte, hatte ich mir damals die New York Times angeguckt und mich sehr gewundert, wie die Journalisten, die ganze Zeitung, also das ganze Haus sozusagen in die allgemeine Hype eingefallen ist, jetzt müssen wir aber eins den Taliban auf den Deckel geben. Und alle haben geschrieben, ja, sofort die Flugzeugträger und die Militärmaschinen sofort nach Afghanistan, da müssen wir jetzt alles zusammenbomben. Es hat zwei, drei Jahre gedauert, bis die New York Times selber gemerkt hat, da ist sie einem, wie soll ich sagen, einem Mechanismus aufgesessen, den sie entweder nicht von vornherein erkannt hat, jedenfalls hat sie da mitgemacht, bis es dann irgendwann mal klick gemacht hat, da haben wir einen Fehler gemacht, weil da haben wir sozusagen eine allgemeine Stimmung, uns von einer allgemeinen Stimmung leiden lassen, statt unseren Job zu machen, der nämlich heißt, hier ist was passiert, finden wir nicht gut, warum ist es passiert und was wäre jetzt sozusagen zu tun, zum Beispiel. Aber bei der New York Times hat es zwei bis drei Jahre gedauert. Oder schauen Sie sich an, ich will damit dann auch aufhören, wieso die mediale Berichterstattung in Deutschland in den 60er, 70er Jahren lief, was da ihren Krieg in Vietnam da immer mehr zum Kochen gebracht haben, da war ja auch ein großer Mainstream in den Medien, die das alles mehr oder weniger gut befunden haben, einfach deshalb, weil sozusagen aus politischen Gründen die Partnerschaft, die Bevölkerung, würde ich mal eher sagen, mit den USA so groß war, dass man sich nicht getraut hatte, da mal kritische Fragen zu stellen oder sozusagen zu überlegen, muss ich das alles mitmachen und ist das alles in Ordnung, was die da machen zum Beispiel. Wir haben das sozusagen, wir können das schon öfters mal beobachten, aber jetzt was Corona anbelangt zu definieren, warum ist das so, ich würde einfach mal sagen, es gibt im Augenblick zu wenig Leute, die da kritische Fragen stellen und die hier dies tun, die werden eben nur sehr eingeschränkt wahrgenommen, also der Kollege Meinen hat von kleinen Öffentlichkeiten geredet, die sich dann teilweise auf einigen YouTube Kanälen stattfinden in einigen sozialen Medien, aber die eben nicht sozusagen die große mediale Reichweite haben, weil da die Leitmedien davor sind und die Leitmedien, hält sich jeder, weil er denkt, er verpasst irgendwas und das ist denke ich mal ein richtig struktureller Fehler bei uns im Mediensystem.

Dr. Reiner Fuellmich (2:36:09 - 2:36:51)
Es hätte doch aber gleich zu Beginn der Diskussion als erst mal vielleicht eine Weile nur eine Seite gehört wurde, aber dann doch schon nach ein paar Wochen Wolfgang Wodak aus der Deckung gekommen ist, Prof. Streeck kam aus der Deckung, Prof. Püschel mehr oder weniger zurückhaltend, aber es ist jedenfalls erkennbar geworden, dass es eine andere Sicht der Dinge gibt. Warum ist da niemand hinterhergelaufen und hat eben diese entscheidenden und kritischen Fragen gestellt und warum hat niemand in den Medien was gesagt, als Wolfgang Wodak ganz offensichtlich medial verbrannt worden ist und zwar gezielt?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:36:54 - 2:38:37)
Man muss sich mal ein bisschen die Struktur der Akteure anschauen und in den Systemen, in denen sie leben. Kollege Mayen hat das vorhin schon betont, dass es eigentlich immer weniger Journalisten gibt, die sozusagen so eine Art Dauerarbeitsplatz über das ganze Leben irgendwo haben, die wissen, ich habe mich für Journalismus entschieden und für unabhängige Berichterstattung und auch für kritische Berichterstattung, also ich hole Fakten hervor, über die sonst niemand reden möchte zum Beispiel, das ist immer weniger der Fall. Also ich sage mal so, auch so ein bisschen die Furcht von Journalisten, die potenziell eigentlich in der Lage sein müssten und die möglicherweise solche Gedanken im Kopf haben, wagen es nicht, es zu Papier zu bringen, weil sie um ihren Job fürchten, weil sie sozusagen fürchten, in der Redaktion wird man schräg angesehen zum Beispiel.

Ich rede aber jetzt nur von den Journalisten, die eigentlich die Zeit und die Kapazitäten hätten, sowas zu machen. Also da würde ich vor allem an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk denken, denn die Leute sind da, sage ich mal, haben sehr komfortable Arbeitsbedingungen im Vergleich zu den Journalisten, die in lokalen Zeitungen arbeiten und die da trotzdem kritisch berichten und sich nicht immer von diesen institutionellen Abhängigkeiten da leiden lassen. Also das ist zum Teil eben tatsächlich ein bisschen die Furcht, unter anderem um die eigene wirtschaftliche Existenz, die viele davon abhalt, das, was sie möglicherweise sogar denken, wirklich dann auch umzusetzen, obwohl das eigentlich ihre Aufgabe wäre.

Und das größte Manko, den größten Mangel sehe ich eigentlich beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen, weil die eigentlich so von der Abfederung, auch von der rechtlichen Abfederung in der Lage sein müssten, so etwas zu machen. Aber es geschieht nicht, auch aus Gründen, die uns ja auch Herr Mayen vorhin da ein bisschen dargestellt hat.

Dr. Reiner Fuellmich (2:38:37 - 2:38:39)
Unter anderem zu großer Nähe.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:38:40 - 2:39:07)
Zu großer Nähe, aber vor allem auch dieses völlig intransparente, diese intransparenten Abhängigkeitsmechanismen, die es da gibt und über die ja auch wirklich niemand redet und nur so ganz selten wahrgenommene Portale wie Übermedien zum Beispiel, die tauchen, die bringen mal so ab und zu so ein Thema auf den Tisch. Aber wer liest denn die Übermiete? Dass sie diesen Block da übermieten?

Das machen die wenigsten.

Viviane Fischer (2:39:08 - 2:41:05)
Ich habe auch den Eindruck so aus einer konkreten Beobachtung von jemandem, den ich schon sehr, sehr lange kenne. Und als das dann so losging und ich ja auch da mit meiner Petition rauskam nach den sauberen Corona-Daten, dann habe ich auch diese Person, also es ist ein relativ hohes Tier beim Fernsehen und jedenfalls habe ich dann auch angerufen und gesagt, ja wie das denn dort gesehen würde, ob man da nicht auch große Ängste hätte, wenn man jetzt dieses, also den Lockdown macht, ob das nicht auch wirtschaftlich und sonstige extreme Schadensträchtigkeit hat. Und dann hat er das am Anfang auch sehr stark so gesehen, hat auch gedacht, ja Gott, da hätte er auch Angst um die Wirtschaft und so weiter. Und dann entwickelte sich das aber irgendwie so, dass ich dann so gemerkt habe über die Zeit, war das dann doch immer, ja also hat man schon das so gesehen, hat das gesehen, aber dann hatte ich den Eindruck, dann wurde die Fähigkeit da irgendwie so genauer hinzugucken, die verringerte sich.

Zuerst hätte man gedacht, vielleicht passiert da noch was, kommen jetzt irgendwie größere Berichte oder sowas, aber dann war es mehr so ein, ja also jetzt kämen ja irgendwie die irgendwelche unliebsamen Leute raus, die diese Sachen thematisieren würden und so. Und dann verschwand so die Möglichkeit da vielleicht auch von offizieller Seite irgendwie sowas zu machen. Und die letzte Kommunikation, die ich dann hatte, da war also die Person gerade im Urlaub und sagte, ach hier sei es alles so schön am Meer.

Und da hatte man den Eindruck, da hat der sich dann so ein bisschen ganz da rausgezogen, so von dem Punkt, dass er vielleicht da einfach seinen Spielraum hat schwinden sehen. Dass man da eigentlich gar nicht so viel machen kann, dass das jetzt so in die Schiene reingelaufen ist und es gar nicht so schrecklich viel Bewegungsmöglichkeit hat. Das wäre ja, das würde ja im Prinzip stützen, das was sie sagen.

Also vielleicht gucken die am Anfang noch mal hin, aber dann sehen sie, ach irgendwie, da gibt es die Falle, die Falle oder da ist nicht so gewünscht und so und dann nimmt man sich immer mehr zurück und dann schwimmt man halt so mit dem Strom. Ja, also ist das eben auch aus wirtschaftlichen Überlegungen oder die Position oder sonst was.

Dr. Reiner Fuellmich (2:41:06 - 2:41:18)
Aber die wirtschaftlichen Überlegungen brauchen sich doch die im öffentlichen, im bequemen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gar nicht machen. Da muss ja was anderes eine Rolle spielen. Konformismus.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:41:22 - 2:42:26)
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat diese wirtschaftlichen Sorgen ja nicht. Ich habe gesagt, die Journalisten, die da arbeiten, sind da eigentlich komfortabel ausgestattet mit dem, was sie da machen können. Vor allem, wenn sie da presserechtlich irgendwie angegangen sind.

Da steht sofort die Rechtsabteilung dahinter und wenn jemand irgendwie den NDR verklagen will, dann überlegt er sich schon, ob er den NDR wirklich verklagt, weil da stehen richtige Gelder. Der NDR hat ein Gebührenvolumen von einer Milliarde Euro. Das hat nicht jedes Unternehmen, um das Geld auszugeben zum Beispiel.

Also von denen rede ich jetzt in diesem Fall nicht. Ich rede jetzt hier von den vielen Journalisten, die sozusagen auf freier Basis oder auf fester freier Basis, das ist so ein Mittelding, arbeiten oder im vielen Bereich von kleinen Produktionsfirmen, die da sich mal wieder irgendwie in Auftrag ergattern konnten. Von denen rede ich vor allem.

Die stehen unter einem hohen wirtschaftlichen Druck, müssen irgendwie ihr Überleben sichern und das geht am besten, wenn man da nicht unangenehm auffällt, beziehungsweise sich eben dann halt doch an den Mainstream hält und Experimente nach Tunlichkeit vermeidet.

Dr. Reiner Fuellmich (2:42:27 - 2:43:28)
Ja, aber die anderen, die es könnten, das ist doch im Grunde erschreckend. Die, die wirtschaftlichen Zwängen ausgesetzt sind, da kann man noch irgendwie nachvollziehen, jedenfalls rational Verständnis habe ich dafür trotzdem nicht, weil die konnten ja die Gelegenheit nutzen zu sagen, ich bringe jetzt die richtige Story raus, aber da kann man trotzdem nachvollziehen, warum die zu faul, zu bequem oder einfach zu mainstream-mäßig unterwegs sind, weil wirtschaftliche Zwänge. Aber warum ist diese investigative Funke, der ja die ganz großen Stories entzündet, denken Sie an die Bob Woodward und Bernstein-Geschichte über Nixon, über Deeps Road, wo sie diesen Mann gefunden haben, der, wie sich hinterher herausstellte, direkt aus dem FBI kam und der ihre Quelle war, Deeps Road. Warum gibt es das offenbar gar nicht mehr im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo doch die Möglichkeiten dafür vorhanden sind?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:43:29 - 2:45:52)
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wäre wirtschaftlich und sozusagen von der Absicherung her eigentlich das ideale Medium, aber theoretisch. Jetzt muss man so ein bisschen die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein bisschen kennen. Die Abhängigkeiten sozusagen intern, Rundfunkräte und so weiter, die ganzen indirekten Einflüssen haben von da.

Aber so ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat auch im Grunde genommen relativ lange Vorlaufzeiten, wenn es um größere Filme geht zum Beispiel. Da reden wir von mindestens einem Jahr, eher länger zum Beispiel. Man redet eben dann auch von Unabhängigkeit und vor allem von Freistellung von Ressourcen.

Das machen die inzwischen eigentlich auch nicht mehr. Also wenn Sie sich mal so eine Sendung wie Monitor anschauen oder auch Panorama, die bringen kurze Berichte, die sind dann sechs Minuten lang mal acht Minuten, das sind sozusagen schon große Längen für die nach heutigem Maßstab. Vor 10, 15 Jahren, 20 Jahren hatten die noch Berichte, die waren dann auch mal eine zehn Minuten, zwölf Minuten, also da konnte man auch sehr viel mehr darstellen.

Das hat sich alles verändert und wenn Sie nicht gerade direkt im Fernsehen langfristig, also richtig angestellt sind, einen Angestelltenvertrag haben, weil sie sozusagen öffentlich bedienstet sind und dann unkündig sind, die Menschen könnten es eigentlich machen, aber sie machen es einfach nicht, weil es einfacher ist, bequemer ist, nicht aufzufallen, also nicht in den Redaktionskonferenzen Vorschläge zu machen.

Hier müssten wir doch eigentlich mal ein bisschen gegenhalten, hier müssten wir bestimmte Fragen stellen. Das geschieht eigentlich nicht. Also ich sage mal so, es gibt viele freie Journalisten, die versuchen unter erheblichen Schwierigkeiten, unter erheblichem Aufwand, unter Einsatz ihrer ökonomischen Existenz usw.

solche Fragen zu stellen. Die müssten eigentlich im öffentlich-rechtlichen Fernsehen arbeiten oder alle anderen, die da so ihren Job vor allem als bequeme Absicherung sehen und schon so eine Beamtendenke drauf haben, die müsste man mal sozusagen in die wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen. Also es ist leider eine Situation, die so ist, wie sie ist.

Man müsste sie ändern. Und ändern kann man das eigentlich nur auf politischem Wege, beziehungsweise wenn die Zivilgesellschaft aufstehen würde und sagen würde, wir bezahlen hier Gebühren, das ist grundsätzlich in Ordnung, aber wir wollen da irgendwie ein größeres Mitspracherecht haben. Diese Forderung gibt es ja schon lange.

Die hat sich aber bisher einfach nicht durchsetzen können, weil dieses Thema kein Thema geworden ist bisher.

Dr. Reiner Fuellmich (2:45:54 - 2:45:59)
Wie es auch Prof. Mein schon gesagt hat, zum großen Teil ein strukturelles Problem.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:46:00 - 2:48:32)
Ja, es ist ein strukturelles Problem, wo sich also aber auch, ich sag mal so, die Menschen, die normalen Menschen, also an die sich die Medieninhalte richten, machen sich im Grunde zu wenig Gedanken, wie eigentlich die Medien funktionieren. Und machen sich auch oft zu wenig Gedanken jetzt, wenn ich hier an die nicht-öffentlich-rechtlichen denke, sondern an die Illustrierten, an die Nachrichtenmagazine, an die Zeitungen, dass die Menschen eigentlich auch nicht bereit sind, das zu bezahlen, was die Mieten eigentlich kosten würde, also was es kosten würde, ordentlich zu arbeiten zum Beispiel. Jeder Mensch hat eine Vorstellung, wenn ein Auto irgendwie nicht unter 15.000 Euro zu kriegen ist, das wird jedem einleuchten, weil er irgendwie mal Bilder gesehen hat im Fernsehen von diesen hochmodern ausgestatteten Produktionsstraßen, wie Autos hergestellt werden. Und jeder weiß, da steckt ein ersinnliches Kapital da drin. Wie Medien funktionieren, weiß keiner, weil die Medien auch ihre Probleme, also sozusagen ihre Probleme des wirtschaftlichen Fundaments nie wirklich kommuniziert haben. Also das ist auch ein Fehler der Medien selber, wenn die sagen würden, um das zu machen, was du vielleicht erwartest oder was du gerne hättest, nämlich mehr unabhängig zu recherchieren, kritische Fragen zu stellen, unabhängig wie der politische Mainstream geht und so weiter, dann müsstest du einfach mehr bezahlen.

Der Spiegel hat tatsächlich mal über zwei, drei Jahre sich überlegt, will eher auf Werbung ganz verzichten, wobei der Spiegel vergleichsweise sich unabhängig von Werbung immer hat sozusagen organisieren können. Der Spiegel hat sich mal überlegt und gerechnet und kalkuliert, was würde der Spiegel kosten, wenn er auf Werbung völlig verzichten würde und kam dann zum Ergebnis, die Spiegelausgabe würde dann nicht irgendwie ungefähr fünf Euro kosten, sondern sie würde ungefähr elf, zwölf Euro kosten und da ist der Spiegel dann davon abgegangen, von dieser Überlegung, weil er davon ausgegangen ist, das werden die wenigsten bereit sein zu zahlen, aber auch nur deswegen, weil der Spiegel nie wirklich mal die Karten offen gelegt hat, um seinen Menschen, seinen Lesern klar zu machen.

Wir leben leider nicht nur von euch, sondern wir leben auch von der Werbung. Die zahlt ihr zwar indirekt letzten Endes auch, weil die Kosten, die die Firmen in die Werbung stecken, die finden sich ja im Produktpreis wieder, also sozusagen ein verdeckter Kreislauf. Eigentlich müsste der Spiegel auf die Idee kommen zu sagen, Leute, ihr zahlt so und so elf oder zwölf Euro, dann lasst uns doch diese zwölf Euro direkt einnehmen und wir sind freier und unabhängiger und können das machen, was eigentlich unsere Aufgabe ist.

Dr. Reiner Fuellmich (2:48:32 - 2:49:13)
Offenbar glaubt man nicht, dass das funktioniert. Nun gibt es im Netz, im Internet jedenfalls, ganz viele Berichte darüber, dass die Corona-Berichterstattung in gewisser Weise quasi gekauft sein könnte. Und dann wird darüber spekuliert, wird aber auch mit konkreten Zahlen gearbeitet, dass die Bill und Melinda Gates Stiftung in erheblichem Umfang in Medienkonzerne investiert hat.

Sehen Sie das als Problem? Haben Sie davon schon mal gehört oder erscheint das eher abwegig, weil die Beträge, um die es da geht, im Verhältnis dann doch nicht groß genug sind?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:49:14 - 2:51:28)
Die Beträge, um die es da geht, also soweit sie bekannt sind, wir wissen das ja nicht, aber die Beträge, die da bekannt geworden sind, sind vergleichsweise gering. Es ist ja vor ein paar Wochen geschehen, dass ein kritisches Blockmedium tatsächlich mal festgestellt hat, dass der Spiegel zusammen mit der Melinda Gates Stiftung da so ein Projekt macht und dass der Spiegel dafür Geld genommen hat und hat natürlich das gemacht, was üblicherweise der Fall ist. Man fragt den, über den man da berichtet und der Spiegel hat dann zugeben müssen, ja, wir machen zusammen mit der Bill und Melinda Gates Stiftung ein Projekt und da kriegen wir so und so viel Geld und hat dann von sich aus sehr viel schneller, als das Portal eigentlich dazu imstande war, von sich aus offen zugegeben, ja, wir machen ein Projekt mit Bill und Melinda Gates.

Ich hatte die Summe nicht mehr im Kopf, das ist jetzt nicht so viel gewesen, da ging es auch um soziale Lebensverhältnisse in Afrika und in asiatischen Schwellenländern und so weiter, aber selbst wenn die Summe gering ist, um irgendwie von jemandem Geld zu kriegen, heißt es immer, ich muss mit dem auf freundlichem, auf einer freundlichen Ebene kommunizieren, das heißt im Zweifel auch, selbst wenn man es sich nicht so zugibt, also selbst sich selber nicht zugibt, man ist immer irgendwo in einer Abhängigkeit drin und das ist einfach nicht gut.

Das ist das gleiche Problem, wenn in großen Unternehmen die Vorstandsvorsitzenden, egal ob sie Mist gemacht haben oder nicht, dann in den Aufsichtsratsposten wechseln, wo man auch sagt, ja, jetzt hat er ja eine andere Funktion, aber es gibt diese alten Kontakte, die Kontakte vermitteln oder verbinden, verursachen letzten Endes immer irgendwie Abhängigkeiten, selbst wenn es nur die Abhängigkeit ist, dass man freundlich miteinander umgeht, aber Freundlichkeit kann auch schnell sich dahin entwickeln, dass Freundlichkeit dann eben letzten Endes auch so in vorauseilenden Gehorsam übergeht und so weiter.

Also solche Dinge sind einfach höchst fragwürdig, selbst wenn es nur geringe Summen sind, dass der Spiegel das von sich aus nicht von vornherein offengelegt hat, dass er da möglicherweise so ein Einfallstor da bietet, Kritikern, das verstehe ich exakt auch nicht, aber auch der Spiegel ist eben ein Unternehmen, was letzten Endes nur aus Menschen besteht, wie wir ja inzwischen wissen, dass es nicht viel anders ist.

Dr. Reiner Fuellmich (2:51:29 - 2:52:58)
Also wir haben den Eindruck, dass eines der, oder ich habe den Eindruck, dass eines der Probleme in diesem konkreten Zusammenhang, die vielleicht zu große Nähe ist zwischen der Politik, über die berichtet wird und den Berichterstattern und das andere Problem könnte sein, wenn solche Summen, egal in welcher Höhe sie fließen, dass da auch, ja, ich will nicht sagen, finanzielle Abhängigkeiten entstehen, weil Sie haben ja eben selber gesagt, es sind wahrscheinlich eher geringe Beträge, aber immerhin das Gefühl entsteht, man muss freundlich sein. Vor ein paar Jahren habe ich mal eine Strafanzeige gegen sämtliche Mitglieder des 11.

Senats des BGH wegen Rechtsbeugung erstattet, das war im Deutsche Bank und Schrottimmobilien Zusammenhang, weil wir erfahren hatten, dass zwei dieser Richter in erheblichem Umfang, mir sind dann die Steuerbescheide zugespielt worden, in erheblichem Umfang auf irgendwelchen Bankenveranstaltungen, die sehr teuer waren, Vorträge gehalten haben. Die erhalten natürlich nicht nur Vorträge, sondern abends sitzt man beim Bier zusammen und dann kann noch viel mehr passieren. Meinen Sie, dass das, also diese Mischung aus großer Nähe und gleichzeitig Geld, ach so, Geld haben die natürlich auch dafür gekriegt, gleichzeitig Geld, das zerstört das nicht, die Fähigkeit überhaupt unkritisch zu berichten?

Kritisch zu berichten vielmehr.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:53:00 - 2:55:36)
Das würde ich sagen, ist so. Es gibt sozusagen einmal die formelle Nähe, also wenn eine Zeitung eben über den Amtsleiter im Rathaus berichten muss, das ist eine formale Nähe. Es gibt aber vor allem die viel gefährlichere informelle Nähe.

Die formelle Nähe, die können wir sehen. Also hier ist die Zeitung und hier ist der Redakteur und hier ist der Bürgermeister oder hier ist der Amtsleiter von irgendeiner Behörde und so weiter. Die informelle Nähe, das was Sie gerade ansprechen, Richter erhalten Vorträge und man trinkt hier ein Bierchen und so weiter, kennt sich dann irgendwie, tauscht irgendwie was weiß ich Dinge aus und so weiter, stellt fest, dass die beiden Frauen auf der gleichen Schule oder an der gleichen Universität waren, ja dann fährt man mal gemeinsam hier in den Urlaub.

Das sind genau die Dinge, die sozusagen solche Abhängigkeiten, gegenseitige Abhängigkeiten konstruieren können, das muss nicht so sein, aber ist ganz offensichtlich häufig zu beobachten und wenn wir dann wirklich in die Realitäten reinschauen und gerade im juristischen Bereich, können wir das ja in einigen Fällen tatsächlich auch so sehen oder vermuten, sage ich mal, wir können es ja nicht immer sofort beweisen. Es ist tatsächlich so, dass die informelle Nähe die sehr viel gefährlichere Einflussgröße ist, einfach weil sie intransparent ist und solange alles intransparent ist, gibt es keine Möglichkeit da anzusetzen, es publik zu machen und zu sagen, so funktioniert es nicht.

Beziehungsweise, wenn die Menschen wollen, dass es so läuft, dann ist es in Ordnung, aber bevor sie entscheiden können, ob sie das so wollen, müssen sie erstmal wissen, dass es so ist und das ist ja eigentlich die Aufgabe der Medien, genau darauf zu schauen, ob das so läuft. Was aber schwierig ist, es ist sehr aufwendig und da sind wir wieder beim Grundproblem, da sind wir bei der Frage des wirtschaftlichen Fundaments, bei den Freiräumen, die ein System garantieren kann, selbst wenn es so läuft, dass ein Journalist, der bei irgendeiner kleinen Zeitung Tageszeitung arbeitet, dann erst einmal anfängt, in seiner Freizeit zu recherchieren oder mit Kontakten, die er zur Polizei hat oder wie auch immer und so weiter, versucht einfach mal so gut dabei die Fische beizubringen, bevor er dann der Redaktion einen Vorschlag machen kann, also ich habe hier ein bisschen was, wollen wir daraus was machen zum Beispiel.

Und dafür gibt es unzählige Beispiele, dass es eben halt auch so läuft, also das ist so ein bisschen auch von der Kreativität der Journalisten abhängt, aber eben auch von den Systemen, inwieweit die Systeme in irgendeiner Form Möglichkeit geben, denen die Willens sind, also die wirklich irgendwie da was draus machen wollen, dass die dann auch arbeiten können, selbst wenn es so ist, dass jemand halt erst einmal in der Freizeit recherchiert, weil er die Hoffnung, die begründete Hoffnung hat, in dem Augenblick, wo er so ein bisschen was auf den Tisch legen kann, sagt die Redaktion dann eben auch ja, macht die Geschichte und dann wird es eben auch was.

Dr. Reiner Fuellmich (2:55:37 - 2:57:15)
Wenn es gab ein, vor ein paar Jahren gab es mal im Zusammenhang mit einem befürchteten Terroranschlag, ich glaube in Hannover, während eines Fußballspiels, gab es mal den Kommentar des damaligen Innenministers de Maizière war das, dass er bestimmte Sachen lieber nicht sagen will, weil das die Bevölkerung beunruhigen könnte. Gibt es sowas auch in den Medien, dass die sich sagen, oh, oh, es gibt Sachen, die sagen wir besser nicht, da schweigen wir lieber, weil es könnte die Bevölkerung beunruhigen. Ich will darauf hinaus, die Strafanzeige damals von mir hat natürlich so eine kleine Welle losgelöst, aber es war zu sehen, dass wenige Medien bereit waren, sich das anzugucken, weil das könnte ja die Bevölkerung beunruhigen, wenn man den Verdacht haben muss, dass Richter käuflich sind.

Trotzdem haben aber die Medien damals berichtet, ich glaube plus minus, aber auch deshalb, weil Protagonisten bereit waren, zum Beispiel der Professor Derleder, immer auch Richter am OEG aus Bremen und eine große Nummer in der Juristerei, Dr. Schneider, die haben sich vor den Fernseher, vor die Kameras gestellt und haben gesagt, das ist Rechtsbeugung. Also einzelne Leute haben damals berichtet, einzelne Medien haben damals berichtet über etwas, was vielleicht unangenehm ist und die Bevölkerung beunruhigen könnte. Gibt es so ein, jetzt passiert das aber gar nicht in den Mainstreams, also jedenfalls mit Ausnahme von Markus Lanz und Professor Streeck, gibt es tatsächlich so ein Gefühl in den Medien, dass man vielleicht bestimmte Sachen, die die Bevölkerung beunruhigen könnte, von der Bevölkerung fernhält?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:57:17 - 2:59:08)
Medien sind ja frei, grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung, was sie berichten und wie sie berichten und so weiter. Und ich kenne aus vielen Diskussionen, aus vielen Punkten, dass eben das eine Medium sich so entscheidet, ein anderes Medium ganz anders, einfach weil es keine Standards gibt, weil das auch so ein bisschen vom Selbstverständnis des Mediums abhängt. Dass die Bild-Zeitung möglicherweise hier, weil sie eine hohe Reichweite hat und weiß, dass sie eben auch Medienmacht darstellt und repräsentiert, sich so eine Frage ein bisschen anders beantworten würde, als beispielsweise ein kleineres Medium wie das Handelsblatt, was sich ohnehin von der Reichweite oder von der Zielgruppe an Entscheider richtet, die, sage ich mal, also selbstständig denken können und sich nicht von so einer Meinungsmache beeinflussen, die würden anders mit so einer Beantwortung umgehen, als beispielsweise eben ein Medium.

Also da kann man, da gibt es keine Regel, das ist sozusagen einer der Fälle, wo Medien eigentlich immer unterschiedlich auch sich verhalten. Jetzt hier in diesem konkreten Fall haben wir einen sich dran gehalten und haben nicht berichtet, andere haben eben dann doch berichtet. Es gibt ganz wenige Standards, wo eigentlich es ein Konsens gibt im Medienbereich, bei Entführungen zum Beispiel.

Also dann, wenn absehbar, ganz konkret irgendwie ein Menschenleben auf dem Spiel steht, da gibt es dann auch eine entsprechende Passage im Pressekodex, aber ich denke mal, da ist das Selbstverständnis der Medienmacher, also das heißt Medienmacher, die Chefredakteure, die Manager und natürlich die Journalisten, so weit einherkonform, dass sie sagen, wenn es um ein Menschenleben geht und die Polizei bild uns, erst einmal nichts zu berichten, um die Ermittlungen nicht zu stören, um das Menschenleben zu retten, da denke ich mal, es dürfte der Konsens fast 100 Prozent sein, dass man dann eben nicht berichtet. Aber das sind wenige Fälle, die da so gut funktionieren.

Dr. Reiner Fuellmich (2:59:08 - 2:59:47)
Aber über einen Skandal müsste man doch eigentlich berichten können. Wenn ich das vorhin vergleiche mit dem, was in Schweden passiert, da gerät jetzt plötzlich der frühere Chef, ich hätte fast gesagt des Gesundheitsamts, Johann Giesecke, da gerät der unter Beschuss in den Medien, nur weil er als Berater ja eigentlich nicht mehr dabei ist, sondern außerhalb der Regierung dazugekommen ist. Das wird da schon als Skandal gesehen.

Hier, weiß ich nicht, hier habe ich zumindest das Gefühl, dass in manchen Bereichen der Wille, solche Skandale aufzudecken, nicht wirklich vorhanden ist.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (2:59:48 - 3:01:32)
Also diesen Fall von dem Giesecke, den uns der Kollege da vorhin erzählt hat, verstehe ich eigentlich auch nicht, vor allem weil der Giesecke ja offenbar vorher selber in dieser Funktion ganz offiziell gewesen ist und da viel Gutes und Sinnvolles gemacht hat, eben halt jetzt als Pensionär da zurate gezogen wurde, aber offenbar irgendwie so unter Umgebung bestimmter Formalitäten, dass das dann zum Politikum oder zum Skandal wird, kann ich ehrlich gesagt auch nicht ganz nachvollziehen, weil es ja eigentlich irgendwie sozusagen eine Abwägung ist zwischen der Formalien und sozusagen das, was sozusagen eigentlich unter Verletzung der Formalien letzten Endes bewirkt wird. Er hat ja ein bisschen volle Vorschläge ganz offenbar gemacht. Also in Deutschland würde das, denke ich mal, nicht so einen Skandal wert haben, aber da gibt es eben halt auch unterschiedliche Befindlichkeiten, was das Selbstverständnis der Mietern anbelangt.

Also mal in Vergleich zu bringen, in Deutschland steht jedes Mal in bestimmten Blättern der Massenpresse, wenn irgendwie die Königin krank ist oder wenn da irgendwas passiert ist, da interessieren sich die Massenmedien, die Boulevardpresse eben sehr für auch das Intimleben der Könige und ob jemand schwul oder lesbisch ist. Das ist für uns in Deutschland eigentlich bisher nie ein Thema gewesen. Da gibt es ein anderes Selbstverständnis.

Also es gibt eben halt auch in der Kultur, in der Wahrnehmung der Kultur und in der Ausführung der Medienkultur dann doch Unterschiede und Ihre Frage da heißt es ganz offensichtlich, in Schweden nimmt man das irgendwie ernster, als jetzt beispielsweise man das hier in Deutschland sehen würde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Deutschland hier einen großen Effekt haben würde, so eine Situation.

Dr. Reiner Fuellmich (3:01:32 - 3:02:36)
Man hat hier das Gefühl, ich zumindest, hab hier das Gefühl, dass es kein Problem ist, in den Blut und Busen Publikationen, so wird das glaube ich manchmal bezeichnet, persönliche Skandale zu berichten, solange das meinetwegen Prominente betrifft oder so, aber ich hab inzwischen den Eindruck, dass politische Skandale eher äußerst vorsichtig behandelt werden, im Gegensatz zu dem, ja zu der Kleinigkeit, die in Schweden schon zu einer, zu einem Skandal führen, was aus meiner Sicht dafür spricht, dass die Schweden sehr vorsichtig sind und ihnen die Unabhängigkeit und das Funktionieren ihrer Institutionen sehr wichtig ist. Wenn das hier aber nicht so passiert, auch zum Beispiel bei Corona, hätte man ja hinterfragen können, was machen die da eigentlich mit Wolfgang Wodak?

Hätte man ja vielleicht mal gucken können, 2008 gab's oder 2009 gab's diesen Bericht Profiteure der Angst, warum, oder noch mal die Frage, gibt es hier tatsächlich Vorbehalte über politische Skandale zu berichten?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:02:39 - 3:04:38)
Das würde ich eigentlich eher nicht sagen. Es gibt eine ganze Menge von politischen Skandalen, die aufgetischt worden sind und auf die sich Medien sehr gerne stürzen. Also selbst die BILD-Zeitung macht da ab und zu mit.

Ich denke an den damals abtretenden Bundespräsidenten Wolf. Da ging's ja um eine vergleichsweise harmlose Geschichte. Hat er sich da sein Privathaus von einem Juwelier bezahlen lassen und als rauskam, hat er rein formal gesehen nicht gemacht.

Das Ganze lief über seine Frau zum Beispiel. Da war die BILD-Zeitung eine, die da richtig eingestiegen sind und wir wissen ja alle, wie es ausgegangen ist. Das ist dann zum politischen Skandal geworden, der für den Betroffenen so groß wurde und unerträglich wurde, dass er dann von sich aus sozusagen die Konsequenz gezogen hat und gegangen ist.

Also das würde ich eigentlich nicht sagen, dass man hier mit politischen Skandalen irgendwie, dass man politische Skandale nicht auftäuschen möchte. Die Frage ist, was definieren wir als politischen Skandal? Die Fragen, auf die Sie wahrscheinlich hinauswollen, heißt ja, warum wird hier nicht diskutiert, dass die entsprechenden Institutionen, also hier die Charité, der Virologe auf der einen Seite, hier das RKI auf der anderen Seite, wie abhängig sind die von der Politik und warum hinterfragt das niemand?

Wie dann möglicherweise sozusagen die Einflusslinien laufen, wie der vorauseilende Gehorsam läuft, wie laufen da sozusagen die gegenseitigen Abhängigkeits- oder Beeinflussungsmechanismen? Das würde ich eben vor allem auch als politischen Skandal betrachten, aber da sind wir wieder beim Problem, das ist sozusagen offenbar auch für die Mehrheit der Spionalisten irgendwie entweder zu weit weg, das können die nicht als politischen Skandal entdecken oder sie sehen das Problem gar nicht aus unterschiedlichen Gründen oder sie sehen das Problem, haben es im Kopf, getrauen sich aber nicht daraus, was zu machen aus Gründen der wirtschaftlichen Abhängigkeit von diesem oder jenem zum Beispiel.

Dr. Reiner Fuellmich (3:04:39 - 3:05:00)
Ja, wird man nicht, im Moment jedenfalls, nicht genauer aufklären können. Professor Mayn sagte ja, sicherlich wird da in ein, zwei Jahren oder so mehr zu erkennen sein, wenn man die genauen Berichterstattungsstrukturen und die Hintergründe dann vielleicht auch mal genauer anguckt, aber ich glaube, im Moment haben wir den Kopf noch nicht weit genug über Wasser, um das alles erkennen zu können.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:05:01 - 3:06:40)
Ja, also wir wissen eigentlich zu wenig, beziehungsweise jetzt sozusagen alles da mühsam zusammenzusammeln, das ist halt auch einfach viel Arbeit, da denke ich mal, ist der Journalismus zum großen Teil, wenn man es wirklich sehr flächendeckend, sehr gründlich und sehr tiefgründig macht, überfordert, das kann eigentlich nur die Wissenschaft machen, also beispielsweise so ein Kommunikationswissenschaftler, die dafür Kapazitäten haben und dann eben auch an alles drankommen. Der Journalist lebt in der Regel, wenn er nicht gerade in der investigativen Abteilung lebt und arbeitet, wobei die Herausgeber dann wissen, denen müssen wir Freiräume lassen, inhaltlich und vor allem auch zeitlich, also von den Kapazitäten her. Der normale Journalist, der lebt eben unter einem hohen Druck, jetzt nicht nur, wenn er unabhängig ist, also frei ist, unter einem wirtschaftlichen Druck, sondern eben vor allem auch unter einem erheblichen Leistungsdruck, regelmäßig Geschichten, wenn er frei ist, anbieten zu müssen, die dann auch genommen werden und wenn er irgendwo angestellt ist, muss er eben tatsächlich die Seiten füllen und wir kennen das aus dem Redaktionsalltag von kleineren Zeitungen oder auch größeren Zeitungen, die so das Tagesgeschäft machen, die stehen richtig unter Druck, die müssen sozusagen bis so und so viel Uhr, 17 Uhr, 18 Uhr, was weiß ich, irgendwie zwei, drei ganze Seiten, große Zeitungsseiten gefüllt haben und da hat man dann eigentlich wenig Möglichkeit, da irgendwie auf andere Gedanken zu kommen und diesen anderen Gedanken möglicherweise dann auch nachzugehen, das ist die Situation vor der wir leben, das heißt wir haben hier ein System, ein Mediensystem, was hier nicht wirklich optimiert ist.

Viviane Fischer (3:06:41 - 3:07:34)
Es scheint ja doch auch eine gewisse Dynamik drin zu sein, auch Sprachrohr einer bestimmten Politrichtung, wenn man sich jetzt anschaut, dieses Spiel, was da von Playmobil, also einmal gab es, das ist noch ein anderes Thema, es gab so eine Corona-Story bei Playmobil, aber was mir jetzt besonders aufgefallen ist, das ist ja quasi dieses Computerspiel, was da entstanden ist, was finanziert ist wohl von ARD und anderen, wo man im Prinzip dem Virus bepackten Mitspieler ausweichen muss, also die gesunde Person hüpft dann da so lang und dann kommt einer und hustet furchtbar, kommt so grünes Zeug raus und muss dann zack da rüberspringen und so weiter, also das ist ja eigentlich auch ein bisschen eigentümlich, also das dann so eine, jetzt kann man das sehen als vielleicht den öffentlichen Klärauftrag, dass man da vielleicht so in so eine Richtung da konditioniert wird.

Dr. Reiner Fuellmich (3:07:34 - 3:07:36)
Das entspricht ja eigentlich dem Panikpapier.

Viviane Fischer (3:07:36 - 3:08:07)
Es entspricht ein bisschen dem Panikpapier und es ist also schon ein bisschen eigentümlich, dass sowas dann auch von der ARD finanziert ist, also wie verträgt sich das mit so einem Aufklärauftrag, aber der ist ja sehr einseitig hier, also wenn wir zum Beispiel sehen, dass in Schweden die Leute keine Masken tragen und sich eben abständig verhalten oder wie auch immer halt anders damit umgehen, dann ist das ja schon, also irgendwie da vermischt sich ja quasi politische Message mit einer, einem öffentlichen Erklärauftrag oder sowas.

Dr. Reiner Fuellmich (3:08:07 - 3:08:27)
Also Professor Mayen hat doch vorhin sich dagegen gewehrt, als ich gesagt habe, Staatsmedien und hat nochmal darauf hingewiesen, nee, Staatsmedien, das ist das, was wir in Russland haben, das hier ist öffentlich-rechtliche, öffentlich-rechtlicher Rundfunk, also es ist öffentlich-rechtlich, aber es ist eben kein Staatsmedium, aber ich glaube, so ist das zu verstehen, das empfindet man, oder

Viviane Fischer (3:08:27 - 3:08:45)
du empfindest das so, oder? Es geht tatsächlich, ich finde, schon einen Schritt weiter, weil das jetzt eben so eine offizielle Plattform ist und dann kann man ja auch sich überlegen, wie steht man zu so Abschiedsspielen überhaupt oder so, aber dass das dann da noch gepostet wird in dem Zusammenhang, das macht ja auf jeden Fall eine Stimmung. Und man würde ja eher sagen, es geht hier um Objektivität.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:08:45 - 3:08:50)
Ich kann Sie ganz schlecht verstehen, vielleicht können Sie Ihr Mikrofon irgendwie ein bisschen besser platzieren, also ich habe...

Viviane Fischer (3:08:50 - 3:09:36)
Ja, tut mir leid, ich hatte gerade erwähnt, es gibt ein, es ist so ein Computerspiel jetzt gemacht worden, was auch die ARD mitfinanziert hat, also Computerspiel, das kann man auf dem Bildschirm, kann man das spielen. Und da ist eben so ein Männchen, geht spazieren und muss eben den Corona-Gefahren ausweichen. Und das hüpft dann zum Beispiel über so einen hustenden, Corona-Befallenen, wo so lauter Viren irgendwie rausquillen und dann muss das eben hochhüpfen oder schnell wegrennen oder den wegdrücken oder wie auch immer das das dann macht.

Man kann das mit so einem kleinen Cursor, also nach rechts und nach oben bewegen und das finde ich jetzt schon, das hat ja was von, das macht eine Stimmung. Ja, und so, also ich weiß gar nicht, ob das dann überhaupt in so einen öffentlich-rechtlichen Auftrag reingehört, also ich finde das verwirrend.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:09:37 - 3:12:56)
Gut, also ich kenne das Spiel nicht, ich kenne überhaupt keine Spiele, habe auch keines auf dem Computer, weil ich die Zeit gar nicht habe, mich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Ich spiele auch nie Mensch ärgere dich oder so irgendwas, weil ich dann immer ganz genervt weggehe, einfach weil ich das als Zeitverschwendung empfinde. Gut, aber wenn Sie sagen, dass so ein Spiel dann ausgerechnet auch von den Öffentlich-Rechtlichen gemacht wird, dann würde ich auch sagen, da verletzen die ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag und das ist eine einseitige Geschichte, aber das ist eine grundsätzliche Diskussion, die leider eben auch nicht flächendeckend in der ganzen Medienwissenschaft geführt wird, weil wir ja hier eine Situation haben, wo, wenn Sie das rein formal betrachten, die Anteile, die Marktanteile zwischen privatem und öffentlich-rechtlichen Fernsehen ja 50-50 sind, wenn Sie alle Sendergruppen, Untersendergruppen dazurechnen.

Aber das hat dazu geführt, dass eben auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen sich sehr nah, sehr stark an die Standards sozusagen orientiert hat, die das private Fernsehen vorgegeben hat. Das beginnt bei den Talkshows, das beginnt bei den Unterhaltungssendungen, bei diesen Rätselsendungen und so weiter, bei den Soaps und so weiter und da gibt es eine ganze Reihe von Leuten, dazu gehöre ich auch, die eigentlich sagen, wir sollten eigentlich darauf achten oder die Frage stellen, was ist eigentlich die vorrangige Aufgabe eines öffentlich- rechtlichen Fernsehens und da würden wir sagen, also das ist leider eine Minderheit, jetzt sich an Soaps zu orientieren, die das privatwirtschaftliche Fernsehen macht oder an diesen Rätselsendungen, wer wird Millionär, das ist nicht öffentlich-rechtlich, das können die Privaten gerne machen und wenn es die Menschen gucken wollen, ist es ja auch in Ordnung, unsere Aufgabe, unsere Job ist eigentlich ein völlig anderer, aber da ist das Selbstverständnis oder das Verständnis, was ist öffentlich-rechtliches Fernsehen, leider völlig weicht ab von dem, was die Intendanten und was natürlich dann auch die von ihnen geprägte, der ganze Unterbau sozusagen davon hält, also das Beispiel mit dem Spielen würde ich ganz klar sagen, das ist eigentlich nicht Aufgabe und jetzt wundere ich mich gerade, dass das private Fernsehen noch nicht auf die Idee gekommen ist, das öffentlich-rechtliche Fernsehen deswegen zu verklagen wegen Verletzung, irgendwie ist einer der Rundfunkstaatsverträge, da ist ganz vieles geregelt, was dürfen die machen, was dürfen die nicht machen und da weiß ich nicht, ob solche Spiele dazugehören, hätte ich eher das Gefühl, dass das eben nicht Grundaufgabe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist. Aber das Problem ist ja beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das können wir von außen als Kritik hier äußern, eigentlich müsste diese Kritik auch mal von innen kommen, also aus dem System selber heraus, das geschieht aber nicht und da sind eben halt die Abhängigkeiten einfach zu groß und ob man das jetzt als Staatsfernsehen betrachtet oder als öffentlich-rechtliches Fernsehen, das ist so ein bisschen verwirrend auch, wenn man den Russia Today sieht, weiß man, das ist Herr Putin, der da spricht oder sein Pressesprecher, beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen erkennt man eben nicht von vornherein oder nicht jeder diese fein dissellierten Abhängigkeitsmechanismen, die es da gibt, die eben dazu führen, dass sich eben leider auch dieser ganze Medienbereich aus dieser kritischen Diskussion, die eigentlich hier bei Corona notwendig wäre, dass sich die da einklinken und eigentlich ihren Job machen, von dem man sagen würde, ja, das ist eigentlich eine Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.

Das geschieht leider nicht.

Dr. Reiner Fuellmich (3:12:56 - 3:14:09)
Es gibt einen Journalisten, der heißt Reit Schuster, ein angesehener Journalist, der sehr viel über Russland gemacht hat in den Mainstream-Medien und der jetzt sich sozusagen angewidert abgekehrt hat. Den habe ich neulich in einem Interview mit Preradovic gesehen und da hat er so ein bisschen darüber gesprochen, was hier in der Corona-Berichterstattung gerade auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen los ist. Er hat da auch sogar ein paar Namen genannt, dass also Leute sich bei ihm, bekannte Journalisten sich bei ihm in der Küche, so hat er es glaube ich gesagt, ausgeheult haben, was das für ein Chaos ist, dass man mit einer anderen Berichterstattung überhaupt nicht mehr zu Wort kommt.

Danach sagt er, sind dieselben Leute, deren Namen hat er nun nicht genannt, sind dieselben Leute dann in irgendeiner Talkshow aufgetreten, wo es um die Frage ging, ist die öffentlich-rechtliche Berichterstattung nun gelenkt oder nicht, haben die noch genug Freiräume und da hätten die im Brustton der Überzeugung gesagt, nee, alles sauber, weil aus mich wird kein Druck ausgeübt. Also da scheinen diese Abhängigkeiten, die sie eben beschrieben haben, doch wesentlich größer zu sein, als das in der Öffentlichkeit auch nur ansatzweise erkannt wird.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:14:10 - 3:15:47)
Genau, das ist der Fall, also ich kenne den Reitschüsser auch, der hat ja unheimlich kritische Sachen da über Russland geschrieben, der musste ja auch deswegen gehen, weil er um sein Leben gefürchtet hat, kann ich völlig nachvollziehen. Ich kann nur hoffen, dass er aus den Dingen, die er da in Russland erlebt hat, jetzt auch mal ein Buch macht über diese Thematik und so weiter, aber was Sie da gerade ansprechen, eben, dass die Betroffenen aus den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten im Brustton der Überzeugung von sich behaupten, sie hätten Freiräume und keiner würde Druck auf sie ausüben, das ist leider so, Eigenwahrnehmung ist immer etwas anderes als die Fremdwahrnehmung von außen und dass es so wenig Menschen gibt, also ich kenne eigentlich keinen aus dem öffentlich-rechtlichen System, der mal so neben sich stellen könnte und sagen könnte, also was mache ich da eigentlich, ist das eigentlich in Ordnung, nehme ich da eigentlich den Job wahr, der eigentlich mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbunden war, also da haben wir genau die Situation, das gehört zu diesen vielfältigen, auszisellierten Abhängigkeiten, subtilen Abhängigkeiten, über die hier kaum geredet wird und wo man eigentlich schon aufgrund eines solchen Statements stutzig werden müsste, weil man sich sagt, das ist jetzt sozusagen das Statement von den Betroffenen und so wie der das sagt, dass er da von jemandem vorgeschrieben bekommt, was er zu berichten hat, so ist das gleiche, wenn ich irgendwie einen Redakteur bei Russia Today sehe und der sagt es auch, wir berichten hier unabhängig und ich weiß, es ist Sprachrohr von Herrn Putin, also das ist in der Hinsicht dann letzten Ende, es läuft aufs Gleiche hinaus, auch wenn die Inhalte ein bisschen anders sind, aber von den Abhängigkeiten läuft es aufs ziemlich Gleiche hinaus, ja.

Dr. Reiner Fuellmich (3:15:47 - 3:16:04)
Ja und das läuft ja dann sogar noch stärker aufs Gleiche hinaus, wenn das derselbe Typ ist, der vorher bei Reitschuster in der Küche gejammert hat, dass er mit kritischen Stories nicht mehr durchkommt, es sollen wohl mehrere Leute gewesen sein, so wie er es beschrieben hat, also da verkauft auch jemand seine Seele.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:16:05 - 3:17:15)
Ja, das ist der wirtschaftliche Druck, das ist sozusagen wenn man jung ist, eine Familie aufgemacht hat, ein Haus hat, was man da bezahlen muss, ein Auto gekauft hat, eine neue Kücheneinrichtung kostet 40, 50, 60.000 Euro, das Geld muss irgendwie reinkommen und wirtschaftliche Abhängigkeit ist eigentlich selten losgelöst von Unabhängigkeit, also das passiert eigentlich wirklich selten, aber das ist das Grundproblem. Die Medien bei uns haben hier, was die Möglichkeiten anbelangt, ideale Bedingungen, die ich eigentlich in keinem Land der westlichen Welt so wiederfinde, aber das wirtschaftliche Fundament ist eben sehr stark eingeschränkt von vielen Abhängigkeiten bedingt, nicht nur eben von den Werbekunden, die da immer so eine große Rolle spielen, sondern eben vielfach in vielen Bereichen von ganz vielen von vornherein nicht zu sehenden Abhängigkeiten, auf die man achten müsste, um zu verstehen, warum leider im Augenblick niemand diesen Job macht, nämlich hier relevante Fragen stellen, was passiert hier eigentlich mit Corona, warum stellt einer nicht die relevanten Fragen und warum bringt der irgendwie nicht die Öffentlichkeit mal zu nachdenken, was halt immer eine grundsätzlich schwierige Geschichte ist.

Viviane Fischer (3:17:17 - 3:19:01)
Ich meine, es gibt ja noch ein Phänomen, das ja häufig auch selbst wenn irgendwie kritisch berichtet wird, dann kommt es ja auch immer darauf an, wo tauchten das auf? Also wenn ich jetzt in der Bild-Zeitung irgendwie eine Achtung, ohne Maske sterben wir alle Bericht habe und dann habe ich auf Seite 3 ganz hinten einen kleinen Bericht, Kinder leiden unter der Isolation oder so. Dann habe ich auch zwar darüber berichtet, aber ich habe es natürlich so getan, dass es dann überhaupt gar keiner mehr wahrnimmt, weil es sich so weit hinten in der Liste so wie Google in Seite 5, das sieht dann auch keiner mehr.

Und das ist vielleicht auch so ein bisschen was, wo die Leute sich dann teilweise auch selbst beruhigen. Ich habe ja darüber berichtet, aber vielleicht eben nicht sehen, dass es eigentlich überhaupt gar keine Wirkung mehr entfalten kann. Also eigentlich wäre es toll, wir haben ja jetzt auch ein kleines Whistleblower-Tool, was eben jetzt, also jetzt werden wir über das Wochenende berichten, das wird jetzt online gehen, kann man ab Montag auch, ich glaube Montag ist das da, wir werden nochmal genau berichten, wann es ist, aber ich denke, ab Montag kann es losgehen, da können Leute sich melden und vielleicht gibt es ja auch Leute, die uns noch ein bisschen Näheres aus dem Journalismus berichten wollen, was sich da so tut. Wir haben ja auch von einigen Journalisten nochmal was gehört, dass dann auch die Arbeit stark behindert wurde.

Also, dass Leute vielleicht auch bei diesen Demonstrationen verhaftet wurden oder jedenfalls behindert, nicht Zugang hatten oder eben andere Sachen, also jetzt auch Freijournalisten, ja, die dann vielleicht auch Blogger, die vielleicht alternativ berichten wollten oder so, dass es da auch Probleme gab, auch Zugangsprobleme. Und das sind natürlich auch noch Sachen, die dann auch wieder einschüchtern oder vielleicht ein Stück weit da vom Weg abbringen können, wenn man jetzt was herausgefunden hat, was man gern kommunizieren möchte.

Dr. Reiner Fuellmich (3:19:02 - 3:20:42)
Ich habe noch eine Frage. Es gibt einen sehr bekannten Journalisten der New York Times, der heißt Roger Cohen, der war lange in Deutschland, hier der Verbindungsmann der New York Times und der hat sein Ursprung ist jüdisch, seine Familie ist jüdisch, viele Familienmitglieder sind in Auschwitz und anderen solchen KZs umgebracht worden. Er hatte also Vorbehalte, als er hier nach Deutschland gekommen ist, um hier über Deutschland zu berichten und dann hat er eine ganz große Story gemacht, die hat hier wenig Beachtung gefunden.

Da hat er gesagt, in 2006 bei der WM, da sei ja dieses, ja sowas wie das der Fußballsommer, das Sommermärchen, das sei ja ein Fest des Friedens gewesen, da hätte er plötzlich alle Vorbehalte gegenüber den Deutschen verloren, weil das sei ja so offen gewesen und hier, Straße des 17. Juni, waren sie alle am Tanzen, ganz toll. Und dann sagt er, ja, das war aber eigentlich nur die Oberfläche, denn wenige Jahre später hätte er das Gefühl gehabt, dass in Deutschland nur noch sowas wie eine dumpfe, wie nennt er das, eine dumpfe bequeme Selbstgefälligkeit, Complacency, heißt das im Original, eingesetzt hat.

Kann das sein, dass das, offenbar gilt das natürlich nicht für die Leute, die sich hier an der Demo beteiligt haben, aber kann das sein, dass das, wenn es für, sagen wir mal, 70, 80 Prozent der Bevölkerung zustimmt, dann auch in den Medien um sich greift und dass man da dann einfach doch nicht mehr so ganz genau hingucken will, wenn man eigentlich hingucken müsste?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:20:45 - 3:23:49)
Ich weiß nicht, ob das Beispiel so übertragbar ist auf die jetzige Situation. Ich bin jetzt auch kein Fußballmensch, ich hab das natürlich mitbekommen, was sich da abgespielt hat, das war ein fester Freude, dass das hinterher letzten Endes alles auch ein bisschen mit Korruption verhaftet war, wissen wir inzwischen auch. Naja, das ist ja, das ist so das, wo ich auch damals die Frage gestellt hätte, wie kommt das, dass diese Entscheidung letzten Endes so reibungslos da für Deutschland ausgegangen ist, das kann man ja inzwischen bei jeder Entscheidung inzwischen fragen, wie wir wissen hier, aber das jetzt so auf eine Art Selbstgefälligkeit, Bequemlichkeit ganz generell zurückzuführen, weiß ich nicht, also die Einschätzung würde ich jetzt von dem Kollegen eigentlich nicht teilen. Wir haben hier in Deutschland eine sehr differenzierte Bevölkerung, wir haben ja unheimlich viele zivilgesellschaftliche Aktivitäten, wir haben ein sehr differenziertes Mediensystem, was zur Zeit eben aber jetzt hier eben nicht so funktioniert, wie man es eigentlich erhofft hätte oder erwarten würde, aber von den Möglichkeiten her, was wir machen könnten, wären wir eigentlich in der Lage oder müssten die Medien in der Lage sein eben halt nicht nur dem Mainstream zu folgen, sondern eben auch die Fragen zu stellen, die der Mainstream eben einfach nicht stellt, weil das bequemer ist, dem Mainstream zu folgen, weil das dann auch für den Arbeitsplatz als freier Journalist sicherer ist, wenn ich schreibe, was gehört werden will und so weiter und weil eben halt auch, da haben wir jetzt noch gar nicht drüber gesprochen, hier in Deutschland ein vergleichsweise ausgeprägtes Obrigkeitsdenken noch vorherrscht, das beobachte ich eigentlich weniger bei den Jüngeren als eher bei so den Älteren, die halt teilweise so aufgewachsen sind oder das sozusagen mitbekommen haben.

Deswegen funktioniert leider nicht alles so, wie wir es uns eigentlich gerne denken würden, weil eben bestimmte strukturelle Ungleichgewichte und ungleiche Strukturen da vorhanden sind, über die niemand spricht, die auch in der Politik nicht aufgegriffen werden und das würde ich eben, um diesen Begriff von vorher nochmal aufzuwerten, das würde ich als einen der großen politischen Skandale betrachten, weil wenn ich mir so anschaue, was jetzt in den letzten Jahren oder Wahlperioden eigentlich so politisch geschehen, dann muss ich eigentlich sagen, es war so eine Art Muckling through, nennt man das, so durchwurschteln, wo die Politik auch keine Idee hatte, wie soll das eigentlich hier in Zukunft weitergehen, weder beim Klimawandel noch bei der Frage, was für ein Mediensystem wollen wir eigentlich haben und was muss das eigentlich leisten und müssten wir uns mal genau den Bereich angucken, den wir indirekt mitfinanzieren, weil wir das Gesetz dazu haben, dass eben jeder, der ein abspielbares Gerät hat, egal ob Computer, Smartphone oder sonst, dass jeder Haushalt eben einen Fernsehbeitrag, ein Rundfunkgebühr, wie das offiziell heißt, zahlen muss, aber dafür würden wir dann aber auch eben erwarten, wenn wir Journalisten und Redaktionen mit einer derartigen Sicherheit ausstatten, dass die dann auch bestimmte Dinge leisten, unabhängig ob das uns gefällt oder nicht, das ist, denke ich mal, hier einfach nicht der Fall.

Prof. Dr. Michael Meyen (3:23:49 - 3:23:49)
Ja.

Dr. Reiner Fuellmich (3:23:50 - 3:24:11)
Okay. Oberigkeitsführigkeit ist, glaube ich, fast ein ganz eigenes Thema. Das ist ein besonderes Problem, so wird es weltweit empfunden, der Deutschen.

Nicht erst seit dem Dritten Reich, sondern schon seit wilhelminischen Zeiten, da wurde die Justiz schon gleich geschaltet durch Bismarck, aber das kann natürlich auch innerhalb der Medien eine Rolle spielen, ja.

Viviane Fischer (3:24:12 - 3:24:32)
Wird das nicht sogar durch die Art der Berichterstattung vielleicht ein bisschen getriggert? Also zum einen die Aggression in der Bevölkerung jetzt Menschen gegenüber, die unter Umständen keine Maske tragen können und zum anderen eben auch dieses Anschwärzen, was jetzt doch verstärkt auftritt.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:24:34 - 3:25:41)
Ja, die Oberigkeitsführigkeit kann ich selber jetzt nicht, ja, ich kann das selber jetzt nicht bestätigen, weil mir ist das eigentlich sowas nicht aufgefallen. Gut, man sieht in der S-Bahn oder irgendwo im Bus mal Leute, die eben keine Maske haben, fragen natürlich nicht, kannst du keine Maske tragen, weil du irgendwie Probleme mit dem Atmen hast, was weiß ich, aber ich habe jetzt eigentlich noch nicht beobachten können, dass da dann Aggression entsteht, aber ich denke mal, es wird immer so sein, dass Menschen, heute stand bei uns im Tagesspiegel eine Geschichte darüber, dass die Jugend da eigentlich so sich nicht an die Regeln hält und so weiter und großes Geklage die ganze Zeit hier durchgeht und dann hat einer mal klargemacht, das, was in der Zeitung heute steht oder die ganzen Monate steht, dass die Jugendlichen da sich so nicht so ohne weiteres an Law and Order halten und die Regeln nicht immer befolgen, das konnte man auch schon bei Sokrates nachlesen und bei Aristoteles nachlesen, das war früher vor über 2000 Jahren auch nicht viel anders.

Also ich denke mal, das, was Sie da fragen, ich glaube, das hätten wir vor 100 Jahren in einer anderen Situation natürlich, vermutlich genauso beobachten können, also die Kontinuitäten sind doch relativ konstant, die sich da über die Jahrhunderte hinwegziehen.

Dr. Wolfgang Wodarg (3:25:42 - 3:26:59)
Wir haben ja so schon 70 Jahre Zeit gehabt, uns den Obrigkeitsstaat abzugewöhnen eigentlich und haben da ja auch ganz praktisch geübt, haben da schon eine ganze Menge Erfolge, eine Zeit lang waren wir stolz drauf und dass wir, dass die Obrigkeit eben das Volk ist, das heißt die Menschen, die demonstrieren oder nicht demonstrieren, also das heißt, dass wir versuchen, ja von unten nach oben uns Regeln zu geben, damit das alles besser wird. Das ist für mich jetzt mal ein Thema wie, was müsste man dann in ein Parteiprogramm schreiben, damit die Medien besser funktionieren?

Was müsste man da ändern? Was müsste man schaffen damit? Welche Anreize müsste man schaffen?

Oder was ist mit den Rundfunkräten? Sind regionale Medien sicherzustellen oder ist es besser, wenn das so hierarchisch gegliedert ist in Deutschland? Also da sind so strukturelle und systemische Fragen, die ja dann durch die Regelsetzer dann beeinflusst werden können, das heißt durch die Parlamente und das könnte man dann ja versuchen auch einzufordern, sodass es vielleicht, ich bin da nicht sehr optimistisch, aber dass es dann doch in das eine oder andere Parteiprogramm einfließt.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:27:00 - 3:31:26)
Also jetzt mal, wenn wir unser Mediensystem mit dem anderer Länder vergleichen, also mit Frankreich zum Beispiel oder mit Italien, haben wir ja nicht die Situation, dass bestimmte Mieterhäuser gleichzeitig, wenn wir Fabriken haben, Rüstung produzieren und so weiter. Das ist ja in Frankreich der Fall, in Italien sind es vor allem Fabriken und andere Geschäfte. Also da gibt es sehr enge Verhältnisse und da definieren sich viele Abhängigkeiten daraus, weil jeder Unternehmer weiß, um Staatsaufträge zu kriegen, muss er eben an seine Journalisten anweisen, berichtet gefälligst freundlich über die Regierung zum Beispiel.

So, was müsste eigentlich in Parteiprogrammen landen? Also bevor es in Parteiprogrammen landet, würde ich denken, müsste man erst einmal eine öffentliche Diskussion darüber führen. Eine öffentliche Diskussion würde aus Sicht der Zivilgesellschaft würde ich mal sagen, vor allem sich auf jene Medien richten müssen, die sozusagen indirekt von der Zivilgesellschaft auch finanziert werden.

Also zum Beispiel der öffentlich-rechtliche Rundfunk, da müsste man sich Gedanken machen und diese Diskussion gibt es im Kleinen, leider ja schon seit vielen, vielen Jahren, also ich sage sogar seit Jahrzehnten, die Besetzung der Rundfunkräte zum Beispiel. Da sind eben etablierte Vertreter des gesellschaftlichen Lebens drin, aber eben ein sehr eingegrenztes Spektrum, was man vor 40, 50 Jahren mal sich ausgedacht hatte. Die Welt hat sich aber hier in den letzten 50, 60 Jahren doch ein bisschen weiterentwickelt.

Und die Zivilgesellschaft verleiht sich eben auch in vielen neuen Bewegungen Ausdruck und die sind da alle nicht abgebildet. Also das wäre sozusagen das Erste, was man machen müsste, mal über die Rolle der Rundfunkräte und der Besetzungen und überhaupt die ganzen Mechanismen, die sich in diesen öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten da zum Beispiel bewegen. Ein zweiter Ansatzpunkt wäre zum Beispiel, es gibt ja so einige Institutionen, die sich so ein bisschen anders definieren als der Mainstream der Medien zum Beispiel.

Ich denke an Korrektiv, die Korrektiv-Förderer machen zur Zeit sehr merkwürdige Dinge, muss man sagen. Aber ganz grundsätzlich gibt es eine Diskussion in Fachkreisen, ist Journalismus eigentlich eine gemeinnützige Angelegenheit und müsste man gemeinnützigen Journalismus, egal wie sich so Portale letzten Endes finanzieren, über Crowdfunding oder sonst irgendwie, müsste man das teuerlich nicht irgendwie berücksichtigen, wenn wir sagen, ein Sportverein, der da irgendwie Fußball spielt, der ist ja auch gemeinnützig und wo besteht eigentlich der Mehrwert für die Gesellschaft, außer dass die Leute halt, wenn sie aufs Fußballfeld gehen und kicken, dann eben ihren Spaß haben. Da würde ich mal denken, dass der Beitrag von kritischem Journalismus für die Gesellschaft doch einen etwas größeren Stellenwert haben müsste, als eben Handball oder sonst irgendwas oder ein Hasenzüchterverein zum Beispiel, der ist ja auch gemeinnützig.

Also bevor man so jetzt sozusagen Medien direkt unterstützen will, sollte man unheimlich vorsichtig sein, weil die Medien wollen das eigentlich selber auch gar nicht, sondern die Medien wollen eigentlich im Idealfall sozusagen ihre Freiräume haben, am liebsten eben halt auch die ökonomischen Freiräume und da muss ich die Medien eben, müssen sie sich selber bei der eigenen Nase fassen und die sollten einfach mal über die Rolle der Einflussmechanismen öffentlich diskutieren, also sich mit ihren Konsumenten, mit ihren Usern unterhalten. Also ich habe vorhin das Beispiel vom Spiegel genannt, der Spiegel soll einfach mal den Lesern klar machen, ihr bezahlt in Wirklichkeit für jedes Heft eigentlich 11, 12 Euro um, aber indirekt 5 Euro direkt und den Rest über die Werbeprodukte, über die Produkte, die da kauft. Wir wollen uns aber nicht in diese Abhängigkeit begeben oder wir wollen es da rausbegeben.

Wir schalten jetzt, wir ändern jetzt unser Geschäftsmodell. Wir sagen jetzt, der Spiegel kostet dann eben 11 Euro und dafür zählt ja dann keine Werbung mehr. Also da gäbe es sozusagen eine ganze Menge, wo man mal anfangen müsste zu diskutieren.

Ich sage aber gleich, der Mietensektor sollte eben frei von irgendwelchen Einflussnahmen sein. Man kann denen höchstens sozusagen so eine Art Incentive geben. Denkt mal über eure Rolle nach und schaut mal nach.

Denkt mal darüber nach, wie ihr euch anders organisieren könntet und was müssten wir dann als Partei, als Staat, als Politik möglicherweise an den Rahmenbedingungen ändern. Also ich denke mal, wenn wir über ein verändertes Mediensystem reden, müsste die Politik die Rahmenbedingungen ein bisschen anders setzen und schauen, woran hat es und sozusagen da ansetzen und dann alles andere denen überlassen, die dann daraus was machen wollen oder müssen.

Dr. Reiner Fuellmich (3:31:29 - 3:33:07)
Wenn man politische Rahmenbedingungen ändern will, sagen Sie, muss man erstmal eine öffentliche Diskussion führen, um festzustellen, ja, um einfach die Problemstellen offenzulegen. Es gab, ich glaube den meisten Menschen ist das überhaupt nicht klar, was da alles möglich ist an Abhängigkeiten. Es gab einen sehr, sehr bekannten Spiegeljournalisten, der, ich will jetzt seinen Namen nicht nennen, ich glaube der lebt aber noch, der sehr viele, ganz große politische Enthüllungsstories geschrieben hat.

Er wollte über die berühmten Schrottimmobiliengeschäfte der Hypo Bank berichten, hatte den Bericht fertig, das ist ungefähr 16, 17 Jahre her, hatte den Bericht fertig und ein Tag bevor er oder zwei Tage bevor er gebracht wurde, so hat er mir hinterher berichtet, das war nämlich sein Grund in die Rente zu gehen, kam ein Trupp von Justiziaren zum Spiegel und hat Druck ausgeübt. Im Gegenzug, die Story war dann weg, die kam nicht, ich habe aber die Druckfahne immer noch, im Gegenzug hat aber der Spiegel dann für ein paar Millionen diese Anzeigenkampagne der Hypo Bank leben sie, wir kümmern uns um die Details gedruckt. Ich glaube, wenn man das hört, wenn man das hört, Herr Professor Ludwig, dann würde doch auch der Normalbürger sich sagen, oh man, dann besser keine Werbung, dann zahle ich lieber meinetwegen 11 Euro, oder?

Oder glauben Sie, dass dann immer noch kein Verständnis für eine unabhängige, für einen unabhängigen Journalist so da ist?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:33:09 - 3:37:20)
So eingeübte Routinen zu ändern, an denen man sich jahrzehntelang gewohnt hat, ist ja bekanntlich schwierig, dauert viel Zeit, also der Spiegel, ich weiß nicht, ob das funktionieren würde, das müsste man, da müssten dann mal Marketingleute mit einbeziehen, ob man so von heute auf morgen so ein Modellwechsel, so ein Paradigmenwechsel da durchführen könnte. Aber die Geschichte, die Sie da erzählen, ist schon sehr aufschlussreich, also sowas passiert eben halt auch beim Spiegel, wie wohl, sage ich mal, der Spiegel immer noch zu den Medien gehört, die sich da vergleichsweise unabhängig verhalten. Der Spiegel hatte in den 80er, 90er Jahren zum Beispiel potenziell große Einnahmeverluste, weil weder die großen Konzerne wie Bayer höchst, also die ganzen Chemieriesen haben da den Spiegel mit Werbung blockiert, dann auch die großen Banken, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank, die es ja damals auch noch gab und so weiter, das hat der Spiegel alles ausgehalten, weil er wusste, er verliert die Glaubwürdigkeit, wenn da rauskommt, dass er irgendwie aus Rücksichtnahme auf irgendeinen Werbekunden auf die ein oder andere Geschichte verzichtet. Jetzt sind inzwischen die großen Konzerne, die damals 20 Jahre lang Boykott getrieben haben, wieder beim Spiegel und machen Werbung, weil sie einfach auch gesehen haben, sie brauchen die Kundschaft, also die brauchen die Leser, um sozusagen die anzusprechen, wir haben gute Produkte, bitte kauft das Ganze und so weiter. Aber es passiert halt immer wieder, selbst wenn sie ein System sehr sorgfältig ausseriert aufstellen, dass solche Pannen nicht passieren, dass sie eben doch passieren.

Also das ist tatsächlich so ein Fall, der Redakteur, dass man dem Redakteur sagt, wir bringen die Geschichte nicht, wir machen lieber der andere, aus welchen Gründen auch immer zum Beispiel. Wäre mal interessant zu schauen, ob es da Gründe, ob dem Redakteur Gründe genannt worden sind, weshalb die Geschichte nicht gelaufen ist. Aber selbst der Spiegel ist vor solchen Pannen nicht gefeit und denken Sie an den Relotius, dem hatte man ja auch ein eigenes Dokumentar beiseite gestellt und die Dokumentationsanrichtung beim Spiegel ist eigentlich weltweit vorbildlich, wo die Redakteure, die Dokumentare, die heißen da eigentlich Dokumentationsjournalisten, wirklich praktisch jedes Wort überprüfen, kann man dazu sagen, trifft das zu, gibt es Belege.

Deswegen sind halt viele Geschichten, die der Spiegel bringt, dann eben auch letzten Endes unaufgreifbar, aber bei Relotius ist eben das passiert, dass der Dokumentar offenbar nur für ihn abgestellt war und sich da irgendwie ohne, dass es offenbar jemand zur Kenntnis genommen hat oder gemerkt hat oder merken wollte möglicherweise, zu einer Art Abhängigkeitsverhältnis gekommen, also zu einer zu engen Nähe, wo der Kontrolleur dann praktisch nicht mehr die notwendige Distanz zu dem Schreiber Relotius hatte, dass dann eben das passierte, was dann passiert ist, dass der Dokumentar seinen Job nicht gemacht hat oder nicht richtig gemacht hatte und so weiter.

Also selbst, ich habe vorhin gesagt, man muss immer sich die Systeme anschauen und die Akteure, die dieses System am Leben halten, man muss immer einen feinen, sehr differenzierten Blick da drauf werfen. Den Spiegel würde ich also als eines der deutschen, doch Vorzeigeunternehmen noch nennen, auch wenn da Pannen passieren, Pannen passieren halt immer und überall, können sie letzten Endes nie ausschließen. Die Frage ist dann, wie geht man damit um, wenn sowas passiert ist?

Also ist man imstande, Selbstkritik zu üben und dann auch zu sagen, hier ist was falsch gelaufen. Wir gucken jetzt mal, warum ist es falsch gelaufen und dann versuchen wir das in Zukunft abzustellen. Und jetzt wäre die große Frage, ob das Bild, was ich jetzt hier oder diese Einschätzung, die ich hier vom Spiegel gebe, auch die ist, dass er sich in ein oder zwei Jahren, was weiß ich, möglichst früh die Frage stellt, wir haben jetzt über Corona berichtet und haben unsere Redakteure wieder nach Wuhan geschickt und die haben dann so schauerliche Geschichten erzählt, haben die eigentlich wirklich vollständig berichtet? Haben die das berichtet, was eigentlich von Relevanz wäre und so weiter?

Also das ist nämlich jetzt der große Testfall, ob der Spiegel es schafft, irgendwann, ich hoffe möglichst bald, ob er irgendwann imstande ist, seine eigenen Fehler als Fehler zu entdecken, das zu analysieren, wie es dazu kommen konnte und daraus dann die Konsequenzen zu ziehen. Das ist jetzt die große Frage und darauf warte ich, auf die Antwort.

Dr. Reiner Fuellmich (3:37:20 - 3:37:35)
Die Glaubwürdigkeit verschaffen, die New York Times hat es ja geschafft, nach der Berichterstattung von wegen, wir müssen jetzt alle in den Irakkrieg ziehen. Wer das nicht schafft, glaube ich, verliert langfristig.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:37:36 - 3:38:09)
Genau das, was sich viele offenbar nicht wirklich klar machen, weil jeder Mensch weiß, dass alles im Pannen passieren und die Menschen akzeptieren es und gutieren es, wenn irgendwie jemand sagt, ich habe hier einen Fehler gemacht, das tut mir leid, ich versuche, ihn nicht mehr zu machen, ich habe geguckt, wie ist der Fehler zustande gekommen und in Zukunft kann ich dir zumindest das Versprechen abgeben, ich versuche es, dass sowas nicht mehr vorkommt. Das akzeptieren die Menschen und damit kann man Vertrauen erarbeiten. Das ist sozusagen ein ganz wesentlicher Baustein von einer Vertrauensbasis, völlig richtig.

Dr. Wolfgang Wodarg (3:38:13 - 3:39:57)
Entschuldigung. Wenn ich einmal nochmal ein bisschen systemisch versuche, das zu sehen, wie sieht es denn aus? Wir brauchen ja die Medien für unsere täglichen Entscheidungen.

Wir brauchen das, was sie uns erzählen, um uns in unserem Leben zu arrangieren, um Dinge zu tun oder nicht zu tun, zu wählen oder nicht zu wählen. Also das ist die Funktion. Die müssen uns das liefern, was wir für unsere Entscheidungen brauchen und müssen sich in uns hineinfühlen, was brauchen die Leute wohl, da müssen wir denen das dann auch liefern.

Und das ist ja sehr, sehr unterschiedlich, wenn ich mir denke, so ein Aufsichtsratsmitglied oder ein Arbeiter aus derselben Firma, die wollen unterschiedliche Sachen wahrscheinlich wissen und haben unterschiedliche Interessen. Und wenn jetzt, da wir aber in einer Demokratie leben, kann man sich doch vorstellen, das ist so eine Art ja, bedingungslosen Medienbeitrag gibt. Das heißt, wenn ich jetzt ein Budget habe, was ich allozieren kann, wenn jeder Bürger ein Budget hat und das allozieren kann für bestimmte Medien, die er für wichtig hält und die er fördern möchte, dann ist ja wirklich da diese Beziehung, dass die Menschen selber steuern können.

Ist sowas irgendwo schon mal geschehen oder das ist jetzt indirekt so mit den Abonnements, die man abschließen kann oder nicht abschließen kann und das ist aber nicht so bei den staatlichen Medien, also bei den ja, bei den Leitmedien. Aber ich kann mir sowas vorstellen, so ein Medienbudget für jeden Bürger und der sagt, wenn ihr da mich nicht informiert, wenn ihr mich in die Irre führt, dann kriegt ihr nichts mehr. Wäre das möglich?

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:39:57 - 3:41:29)
Ja, also es gibt ja so Ansätze, sag ich mal. Es gibt ja eine ganze Reihe so kleiner Mediennischen, dass ich denke zum Beispiel an Investigate Europe zum Beispiel, die sich um Themen kümmern, die von europäischen Belang sind und die viele, wenn man das liest, was die da immer rausbringen, viele Informationen, die wir aus den sogenannten Leitmedien haben, dann doch in ein anderes Bild rücken lassen. Die haben, die finanzieren sich über Crowdfunding, die finanzieren sich über die Leser und so weiter, die sagen, wir hätten jetzt fünf Themen, die wir machen könnten, also 1, 2, 3, 4, 5, wir können nicht alles machen, jedenfalls nicht gleichzeitig und so weiter.

Ihr lieben Leser, sagt doch mal, was würde euch zum Beispiel interessieren? Und abhängig von dem, was die Leser dann interessiert, sagen sie, ja, finde ich gut und zahlen da Geld ein und sagen, okay, ich weiß, für dieses Geld, was ich da einbezahle, kriege ich dann irgendwann auch ein Ergebnis geliefert. Also diese, die Rücksichtnahme oder sage ich mal, die Spezifität, was erwarten die Menschen von mir?

Die kann man sehr viel stärker institutionalisieren, auf ganz unterschiedlichen Wegen. Das ist natürlich bei so großen Medien wie Spiegel oder die öffentlich-rechtlichen natürlich nicht so ohne weiteres möglich, aber wäre im Prinzip doch irgendwie möglich und nur ansatzweise geschieht es dann, beispielsweise bei Dreisaat, wenn die einmal im Jahr die zehn Filme da anbieten, sagen, welche Filme sollen wir von denen wiederholen zum Beispiel, dann dürfen die Zuschauer per Telefon sagen, uns interessiert der Film Nummer drei oder Nummer fünf, was weiß ich. Also diese, ja.

Dr. Wolfgang Wodarg (3:41:30 - 3:41:59)
Es ist ja ein bisschen unterschiedlich, wenn ich jetzt viel Geld habe und mir viel abonnieren kann, viel Geld ausgeben kann für Medien, dann kann ich natürlich auch da den Einfluss, habe ich da einen stärken Einfluss. Jemand, der Hartz IV kriegt, der kann keinen Einfluss nehmen auf die Medienlandschaft. Deshalb denke ich eben an so ein Budget, was gar nicht ausgezahlt wird.

Das muss man den Leuten nicht geben, dass sie es versaufen können oder sonst was damit machen können, sondern aber, dass sie die Chance haben, über eine bestimmte Summe Geld zu bestimmen und welche Medien das kriegen sollen. Solche Sache.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:42:00 - 3:44:04)
Das ist ein total interessanter Vorschlag und das würde ich mal denken, müsste eigentlich auch in so eine Diskussion laufen, wenn man darüber nachdenkt, was für ein Mediensystem haben wollen wir, wie soll das funktionieren, was sollen die berichten, wie sollen sie berichten, sollen die auch da ein bisschen stärker unsere eigenen Bedürfnisse da berücksichtigen und so weiter und wie können wir da auch uns Gehör verschaffen, uns interessiert vor allem dieses oder jenes und das finden wir hier beispielsweise nicht abgebildet. Das Problem ist immer, dass es auch hier so ein strukturelles Ungleichgewicht gibt zwischen der arbeitenden Bevölkerung, die ja acht Stunden am Tag in der Regel mit anderen Dingen beschäftigt ist und den Journalisten, die ja eigentlich von Jobs wegen über bestimmte Dinge nachdenken müssten.

Also dann müssen auch die Medien praktisch mal den Betroffenen, den Menschen, den normalen Menschen, ihren Lesern, ihren Usern, einfach mal so Vorschläge machen. Wir könnten dies oder jenes machen. Auf diese Idee kommt ihr wahrscheinlich gar nicht, weil ihr nicht das Know-how habt, was ich als Journalist habe und so weiter.

Aber wir sagen euch mal, wir haben darüber nachgedacht, das könnte euch interessieren. Wir machen euch mal ein Katalog, 50 Themen. Sagt mal, was euch interessant erscheint und da wäre so ein Medienbudget, weil eben halt auch viele Leute, weil die Leute unterschiedlich Geld haben, das in Medien zu investieren, gerade in der aktuellen Zeit, wenn die von Kurzarbeiter Geld nehmen müssen oder als Mittelständler sozusagen um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten müssen, dann geben sie natürlich kein Geld für sowas aus.

Das wäre ein interessanter Weg über so eine Art Medienbudget, das nicht finanziell ausgezahlt wird, aber sozusagen eine gewisse Mitsprache ermöglicht, dann eben auch mit darüber zu entscheiden, was ist hier relevant, wobei immer die Situation sein wird, dass sozusagen das Mediensystem im Vorteil ist, was Know-how anbelangt, was relevant ist und so weiter, aber das ist eben so, sag ich mal, naturgegeben in so einem Fall, wenn ich acht Stunden am Tag mich mit diesen Fragen ausschließlich beschäftigen kann, weiß ich letzten Endes mehr, auch wenn Feierabend ist, als der, der acht Stunden ganz anders eingespannt war.

Also ich nehme diesen Gedanken mal auf, Medienbudget klingt wirklich interessant, das werde ich mal in die Diskussion bringen.

Dr. Wolfgang Wodarg (3:44:04 - 3:44:05)
Der Rechnungsblock des Medienbudgets.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:44:07 - 3:44:12)
Ja, gute Idee, sehr gute Idee.

Viviane Fischer (3:44:14 - 3:44:18)
Ich glaube, mit den Fragen sind wir jetzt soweit durch, oder?

Dr. Reiner Fuellmich (3:44:18 - 3:44:30)
Ich glaube, das war ein ziemlich umfassender Blick aus vielen verschiedenen Richtungen, also sehr aufschlussreich, einiges ist dann doch nicht ganz so schlimm, wie ich es befürchtet hatte.

Viviane Fischer (3:44:31 - 3:46:02)
Ich wollte kurz noch was sagen, wir haben ja eine Anfrage gestartet bei der Berliner Polizei, wo es um die Information geht, wie viele Teilnehmer nun wirklich da auf der Demonstration waren, wollten einen Einblick nehmen in die Klageberichte und so weiter und jetzt haben wir leider keinerlei Antworten bekommen und wir sind inzwischen im Klageverfahren, also wir haben jetzt Klage eingereicht und zwar im einstweiligen Verfahren, wir wollen eben nach Presserecht Auskunft zu den Fragestellungen haben, eben insbesondere zu welcher Teilnehmerzahl der Polizei zu bestimmten Zeitpunkten vorlag, wie viele Demos es da eigentlich gab und so weiter und da werden wir wahrscheinlich auch, ich bin ganz optimistisch, in kurzer Zeit eine Antwort erhalten. Es gibt einen zweiten Teil von der Anfrage, da geht es um Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz und da ist es so, dass man da normalerweise eine etwas längere Wartezeit hat, normalerweise einen Monat und dann gibt es noch zwei weitere Monate, die man verstreichen lassen kann, um dann eine Untätigkeitsklage erheben zu können. Also das ist unklar, ob wir da im einstweiligen Rechtsschutz obsiegen werden, aber wir haben ja hier schon eine ganz besondere Situation, weil eben das doch die Menschen relativ stark irritiert hat, also wie da die Informationspolitik war und es hat ja auch was beruhigendes und demokratiestärkendes, ja, wenn hier eben auch entsprechende Informationen zeitnah herausgegeben würden.

Also insofern haben wir das mal auch als Antrag formuliert und hoffen...

Prof. Dr. Michael Meyen (3:46:02 - 3:46:04)
Ich wusste nicht, dass sie überhaupt nicht reagiert haben.

Viviane Fischer (3:46:05 - 3:46:15)
Nee, die haben also überhaupt gar nicht reagiert. Aber wir warten mal ab, also wir sind gespannt, wir denken, das Gericht wird reagieren und dann haben wir hoffentlich auch bald wirklich belastbare Zahlen, ja, im besten Fall.

Prof. Dr. Johannes Ludwig (3:46:15 - 3:48:01)
Es ist normal, wenn man bestimmte Jobs macht, also auch als Journalist oder als investigativer Journalist muss man wissen, worauf man sich einlässt, dass man mit Widerständen rechnen muss, wenn man das nicht durchhält, körperlich, finanziell oder moralisch oder mental, macht man den falschen Job, aber wenn man ihn so machen will, dann muss man davon ausgehen, dass man hier blockiert wird und dann hilft nur sozusagen alle Register zu ziehen, die uns hier dieses System eben doch letzten Endes bereitstellen und ich denke mal, die Polizei, wenn die da keine Auskunft gibt, wird damit nicht durchkommen.

Der Tagesspiegel zum Beispiel hier in Berlin hat einen Journalisten, der vor allem über Rechtsfragen schreibt und ich habe so das Gefühl, dessen Aufgabe besteht vor allem darin, jeden Tag Anfragen an Institutionen und Behörden zu stellen und wenn die nicht antworten, sofort vor das Verwaltungsgericht zu ziehen, weil ich lese praktisch mindestens einmal die Woche von einem Prozess, den der gewonnen hat, weil die Rechtssprechung bei uns ist einfach so, dass die Freiheit der Medien und da verstehe ich vor allem die Recherchefreiheit der Medien doch sehr, sehr gut ist, aber das funktioniert nicht immer automatisch, sondern da muss man eben dann auch manchmal sich auf die Hinterbeine stellen und sozusagen die vorgesehenen Wege gehen und wenn die auch nicht funktionieren, aus welchen Gründen auch immer, dann muss man das benutzen, was ich meinen Studenten immer gesagt habe. Man muss das Gehirn einschalten, das eigene und einfach ein bisschen kreativ vorgehen, um dann eben auch die letzten Blockaden irgendwie zu überwinden. Das gehört dazu, macht ehrlich gesagt auch letzten Endes, auch wenn es manchmal am Anfang ein bisschen mühselig erscheint, letzten Endes auch irgendwie Spaß, wenn man sieht, dass man sich irgendwie gegen eine große, mächtige Institution letzten Endes durchsetzen kann.

Viviane Fischer (3:48:02 - 3:48:25)
Das sage ich mal so ganz privat. Noch eine Anmerkung, weil eine entsprechende von einem Zuschauer eine Information noch reinkam und zwar die ARD hat wohl schon Informationen auch mitgeteilt, dass sie in Schweden auch durchaus an Pressekonferenzen teilgenommen hat, Presseerklärungen von Anders Tegnell.

Dr. Reiner Fuellmich (3:48:26 - 3:48:28)
Anders Tegnell, genau.

Viviane Fischer (3:48:29 - 3:49:26)
Ich wollte insofern nochmal eine Ergänzung machen, weil ich mit Herrn Plager auch nochmal darüber vorab gesprochen hatte, wie er das einschätzt, also ob das eine einmalige Situation gewesen sein kann, weil er war nicht immer da, er war ab und zu mal auf diesen Pressekonferenzen, aber war jetzt eben nicht immer auf jeder präsent. Also insofern kann es auch eine gewisse Zufälligkeit gewesen sein, dass er da jetzt so bestürmt wurde von diesen ganzen anderen schwedischen Journalisten. Auf der anderen Seite muss man sagen, es wird ja schon eine gewisse Evidenz sich daraus ableiten lassen, wenn er so bestürmt wird, dass es dann eben jedenfalls nicht so war, dass er da die ganze Zeit sonst 100 ausländische Journalisten gesessen haben.

Ich denke, das wird wahrscheinlich irgendwo dazwischen liegen und auf jeden Fall offenbar ja nicht eine intensiv genug ausgefallene Begleitung, weil sonst hätte ja die Berichterstattung bei uns dann über diese schwedischen Vorgänge auch ein klein bisschen anders ausfallen müssen.

Dr. Reiner Fuellmich (3:49:27 - 3:49:28)
Okay.

Viviane Fischer (3:49:29 - 3:49:44)
Ja, ich denke, ich wollte noch eine Sache sagen, bei uns hat sich die Bankverbindung geändert, wir haben ein neues Treuhandkonto, das ist von Rechtsanwalt Beissenborn, das kann man auf der Webseite finden und auch unter unserem Video.

Dr. Reiner Fuellmich (3:49:44 - 3:50:26)
Das erkläre ich gerne, das lief eigentlich über mein Treuhandkonto, solange das Konto für den Ausschuss noch nicht fertig ist, das dauert immer ein bisschen. Da hat meine Bank jetzt plötzlich, weil sie nichts mit Corona zu tun haben will oder Geldwäsche befürchtet, keine Ahnung, wahrscheinlich muss man als Anwalt immer glauben, dass man selber Geldwäsche betreibt, da haben die mir die Kontoverbindung gekündigt und weisen jetzt immer alles, was auf das Konto geht, Kündigung ist aber erst zum Oktober, was auf das Konto geht, ab, es kommt also alles zurück. Deswegen haben wir das neue Konto gemacht, aber den Jungs werden wir auch noch juristisch etwas näher treten.

Viviane Fischer (3:50:27 - 3:51:10)
Ja, also das beachten, und wer uns unterstützen möchte bei der Ausschussarbeit, es ist auch geplant, das eben als auch ein größeres Stiftungsvermögen da in der Stiftung zu belassen, die dann auch in Zukunft aufklärerische Arbeit oder investigative Arbeit betreiben wird und eben vielleicht auch Forschungsprojekte fördern kann oder so, also wir freuen uns über jede Unterstützung. Und genau, ich glaube, das war es dann für heute. Wir sehen uns morgen wieder, da haben wir ein sehr wichtiges Thema, geht um die Gefährlichkeit des Virus, Behandlungsmöglichkeiten und dann die Fragestellung, kann die Impfung ein Ausweg sein?

Wenn ja, was für einer? Diesen Fragen werden wir uns morgen stellen. Dann vielen Dank fürs Interesse.

Dr. Reiner Fuellmich (3:51:10 - 3:51:19)
Vielen Dank, Herr Prof. Ludwig. Okay, schönen Tag noch. Tschüss von der Seite.

Tschüss.